Verfahrensgang
SG Frankfurt (Oder) (Entscheidung vom 05.08.2020; Aktenzeichen S 1 R 395/18) |
LSG Berlin-Brandenburg (Urteil vom 22.02.2024; Aktenzeichen L 33 R 693/20) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 22. Februar 2024 wird als unzulässig verworfen.
Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine Kosten zu erstatten.
Gründe
I
Der 1956 geborene Kläger begehrt eine Rente wegen voller Erwerbsminderung für April 2017 bis November 2020. Auf seinen Antrag vom 30.3.2017 bewilligte ihm die Beklagte mit Bescheid vom 18.7.2017 eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung für April 2017 bis März 2022 (Erreichen der Regelaltersrente) und lehnte das Begehren des Klägers im Übrigen ab. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte zurück(Widerspruchsbescheid vom 11.4.2018) .
Im Klageverfahren hat das SG Befundberichte und ein Gutachten des Praktischen Arztes M nebst ergänzender Stellungnahme eingeholt. Die Klage hat es abgewiesen(Urteil vom 5.8.2020) . Im Berufungsverfahren hat das LSG aktualisierte Befundberichte eingeholt und sodann nach Anhörung die Berufung mit Beschluss vom 22.2.2024 zurückgewiesen. Dem Antrag nach § 109 SGG habe nicht stattgegeben werden können, weil der Kläger nicht konkretisiert habe, welcher Sachverständige gehört werden solle.
Gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des LSG hat der Kläger beim BSG Beschwerde eingelegt. Er rügt Verfahrensmängel.
II
1. Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist unzulässig. Seine Begründung entspricht nicht den gesetzlichen Anforderungen. Ein Verfahrensmangel(§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG ) ist nicht in der nach § 160a Abs 2 Satz 3 SGG erforderlichen Weise bezeichnet. Die Beschwerde ist daher gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 iVm § 169 SGG zu verwerfen.
Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde damit begründet, dass ein Verfahrensmangel vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne(§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG ) , müssen zur Bezeichnung des Verfahrensmangels(§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG ) zunächst die Umstände, aus denen sich der Verfahrensfehler ergeben soll, substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist es erforderlich darzulegen, dass und warum die Entscheidung des LSG ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht auf dem Mangel beruhen kann, also die Möglichkeit einer Beeinflussung des Urteils besteht. Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG kann ein Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 Satz 1 SGG und auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Die für den Kläger vorgelegte Beschwerdebegründung wird diesen Anforderungen nicht gerecht.
a) Der Kläger rügt zunächst, das LSG sei seiner Amtsermittlungspflicht nach § 103 Satz 1 SGG nicht nachgekommen. Es hätte sowohl zu den psychischen Leiden als auch zu den pulmologischen Beeinträchtigungen fachärztliche Gutachten einholen müssen.
Sofern ein Verstoß gegen die tatrichterliche Sachaufklärungspflicht geltend gemacht wird, muss die Beschwerdebegründung hierzu jeweils folgende Punkte enthalten: (1) Bezeichnung eines für das Revisionsgericht ohne Weiteres auffindbaren, bis zum Schluss aufrechterhaltenen Beweisantrags, dem das LSG nicht gefolgt ist, (2) Wiedergabe der Rechtsauffassung des LSG, aufgrund derer bestimmte Tatfragen als klärungsbedürftig hätten erscheinen müssen, (3) Darlegung der von dem betreffenden Beweisantrag berührten Tatumstände, die zu weiterer Sachaufklärung Anlass gegeben hätten, (4) Angabe des voraussichtlichen Ergebnisses der unterbliebenen Beweisaufnahme und (5) Schilderung, dass und warum die Entscheidung des LSG auf der angeblich fehlerhaft unterlassenen Beweisaufnahme beruhen kann, das LSG mithin bei Kenntnis des behaupteten Ergebnisses der unterlassenen Beweisaufnahme von seinem Rechtsstandpunkt aus zu einem anderen, dem Beschwerdeführer günstigeren Ergebnis hätte gelangen können(stRspr; vgl Beschluss vom 24.10.2023 - B 5 R 93/23 B - juris RdNr 8 mwN) . Die Beschwerdebegründung des Klägers entspricht diesen Erfordernissen nicht. Der Kläger bezeichnet schon keinen Beweisantrag iS des§ 160a Abs 2 Nr 3 SGG . Dass sein Antrag nach § 109 SGG ausnahmsweise auch als Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens von Amts wegen(§ 106 Abs 3 Nr 5 SGG ) verstanden werden sollte(vgl dazuBSG Beschluss vom 3.5.2007 - B 2 U 102/07 B - juris RdNr 3 ;BSG Beschluss vom 8.5.2012 - B 5 R 48/12 B - juris RdNr 9 ) , zeigt der Kläger ebenfalls nicht auf.
b) Soweit der Kläger beanstandet, dass das LSG kein Gutachten nach § 109 SGG eingeholt habe, obwohl er bei der Benennung von mehreren potentiellen Sachverständigen deutlich gemacht habe, "welcher Arzt primär zur Begutachtung gewählt werden sollte", macht er eine Verletzung von § 109 SGG geltend, die nach § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG als Grund für die Zulassung der Revision ausdrücklich ausgeschlossen wird. Ebenso wenig kann danach im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde die Beweiswürdigung(§ 128 Abs 1 Satz 1 SGG ) durch das Tatsachengericht angegriffen werden.
c) Wenn der Kläger moniert, dass das LSG "jedenfalls nach der Stellungnahme vom 20. April 2023 das weitere Vorgehen" mit ihm hätte besprechen und mitteilen müssen, "an welcher Stelle noch Klarstellungsbedarf" bestehe, fehlt es bereits an Darlegungen, woraus sich hier eine besondere Hinweispflicht ergeben sollte. Es gibt keinen allgemeinen Verfahrensgrundsatz, der das Gericht verpflichten würde, die Beteiligten vor einer Entscheidung auf eine in Aussicht genommene Beweiswürdigung hinzuweisen oder die für die richterliche Überzeugungsbildung möglicherweise leitenden Gründe zuvor mit den Beteiligten zu erörtern(vglBSG Beschluss vom 1.7.2024 - B 1 KR 56/23 B - juris RdNr 14 mwN;BSG Beschluss vom 13.6.2024 - B 5 R 70/24 B - juris RdNr 9 ;BSG Beschluss vom 29.4.2021 - B 5 RS 3/21 B - juris RdNr 5 ) .
Soweit der Kläger eine unzureichende Anhörung nach § 153 Abs 4 Satz 2 SGG rügt, trägt er selbst nicht vor, das LSG habe den - allein erforderlichen - Hinweis darauf unterlassen, dass es die Berufung für unbegründet und eine mündliche Verhandlung für nicht erforderlich halte(vgl dazu zBBSG Beschluss vom 5.6.2023 - B 5 R 26/23 B - juris RdNr 23 mwN) .
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab(vgl§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG ) .
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 183 Satz 1 SGG und einer entsprechenden Anwendung von§ 193 Abs 1 und 4 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI16574408 |