Verfahrensgang

LSG Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 25.01.2001; Aktenzeichen L 7 SB 47/99)

 

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 25. Januar 2001 wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

I

Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Arbeitslosengeld (Alg).

Der Kläger wendet sich mit seiner Beschwerde gegen ein Urteil des Landessozialgerichts (LSG) vom 25. Januar 2001. Dieses hat die Berufung des Klägers gegen ein Urteil des Sozialgerichts (SG) im wesentlichen aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurückgewiesen. Ergänzend hat es ausgeführt, daß es sich bei den vom Kläger im Januar 1996 zurückgelegten Fahrten zu den Kunden offensichtlich um Geschäftsfahrten gehandelt habe, die Teil seiner selbständigen Berufsausübung gewesen und daher als Tätigkeit eines Selbständigen iS des § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 1 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) zu qualifizieren seien. Sie seien deshalb nach Sinn und Zweck der §§ 101 Abs 1, 102 Abs 1 AFG als die Arbeitslosigkeit ausschließende Arbeitszeiten zu berücksichtigen. Der Kläger sei jedoch im Januar 1996 iS des § 103 Abs 1 Satz 1 Nr 3 AFG auch nicht verfügbar gewesen, weil er während seiner Fahrten zu den Kunden für das örtliche Arbeitsamt tatsächlich nicht am Wohnort erreichbar gewesen sei.

Mit seiner Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG macht der Kläger eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend. Er trägt vor, der ablehnende Bescheid der Beklagten sei rechtswidrig, weil ein Anspruch auf Bewilligung von Alg gemäß § 100 Abs 1 AFG bestehe. Er sei arbeitslos iS des § 101 AFG. Es sei zunächst zu beanstanden, daß das SG seine (des Klägers) Fahrzeiten zu den einzelnen Arbeitsstätten zu der Arbeitszeit gemäß § 102 Abs 1 AFG hinzugezählt habe, ohne dies nachvollziehbar zu begründen. Entgegen der Auffassung des LSG seien die Fahrten schon deshalb nicht als Arbeitszeit gemäß § 2 Arbeitszeitgesetz zu werten, weil es sich dabei um Fahrten des Erwerbstätigen von seiner Wohnung zur Arbeitsstätte handele, die unstreitig nicht der Arbeitszeit hinzuzurechnen sei. Abgesehen davon ließen sich die Anfahrtswege eines selbständig tätigen Brandschutzingenieurs auch nicht mit den Fahrten eines abhängig tätigen Arbeitnehmers vom Betrieb aus zu einer Einsatzstätte vergleichen. Ein weiterer Gesichtspunkt, der gegen eine Einbeziehung der Fahrten in die Arbeitszeit spreche, sei die fehlende Entgeltlichkeit dieser Fahrtätigkeit. Dies entspreche auch dem Gesetzeszweck der §§ 101, 102 AFG. Vollkommen verfehlt sei die Ansicht der Beklagten, daß die Fahrten als Geschäftsreisen einzuordnen seien. Nach alldem seien die Fahrzeiten nicht seiner Arbeitszeit zuzurechnen, so daß er kurzzeitig gemäß § 102 AFG tätig gewesen sei. Die Angelegenheit sei in ihrer Bedeutung nicht auf seine eigenen Interessen beschränkt, sondern betreffe über seinen Interessenkreis hinaus eine allgemeine Rechtsfrage. Die angesprochenen Fragen seien in erster Linie reine Rechtsfragen allgemeingültiger Natur, die sich in ihrer Wirkung wie gesetzliche Vorschriften auswirkten. Damit sei die grundsätzliche Bedeutung der Angelegenheit hinreichend dargetan und begründet. Dem stehe nicht entgegen, daß zur Verdeutlichung der Rechtssätze auf den konkreten Einzelfall habe eingegangen werden müssen, um die Konsequenz dem Einzelfall darzulegen.

 

Entscheidungsgründe

II

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil der geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫) nicht in der erforderlichen Weise dargelegt ist (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG).

Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die – über den Einzelfall hinaus – aus Gründen der Rechtseinheit oder Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muß daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung, ggf sogar des Schrifttums, angeben, welche Frage sich stellen, daß diese Rechtsfragen noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung der Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und daß das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten läßt (BSG SozR 1500 § 160 Nr 17 und § 160a Nr 7, 11, 13, 31, 39, 59 und 65). Um seiner Darlegungspflicht zu genügen, muß ein Beschwerdeführer mithin eine konkrete Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (= Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) darlegen, letzteres jedoch nur, soweit sich nicht aus den Darlegungen zur Klärungsfähigkeit bereits die Breitenwirkung ergibt. Diesen Anforderungen wird die vorliegende Beschwerdebegründung nicht gerecht.

Es kann dahinstehen, ob der Kläger überhaupt konkrete Rechtsfragen aufgeworfen und deren Klärungsbedürftigkeit und Breitenwirkung dargelegt hat. Selbst wenn man dies annähme, würde die Beschwerdebegründung vor allem nicht den Anforderungen an die Darlegungspflicht zur Klärungsfähigkeit genügen. Klärungsfähig ist eine Rechtsfrage nämlich nur, wenn sie für den zu entscheidenden Fall rechtserheblich ist (BSG SozR 1500 § 160a Nr 31; BFHE 105, 335, 336). Über die aufgeworfene Rechtsfrage müßte das Revisionsgericht also – in Ergänzung zur abstrakten Klärungsbedürftigkeit – konkret-individuell sachlich entscheiden können (BSG SozR 1500 § 160 Nr 39 und 53 und § 160a Nr 31; BVerwG Buchholz 310 § 75 VwGO Nr 11; BFHE 96, 41, 44). Dies erfordert es, daß der Beschwerdeführer den nach seiner Auffassung vom Revisionsgericht einzuschlagenden Weg der Nachprüfung des angefochtenen Urteils und damit insbesondere den Schritt darlegt, der die Entscheidung der als grundsätzlich bezeichneten Rechtsfrage notwendig macht (BSG SozR 1500 § 160a Nr 31). Daraus resultiert bei einer mehrfachen Begründung der Entscheidung, die mit der Nichtzulassungsbeschwerde angegangen wird, die Notwendigkeit einer Auseinandersetzung mit jeder Begründung dieser Entscheidung (BSG SozR 1500 § 160a Nr 38). Vorliegend hat das LSG die Berufung aber nicht nur zurück- und damit die Klage abgewiesen, weil der Kläger im Januar 1996 nicht arbeitslos gewesen sei, sondern auch, weil er in jenem Monat zudem nach § 103 AFG nicht verfügbar gewesen sei; ab Februar 1996 habe er die Anwartschaftszeit (§ 104 AFG) nicht mehr erfüllt. Ist somit das Urteil nebeneinander auf mehrere Begründungen gestützt, so hätte mit der Nichtzulassungsbeschwerde im Hinblick auf jede dieser Begründungen ein Zulassungsgrund formgerecht gerügt werden müssen (BSG SozR 1500 § 160a Nr 38).

Entspricht mithin die Begründung der Beschwerde nicht den gesetzlichen Anforderungen, muß die Beschwerde in entsprechender Anwendung des § 169 SGG ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter als unzulässig verworfen werden (BSG SozR 1500 § 160a Nr 1 und 5).

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1175853

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