Entscheidungsstichwort (Thema)
Nichtzulassungsbeschwerde. Begründung. Divergenz. grundsätzliche Bedeutung. Minderung des Arbeitslosengeldes wegen verspäteter Arbeitsuchendmeldung. Verschulden. Belehrung durch die Bundesagentur für Arbeit
Orientierungssatz
1. Hat die Nichtzulassungsbeschwerde zwar eine entscheidungserhebliche Divergenz insofern versucht darzulegen, als das LSG von der Entscheidung des BSG vom 20.10.2005 - B 7a AL 50/05 R = BSGE 95, 191 = SozR 4-4300 § 37b Nr 2 abgewichen sei, nach der die von der Bundesagentur für Arbeit (BA) erteilten Belehrungen zur frühzeitigen Arbeitsuche zur Begründung eines subjektiven Fahrlässigkeitsvorwurfs grundsätzlich geeignet seien, enthält die angefochtene Entscheidung jedoch eine Mehrfachbegründung und hat sich der Beschwerdeführer nicht mit den weiteren die Entscheidung tragenden Gründen auseinandergesetzt, so ist die Nichtzulassungsbeschwerde nicht ausreichend begründet.
2. Auch wenn die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache wegen der Auswirkungen der von der BA in ihrem Merkblatt und in ihren Aufhebungsbescheiden verwendeten Rechtsfolgenbelehrung auf das subjektive Verschulden des Arbeitssuchenden geltend gemacht wurde und diese Rechtsfrage durch die Entscheidungen des BSG vom 28.8.2007 - B 7/7a AL 56/06 R und vom 17.10.2007 - B 11a/7a AL 72/06 R zwischenzeitlich geklärt und das LSG insoweit von der Rechtsprechung des BSG abgewichen ist, ist die Beschwerde unzulässig, wenn sich der Beschwerdebegründung die Klärungsfähigkeit dieser Rechtsfrage bei gleichzeitig vorausgesetzter Unkenntnis der Arbeitslosen von der Beendigung ihres Dienstverhältnisses nicht entnehmen lässt.
Normenkette
SGG § 160 Abs. 2 Nrn. 1-2, § 160a Abs. 2 S. 3; SGB 3 § 37b; SGB 3 § 140
Gründe
Die Beschwerde ist nicht zulässig. Die geltend gemachten Zulassungsgründe (Verfahrensfehler, Divergenz und grundsätzliche Bedeutung) sind nicht in der nach § 160a Abs 2 Satz 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) gebotenen Weise dargelegt bzw bezeichnet.
1. Der behauptete Verstoß gegen die Verpflichtung des Gerichts, die für die richterliche Überzeugung leitenden Gründe im Urteil (§ 128 Abs 1 Satz 2 SGG) anzugeben, ist nicht ausreichend bezeichnet (§ 160 Abs 2 Nr 3 iVm § 160a Abs 2 Satz 3 SGG). Denn die Bezeichnung eines Verstoßes gegen § 128 Abs 1 Satz 2 SGG setzt die Darlegung voraus, dass - ausgehend von der Rechtsauffassung des Landessozialgerichts (LSG) - wesentliche entscheidungserhebliche Gesichtspunkte in den Entscheidungsgründen nicht behandelt worden sind (BSG SozR Nr 79 zu § 128 SGG; Bundessozialgericht ≪BSG≫, Beschluss vom 12. September 2006 - B 11a AL 93/06 B; BSG, Beschluss vom 21. September 2006 - B 11a AL 83/06 B; BSG, Beschluss vom 18. Oktober 2007 - B 11a/7a AL 114/06 B).
Nach der Beschwerdebegründung hat das LSG zum einen das fehlende subjektive Verschulden der Klägerin an der objektiv verspäteten Arbeitsuchendmeldung mit der fehlenden Kenntnis vom Beendigungszeitpunkt des Dienstverhältnisses wegen ursprünglich übereinstimmend beabsichtigter Vertragsverlängerung begründet. Zum anderen ("unabhängig davon") hat es nach den weiteren Ausführungen der Beklagten die Rechtsauffassung vertreten, dass die Hinweise der Beklagten zur frühzeitigen Arbeitsuche - unbeschadet ihrer Richtigkeit - angesichts der unklaren Formulierung des § 37b Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) nicht geeignet seien, ein Verschulden der Klägerin hinsichtlich der ihr auferlegten Obliegenheit zur frühzeitigen Arbeitsuche zu begründen. Jedenfalls im Hinblick auf erstere, schon die Entscheidung tragende Begründung ist nicht erkennbar, wieso es zusätzlich zu der von der Beklagten geforderten Angabe eines besonderen Erfahrungssatzes bzw zur Begründung der Entscheidung der Bezugnahme auf eigene Sachkunde bedurft hätte. Der erhobene Vorwurf, das LSG habe angesichts der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 20. Oktober 2005 - B 7a AL 50/05 R = BSGE 95, 191 = SozR 4-4300 § 37b Nr 2) "nicht von einem besonderen Erfahrungssatz ausgehen" dürfen, "dass solche Rechtsfolgenbelehrungen zur Begründung eines subjektiven Fahrlässigkeitsvorwurfs nicht geeignet seien", übersieht, dass das LSG im Rahmen einer Mehrfachbegründung seine Überzeugung vom fehlenden subjektiven Verschulden der Klägerin bereits auf seine tatrichterliche Beurteilung (nämlich keine Kenntnis vom Beendigungszeitpunkt des Dienstverhältnisses) gestützt hat (vgl dazu auch unter 2.).
