Verfahrensgang

LSG Baden-Württemberg (Urteil vom 28.03.2017; Aktenzeichen L 11 KR 3687/16)

SG Mannheim (Entscheidung vom 26.09.2016; Aktenzeichen S 9 KR 2135/15)

 

Tenor

Der Antrag des Klägers, ihm für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 28. März 2017 Prozesskostenhilfe zu bewilligen und Rechtsanwalt Dr. M. beizuordnen, wird abgelehnt.

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 28. März 2017 wird als unzulässig verworfen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I

Der bei der beklagten Krankenkasse versicherte Kläger ist mit seinem Begehren auf Versorgung mit Implantaten bei atrophiertem Unter- und Oberkiefer bei der Beklagten ohne Erfolg geblieben. Das SG hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Die bei dem Kläger bestehende Prothesenunverträglichkeit mit Würgereiz sei als willentlich nicht beinflussbare muskuläre Fehlfunktion im Mundbereich und damit als Ausnahmeindikation für die grundsätzlich ausgeschlossene Implantatversorgung (§ 28 Abs 2 S 9 SGB V) zu werten (Urteil vom 26.9.2016). Das LSG hat die Klage abgewiesen. Die Voraussetzungen einer Ausnahmeindikation seien nicht erfüllt. Der Würgereiz sei als Störung der Rachenmuskulatur nicht dem Mund- oder Gesichtsbereich zuzuordnen. Ein Anspruch ergebe sich auch nicht aufgrund einer fingierten Genehmigung (§ 13 Abs 3a S 6 SGB V). Die Beklagte habe den Kläger rechtzeitig telefonisch über die Leistungsablehnung informiert, wie zur Überzeugung des LSG aufgrund der Zeugenaussage der betreffenden Mitarbeiterin der Beklagten und eines Aktenvermerks feststehe (Urteil vom 28.3.2017).

Der Kläger begehrt, ihm für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im LSG-Urteil Prozesskostenhilfe (PKH) unter Beiordnung seines Rechtsanwalts zu bewilligen sowie auf seine Beschwerde die Revision gegen das LSG-Urteil zuzulassen.

II

Die Bewilligung von PKH unter Beiordnung eines Rechtsanwalts ist abzulehnen (dazu 1.), die Beschwerde des Klägers ist zu verwerfen (dazu 2.).

1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die begehrte PKH unter Beiordnung seines anwaltlichen Bevollmächtigten. Nach § 73a Abs 1 S 1 SGG iVm §§ 114, 121 ZPO kann einem bedürftigen Beteiligten für das Beschwerdeverfahren vor dem BSG nur dann PKH bewilligt und ein Rechtsanwalt beigeordnet werden, wenn - ua - die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Daran fehlt es. Der Kläger kann aller Voraussicht nach mit seinem Begehren auf Zulassung der Revision nicht durchdringen, weil es keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat. Nach Durchsicht der Akten fehlen auch unter Würdigung seines Vorbringens Anhaltspunkte dafür, dass er einen der in § 160 Abs 2 Nr 1 bis 3 SGG abschließend aufgeführten Zulassungsgründe darlegen könnte. Seine eingelegte und begründete Beschwerde ist unzulässig (vgl 2.).

2. Die Beschwerde des Klägers ist als unzulässig zu verwerfen (vgl § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 S 3 SGG). Ihre Begründung entspricht nicht den aus § 160a Abs 2 S 3 SGG abzuleitenden Anforderungen an die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) und des Verfahrensfehlers (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG).

a) Wer sich auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) beruft, muss eine Rechtsfrage klar formulieren und ausführen, inwiefern diese Frage im angestrebten Revisionsverfahren entscheidungserheblich sowie klärungsbedürftig und über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist (vgl zB BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 21 S 38; BSG SozR 3-4100 § 111 Nr 1 S 2 f; BSG SozR 3-2500 § 240 Nr 33 S 151 f mwN). Der Kläger richtet sein Vorbringen hieran nicht aus.

Der Kläger formuliert zwar keine Rechtsfrage. Seinen Ausführungen lässt sich jedoch sinngemäß entnehmen, dass er geklärt wissen möchte, ob ein schwerer, willentlich nicht beeinflussbarer Würgereiz die Voraussetzungen der Ausnahmeindikation einer nicht willentlich beeinflussbaren muskulären Fehlfunktion im Mund- und Gesichtsbereich erfüllt (vgl Abschnitt B. VII. Ziffer 2 Buchst d Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche vertragszahnärztliche Versorgung vom 4.6.2003/24.9.2003, BAnz Nr 226 vom 3.12.2003, S 24 966, mit nachfolgenden Änderungen, zuletzt vom 1.3.2006, BAnz Nr 111 vom 17.6.2006, S 4466, mWv 18.6.2006). Der Kläger legt jedoch die Entscheidungserheblichkeit dieser Frage nicht in der gebotenen Weise dar. Es ist nicht ersichtlich, wieso der erkennende Senat diese Frage in einem Revisionsverfahren beantworten müsste, obwohl die betroffene zahnmedizinische Versorgung nach den maßgeblichen Feststellungen des LSG nicht in eine medizinische Gesamtbehandlung eingebettet und schon deshalb kraft Gesetzes aus dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen ist (vgl BSG SozR 4-2500 § 28 Nr 6 RdNr 9 ff; BSG SozR 4-2500 § 28 Nr 7 RdNr 13 ff).

b) Nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ist die Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung von § 109 SGG und § 128 Abs 1 S 1 SGG (Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung) und auf eine Verletzung des § 103 SGG (Amtsermittlungsgrundsatz) nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Um einen Verfahrensmangel in diesem Sinne geltend zu machen, müssen die Umstände bezeichnet werden, die den entscheidungserheblichen Mangel ergeben sollen (vgl zB BSG SozR 1500 § 160a Nr 14, 24, 36). Daran fehlt es.

Der Kläger rügt, das LSG habe seine Beweiswürdigung ua auf die Einlassung des Klägers im Anschluss an die Vernehmung der Zeugin gestützt, in einem Telefonat sei ihm die Leistungsablehnung mitgeteilt worden, die nicht in der Sitzungsniederschrift protokolliert worden sei. Der Kläger bezeichnet hiermit keinen Verfahrensmangel. Äußerungen in der mündlichen Verhandlung sind nur auf Antrag eines Beteiligten zu protokollieren (vgl § 122 SGG iVm § 160 Abs 4 ZPO). Der Kläger legt nicht dar, dass er Protokollierung beantragt habe. Er behauptet auch nicht, die Erklärung nicht abgegeben und Tatbestandsberichtigung beantragt zu haben.

Soweit der Kläger die Beweiswürdigung des LSG angreift (vgl § 128 Abs 1 S 1 SGG), das Telefonat habe nach Aktenvermerk und Zeugenaussage am 17.6.2014 stattgefunden, kann er dies - wie dargelegt - im Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision nicht mit Erfolg rügen.

3. Der Senat sieht von einer weiteren Begründung ab (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).

4. Die Kostenentscheidung beruht auf analoger Anwendung des § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI11351327

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