Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 24. Juni 2016 wird als unzulässig verworfen.
Der Antrag der Klägerin auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Einlegung der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im bezeichneten Urteil wird abgelehnt.
Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
I
Der Senat hat der Klägerin zur Durchführung des Verfahrens der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 24.6.2016 Prozesskostenhilfe (PKH) bewilligt und Rechtsanwalt W beigeordnet (Beschluss vom 21.11.2016). Dieser wurde vom Senat ua darauf hingewiesen, dass die Monatsfrist zur Einlegung einer formgültigen Nichtzulassungsbeschwerde nach der Zustellung des Beschlusses über die Bewilligung von PKH an die Klägerin zu laufen beginne. Der Beschluss wurde der Klägerin am 6.12., ihrem Prozessbevollmächtigten am 7.12.2016 zugestellt. Am 9.1.2017 legte dieser Beschwerde ein.
Auf die Fristversäumnis hingewiesen führt er aus, er könne nicht ausschließen, davon ausgegangen zu sein, die für den Fristlauf entscheidende Zustellung sei an ihn erfolgt, weil ihm eine beglaubigte, nicht nur eine einfache Abschrift des Beschlusses zugestellt worden sei. Er habe auch nicht erkennen können, wann der Klägerin der Beschluss zugestellt worden sei. Es sei davon auszugehen, dass er mit der Anweisung an seine Mitarbeiterin, die Fristen zu notieren, innerlich das Thema "Zustellung" abgeschlossen und für in Ordnung befunden habe. Er habe deshalb die Frist unverschuldet versäumt und beantrage, der Klägerin Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Vorsorglich legt er erneut Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision ein.
II
Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist unzulässig. Sie ist nicht innerhalb der gesetzlichen Frist von einem Monat nach Zustellung des Beschlusses vom 21.11.2016 eingelegt worden (§ 160a Abs 1 Satz 2, § 67 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫). Der Klägerin ist eine Ausfertigung des Beschlusses vom 21.11.2016 laut Postzustellungsurkunde am 6.12.2016 zugestellt worden; die Frist zur Einlegung der Beschwerde endete damit am Freitag, 6.1.2017. Dieser Tag war weder am Gerichtssitz in Hessen noch in Hamburg ein gesetzlicher Feiertag. Der Schriftsatz zur Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde ist aber erst am Montag, 9.1.2016 beim Bundessozialgericht (BSG) eingegangen.
Der Klägerin ist nicht Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Einlegung der Beschwerde zu gewähren. Die Voraussetzungen einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 67 SGG) wegen Versäumung der innerhalb der einmonatigen Antragsfrist des § 67 Abs 2 Satz 1 SGG nachzuholenden Rechtshandlung (Wiedereinsetzung nach schuldlos versäumter Frist) sind nicht erfüllt. Die Klägerin hat die Frist zur Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde nicht schuldlos versäumt.
Wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Der Antrag ist binnen eines Monats nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sollen glaubhaft gemacht werden (§ 67 Abs 1 und Abs 2 Satz 1 und 2 SGG). Eine Säumnis ist schuldhaft, wenn der Beteiligte hinsichtlich der Wahrung der Frist diejenige Sorgfalt außer Acht lässt, die für einen gewissenhaften und seine Rechte und Pflichten sachgemäß wahrnehmenden Prozessführenden im Hinblick auf die Fristwahrung geboten ist und ihm nach den gesamten Umständen des konkreten Falles zuzumuten ist (vgl: BSGE 1, 227, 232; BSGE 61, 213, 214 = SozR 1500 § 67 Nr 18 S 42; BSG SozR 3-1500 § 67 Nr 21 S 60; SozR 4-1500 § 160a Nr 23 RdNr 5 mwN; SozR 4-1500 § 67 Nr 7 RdNr 14). Das Verschulden eines Bevollmächtigten ist dem vertretenen Beteiligten wie eigenes Verschulden zuzurechnen (§ 73 Abs 6 Satz 7 SGG iVm § 85 Abs 2 Zivilprozessordnung; vgl BSG SozR 3-1500 § 67 Nr 19 S 50 mwN und SozR 3-1500 § 67 Nr 21 S 60 mwN).
Dem Vorbringen des Prozessbevollmächtigten der Klägerin ist nicht zu entnehmen, dass er alles getan hat, die Beschwerde noch rechtzeitig einzulegen. Er legt insbesondere nicht dar, dass die Nichteinhaltung der Frist auf keinem Organisationsverschulden beruht. Rechtsanwalt W führt dazu nur aus, er sei angesichts der ihm übersandten beglaubigten Abschrift des PKH bewilligenden Beschlusses wohl fälschlicherweise davon ausgegangen, dass maßgeblich für den Lauf der Frist der Zeitpunkt der Zustellung des Beschlusses an ihn - nicht an die Klägerin - gewesen sei. Er sei auch nicht auf den Gedanken gekommen, dass der Beschluss der Klägerin früher zugestellt worden sei als ihm. Deshalb sei davon auszugehen, dass er mit der Anweisung an seine umfassend kenntnisreiche Mitarbeiterin, die Fristen zu notieren, innerlich das Thema "Zustellung" abgeschlossen und für in Ordnung befunden habe.
Dieses Vorbringen vermag die Fristversäumnis nicht zu entschuldigen; denn dem Prozessbevollmächtigten obliegt die sorgfältige Prüfung der Richtigkeit einzuhaltender Fristen. Er muss alles in seinem Organisations- und Verantwortungsbereich Stehende tun, um diese zu wahren. Dies ist nicht erfolgt. Dafür genügt weder sein Vorbringen, er habe sich mit der Übergabe des Beschlusses an seine Mitarbeiterin und der Vorgabe, "die Fristen" zu notieren, keine weiteren Gedanken mehr über diese gemacht, noch, er sei wohl unbewusst davon ausgegangen, die Frist beginne erst mit der Zustellung des Beschlusses an ihn zu laufen. Rechtsanwalt W, der ohnedies schon beim BSG als im Rahmen der PKH beigeordneter Rechtsanwalt tätig war und dem deshalb auch die Verfahrensabläufe im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren bekannt sein müssten, hätte insbesondere durch das gerichtliche Hinweisschreiben erkennen müssen, dass es für den Fristlauf auf die Zustellung des PKH bewilligenden Beschlusses an die Klägerin selbst ankommt. Ein Irrtum über die für den Fristbeginn maßgebliche Zustellung vermag die Fristversäumnis vor diesem Hintergrund nicht zu entschuldigen.
Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI10448805 |