Entscheidungsstichwort (Thema)
Wegeunfall. Kein Wiederaufleben des Versorgungsschutzes nach Unterbrechung des geschützten Weges für mehr als 2 Stunden
Leitsatz (redaktionell)
Falls jemand durch eine private, nicht mit dem Dienst oder einer Beschäftigung zusammenhängenden Verrichtung das Zurücklegen eines gesetzlich geschützten Weges, der dienstbezogen sein muß, unterbrochen und sich wegen längerer Dauer, im allgemeinen länger als zwei Stunden, von der mit dem Dienst zusammenhängenden Betätigung "gelöst" hat, entsteht kein Versicherungs- und Versorgungsschutz mehr mit dem Erreichen der üblichen, geschützten Wegstrecke.
Normenkette
SVG § 81 Abs. 4 S. 3; RVO § 550 Abs. 1
Gründe
Prozeßkostenhilfe kann dem Kläger allein deshalb nicht gewährt werden, weil die Beschwerde keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 73a Sozialgerichtsgesetz -SGG- iVm § 114 Abs 1 Satz 1 Zivilprozeßordnung idF des Gesetzes über die Prozeßkostenhilfe vom 13. Juni 1980 - BGBl I 677 -).
Die Revision ist nicht durch das Bundessozialgericht (BSG) zuzulassen (§ 160 SGG); denn die Beschwerde ist unbegründet.
Nach der Auffassung des Klägers soll die Rechtsfrage grundsätzlich bedeutsam sein, ob für einen Soldaten, der die Fahrt von seiner Familienwohnung zur Kaserne fünf Stunden lang unterbricht, um Bekannte zu treffen und Alkohol zu trinken, der Versorgungsschutz ebenso wie nach Unfallversicherungsgrundsätzen wegen "Lösung" vom Dienst aus "eigenwirtschaftlichen Gründen" entfällt. Eine solche Bedeutung iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG hat jedoch die bezeichnete Rechtsfrage deshalb nicht, weil sie bereits geklärt ist (BSGE 40, 40, 42 = SozR 1500 § 160a Nr 4; vgl auch SozR 1500 § 160a Nr 13). Der Rechtsprechungsüberblick in der Beschwerdebegründung ist nicht vollständig. Das BSG hat schon in drei Urteilen die unfallversicherungsrechtliche Judikatur, wonach wegen "Lösung" vom geschützten Gefahrenbereich bei längerer Unterbrechung eines Weges kein gesetzlicher Schutz besteht, auch für das Versorgungsrecht als gültig erklärt (Bundesversorgungsblatt - BVBl - 1971, 107).
Entgegen der Ansicht des Klägers weicht das Berufungsurteil nicht iS des § 160 Abs 2 Nr 2 SGG von den drei zitierten BSG-Urteilen (BSGE 28, 190; 33, 239; 41, 153) ab und beruht nicht auf dieser Abweichung. Die drei Entscheidungen betreffen mit ihren tragenden Gründen andere Fallgruppen als diejenige, zu der die Sache des Klägers gehört. Das folgt schon aus dem ersten Beschwerdegrund, der Behauptung, die wesentliche Rechtsfrage des gegenwärtigen Verfahrens sei noch nicht durch das BSG beantwortet worden. Das LSG hat aber auch nicht seine Entscheidung auf den von der höchstrichterlichen Rechtsprechung abweichenden Rechtsgrundsatz gestützt, daß der Weg des Soldaten von seiner Familienwohnung zur Kaserne lediglich dann versorgungsrechtlich geschützt sein soll, wenn er "in einem sachlichen Zusammenhang zur Wehrdiensttätigkeit steht", während das BSG als versorgungsrechtlich erheblichen Anknüpfungspunkt gerade den Dienst ausgeschlossen habe. Eine Abweichung iS des § 160 Abs 2 Nr 2 SGG ist nur dann gegeben, wenn das Revisionsgericht und das Berufungsgericht dieselbe Rechtsfrage unterschiedlich beantwortet haben und wenn jeweils ihre Entscheidungen auf den einander widersprechenden Rechtsauffassungen beruhen. Das ist hier nicht der Fall.
