Verfahrensgang
Tenor
Der Antrag des Klägers, ihm für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 18. Oktober 2023 - L 4 SO 182/21 - Prozesskostenhilfe zu bewilligen und einen Rechtsanwalt beizuordnen, wird abgelehnt.
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem bezeichneten Urteil wird als unzulässig verworfen.
Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
I
Die Beteiligten streiten über höhere Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (Grundsicherungsleistungen) nach dem Vierten Kapitel des Sozialgesetzbuchs Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII).
Der 1962 geborene schwerbehinderte Kläger bezieht seit 1.4.2014 neben einer Rente wegen voller Erwerbsminderung ergänzend Grundsicherungsleistungen vom Beklagten. Der Beklagte bewilligte ua Leistungen für die Zeit vom 1.7.2018 bis 30.6.2019 in Höhe von 385,06 Euro(Bescheid vom 25.4.2018, geändert durch Bescheid vom 26.4.2018) und berücksichtigte dabei die um Beiträge zur Hausrat- und Haftpflichtversicherung verminderte Rente als Einkommen. Nachfolgend hob er den Bescheid vom 25.4.2018 für die Monate Januar 2019 bis Juni 2019 gemäߧ 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) zu Lasten des Klägers teilweise auf und bewilligte nunmehr unter Berücksichtigung der zum 1.1.2019 angepassten Rente für den Zeitraum vom 1.1.2019 bis 30.6.2019 Leistungen in Höhe von 314,72 Euro(Bescheid vom 8.4.2019; Widerspruchsbescheid vom 3.7.2019). Die Klage hat keinen Erfolg gehabt(Gerichtsbescheid des Sozialgerichts ≪SG≫ Kassel vom 19.7.2021; Urteil des Hessischen Landessozialgerichts ≪LSG≫ vom 18.10.2023) . Zur Begründung hat das LSG ausgeführt, die Klage sei hinsichtlich des Zeitraums 1.4.2014 bis 31.12.2018, für den der Kläger zugleich mit seinem Widerspruch einen Überprüfungsantrag gestellt hatte, mangels Verwaltungsentscheidung hierüber unzulässig und im Übrigen unbegründet. Der Regelsatz für den hier streitgegenständlichen Zeitraum vom 1.1.2019 bis 30.6.2019 sei nicht in verfassungswidriger Weise zu niedrig bemessen. Für die Berücksichtigung des von dem Kläger begehrten Absetzung eines Freibetrages von der Rente wegen voller Erwerbsminderung fehle es an einer rechtlichen Grundlage. Auch dies sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
Gegen die Nichtzulassung der Revision in dem bezeichneten Urteil wendet sich der Kläger mit seiner Beschwerde und beantragt zugleich die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) unter Beiordnung eines Rechtsanwalts.
II
PKH kann dem Kläger nicht bewilligt werden. PKH ist nur zu bewilligen, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint( § 73a Abs 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫ iVm § 114 Zivilprozessordnung ≪ZPO≫) ; daran fehlt es hier. Hinreichende Aussicht auf Erfolg wäre nur zu bejahen, wenn einer der drei in § 160 Abs 2 SGG abschließend aufgeführten Zulassungsgründe durch einen zugelassenen Prozessbevollmächtigten(§ 73 Abs 4 SGG ) mit Erfolg geltend gemacht werden könnte, denn nur diese Gründe können zur Zulassung der Revision führen. Dies ist vorliegend nicht der Fall.
