Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 23. Februar 2022 wird als unzulässig verworfen.
Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine Kosten zu erstatten.
Gründe
I
Zwischen den Beteiligten ist streitig ein Anspruch auf Leistung einer höheren Altersrente. Die Klägerin begehrt einen Zuschlag an persönlichen Entgeltpunkten für die Erziehung ihrer am 22.12.1986 geborenen Tochter D.
Seit dem 1.12.2015 leistet die Beklagte eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen. Zum 1.1.2019 erfolgte eine Neuberechnung der Rente unter Berücksichtigung eines höheren Zuschlags um 0,5 persönliche Entgeltpunkte für die Erziehung der Tochter M. Einen entsprechenden Zuschlag für die Tochter D lehnte die Beklagte ab, weil für diese keine Berücksichtigungszeit wegen Kindererziehung für den 24. Kalendermonat (Januar 1989) nach Ablauf des Monats der Geburt in der Rente angerechnet worden sei. Die Klägerin habe sich zu dieser Zeit in den USA aufgehalten (Bescheid vom 26.3.2019; Widerspruchsbescheid vom 27.11.2019).
Klage und Berufung sind ohne Erfolg geblieben. Das LSG hat die Berufung gegen das Urteil des SG vom 27.10.2020 zurückgewiesen und einen Anspruch der Klägerin auf Berücksichtigung von weiteren 0,5 persönlichen Entgeltpunkten für Kindererziehung abgelehnt. Die Klägerin habe sich im 24. Kalendermonat nach der Geburt ihrer Tochter D in den USA aufgehalten. Die besonderen Voraussetzungen für die Anerkennung von Berücksichtigungszeiten im Ausland lägen nicht vor. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus den Regelungen des NATO-Truppenstatuts und des Zusatzabkommens (Urteil vom 23.2.2022).
Gegen die Nichtzulassung der Revision hat die Klägerin Beschwerde beim BSG eingelegt. Sie macht als Zulassungsgrund eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG).
II
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil sie nicht formgerecht begründet ist. Die Klägerin legt einen Zulassungsgrund iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG nicht in der nach § 160a Abs 2 Satz 3 SGG gebotenen Weise dar. Die Beschwerde ist daher gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 iVm § 169 SGG zu verwerfen.
Eine Rechtssache hat nur dann iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine Rechtsfrage zu revisiblem Recht (§ 162 SGG) aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Zur ordnungsgemäßen Bezeichnung des Revisionszulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung muss der Beschwerdeführer daher eine Rechtsfrage benennen und zudem deren (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) darlegen (stRspr; zB BSG Beschluss vom 31.7.2017 - B 1 KR 47/16 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 30 RdNr 4 mwN; s auch Fichte in Fichte/Jüttner, SGG, 3. Aufl 2020, § 160a RdNr 32 ff).
Die Klägerin formuliert als Frage von grundsätzlicher Bedeutung:
"Muss die Erziehungszeit in einem anderen Land (insbesondere bei Angehörigen eines Mitglieds von Truppen, welche unter das NATO-Truppenstatut fallen) als in Deutschland gem. § 56 Abs. 1 S. 2 Nr. SGB IV [gemeint ist § 56 Abs 1 Satz 2 Nr 2 SGB VI] durch Auslegung der Vorschrift als gleichstehend betrachtet werden, um dem Regelungszweck der Vorschrift gerecht zu werden, wenn ein Bezug zum deutschen Sozialversicherungssystem besteht?"
Es kann dahin gestellt bleiben, ob damit bereits eine aus sich heraus verständliche Rechtsfrage zur Auslegung, zum Anwendungsbereich oder zur Vereinbarkeit einer konkreten Regelung des revisiblen Rechts (vgl § 162 SGG) mit höherrangigem Recht bezeichnet ist. Zweifel bestehen deshalb, weil die Voraussetzungen, unter denen eine Erziehung im Ausland der Erziehung im Gebiet der Bundesrepublik rentenrechtlich gleich steht, nicht in der zitierten Vorschrift (§ 56 Abs 1 Satz 2 Nr 2 SGB VI), sondern in § 56 Abs 3 Satz 2 und 3 SGB VI gesondert geregelt sind. Zu dessen Anwendung und Auslegung hat die Klägerin jedoch keine Frage gestellt und auch in ihrer weiteren Beschwerdebegründung darauf nicht Bezug genommen.
Jedenfalls legt die Klägerin mit ihren Ausführungen die Klärungsbedürftigkeit der aufgeworfenen Frage nicht hinreichend dar. Sie führt dazu aus, die Nichtberücksichtigung der Erziehungszeit eines Kindes während des Auslandsaufenthaltes entspreche nicht dem Regelungszweck der Vorschriften über die "Mütterrente". Danach habe die Erziehungsleistung für vor 1992 geborene Kinder besser honoriert werden sollen. Auch könne es in der gegebenen Konstellation auf den tatsächlichen gewöhnlichen Aufenthalt der Familie nicht ankommen. Der einzige Grund für den Auslandsaufenthalt sei die Stationierung des bei den US-amerikanischen Streitkräften tätigen Vaters des Kindes gewesen. Als Mitglied einer NATO-Truppe begründe man naturgemäß nirgends einen gewöhnlichen Aufenthalt. Versetzungen und Stationierungen könnten jederzeit und regelmäßig an verschiedene Orte erfolgen. Das Merkmal des gewöhnlichen Aufenthalts in Deutschland müsse deshalb weit ausgelegt werden. Die Begründungsanforderungen des § 160a Abs 2 Satz 3 SGG werden damit nicht erfüllt.
Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage, wenn die Antwort nicht außer Zweifel steht, sich zB nicht unmittelbar und ohne Weiteres aus dem Gesetz beantworten lässt oder nicht bereits höchstrichterlich entschieden ist. In der Beschwerdebegründung muss deshalb unter Auswertung der Rechtsprechung des BSG bzw des BVerfG zu dem Problemkreis substantiiert vorgebracht werden, dass zu diesem Fragenbereich noch keine Entscheidung getroffen wurde oder durch die schon vorliegenden Urteile und Beschlüsse die nunmehr maßgebende Frage von grundsätzlicher Bedeutung noch nicht beantwortet worden ist (vgl zB BSG Beschluss vom 28.4.2022 - B 5 R 29/22 B - juris RdNr 9 mwN). Dies ist nicht geschehen. Zur Anerkennung von Kindererziehungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung existiert bereits eine umfangreiche höchstrichterliche Rechtsprechung. Danach ist die Kindererziehung grundsätzlich nur im Inland rentenrechtlich relevant, da der gewöhnliche Aufenthalt einer Person im jeweiligen Staatsgebiet systemgerechter Anknüpfungspunkt für die mitgliedschaftliche Einbeziehung in nationale Sozialversicherungssysteme ist. Das BVerfG hat dies als verfassungsgemäß bestätigt (vgl BVerfG ≪Kammer≫ Nichtannahmebeschluss vom 6.3.2017 - 1 BvR 2740/16 - juris RdNr 3 mwN). Wie der "gewöhnliche Aufenthalt" iS von § 56 Abs 3 Satz 1 SGB VI zu verstehen ist, ist durch das BSG geklärt (vgl BSG Urteil vom 18.2.1998 - B 5 RJ 12/97 R - BSGE 82, 23, 24 f = SozR 3-2600 § 56 Nr 11 S 51 f = juris RdNr 14 ff). Auch waren die Voraussetzungen des § 56 Abs 3 Satz 2 und 3 SGB VI, unter denen Kindererziehungs- und Berücksichtigungszeiten im Ausland ausnahmsweise gleichgestellt sind, zuletzt Inhalt des Senatsurteils vom 21.10.2021 (B 5 R 28/21 R - SozR 4-2600 § 56 Nr 11, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen). Die Beschwerdebegründung befasst sich mit keiner dieser Entscheidungen. Auch soweit sie sich auf den Regelungszweck der "Mütterrente" bezieht, nimmt sie die dazu ergangenen Entscheidungen des BSG nicht in den Blick (vgl ua BSG Urteil vom 16.10.2019 - B 13 R 14/18 R - BSGE 129, 192 = SozR 4-2600 § 70 Nr 3), sodass ihr auch vor diesem Hintergrund nicht entnommen werden kann, welche abstrakt-generelle Aussage das BSG in dem erstrebten Revisionsverfahren noch zu treffen hätte, die in der bisherigen Rechtsprechung nicht enthalten ist.
Mit ihrem weiteren Vorbringen, das NATO-Truppenstatut müsse auch auf nicht in Deutschland stationierte Truppen ausgedehnt werden, legt sie ebenfalls keine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dar. Es bleibt bereits unklar, woraus die Klägerin den Erläuterungen der Deutschen Rentenversicherung entnimmt, dass Elternteile, die Mitglieder einer Truppe iS des NATO-Truppenstatuts oder deren Angehörige waren, für Erziehungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung "gerade nicht (ausschließlich) am gewöhnlichen Aufenthalt gemessen werden sollen" und eine Beitragszahlung zur deutschen Rentenversicherung zumal "zu irgendeinem Zeitpunkt" für eine Anrechnung von Kindererziehungszeiten ausreichen könne. Die entsprechenden, im Internet abrufbaren Erläuterungen (V0810) finden sich ausdrücklich unter der Überschrift "10. Ausnahmen bei Erziehung in Deutschland". In diesem Zusammenhang hat das BSG bereits zum Verhältnis der bundesrechtlich geregelten Kindererziehungszeiten und den Bestimmungen des NATO-Truppenstatuts und des NATOTrStatZAbk entschieden (vgl BSG Urteil vom 25.2.1992 - 4 RA 34/91 - BSGE 70, 138, 143 ff = SozR 3-6180 Art 13 Nr 2 S 11 ff). Erwähnung findet diese Entscheidung in der Beschwerdebegründung nicht. Es fehlt darüber hinaus an jeglichen substantiierten Ausführungen zu den einschlägigen Vorschriften insbesondere des NATOTrStatZAbk. Woraus die Klägerin einen unangemessenen Nachteil durch die Eheschließung mit einem Angehörigen einer NATO-Truppe ableitet, erschließt sich ebenfalls nicht. Soweit die Klägerin insbesondere unter Bezugnahme auf eine Entscheidung des SG Nürnberg vom 11.4.2017 (S 3 EG 7/17) ausführt, es müssten ihre Beitragszeiten und ihre Staatsbürgerschaft berücksichtigt werden, lässt die Argumentation keinerlei Bezug zu den einschlägigen Rechtsvorschriften erkennen. Unabhängig davon, dass das zitierte Urteil in der Berufungsinstanz aufgehoben worden ist (vgl Bayerisches LSG Urteil vom 23.10.2018 - L 9 EG 11/17), begründet allein der Umstand, dass die Klägerin der Auffassung ist, aus der Rechtsprechung zum Elterngeld müssten Rückschlüsse auf ihren Fall gezogen werden, eine grundsätzliche Bedeutung nicht.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl § 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 183 Satz 1 iVm § 193 Abs 1 und 4 SGG.
Düring Hannes Körner
Fundstellen
Dokument-Index HI15320222 |