Verfahrensgang
LG Potsdam (Urteil vom 06.05.2015) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 8. Zivilkammer des LG Potsdam vom 6.5.2015 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Es wird festgestellt, dass das Darlehensvertragsverhältnis zwischen der Beklagten und dem Kläger aus dem Darlehensvertrag vom 24./29.10.2006 zu der Darlehenskontonummer 6480372827 durch den wirksamen Widerruf des Klägers vom 23.6.2014 nicht mehr besteht.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 18.149,07 EUR zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die weiter gehende Berufung wird zurückgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 2/3 und die Beklagte 1/3 zu tragen. Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen zu 47 % dem Kläger und zu 53 % der Beklagten zur Last.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Jede Partei kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die gegnerische Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
I. Der Kläger begehrt festzustellen, dass der am 24./29.10.2006 mit der Beklagten geschlossene Darlehensvertrag aufgrund seines Widerrufs vom 23.6.2014 nicht mehr bestehe und verlangte Zahlung von 172.405,54 EUR Zug um Zug gegen Zahlung von 222.431,73 EUR abzüglich nach Widerruf geleisteter monatlicher Annuität von 846,38 EUR - sein Feststellungsantrag zu 2 ist nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens.
Der Kläger vertrat die Auffassung, er habe den Darlehensvertrag widerrufen können, weil die Widerrufsfrist mangels ordnungsgemäßer Widerrufsbelehrung nicht abgelaufen sei.
Die von ihm bis zum Widerruf geleisteten Zins- und Tilgungsraten von insgesamt 145.775,96 EUR seien zurückzugewähren und zwar zuzüglich einer Verzinsung von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz als Nutzungswertersatz, mithin 30.156,47 EUR. Die Beklagte könne auf die ihr rückzugewährende Darlehensvaluta Zinsen i. H. d. vertraglich vereinbarten Zinssatzes verlangen, insgesamt - insofern mache er sich den Vortrag der beklagten Bank mit Schriftsatz vom 25.2.2015, S. 15 zu eigen - 239.104,40 EUR.
Die Beklagte nahm mit der Behauptung, die verwendete Belehrung habe dem Muster der Anlage 2 zu § 14 BGB-InfoV entsprochen, allenfalls redaktionelle und marginale Abweichungen hiervon enthalten, die Schutzwirkung des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV für sich in Anspruch.
Ein etwaig fortdauerndes Widerrufsrecht sei verwirkt, seine Ausübung jedenfalls rechtsmissbräuchlich.
Für den Fall des wirksamen Widerrufs stünde ihr ein Anspruch auf Erstattung des Darlehenskapitals zuzüglich Wertersatz in Höhe der vereinbarten Darlehenszinsen auch über den Zeitpunkt der Widerrufserklärung hinaus zu; § 301 BGB sei mangels Annahmeverzuges nicht einschlägig. Der Kläger könne die geleisteten Zahlungen zurückverlangen, Nutzungswertersatz stünde ihm indes nur in Höhe des für grundpfandrechtlich gesicherte Kredite üblichen Verzugszinses von 2,5 % über Basiszinssatz zu. Überdies seien Kapitalertragssteuer und Solidarzuschlag in Abzug zu bringen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird mit den folgenden Ergänzungen auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 ZPO):
Die Widerrufsbelehrung lautet wie folgt:
"Widerrufsbelehrung
Sie können ihre Vertragserklärung innerhalb von zwei Wochen ohne Angabe von Gründen in Textform (z.B. Brief, Fax, E-Mail) widerrufen. Der Lauf der Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs. Der Widerruf ist zu richten an:
D. AG (...)
Widerrufsfolgen:
Im Falle eines wirksamen Widerrufs sind die beiderseits empfangenen Leistungen zurückzugewähren und gegebenenfalls gezogene Nutzungen (z.B. Zinsen) herauszugeben. Können Sie uns die empfangenen Leistungen ganz oder teilweise nicht oder nur in verschlechtertem Zustand zurückgewähren, müssen Sie uns insoweit gegebenenfalls Wertersatz leisten. Dies kann dazu führen, dass Sie die vertraglichen Zahlungspflichten für den Zeitraum bis zum Widerruf gleichwohl erfüllen müssen.
Verpflichtungen zur Erstattung von Zahlungen müssen sie innerhalb von 30 Tagen nach Absendung Ihrer Widerrufsbelehrung erfüllen.
Besonderer Hinweis:
Ihr Widerrufsrecht erlischt vorzeitig, wenn der Vertrag vollständig erfüllt ist und Sie dem ausdrücklich zugestimmt haben.
Finanzierte Geschäfte:
Widerrufen Sie diesen Darlehensvertrag, mit dem Sie Ihre Verpflichtungen aus einem anderen Vertrag finanzieren, so sind Sie auch an den anderen Vertrag nicht gebunden, wenn beide Verträge eine wirtschaftliche Einheit bilden. Dies ist insbesondere anzunehmen, wenn wir zugleich auch ihr Vertragspartner im Rahmen des anderen Vertrags sind, oder wenn wir uns bei Vorbereitung oder Abschluss des Darlehensvertrags der Mitwirkung Ihres Vertragspartners bedienen. Können Sie auch den anderen Vertrag widerrufen, so müssen Sie den Widerruf gegenü...