Jan Curschmann, Daniel Coelho Moreira
I. Rechtsstellung der Gesellschafter
Rz. 67
Die Rechte und Pflichten der Gesellschafter ergeben sich aus Art. 1053, 1001 ff. CC. Hervorzuheben sind:
▪ |
Einlageverpflichtung (Art. 1053 i.V.m. Art. 1004 CC); |
▪ |
Gewinn- und Verlustbeteiligung (Art. 1053 i.V.m. Art. 1007, 1008 CC). |
Rz. 68
Nach Art. 1052 CC ist die Haftung des einzelnen Gesellschafters auf den Betrag seiner Anteile beschränkt; für die Einzahlung des Stammkapitals haften die Gesellschafter jedoch gesamtschuldnerisch. Hervorzuheben sind außerdem:
▪ |
Pflicht zur Rückerstattung von zu Lasten des Gesellschaftskapitals ausgeschütteter Gewinne (Art. 1059 CC); |
▪ |
Pflicht zur Rückerstattung rechtswidriger und fiktiver Gewinne (Art. 1053 i.V.m. Art. 1009 CC); |
▪ |
unbeschränkte Haftung für die Folgen gesetzes- und satzungswidriger Gesellschafterbeschlüsse (Art. 1080 CC); |
▪ |
Haftung desjenigen Gesellschafters, der sich trotz Interessenkonfliktes an der Abstimmung über ein für die Gesellschaft nachteiliges Geschäft beteiligt (Art. 1053 i.V.m. Art. 1010 § 3 CC). |
Rz. 69
Ein Gesellschafter haftet persönlich und unbeschränkt im Falle des Rechtsformmissbrauches (allgemeine Durchgriffshaftung, Art. 50 CC). Ein Missbrauch der Rechtsform liegt insbesondere vor, wenn die Gesellschaft mit ihrem Zweck nicht zu vereinbarende Geschäfte tätigt oder wenn die Vermögensmassen der Gesellschaft und des Gesellschafters vermischt werden. Eine Ausnahme vom Grundsatz der Haftungsbegrenzung gilt auch dann, wenn Gesellschafter einen Gesellschafterbeschluss fassen, der gegen Gesetz oder Gesellschaftsvertrag verstößt, Art. 1080 CC. Die Durchgriffshaftung kann durch richterliche Anordnung auf Antrag einer Partei des Rechtsstreits oder der Staatsanwaltschaft (ministério público) festgestellt werden. Besondere Vorschriften zur Durchgriffshaftung finden sich im Verbraucherschutzrecht (Art. 28 Lei 8.708/1990 = Código do Consumidor), im Umwelthaftungsrecht (Art. 4 Lei 9.605/1998) und im Steuerrecht (Art. 135 der Lei 5172/1966). Ferner kommt es in der Praxis der Arbeitsgerichte immer wieder zu Haftungsdurchgriffen auf die Gesellschafter und sogar – im Falle ausländischer Gesellschafter – auf deren brasilianische Bevollmächtigte.
II. Registrierung der Gesellschafter
Rz. 70
Von jedem Gesellschafter sind Name, Staatsangehörigkeit, Wohnsitz, Familienstand, brasilianische Steuernummer (CPF), Passnummer und Beruf bzw. – wenn es sich um eine juristische Person handelt – Firma, Nationalität, Sitz, brasilianische Steuernummer (CNPJ) und Vertretungsverhältnisse in den Gesellschaftsvertrag aufzunehmen, Art. 1054 i.V.m. Art. 997 CC. Zu den Einzelheiten vgl. Rdn 20.
III. Übertragung von Geschäftsanteilen
1. Anteilsübertragung unter Lebenden
Rz. 71
Unter Lebenden können Geschäftsanteile der Limitada bei Stillschweigen des Gesellschaftsvertrags ohne Einschränkungen an andere Gesellschafter abgetreten werden, Art. 1057 CC. Eine Abtretung an Dritte ist nur möglich, wenn hiergegen von Gesellschaftern, die mehr als ¼ des Gesellschaftskapitals halten, kein Widerspruch erhoben wird. Anderslautende Regelungen im Gesellschaftsvertrag sind zulässig. Die Abtretung ist von den zustimmenden Gesellschaftern zu unterzeichnen und beim Handelsregister einzureichen; sie wird mit der Eintragung im Register rechtswirksam. Ein Vorkaufsrecht der übrigen Gesellschafter besteht kraft Gesetzes nicht, kann aber im Gesellschaftsvertrag vorgesehen werden. Zur Nachhaftung des Gesellschafters (Zeitraum: zwei Jahre) siehe Rdn 45. Zum Erwerb eigener Anteile durch die Gesellschaft siehe Rdn 47. Geschäftsanteile können durch schriftliche Vereinbarung zwischen dem betroffenen Gesellschafter und dem Gläubiger verpfändet (Art. 1452 CC) oder treuhänderisch abgetreten werden. Die Verpfändungs- bzw. die Abtretungsvereinbarung muss beim örtlichen Register (Cartório Oficial de Registro de Títulos e Documentos) hinterlegt und im Gesellschaftsvertrag vermerkt werden.
2. Vererbung von Gesellschaftsanteilen
Rz. 72
Gemäß Art. 1053 i.V.m. Art. 1028 CC wird beim Tode eines Gesellschafters dessen Gesellschaftsanteil liquidiert, es sei denn, dass der Gesellschaftsvertrag etwas anderes festlegt, die verbleibenden Gesellschafter für die Auflösung der Gesellschaft mit der notwendigen Mehrheit stimmen oder im Einverständnis mit den Erben die Ersetzung des verstorbenen Gesellschafters geregelt wird. Kommt es zur Liquidation des Gesellschaftsanteiles, so wird das Kapital der Gesellschaft entsprechend herabgesetzt. Den Erben steht ein Abfindungsanspruch gegen die Gesellschaft zu.
IV. Gesellschafterbeschlüsse
1. Gesellschafterversammlung
Rz. 73
Nach Art. 1072 CC werden die Beschlüsse entweder in Versammlungen (assembléias) oder in Sitzungen (reuniões) getroffen. Hat die Gesellschaft mehr als zehn Gesellschafter, muss sie die Beschlüsse in Versammlungen treffen (Art. 1072 § 1 CC). Anderenfalls bleibt die Wahl zwischen Versammlung und Sitzung dem Gesellschaftsvertrag überlassen. Das Gesetz regelt im Detail allein die Versammlung; Einberufung und Ablauf der Sitzungen können dagegen weit gehend frei im Gesellschaftsvertrag ausgestaltet werden (vgl. Rdn 30 ff.). Ist der Gesellschaftsvertrag hinsichtlich der Sitzung lückenhaft, sind die Bestimmungen über die Versammlung entsprechend anwendbar, Art. 1072 § 6, Art. 1079 CC....