Entscheidungsstichwort (Thema)
Nichtzulassungsbeschwerde. Bezeichnung einer Divergenz
Orientierungssatz
Zur Bezeichnung der Divergenz genügt es nicht, das Urteil mit Datum und Aktenzeichen zu benennen, sondern der Beschwerdeführer muß darlegen, zu welcher konkreten Rechtsfrage eine, das Berufungsurteil tragende Abweichung in dessen rechtlichen Ausführungen enthalten ist, bzw inwiefern das LSG-Urteil von der BSG-Entscheidung abweicht (vgl BSG vom 21.4.1978 1 BJ 12/78 = SozR 1500 § 160a Nr 29). Eine Abweichung liegt nicht schon in einer materiell-rechtlich unzutreffenden Subsumierung, sondern darin, daß das LSG von einer Rechtsmeinung ausgeht, die mit der des Revisionsgerichts unvereinbar ist. Das Berufungsgericht muß einen dem Urteil des BSG widersprechenden Rechtssatz aufgestellt haben oder von einem solchen ausgegangen sein.
Normenkette
SGG § 160 Abs 2 Nr 2, § 160a Abs 2 S 3
Verfahrensgang
LSG für das Saarland (Entscheidung vom 04.06.1987; Aktenzeichen L 1 J 64/84) |
Gründe
Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts (LSG) für das Saarland vom 4. Juni 1987 ist unzulässig, weil die Beklagte ihre Beschwerde nicht substantiiert begründet hat. Die Revision kann nur aus den in § 160 Abs 2 Nrn 1 bis 3 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) genannten Gründen - grundsätzliche Bedeutung, Divergenz oder Verfahrensfehler - zugelassen werden. Die Beklagte hat sich auf Divergenz und auf grundsätzliche Bedeutung berufen. In der Beschwerdebegründung muß jedoch die Entscheidung, von der das LSG abweicht, "bezeichnet" und die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache "dargelegt" werden (§ 160a Abs 2 Satz 3 des Sozialgerichtsgesetzes -SGG-).
Zur Bezeichnung der Divergenz genügt es nicht, das Urteil mit Datum und Aktenzeichen zu benennen, sondern der Beschwerdeführer muß darlegen, zu welcher konkreten Rechtsfrage eine, das Berufungsurteil tragende Abweichung in dessen rechtlichen Ausführungen enthalten ist, bzw inwiefern das LSG-Urteil von der Bundessozialgerichts-Entscheidung abweicht (BSG SozR 1500 § 160a Nrn 14, 21, 29). Eine Abweichung liegt nicht schon in einer materiell-rechtlich unzutreffenden Subsumierung, sondern darin, daß das LSG von einer Rechtsmeinung ausgeht, die mit der des Revisionsgerichtes unvereinbar ist. Das Berufungsgericht muß einen dem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) widersprechenden Rechtssatz aufgestellt haben oder von einem solchen ausgegangen sein. Das ist hier nicht dargetan. Die Beklagte sieht in dem angefochtenen Urteil eine Abweichung vom Beschluß des Großen Senats des BSG vom 10. Dezember 1976 (BSGE 43, 75 = SozR 2200 § 1246 Nr 13). Die Leitsätze des Großen Senats zur Beurteilung der Arbeitsmarktlage seien in aller Regel nur für die Teilzeitarbeitsplätze gültig. Das ist indessen in dieser Form nicht zutreffend. Ein Versicherter kann auf Tätigkeiten nur verwiesen werden, wenn ihm für diese Tätigkeiten der Arbeitsmarkt nicht praktisch verschlossen ist (BSGE 43, 75, 79 = SozR 2200 § 1246 Nr 13 S 37). Bei vollschichtig einsatzfähigen Versicherten besteht die tatsächliche Vermutung, daß es für die in Tarifverträgen genannten Tätigkeiten auf dem Arbeitsmarkt noch hinreichend Arbeitsplätze gibt, seien sie frei oder besetzt (vgl BSG SozR 2200 § 1246 Nrn 19, 22). Hat aber das LSG, wie hier, ausdrücklich festgestellt, daß dem Kläger hinsichtlich bestimmter Tätigkeiten der Arbeitsmarkt verschlossen ist, so ist das BSG an diese Tatsachenfeststellungen gebunden (§ 163 SGG).
Zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache gehört es, daß der Beschwerdeführer die Rechtsfrage, um die es nach seiner Auffassung geht, selbst formuliert und den nach seiner Meinung vom Revisionsgericht einzuschlagenden Weg der Nachprüfung des angefochtenen Urteils und dabei insbesondere den Schritt darstellt, der die Entscheidung der als grundsätzlich bezeichneten Rechtsfrage notwendig macht (BSG SozR 1500 § 160a Nr 31). Die Beklagte hat keine Rechtsfrage kenntlich gemacht, auf die es nach ihrer Auffassung ankommen soll. Soweit sie vorträgt, das Berufungsgericht habe sich nicht auf die Einholung von berufskundlichen Stellungnahmen eines regionalen Landesarbeitsamtes beschränken dürfen, greift sie die Beweiswürdigung des LSG an. Darauf kann nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG eine Nichtzulassungsbeschwerde nicht gestützt werden. Die Verletzung der Aufklärungspflicht (§ 103 SGG) kann die Revision nur dann eröffnen, wenn das LSG einem Beweisantrag ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG). Das hat die Beklagte nicht dargetan.
Die Beschwerde der Beklagten ist damit unzulässig und durch Beschluß ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter zu verwerfen (§ 202 SGG iVm § 574 der Zivilprozeßordnung -ZPO- und § 169 SGG analog; vgl BSG SozR 1500 § 160a Nrn 1, 5; BVerfG aaO Nr 30).
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen