Leitsatz (amtlich)
Ein vertraglich vereinbarter Kündigungsausschluss ist unwirksam, wenn damit die Gefahr bestünde, dass der Vertrag weder zeitlich begrenzt ist noch jemals von der Partei beendet werden kann, so dass seine Laufzeit "in der Luft hängt". Diese Gefahr besteht nicht, wenn aus Sicht der Parteien sichergestellt ist, dass der Vertrag entweder zeitlich begrenzt ist oder von Seiten einer Partei beendet werden kann.
Eine vertragliche Regelung in einem Nutzungsvertrag über ein Grundstück, die den Pächter berechtigt, nach Einholung der erforderlichen Genehmigungen Windkraftanlagen zu errichten und über einen Zeitraum von 29 Jahren nach Inbetriebnahme zu betreiben, während dem Verpächter ein Rücktrittsrecht nur zusteht, wenn nicht innerhalb von fünf Jahren mit dem Bauvorhaben begonnen wird, im Übrigen ein Recht zur ordentlichen Kündigung ausgeschlossen ist, ist wirksam.
Normenkette
BGB § 542 Abs. 1-2, §§ 550, 307 Abs. 1, § 308 Nr. 1
Verfahrensgang
LG Frankfurt (Oder) (Urteil vom 12.07.2010; Aktenzeichen 12 O 96/10) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des LG Frankfurt/O. vom 12.7.2010 - 12 O 96/10, wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des beitreibungsfähigen Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin plant, errichtet und betreibt Anlagen zur Windkrafterzeugung. Die Beklagte ist Eigentümerin eines Grundstücks in G.
Am 15.8.2007 schlossen die Parteien einen Nutzungsvertrag über dieses Grundstück. Die Klägerin wollte dort in noch ungeklärtem Umfang nach Einholung der erforderlichen Genehmigungen Windkraftanlagen errichten und über einen Zeitraum von 29 Jahren betreiben. Zur Sicherung der Vertragsdurchführung sollte sie eine Dienstbarkeit erhalten.
Mit Anwaltsschreiben vom 22.12.2008 ließ die Beklagte gegenüber der Klägerin erklären, sie halte den Nutzungsvertrag für unwirksam, hilfsweise kündige sie ihn.
Die Klägerin hält den Vertrag für wirksam und ein Kündigungsrecht nicht für gegeben. Sie hat die Ansicht vertreten, der Vertrag sei wirksam befristet. Die Vertragsklausel sei auch nicht unwirksam nach den Vorschriften über Allgemeine Geschäftsbedingungen.
Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, die Schriftform sei nicht eingehalten worden. Im Übrigen sei die Klausel über die Vertragsbeendigung nicht hinreichend bestimmt. Ebenso wie die Vereinbarung über Leistung und Gegenleistung benachteilige die Klausel sie, die Beklagte, in unangemessener Weise. Im Übrigen sei sie auch nach den Vorschriften über den Widerruf von Haustürgeschäften zum Widerruf dieses Vertrages berechtigt gewesen.
Mit der angegriffenen Entscheidung, auf die wegen des Wortlauts der vertraglichen Regelungen und der weiteren Einzelheiten der tatsächlichen Feststellungen Bezug genommen wird, hat das LG antragsgemäß festgestellt, dass der Vertrag wirksam, insbesondere nicht durch Kündigung oder Widerruf beendet worden sei, und die Beklagte außerdem zur Abgabe der grundbuchlichen Erklärungen in Bezug auf die Bestellung einer Dienstbarkeit verurteilt. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Vertrag vom 15.8.2007 sei wirksam. Ein Formmangel liege nicht vor. Die Wirksamkeit des Vertrages scheitere auch nicht an einer Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff. BGB. Insbesondere sei die Regelung über die Laufzeit des Vertrages weder unklar noch unbillig. Ungesichert sei allein der Zeitpunkt der Inbetriebnahme der Windkraftanlagen. Dies habe jedoch seinen Grund darin, dass für die Klägerin nicht ersichtlich sei, wann diese genehmigt würden. Die daraus für die Beklagten entstehenden Nachteile seien insbesondere angesichts des ihr eingeräumten Rücktrittsrechts hinnehmbar.
Der Vertrag sei auch nicht durch Kündigung beendet worden, denn das Vertragsverhältnis sei wirksam befristet. Die Regelung zu Vertragsbeginn und Vertragslaufzeit in § 1 Nr. 5 des Vertrages sei nicht widersprüchlich. Mit ihrer Regelung hätten die Parteien die Vertragslaufzeit auch nicht von einer auflösenden Bedingung abhängig gemacht, deren Eintritt nach ihrer Vorstellung unsicher gewesen sei. Unsicher sei zwar gewesen, ob für die Windkraftanlagen eine Genehmigung erteilt würde. Diese Frage sei aber gerade nicht zum Anknüpfungspunkt für die Vertragslaufzeit gemacht worden. Ein etwaiges Widerrufsrecht sei jedenfalls verspätet ausgeübt worden, weil die Beklagte bereits bei Vertragsschluss ordnungsgemäß über ihr Widerrufsrecht belehrt worden sei. Entsprechend dem Vertrag bestehe auch eine Verpflichtung zur Abgabe der nach der Grundbuchordnung erforderlichen Erklärungen.
Mit der Berufung verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Zur Begründung wiederholt und vertieft sie ihr erstinstanzliches Vorbringen. Außerdem rügt sie eine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör.
Die Beklagte behauptet, das in Rede stehende ...