Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Vertretungszwang vor dem Bundessozialgericht. Verfassungsmäßigkeit. kein Verstoß gegen Art 6 MRK
Orientierungssatz
1. Gegen den sog Vertretungszwang (§ 73 Abs 4 SGG) vor dem BSG bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Dies haben mehrfach sowohl das BSG (BSG vom 25.10.1957 - 8 RV 935/57 = SozR Nr 20 zu § 166 und vom 21.1.1971 - 7 RAr 49/70 = SozR Nr 43 zu § 166 SGG) als auch das Bundesverfassungsgericht (BVerfG vom 16.6.1983 - 1 BvR 664/83 = SozR 1500 § 166 Nr 10 und vom 18.12.1991 - 1 BvR 1411/91 = SozR 3-1500 § 160a Nr 7) zur Vorläufervorschrift des § 73 Abs 4 SGG in § 166 SGG aF entschieden. Für § 73 Abs 4 SGG kann nichts anderes gelten. Auch ein Verstoß gegen den durch Art 6 Europäische Menschenrechtskonvention (juris: MRK) garantierten Anspruch auf Zugang zum Gericht ist in dem Vertretungszwang vor dem BSG nicht zu sehen (BSG vom 21.8.2003 - B 3 P 8/03 B und vom 27.1.2005 - B 11a/11 AL 265/04 B).
2. Die Verfassungsbeschwerde gegen den Beschluss wurde nicht zur Entscheidung angenommen (BVerfG 1. Senat 3. Kammer vom 6.6.2011 - 1 BvR 884/11).
Normenkette
SGG § 73 Abs. 4, § 166 aF; MRK Art. 6
Verfahrensgang
LSG Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 23.02.2011; Aktenzeichen L 10 SB 283/10) |
SG Köln (Urteil vom 31.08.2010; Aktenzeichen S 13 SB 39/09) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 23. Februar 2011 wird als unzulässig verworfen.
Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Gründe
Der Kläger selbst hat gegen die Nichtzulassung der Revision im vorgenannten Urteil mit Schreiben vom 18.3.2011, beim Bundessozialgericht (BSG) eingegangen am 22.3.2011, Beschwerde eingelegt.
Das Rechtsmittel des Klägers ist unzulässig; es entspricht nicht der gesetzlichen Form. Der Kläger konnte die Beschwerde, worauf er in der Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Urteils und durch Senatsschreiben vom 24.3.2011 ausdrücklich hingewiesen worden ist, wirksam nur durch einen vor dem BSG zugelassenen Prozessbevollmächtigten einlegen lassen (§ 73 Abs 4 SGG). Dies ist bis zum Ablauf der Beschwerdefrist am 18.4.2011 nicht erfolgt.
Gegen den sog Vertretungszwang vor dem BSG bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Dies haben mehrfach sowohl das BSG (BSG SozR Nr 20 und Nr 43 zu § 166 SGG) als auch das Bundesverfassungsgericht - BVerfG - (BVerfG SozR 1500 § 166 Nr 10, BVerfG SozR 3-1500 § 160a Nr 7) zur Vorläufervorschrift des § 73 Abs 4 SGG in § 166 SGG aF entschieden. Für § 73 Abs 4 SGG kann nichts anderes gelten. Auch ein Verstoß gegen den durch Art 6 Europäische Menschenrechtskonvention garantierten Anspruch auf Zugang zum Gericht ist in dem Vertretungszwang vor dem BSG nicht zu sehen (BSG Beschlüsse vom 21.8.2003 - B 3 P 8/03 B - und 27.1.2005 - B 11a/11 AL 265/04 B -).
Dem vom Kläger gestellten Antrag auf Akteneinsicht (§ 165 Satz 1, § 153 Abs 1, § 120 SGG) ist ungeachtet der fehlenden Prozessvertretung vor dem BSG hinsichtlich der Akten des BSG nicht zu entsprechen, weil diese Akte außer der dem Kläger vorliegenden Abschrift des Urteils des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen (LSG) vom 23.2.2011 (L 10 SB 283/10) nur das Schreiben des Klägers vom 18.3.2011 enthält. Hinsichtlich der Einsicht in die vorinstanzlichen Akten, die im Übrigen für diese Entscheidung nicht benötigt wurden, kann der Kläger sich ohne Weiteres an das LSG wenden, an das diese Akten umgehend zurückgesandt werden.
Die Beschwerde des Klägers ist gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbs 2 iVm § 169 SGG ohne Beteiligung ehrenamtlicher Richter als unzulässig zu verwerfen.
Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen