Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 17. Januar 2017 wird als unzulässig verworfen.
Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine Kosten zu erstatten.
Gründe
Mit Urteil vom 17.1.2017 hat das Sächsische LSG die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des SG Leipzig vom 28.8.2015 zurückgewiesen.
Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat der Kläger Beschwerde beim BSG eingelegt. Er beruft sich auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache iS von § 160 Abs 2 Nr 1 SGG und Verfahrensmängel iS von § 160 Abs 2 Nr 3 SGG.
Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist unzulässig, weil sie nicht formgerecht begründet ist.
Die Revision ist nur zuzulassen, wenn
- die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG),
- das Urteil von einer Entscheidung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht (aaO Nr 2) oder
- ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (aaO Nr 3).
Derartige Gründe werden in der Beschwerdebegründung nicht nach Maßgabe der Erfordernisse des § 160a Abs 2 S 3 SGG dargetan. Die Beschwerde ist daher gemäß § 160a Abs 4 S 1 iVm § 169 SGG zu verwerfen.
Eine Rechtssache hat nur dann grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung angeben, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Ein Beschwerdeführer muss mithin, um seiner Darlegungspflicht zu genügen, eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (so genannte Breitenwirkung) darlegen (zum Ganzen vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN; Fichte in Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Aufl 2014, § 160a RdNr 32 ff).
Der Kläger wird bereits dem ersten Erfordernis nicht gerecht. Er hat keine abstrakt-generelle Rechtsfrage zum Inhalt oder Anwendungsbereich einer revisiblen Norm (vgl § 162 SGG) gestellt (vgl Senatsbeschluss vom 6.4.2010 - B 5 R 8/10 B - BeckRS 2010, 68786 RdNr 10; BSG Beschluss vom 5.11.2008 - B 6 KA 24/07 B - BeckRS 2009, 50073 RdNr 7). Die Formulierung einer abstrakten, aus sich heraus verständlichen Rechtsfrage ist jedoch unverzichtbar, damit das Beschwerdegericht an ihr die weiteren Voraussetzungen der Grundsatzrüge prüfen kann (Becker, SGb 2007, 261, 265; Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 7. Aufl 2016, Kap IX RdNr 181). Es gehört nicht zu den Aufgaben des BSG, den Vortrag des Klägers darauf zu analysieren, ob sich ihm evtl eine entsprechende Rechtsfrage entnehmen ließe (vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 26 S 48).
Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 1 SGG), so müssen bei der Bezeichnung des Verfahrensmangels (§ 160a Abs 2 S 3 SGG) zunächst die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist die Darlegung erforderlich, dass und warum die Entscheidung des LSG ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht auf dem Mangel beruhen kann, also die Möglichkeit einer Beeinflussung des Urteils besteht. Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 S 1 SGG und auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.
Der Kläger macht geltend, dass die mündliche Verhandlung vom 17.1.2017 verfahrensmangelbehaftet gewesen sei. So habe ihm die Vorsitzende Richterin am LSG J. untersagt, in der mündlichen Verhandlung einen Laptop und einen Beamer zu benutzen sowie Rückfragen an das Gericht "abgeblockt" und eine Befragung der Beklagten durch ihn, den Kläger, abgelehnt. Ebenso habe es die Vorsitzende Richterin abgelehnt, ein von ihm beantragtes Beweismittel - wohl die im Schreiben der Beklagten vom 5.5.2015 erwähnte "Verfügung 30/79" - zu verhandeln, obwohl dieses Dokument das entscheidende Dokument für eine dann folgende Beweiskette gewesen wäre.
Welche Verfahrensvorschriften das LSG mit dem behaupteten Verhalten verletzt haben soll, gibt die Beschwerdebegründung allerdings nicht an. Doch selbst wenn man zugunsten des Klägers davon ausginge, er rüge eine Verletzung seines Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs iS von Art 103 Abs 1 GG, § 62 SGG und damit zusammenhängend einen Verstoß gegen das allgemeine Prozessgrundrecht auf ein faires Verfahren gemäß Art 2 Abs 1 GG iVm dem Rechtsstaatsprinzip, wäre ein Verfahrensmangel nicht schlüssig dargelegt.
Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör und damit des Fairnessgebots liegt ua vor, wenn das Gericht seiner Pflicht, den Beteiligten die Möglichkeit zur Information und Äußerung zu geben (vgl Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 62 RdNr 6 mwN) sowie ihr Vorbringen zur Kenntnis zu nehmen und in seine Erwägungen einzubeziehen, nicht nachgekommen ist (vgl BSG SozR 3-1500 § 62 Nr 19 S 33). Zur Begründung eines entsprechenden Revisionszulassungsgrundes ist nicht nur der Verstoß gegen den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs selbst zu bezeichnen, sondern auch darzutun, welches Vorbringen ggf dadurch verhindert worden ist und inwiefern die angefochtene Entscheidung darauf beruhen kann (BSG SozR 1500 § 160a Nr 36). Darüber hinaus ist Voraussetzung für den Erfolg einer solchen Rüge, dass der Kläger darlegt, seinerseits alles getan zu haben, um sich rechtliches Gehör zu verschaffen (BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 22 S 35; vgl auch BSGE 68, 205, 210 = SozR 3-2200 § 667 Nr 1 S 6).
Die Beschwerdebegründung legt weder substantiiert dar, welches Vorbringen durch das behauptete Verhalten des LSG verhindert worden ist, noch gibt sie an, inwiefern die angefochtene Entscheidung auf den geltend gemachten Mängeln beruhen kann.
Der Kläger legt noch nicht einmal dar, welchen konkreten Anspruch er in dem dem Beschwerdeverfahren zugrunde liegenden Rechtsstreit verfolgt. Darüber hinaus führt er den vom LSG festgestellten Sachverhalt nicht auf, an den das BSG grundsätzlich gemäß § 163 SGG gebunden ist und auf dessen Grundlage zu entscheiden ist, ob ein geltend gemachter Verfahrensmangel unter Berücksichtigung der insoweit maßgeblichen Rechtsauffassung des LSG entscheidungserhebliche Bedeutung haben kann.
Mit seinem übrigen Vortrag in der Beschwerdebegründung greift der Kläger die inhaltliche Richtigkeit des zweitinstanzlichen Urteils an. Dieser Gesichtspunkt vermag die Revisionsinstanz indes nicht zu eröffnen. Die (vermeintliche) sachliche Unrichtigkeit der angefochtenen Entscheidung stellt keinen Revisionszulassungsgrund dar (BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 3 RdNr 15).
Die Bitte des Klägers in der Beschwerdebegründung um einen Hinweis, "sofern weiterer Sach- bzw Rechtsvortrag als notwendig erachtet" werde, führt nicht dazu, dass eine Entscheidung über die unzureichend begründete Beschwerde zurückzustellen wäre. Der Senat ist nicht verpflichtet, einen anwaltlich vertretenen Kläger vor einer Entscheidung auf Mängel der Beschwerdebegründung hinzuweisen. Die Bestimmung des § 106 Abs 1 SGG gilt insoweit nicht, abgesehen davon, dass im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde keine Tatsachenentscheidung zu treffen ist und Beweisantritte damit ohnehin nicht in Betracht kommen. Das Gesetz unterstellt, dass ein Rechtsanwalt auch ohne Hilfe des Gerichts in der Lage ist, eine Nichtzulassungsbeschwerde formgerecht zu begründen (ua Senatsbeschluss vom 10.8.2011 - B 5 RS 40/11 B - sowie BSG Beschlüsse vom 31.5.2011 - B 13 R 103/11 B - Juris RdNr 10 und vom 21.7.2010 - B 7 AL 60/10 B - Juris RdNr 7). Gerade dies ist ein Grund für den Vertretungszwang des § 73 Abs 4 SGG (BSG Beschluss vom 16.11.2011 - B 13 R 317/11 B).
Der Schriftsatz des Klägers vom 28.4.2017 ist nicht innerhalb der Beschwerdebegründungsfrist, die am 27.3.2017 abgelaufen ist, beim BSG eingegangen und kann daher nicht berücksichtigt werden (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 160a RdNr 13b mwN).
Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (vgl § 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 und 4 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI10862098 |