In BSGE 28, 190, 196 f hat der 10. Senat des BSG wohl als Anknüpfungspunkt der Familienheimfahrt allein die Familienwohnung angesehen und im Unterschied zum üblichen Dienstweg keinen Zusammenhang mit dem Dienst gefordert, damit jedoch ausschließlich begründet, daß der Weg vom Dienstort zur Familienwohnung nicht zeitlich unmittelbar nach dem Dienst zurückgelegt zu werden braucht. Dabei hat der Senat wesentlich auf die "Familienbedingtheit" des Weges, dh auf die dienstbedingte Trennung von der Familie, die überwunden werden muß, abgehoben (S 197). Diesen rechtlichen Gesichtspunkt hat er aber nicht als ausschließlichen Maßstab für einen uneingeschränkten Versorgungsschutz auf jedem Weg zwischen Familienwohnung und Dienstort verstanden. Das hat der Senat gerade in dem Urteil in BSGE 41, 153, 156 f klargestellt; ein sachlicher Zusammenhang mit dem Dienst soll demnach nicht entbehrlich sein. übereinstimmend damit hat er in dem in BVBl 1971, 107 veröffentlichten Urteil Versorgungsansprüche wegen der Unfälle auf an sich versorgungsrechtlich geschützten Wegen nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen verneint; dies soll sich nach den Umständen des Einzelfalles richten. Bei dieser Rechtsprechung sollte nicht von BSGE 28, 190 abgewichen werden. Abgesehen davon hat das Landessozialgericht (LSG) in seinem Urteil in keiner Weise dem in BSGE 28, 190 vertretenen Rechtsgrundsatz widersprochen.
Wenn der 10. Senat in BSGE 41, 153, 156 von der Zuordnung zur "Familienheimfahrt" solche Vorgänge ausgeschlossen hat, "die mit dem Sinn und Zweck des Wehrdienstes schlechthin unvereinbar sind", dann bestand bei dem Sachverhalt des Falles (eigenmächtiges Entfernen aus der Kaserne während einer Ausgangssperre) kein Anlaß, darüber zu entscheiden, unter welchen sonstigen Umständen dieser Rechtssatz gilt.
Das Urteil des 10. Senats in BSGE 33, 239 betrifft ein räumliches Abweichen von der kürzesten oder verkehrsgünstigsten Wegstrecke zwischen Dienstort und Familienwohnung (S 242 ff) und damit ein anderes Rechtsproblem als die Unterbrechung, um die es im Fall des Klägers geht.
Der Kläger hat einen Verfahrensmangel iS des § 160 Abs 2 Nr 3 iVm § 136 Abs 1 Nr 6 SGG, auf dem das Berufungsurteil beruhen kann, nicht mit der Behauptung erfolgreich gerügt, die Entscheidungsgründe ließen nicht erkennen, aufgrund welcher Erwägungen das LSG zu seinem rechtlichen Ergebnis gelangt ist. Das Berufungsurteil ist wohl sehr kurz, aber immerhin für eine Überprüfung gerade noch ausreichend begründet; es läßt den leitenden Rechtsgedanken erkennen (§ 128 Abs 1 Satz 2 vgl dazu BSG SozR Nr 9 zu § 136 SGG; 1500 § 136 Nr 1). Der Kläger vermißt lediglich ein näheres Eingehen auf bestimmte BSG-Entscheidungen. Dies ist aber allenfalls eine Frage der materiellen Richtigkeit. Zum Beispiel hätte das LSG noch das BSG-Urteil in SozR 2200 § 550 Nr 6 zitieren können, ohne zu einem anderen Ergebnis zu gelangen.
Aus diesen Gründen muß die Beschwerde zurückgewiesen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen