Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 18. Januar 2017 wird als unzulässig verworfen.
Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine Kosten zu erstatten.
Gründe
Mit Urteil vom 18.1.2017 hat das Bayerische LSG einen Anspruch der Klägerin auf Rente wegen voller, hilfsweise teilweiser Erwerbsminderung sowie wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit verneint.
Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat die Klägerin Beschwerde beim BSG eingelegt. Sie beruft sich auf Verfahrensfehler.
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil sie nicht formgerecht begründet ist.
Die Revision ist nur zuzulassen, wenn
- die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG),
- das Urteil von einer Entscheidung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht (aaO Nr 2) oder
- ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (aaO Nr 3).
Derartige Gründe werden in der Beschwerdebegründung nach Maßgabe der Erfordernisse des § 160a Abs 2 S 3 SGG nicht dargetan. Die Beschwerde ist daher gemäß § 160a Abs 4 S 1 iVm § 169 SGG zu verwerfen.
Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 1 SGG), so müssen bei der Bezeichnung des Verfahrensmangels (§ 160a Abs 2 S 3 SGG) zunächst die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist die Darlegung erforderlich, dass und warum die Entscheidung des LSG ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht auf dem Mangel beruhen kann, also die Möglichkeit einer Beeinflussung des Urteils besteht. Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 S 1 SGG und auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.
Die Klägerin rügt, das LSG sei ihrem Antrag, im Hinblick auf die widerstreitenden gutachterlichen Einschätzungen zur "strittigen medizinischen Frage der Erwerbsminderung" ein Obergutachten einzuholen, nicht gefolgt. Zudem habe sie - die Klägerin - unter Vorlage eines Attests des Dr. P. vom 17.1.2017 glaubhaft gemacht, dass sie wegen Schwindelattacken und akuter Sehstörung nur mit Hilfe einer Begleitperson zur mündlichen Verhandlung habe gelangen können. Auch im Hinblick auf die weiterhin bestehende Arbeitsunfähigkeit wäre es für das LSG geboten gewesen, ein weiteres medizinisches Sachverständigengutachten einzuholen.
Bloße Angriffe auf die Beweiswürdigung des LSG können nicht zur Zulassung der Revision führen, auch wenn sie in die Gestalt einer Sachaufklärungsrüge gekleidet sind. Der Antrag der Klägerin, ein Obergutachten einzuholen, bezieht sich ausweislich ihrer Erläuterungen nicht auf eine bisher nicht berücksichtigte Gesundheitsstörung und deren eventuelle zusätzliche Auswirkungen auf ihr Leistungsvermögen. Er zielt vielmehr ausschließlich darauf ab, dass der Einfluss der bereits festgestellten Gesundheitsstörungen auf ihre Leistungsfähigkeit anders beurteilt wird als vom gerichtlich bestellten Sachverständigen. Damit hat die Klägerin keine entscheidungserhebliche Tatsache unter Beweis gestellt und somit auch keinen prozessordnungsgemäßen Beweisantrag aufgezeigt. Da die weitere Begutachtung lediglich dazu dienen sollte, die Schlussfolgerungen infrage zu stellen, die der Sachverständige als Gehilfe des Gerichts aus den erhobenen Befunden gezogen hatte, stellt sich die angebliche Aufklärungsrüge in Wirklichkeit als ein durch § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 Alternative 1 SGG ausgeschlossener Angriff auf die Beweiswürdigung dar. Die Würdigung unterschiedlicher Gutachtensergebnisse oder unterschiedlicher ärztlicher Auffassungen zur Leistungsfähigkeit des Versicherten gehört wie die anderer sich widersprechender Beweisergebnisse zur Beweiswürdigung selbst. Einen allgemeinen Anspruch auf Überprüfung eines Sachverständigengutachtens durch ein "Obergutachten" sehen die Prozessordnungen - auch das SGG - nicht vor (BSG vom 17.11.2003 - B 3 P 23/03 B - Juris RdNr 3). Bei widersprechenden Gutachten ist das Gericht aber gehalten, sich mit dem Gutachten, dem es nicht folgt, auseinander zu setzen (BSG vom 23.5.2006 - B 13 RJ 272/05 B - Juris RdNr 5 mwN). Hält das Gericht eines von mehreren Gutachten für überzeugender, darf es sich diesem anschließen, ohne ein weiteres Gutachten einzuholen (Pawlak in Hennig, SGG, Stand August 2007, § 128 RdNr 71). Bei einer derartigen Fallgestaltung ist für eine weitere Beweiserhebung regelmäßig kein Raum (BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 21 RdNr 8).
Gründe für eine Ausnahme sind hier nicht dargelegt. Liegen bereits mehrere Gutachten vor, ist das Tatsachengericht nur dann zu weiteren Beweiserhebungen verpflichtet, wenn die vorhandenen Gutachten grobe Mängel oder unlösbare Widersprüche enthalten oder von unzutreffenden sachlichen Voraussetzungen ausgehen oder Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde des Gutachters geben (BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 3 RdNr 9 mwN). Derartige Umstände hat die Klägerin nicht vorgetragen.
Soweit im Hinblick auf die mündliche Verhandlung vor dem LSG ein Verstoß gegen die tatrichterliche Sachaufklärungspflicht (§ 103 SGG) gerügt wird, muss die Beschwerdebegründung ua einen für das BSG ohne Weiteres auffindbaren Beweisantrag bezeichnen, dem das LSG nicht gefolgt ist (BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 3 RdNr 5 mwN). Die Klägerin hat jedoch nicht aufgezeigt, einen (prozessordnungsgemäßen) Beweisantrag im Berufungsverfahren gestellt und bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung aufrechterhalten zu haben. Soweit sie darlegt, dass die Tatsachengerichte von Amts wegen zur Sachermittlung verpflichtet seien, ist dies zwar zutreffend. Aufgrund dessen muss eine Klägerin im Berufungsverfahren zur Erreichung einer sachgerechten Entscheidung ihres Rechtsstreits zunächst auch keine Beweisanträge stellen. Vertraut sie aber auf eine Erforschung des Sachverhalts von Amts wegen und unterlässt sie deshalb Beweisanträge bzw hält diese nicht aufrecht, kann sie später im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde nicht geltend machen, das LSG habe gesetzeswidrig gehandelt (vgl Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 7. Aufl 2016, Kap IX RdNr 127). Dies wäre mit den Vorgaben des § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG nicht zu vereinbaren.
Von einer weiteren Begründung wird abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen (vgl § 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI11141394 |