2. Der behauptete Verfahrensmangel der Divergenz ist ebenfalls nicht schlüssig dargelegt. Um eine Abweichung iS des § 160 Abs 2 Nr 2 SGG zu bezeichnen, hat die Beschwerdebegründung einen Widerspruch im Grundsätzlichen oder ein Nichtübereinstimmen tragender abstrakter Rechtssätze in der Entscheidung des LSG einerseits und in einer Entscheidung zB des BSG andererseits aufzuzeigen (BSG SozR 1500 § 160a Nr 67) und die in Bezug genommene Entscheidung so zu kennzeichnen, dass sie ohne Weiteres aufzufinden ist (BSG SozR 1500 § 160a Nr 14). Dabei muss die Beschwerdebegründung deutlich machen, dass in der angefochtenen Entscheidung eine sie tragende Rechtsansicht entwickelt ist und nicht nur etwa ungenaue oder unzutreffende Rechtsausführungen oder Rechtsirrtum im Einzelfall die Entscheidung bestimmen (stRspr, ua BSG SozR 1500 § 160a Nr 67; BSG, Beschluss vom 27. Juni 2002 - B 11 AL 87/02 B).
Die Beklagte hat zwar eine entscheidungserhebliche Divergenz der zitierten Rechtsauffassung des LSG von der höchstrichterlichen Rechtsprechung anhand der Entscheidung des 7a. Senats vom 20. Oktober 2005 - B 7a AL 50/05 R = BSGE 95, 191 = SozR 4-4300 § 37b Nr 2) darzulegen versucht, indem sie dieser Entscheidung die abweichende Rechtsauffassung entnommen hat, die von ihr - der Beklagten - erteilten Belehrungen zur frühzeitigen Arbeitsuche seien zur Begründung eines subjektiven Fahrlässigkeitsvorwurfs grundsätzlich geeignet. In Anbetracht der dargestellten Mehrfachbegründung (vgl hierzu BSG SozR 1500 § 160a Nr 5 und 38; SozR 4-1500 § 160a Nr 5 RdNr 3; stRspr) des angefochtenen Urteils hätte sich die Beklagte aber in diesem Zusammenhang mit der weiteren in der Beschwerdebegründung angegebenen Begründung, nämlich der angenommenen Unkenntnis vom konkreten Beendigungszeitpunkt auseinandersetzen müssen, was sie jedoch nicht getan hat. Denn aus der von der Beklagten dargestellten Sicht des LSG konnte die verspätete Arbeitsuchendmeldung der Klägerin schon deshalb nicht vorgeworfen werden, weil sie in Übereinstimmung mit ihrem Arbeitgeber von einer Verlängerung des Dienstverhältnisses ausgegangen war (zu diesem Aspekt bereits BSG, Urteil vom 20. Oktober 2005, aaO, unter Bezug auf BSG, Urteil vom 18. August 2005 - B 7a/7 AL 80/04 R) und deshalb vor ihrer Arbeitslosmeldung keine Kenntnis vom Ende des Beschäftigungsverhältnisses hatte.
3. Die Beschwerde ist deshalb auch unzulässig, soweit mit ihr die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache wegen der Auswirkungen der von der Beklagten in ihrem Merkblatt und in ihren Aufhebungsbescheiden verwendeten Rechtsfolgenbelehrung auf das subjektive Verschulden des Arbeitsuchenden geltend gemacht wird. Die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) lässt sich nur darlegen, indem die Beschwerdebegründung ausführt, welche Rechtsfrage sich ernsthaft stellt, deren Klärung über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und deren Klärung durch das Revisionsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist (BSG SozR 1500 § 160a Nr 60 und 65; BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 16 mwN; BVerwG NJW 1999, 304; vgl auch BVerfG SozR 3-1500 160a Nr 7). Auch wenn die von der Beklagten aufgeworfene Rechtsfrage durch die Entscheidung des 7a. Senats vom 28. August 2007 (B 7/7a AL 56/06 R) und das Urteil des erkennenden Senats vom 17. Oktober 2007 (B 11a/7a AL 72/06 R) zwischenzeitlich geklärt ist und insoweit das LSG von der genannten Rechtsprechung des BSG abweicht (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 67), lässt sich der Beschwerdebegründung die Klärungsfähigkeit dieser Rechtsfrage bei gleichzeitig vorausgesetzter Unkenntnis der Klägerin von der Beendigung ihres Dienstverhältnisses nicht entnehmen.
Die unzulässige Beschwerde ist daher zu verwerfen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen