Verfahrensgang
Sächsisches LSG (Urteil vom 23.08.2016; Aktenzeichen L 4 R 754/15) |
SG Chemnitz (Entscheidung vom 03.08.2015; Aktenzeichen S 17 R 103/15) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 23. August 2016 wird als unzulässig verworfen.
Außergerichtliche Kosten des Beschlussverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
Mit Urteil vom 23.8.2016 hat das Sächsische LSG einen Anspruch der Klägerin auf Feststellung eines höheren monatlichen Zahlbetrags ihrer Altersrente für schwerbehinderte Menschen ab dem 1.7.2014 ohne Berücksichtigung des Zuschlages an persönlichen Entgeltpunkten für Kindererziehung für ihre beiden vor dem 1.1.1992 geborenen Kinder abgelehnt.
Gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung wurde Beschwerde zum BSG eingelegt. In der Beschwerdebegründung wird die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend gemacht.
Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist unzulässig. Die Begründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen, weil keiner der im Gesetz abschließend umschriebenen Zulassungsgründe (§ 160 Abs 2 SGG) ordnungsgemäß dargetan worden ist (vgl § 160a Abs 2 S 3 SGG).
Grundsätzliche Bedeutung iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Ein Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts sowie unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung und des Schrifttums angeben, welche Rechtsfragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Um seiner Darlegungspflicht zu genügen, muss ein Beschwerdeführer mithin Folgendes aufzeigen: (1) eine konkrete Rechtsfrage, (2) ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, (3) ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit sowie (4) die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung, also eine Breitenwirkung (BSG SozR 1500 § 160 Nr 17 und § 160a Nr 7, 11, 13, 31, 59, 65). Diesen Anforderungen wird die vorliegende Beschwerdebegründung nicht gerecht.
Die Klägerin hat zwar folgende Frage formuliert, der sie grundsätzliche Bedeutung beimisst: "Verstößt § 93 SGB VI insoweit gegen den allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG als er die Rentenversicherungsträger dazu berechtigt, den Versicherten auch in Bezug auf den diesen im Wege der Mütterrente gewährten zusätzlichen persönlichen Entgeltpunkt bzw. dem hierfür pauschal gewährten Zuschlag anspruchsvernichtend entgegen zu halten, diese hätten außerdem einen Anspruch auf Verletztenrente?" Es fehlen aber jedenfalls die erforderlichen Darlegungen zur Klärungsfähigkeit und zur Klärungsbedürftigkeit.
Klärungsfähig ist eine Rechtsfrage nur, wenn sie gerade für den zu entscheidenden Fall rechtserheblich ist. Dies setzt voraus, dass es für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits auf die Beantwortung der aufgeworfenen Rechtsfrage ankommt und die Entscheidung bei Zugrundelegung der Rechtsauffassung des Beschwerdeführers in seinem Sinne hätte ausfallen müssen. Ob eine Rechtsfrage im angestrebten Revisionsverfahren klärungsfähig ist, kann generell nur auf der Grundlage der bereits vom LSG getroffenen Feststellungen beantwortet werden.
Welche Feststellungen das Berufungsgericht getroffen hat, lässt sich der Beschwerdebegründung jedoch nicht entnehmen. Zwar schildert die Klägerin einen SV. Dass es sich hierbei jedoch gerade um die vom LSG getroffenen und im angestrebten Revisionsverfahren für das BSG als Revisionsgericht grundsätzlich bindenden Feststellungen (§ 163 SGG) handelt, ist hingegen nicht dargetan. Fehlt jedoch die maßgebliche Sachverhaltsdarstellung, wird das Beschwerdegericht nicht in die Lage versetzt, allein anhand der Beschwerdebegründung zu beurteilen, ob die als grundsätzlich erachtete Rechtsfrage entscheidungserheblich ist. Es ist nicht Aufgabe des Beschwerdegerichts, anhand der vorliegenden Akten selbst zu prüfen, ob die aufgeworfene Rechtsfrage für den Rechtsstreit entscheidungserheblich sein könnte.
Im Übrigen hat die Klägerin auch die Klärungsbedürftigkeit der angesprochenen Problematik nicht dargetan. Eine Rechtsfrage ist dann nicht klärungsbedürftig, wenn die Antwort praktisch außer Zweifel steht, sich zB unmittelbar aus dem Gesetz ergibt oder (auch mittelbar) bereits höchstrichterlich geklärt ist (vgl BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 8 S 17). Das BVerfG hat insbesondere bereits im (Kammer-)Beschluss vom 2.7.1998 - 1 BvR 810/90 - NJW 1998, 2963 f = NZS 1998, 518 darauf hingewiesen, dass sich die mitgliedschaftliche Einbeziehung in das System der gesetzlichen Rentenversicherung durch Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten an der Eigenart des auf Pflichtbeiträgen aufbauenden Sozialversicherungssystems orientieren darf. Dies hat es zuletzt mit Nichtannahmebeschluss vom 6.3.2017 (1 BvR 2740/16 - FamRZ 2017, 841) unter ausdrücklichem Hinweis auf den Zuschlag nach § 307d SGB VI bestätigt. Die Beschwerdebegründung setzt sich nicht ansatzweise damit auseinander, warum trotz dieser Grundaussage im Blick auf § 93 SGB VI verfassungsrechtlich eine Bevorzugung des von der Klägerin repräsentierten Personenkreises gegenüber den vom System originär Erfassten geboten sein könnte.
Von einer weiteren Begründung wird abgesehen, da diese nicht zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beitragen könnte (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI11022593 |