Verfahrensgang

LG Cottbus (Aktenzeichen 11 O 86/14)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 28.10.2021; Aktenzeichen VII ZR 44/18)

BGH (Beschluss vom 27.10.2021; Aktenzeichen VII ZR 44/18)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das am 24. November 2015 verkündete Teil-Vorbehaltsurteil der Kammer für Handelssachen des Landgerichts Cottbus - 11 O 86/14 - wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.

3. Das Berufungsurteil und die angefochtene Entscheidung sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des auf Grund des Urteils gegen sie vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. Als Sicherheit genügt die schriftliche unbedingte, unwiderrufliche und selbstschuldnerische Bürgschaft eines im Inland zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstituts.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin verlangt die Erfüllung von Resthonoraransprüchen aus Architekten- und Ingenieurleistungen. Die Beklagte hat mit Schadensersatzansprüchen wegen Schlechterfüllung des Architekten- und Ingenieurvertrages die Primäraufrechnung im Umfang von 46.219,54 EUR erklärt und hinsichtlich des diesen Betrag überschießenden Teils der Schadensersatzansprüche Widerklage erhoben.

Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes der ersten Instanz im Übrigen sowie der darin gestellten Sachanträge der Parteien wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

Das Landgericht hat durch das angefochtene Teil- Vorbehaltsurteil der Klage überwiegend entsprochen und die Beklagte zur Zahlung von 46.219,54 EUR an die Klägerin verurteilt. Die Entscheidung über die Aufrechnung der Beklagten mit der Gegenforderung auf Schadensersatz in Höhe von 85.515,50 EUR aufgrund des angeblich mangelhaft hergestellten Reaktorbehälters hat es sich vorbehalten.

Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt:

Das Teil-Vorbehaltsurteil nur über die Klage sei zulässig, weil keine Gefahr widerstreitender Entscheidungen bestehe: Die Klage sei auf Architektenlohn gerichtet, die Widerklage ausschließlich auf Schadensersatz.

Das Urteil sei auch gemäß § 302 ZPO als Vorbehaltsurteil zulässig. Die Grundsätze der zum Bauwerkrecht ergangenen Entscheidung des BGH, Urteil vom 24.11.2005, VII ZR 304/04, seien nicht auf den Architektenhonorarprozess übertragbar, weil es hier keine synallagmatische Verknüpfung zwischen Architektenleistung und im Bauwerk verkörperten Mängeln der Planung bzw. Bauüberwachung gebe: Der Architekt hafte von vornherein nur auf Schadensersatz; Ansprüche erwüchsen nicht aus einem Leistungsverweigerungsrecht. Zudem seien eventuell begründete Schadensersatzansprüche grundsätzlich von der Berufshaftpflichtversicherung gedeckt, so dass die Beklagte nicht mit dem Insolvenzrisiko belastet sei.

Der Honoraranspruch der Klägerin ergebe sich aus § 631 Abs. BGB i.V.m. § 7 Abs. 1 HOAI. Unstreitig sei ein Architektenvertrag zum Pauschalpreis von 120.000,00 EUR zuzüglich Umsatzsteuer zustande gekommen und unstreitig bestehe eine restliche Honorarforderung der Klägerin zumindest i.H.v. 46.219,54 EUR. Der Honoraranspruch sei auch fällig. Nach § 3.2 des Architektenvertrages sei die Schlusszahlung nach Abschluss der Leistungen zu erbringen. Das sei im Januar 2011 der Fall gewesen, jedenfalls mit Überreichen der Schlussrechnung vom 17.12.2013. Auf die Abnahme bzw. Abnahmereife komme es nicht an, weil die Beklagte nicht mehr Vertragserfüllung, sondern nur noch Minderung oder Schadensersatz verlange. Im Übrigen sei von Abnahmereife auszugehen, weil die Anlage seit Jahren in Betrieb sei.

Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf die Gründe des angefochtenen Urteils verwiesen.

Gegen diese Entscheidung wendet sich die Beklagte mit der Berufung, mit der sie die vollständige Klageabweisung und die Zuerkennung der Widerklageforderung erreichen will.

Die Beklagte ist der Auffassung, die Voraussetzungen für den Erlass eines Teil- und Vorbehaltsurteils lägen nicht vor. Die Grenzen des Ermessens, nach Art. 302 Abs. 1 ZPO ein Urteil über eine Forderung unter Vorbehalt der Aufrechnung mit einer Gegenforderung zu fällen, seien durch die Art der Gegenforderung und den mit dem Gesetz verfolgten Zweck, Werkunternehmer vor unberechtigter Verzögerung des Rechtsstreits zu schützen, vorgegeben. Diese Grenzen seien vom Landgericht hinsichtlich der voraussichtlichen Verfahrensdauer, des Zwecks der Norm, der Erfolgsaussichten und des Umfangs sowie der wirtschaftlichen Bedeutung der Ansprüche der Beklagten nicht beachtet bzw. überschritten worden. Zweck des § 302 Abs. 1 ZPO sei es, einer Prozessverschleppung durch rechtsmissbräuchliche Aufrechnungserklärung entgegenzutreten. Dem Erlass eines Vorbehaltsurteils dürfe nur das Durchgreifen der geltend gemachten Gegenforderung entgegenstehen. Das sei nicht der Fall, wenn der Schadensersatzanspr...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge