Leitsatz (amtlich)
Die Rechtsmittelbelehrung im Urteil eines Sozialgerichts ist nicht unrichtig im Sinne des SGG § 66, wenn darin nicht auf die Möglichkeit der Einlegung der Sprungrevision hingewiesen wird.
Normenkette
SGG § 66 Abs. 2 Fassung: 1953-09-03, § 161 Abs. 1 S. 1 Fassung: 1953-09-03
Tenor
Die Revision der beklagten Krankenkasse gegen das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 22. Dezember 1954 wird als unzulässig verworfen.
Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.
Gründe
Die beklagte Krankenkasse hat gegen das - ihr am 30. Dezember 1954 zugestellte - Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 22. Dezember 1954 mit Schriftsatz vom 25. Januar 1955 - beim Bundessozialgericht eingegangen am 26. Januar 1955 - Revision nach § 161 SGG (Sprungrevision) eingelegt. Die Revisionsschrift enthält keinen bestimmten Antrag. Ein Antrag auf Aufhebung des angefochtenen Urteils und Feststellung, daß die während eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses gewährten Urlaubsabgeltungen Entgelt im Sinne des § 160 RVO seien, ist vielmehr erst in der am 25. Februar 1955 eingegangenen Revisionsbegründungsschrift gestellt worden. Die Klägerin hat ihr Einverständnis mit der Einlegung der Sprungrevision erklärt. Die Beigeladenen sind demgegenüber der Auffassung, daß die Revision mit Rücksicht auf eine Berufung, die die beigeladene Bundesversicherungsanstalt für Angestellte gegen das Urteil des Sozialgerichts eingelegt hat, unzulässig sei.
Die Revision der beklagten Krankenkasse ist unzulässig. Nach § 164 Abs. 1 Satz 1 SGG muß die Revision, d. h. die Revisionsschrift (BSG. 1 S. 47, 50, 98), die den bestimmten Antrag enthält (§ 164 Abs. 2 Satz 1 SGG), innerhalb eines Monats nach Zustellung des angefochtenen Urteils beim Bundessozialgericht eingehen, es sei denn, daß die Rechtsmittelbelehrung unterblieben oder unrichtig erteilt ist (§ 66 Abs. 2 SGG). Diese Vorschriften gelten auch für die Einlegung der Sprungrevision (Beschluß des 8. Senats des Bundessozialgerichts vom 4.10.1956, SozR. SGG § 161 Da 2 Nr. 5). Im vorliegenden Fall hat das Sozialgericht die Beteiligten nur darüber belehrt, daß sie gegen das Urteil Berufung einlegen können, bei welchen Stellen das Rechtsmittel anzubringen und welche Frist dabei einzuhalten ist; ein Hinweis auf die Möglichkeit sowie die Form- und Fristerfordernisse der Sprungrevision fehlt. Dadurch ist die Rechtsmittelbelehrung des Sozialgerichts indessen weder unrichtig noch unvollständig geworden. Die Rechtsmittelbelehrung dient vor allem dem Zweck, rechtsunkundige Beteiligte darüber zu unterrichten, auf welchem Wege sie die ergangene Entscheidung anfechten können. Um dieses Ziel zu erreichen, muß die Belehrung so einfach und klar wie möglich gehalten sein. Es kann deshalb nicht beanstandet werden, wenn ein Gericht sich darauf beschränkt, die Beteiligten über das nächstliegende, d. h. in erster Linie in Betracht kommende Rechtsmittel aufzuklären. Wird die Berufung, wie hier, nach § 150 Nr. 1 SGG zugelassen, so braucht das Gericht die Beteiligten mithin nur über das Rechtsmittel der Berufung, nicht auch über die Möglichkeit der Sprungrevision nach § 161 SGG zu belehren (ebenso der angeführte Beschluß des 8. Senats). Sind hiernach gegen die Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Urteils rechtliche Bedenken nicht zu erheben, so hat die Zustellung des Urteils die regelmäßige Revisionsfrist von einem Monat in Lauf gesetzt. Da ein bestimmter Antrag während dieser Frist nicht gestellt worden ist, war die Revision nach § 169 SGG als unzulässig zu verwerfen.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen