Verfahrensgang
SG Reutlingen (Entscheidung vom 11.02.2021; Aktenzeichen S 6 EG 2787/19) |
LSG Baden-Württemberg (Beschluss vom 03.12.2021; Aktenzeichen L 11 EG 1082/21) |
Tenor
Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 3. Dezember 2021 wird als unzulässig verworfen.
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
I
In dem der Beschwerde zugrunde liegenden Rechtsstreit wenden sich die Kläger gegen die Rückforderung von Elterngeld Plus, welches von der Beklagten für den Zeitraum vom 21.7.2018 bis zum 20.11.2018 als Partnerschaftsbonus erbracht worden ist. Im Kern streiten die Beteiligten darüber, ob ein Unterschreiten der Mindestarbeitszeit durch ein Elternteil auch ohne dessen Verschulden anspruchsschädlich ist. Das LSG hat die Berufungen der Kläger gegen das deren Klagen abweisende Urteil erster Instanz mit Beschluss vom 3.12.2021 zurückgewiesen.
Gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung haben die Kläger Beschwerde beim BSG eingelegt und mit der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache begründet.
II
Die Nichtzulassungsbeschwerde der Kläger ist unzulässig. Die Beschwerdebegründung genügt nicht der nach § 160a Abs 2 Satz 3 SGG gebotenen Form. Die Kläger haben den von ihnen allein geltend gemachten Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache nicht in der danach vorgeschriebenen Weise dargelegt.
Eine Rechtssache hat nur dann grundsätzliche Bedeutung iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung angeben, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Ein Beschwerdeführer muss mithin, um seiner Darlegungspflicht zu genügen, eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (sogenannte Breitenwirkung) darlegen (stRspr; zB BSG Beschluss vom 8.3.2021 - B 9 BL 3/20 B - juris RdNr 14; BSG Beschluss vom 2.5.2017 - B 5 R 401/16 B - juris RdNr 6).
Die Kläger messen den Fragen grundsätzliche Bedeutung zu,
"wie der Begriff 'erwerbstätig' in § 4 Abs. 4 S. 3 Nr. 1 BEEG auszulegen ist"
und
"ob die Zuverdienstregelung des BEEG gänzlich formal dahingehend auszulegen ist, ob effektiv mindestens 25 Wochenarbeitsstunden geleistet und vergütet werden, oder ob es darauf ankommen muss, ob der Leistungsempfänger das Nichterreichen von 25 Wochenarbeitsstunden und/oder der entsprechenden Vergütung dafür zu vertreten oder nicht zu vertreten hat".
Hierzu erläutern die Kläger unter anderem, dass unstreitig die Mindestzahl von 25 Wochenarbeitsstunden trotz entsprechender Vereinbarung im Arbeitsvertrag durch den Kläger zu 1. nicht erreicht worden sei. Diesen habe hieran kein Verschulden getroffen. Vielmehr habe sich sein Arbeitgeber im Annahmeverzug befunden.
Es kann dahinstehen, ob die Kläger damit hinreichend konkrete Rechtsfragen zur Auslegung, zum Anwendungsbereich oder zur Vereinbarkeit einer bestimmten revisiblen Norm des Bundesrechts (vgl § 162 SGG) mit höherrangigem Recht aufgeworfen und in den weiteren Ausführungen den vom Revisionsgericht erwarteten klärenden Schritt ausreichend konkret dargelegt haben. Jedenfalls haben sie - die Qualität als Rechtsfrage jeweils unterstellt - die Klärungsbedürftigkeit und Klärungsfähigkeit dieser Fragen nicht den nach § 160a Abs 2 Satz 3 SGG diesbezüglich geltenden Anforderungen genügend dargelegt.
Im Hinblick auf die Klärungsbedürftigkeit der aufgeworfenen Fragen fehlt es in der Beschwerdebegründung an der notwendigen Auseinandersetzung mit der bereits ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung. Eine Rechtsfrage ist nämlich dann nicht (mehr) klärungsbedürftig, wenn die Antwort praktisch außer Zweifel steht, sich zB unmittelbar aus dem Gesetz ergibt oder bereits höchstrichterlich geklärt ist. Als bereits höchstrichterlich geklärt ist eine Rechtsfrage auch dann anzusehen, wenn das Revisionsgericht oder das BVerfG diese zwar noch nicht ausdrücklich entschieden hat, jedoch schon eine oder mehrere höchstrichterliche Entscheidungen ergangen sind, die ausreichende Anhaltspunkte zur Beurteilung der von der Beschwerde als grundsätzlich herausgestellten Rechtsfrage geben (stRspr; zB BSG Beschluss vom 5.6.2020 - B 9 SB 87/19 B - juris RdNr 9; BSG Beschluss vom 21.1.1993 - 13 BJ 207/92 - SozR 3-1500 § 160 Nr 8 - juris RdNr 7). Daher hätten sich die Kläger in der Beschwerdebegründung jedenfalls mit der nach ihrem eigenen Vortrag im Urteil erster Instanz in Bezug genommenen Rechtsprechung des BSG auseinandersetzen müssen. Diese war über die in der Beschwerdebegründung erwähnte, in diesem Urteil zitierte Entscheidung des SG Berlin (Urteil vom 22.1.2020 - S 2 EG 19/19 - juris RdNr 31) ohne Weiteres auffindbar. Danach ist bereits entschieden, dass das BSG von einem tatsächlich geprägten Verständnis des Begriffs der Erwerbstätigkeit ausgeht (BSG Urteil vom 29.8.2012 - B 10 EG 7/11 R - SozR 4-7837 § 1 Nr 3 RdNr 26, 34; vgl auch BSG Urteil vom 10.2.2005 - B 10 EG 5/03 R - SozR 4-7833 § 1 Nr 8). Vor diesem Hintergrund hätten die Kläger dartun müssen, dass diese Rechtsprechung zu § 1 Abs 1 Satz 1 Nr 4, Abs 6 BEEG nicht für die Auslegung des § 4 Abs 4 Satz 3 Nr 1 BEEG in der vorliegend anzuwendenden Fassung vom 23.5.2017 (BGBl I 1228) herangezogen werden kann.
Darüber hinaus haben die Kläger auch die Klärungsfähigkeit der von ihnen formulierten Fragen nicht formgerecht dargetan. Hierzu hätte in der Beschwerdebegründung ausgeführt werden müssen, dass die Voraussetzungen für den Bezug des Elterngeld Plus als Partnerschaftsbonus nach den für das Revisionsgericht bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) auch in den Monaten vollständig vorgelegen haben, in denen keine tatsächliche Unterschreitung der Mindestarbeitszeit vorgelegen hat. Hieran fehlt es.
Dass die Kläger die Entscheidung des LSG inhaltlich für unrichtig halten, kann als solches nicht zur Zulassung der Revision führen (stRspr; vgl zB BSG Beschluss vom 28.10.2020 - B 10 EG 1/20 BH - juris RdNr 11; BSG Beschluss vom 25.7.2011 - B 12 KR 114/10 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 22 RdNr 4).
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl § 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG).
Die Verwerfung der danach nicht formgerecht begründeten und somit unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 2 und 3 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Kaltenstein Röhl Ch. Mecke
Fundstellen
Dokument-Index HI15320171 |