Der Rechtssache kommt nach Aktenlage keine grundsätzliche Bedeutung zu(§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG ) . Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Klärungsbedürftige Rechtsfragen wegen der Bemessung und Fortschreibung des Regelsatzes sind in Anbetracht der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts(≪BVerfG≫ vom 23.7.2014 - 1 BvL 10/12 ua - BVerfGE 137, 34 = SozR 4-4200 § 20 Nr 20) nicht ersichtlich. Da das BVerfG entschieden hat, dass die Höhe der Regelbedarfe mit der Verfassung in Einklang steht und auch am Konzept ihrer Fortschreibung(vgl§ 28a SGB XII ) keine verfassungsrechtlichen Zweifel geäußert hat, bedürfte es zur ordnungsgemäßen Darlegung der Klärungsbedürftigkeit der formulierten Frage neben einer nachvollziehbaren Auseinandersetzung mit der Entscheidung des BVerfG auch der schlüssigen Erläuterung, warum die vom BVerfG in seiner Entscheidung akzeptierten Maßstäbe für die Ermittlung und Fortschreibung der Regelbedarfe für den streitbefangenen Zeitraum nicht mehr gelten sollen, also weiterhin Klärungsbedarf besteht oder neuer Klärungsbedarf entstanden ist. Es ist nicht erkennbar, dass ein Prozessbevollmächtigter im Rahmen des vorliegenden Verfahrens aus dem zum Ausdruck gebrachten Begehren des Klägers eine Rechtsfrage formulieren könnte, die bezogen auf den streitigen Zeitraum zur Zulassung der Revision führen könnte(vgl auchBSG vom 24.1.2018 - B 14 AS 374/17 B - zur Fortschreibung der Regelsätze nach 2016;BSG vom 8.4.2019 - B 8 SO 42/17 BH - RdNr 6 zur Höhe des Regelsatzes für die Jahre 2014, 2015 und 2016 undBSG vom 30.4.2019 - B 8 SO 23/19 B - RdNr 5 zur Höhe des Regelsatzes vom 1.2.2018 bis 31.1.2019) . Auch soweit der Kläger meint, der besondere Freibetrag von Einkünften aus einer zusätzlichen Altersvorsorge(§ 82 Abs 4 SGB XII idF des Betriebsrentenstärkungsgesetzes vom 17.8.2017, BGBl I, 3214) müsse auch von der gesetzlichen Rente wegen Erwerbsminderung abgesetzt werden, wirft dies keine Fragen grundsätzlicher Bedeutung auf. Bei der vom Kläger bezogenen Rente handelt es sich schon nicht um eine (zusätzliche) Altersvorsorge. Damit ist nicht erkennbar, dass ein Prozessbevollmächtigter im Rahmen des vorliegenden Verfahrens unter Berücksichtigung der bereits vorliegenden Rechtsprechung des Senats zu den Absetzbeträgen nach§ 82 Abs 2 SGB XII und der in§ 82 Abs 3 Satz 3 SGB XII enthaltenen Härteklausel und der Rechtsprechung des BVerfG zu Art 3 Abs 1 Grundgesetz(≪GG≫; vgl nur BVerfG vom 11.5.2005 - 1 BvR 368/97 - BVerfGE 112, 368, 401 ) eine Rechtsfrage formulieren könnte, die zur Zulassung der Revision führen könnte.
Das LSG hat auch keine Rechtssätze aufgestellt, die von der Rechtsprechung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmSOGB) oder des BVerfG abweichen und auf dieser Abweichung beruhen, sodass auch eine Zulassung wegen Divergenz(§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG ) nicht in Betracht kommt.
Schließlich ist auch kein Verfahrensmangel erkennbar, auf dem die angefochtene Entscheidung des LSG beruhen kann(§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG ) . Für das Vorliegen eines absoluten Revisionsgrunds(vgl § 202 SGG iVm§ 547 Nr 1 ZPO ) ist nichts ersichtlich; insbesondere wird eine Verletzung des gesetzlichen Richters(Art 101 Abs 1 Satz 2 GG ) nicht erkennbar. Auf eine fehlerhafte Behandlung des erst nach der mündlichen Verhandlung und der anschließenden Urteilsverkündung am 18.10.2023 um 12:05 Uhr am Nachmittag des selben Tages um 16:05 Uhr per Telefax an die Gerichtsleitung angebrachten Ablehnungsgesuchs kann ein zugelassener Prozessbevollmächtigter eine Beschwerde nicht mit Erfolg stützen. Ein Ablehnungsgesuch kann grundsätzlich nur bis zum Erlass der Endentscheidung des Gerichts zulässigerweise angebracht werden, dem der abgelehnte Richter angehört(vgl zuletztBSG vom 23.11.2023 - B 8 SO 3/23 BH ) . Ein solcher Fall liegt hier vor; denn der Kläger hat mit seinem pauschalen Vortrag, die Richter des Senats seien zu seinen Lasten voreingenommen, keine Gründe geltend gemacht, die erst nachträglich entstanden sind und für die ausnahmsweise anderes gelten könnte(zu solchen Fällen § 60 SGG iVm§ 44 Abs 4 ZPO ) .
Auch eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör gemäß § 62 SGG undArt 103 Abs 1 GG in Verbindung mit dem Grundsatz der Mündlichkeit nach § 124 Abs 1 SGG ist nicht ersichtlich. Das LSG durfte in Abwesenheit des Klägers aufgrund mündlicher Verhandlung am 18.10.2023 entscheiden, weil er ordnungsgemäß in der Terminsmitteilung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden war. Den Antrag auf Aufhebung des Termins wegen der behaupteten dauerhaften krankheitsbedingten Verhandlungsunfähigkeit hat der Vorsitzende rechtzeitig vor dem Termin zurückgewiesen(Beschluss vom 10.10.2023) . Es ist nicht erkennbar, dass diese Verfahrensweise von einem zugelassenen Prozessbevollmächtigten mit Erfolg beanstandet werden könnte, weil der Kläger keinen "erheblichen" Grund iS des § 227 Abs 1 Satz 1 ZPO für eine Aufhebung vorgetragen hat. Er hat zwar vorgetragen, aus gesundheitlichen Gründen grundsätzlich und auf Dauer nicht in der Lage zu sein, zu einem Termin zu erscheinen, der weit entfernt von seinem Wohnort stattfindet. Auf den Hinweis der Berichterstatterin im Vorfeld der mündlichen Verhandlung, in einem solchen Fall sei die Bestellung eines besonderen Vertreters nach § 72 Abs 2 SGG möglich, wozu der Kläger weiter vortragen möge, ist jedoch kein weiterer Vortrag erfolgt. Weshalb diese Möglichkeit für ihn ausschied, hat der Kläger nicht dargestellt, und damit die Gründe für eine Aufhebung des Termins nicht hinreichend substantiiert geltend gemacht. Allein auf Grundlage des Vortrags des Klägers, er sei nur bereit sich durch einen nach Bewilligung von PKH beigeordneten Anwalt vertreten zu lassen, ist aber nicht erkennbar, dass das Gericht die im Falle einer längerfristigen Erkrankung notwendige Abwägung zwischen dem Interesse an einer Verfahrensbeschleunigung einerseits und dem Interesse des Klägers an einer (persönlichen) Teilnahme an der mündlichen Verhandlung andererseits in verfahrensfehlerhafter Weise vorgenommen hat und zwar unabhängig davon, ob die krankheitsbedingte Unmöglichkeit anzureisen allein mit den aktenkundigen Behinderungen ausreichend belegt ist. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass der Kläger Gelegenheit hatte, sich in der mündlichen Verhandlung gegebenenfalls von seiner Wohnung aus im Wege der Teilnahme mittels vom LSG von Amts wegen gestatteter Bild- und Tonübertragung (Videokonferenz) rechtliches Gehör zu verschaffen. Jedenfalls kann der Kläger die Entscheidung, für die Prozessführung PKH zu bewilligen und einen Rechtsanwalt beizuordnen(dazu sogleich) , nicht durch die Weigerung erzwingen, auf andere Weise an einem Termin nicht teilzunehmen bzw sich auf andere Weise vertreten zu lassen.
Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör kann ein zugelassener Prozessbevollmächtigter auch nicht darauf stützen, dass das LSG (wiederholt) die Bewilligung von PKH abgelehnt hat. Eine Verletzung rechtlichen Gehörs durch die fehlende Möglichkeit, sich sachgerecht durch einen Rechtsanwalt vertreten zu lassen, liegt nur vor, wenn bei rechtzeitiger Entscheidung ausgehend von dem damaligen Sach- und Kenntnisstand eine hinreichende Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung zu bejahen wäre(vgl § 73a SGG iVm§ 114 ZPO ; dazuBSG vom 4.12.2007 - B 2 U 165/06 B - SozR 4-1500 § 62 Nr 9) . Eine solche Erfolgsaussicht in der Sache lag hier zu keinem Zeitpunkt vor, wie der Senat oben ausgeführt hat. Allein gesundheitliche Gründe in der Person des Klägers, die ihm die Prozessführung erschweren, begründen solche Erfolgsaussichten nicht.
Das LSG hat auch nicht verfahrensfehlerhaft die Klage als unzulässig angesehen, soweit der Kläger im Überprüfungsverfahren höhere Regelleistungen für die Zeit vom 1.4.2014 bis 31.12.2018 begehrt. Insoweit fehlt es für die alleine in Betracht kommende kombinierte Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage erforderliche Verwaltungsentscheidung bezogen auf den Antrag nach§ 44 SGB X .
Mit der Ablehnung von PKH entfällt auch die Beiordnung eines Prozessbevollmächtigten im Rahmen der PKH( § 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm§ 121 Abs 1 ZPO ) .
Die vom Kläger selbst eingelegte Beschwerde entspricht nicht den zwingenden gesetzlichen Vorschriften. Der Kläger muss sich vor dem BSG gemäß § 73 Abs 4 SGG durch einen zugelassenen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Er kann eine Prozesshandlung rechtswirksam nicht vornehmen, folglich auch nicht selbst Beschwerde einlegen. Schon die Beschwerdeschrift muss von einem nach § 73 Abs 4 SGG zugelassenen Prozessbevollmächtigten unterzeichnet sein. Hierauf wurde der Kläger ausdrücklich hingewiesen. Die nicht formgerecht eingelegte Beschwerde ist schon deshalb nach § 160a Abs 4 Satz 1 iVm § 169 Satz 3 SGG ohne Beteiligung der ehrenamtlichen Richter als unzulässig zu verwerfen.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des§ 193 Abs 1 SGG .
Fundstellen
Dokument-Index HI16638367 |