Verfahrensgang

SG Speyer (Entscheidung vom 25.03.2021; Aktenzeichen S 12 U 247/19)

LSG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 07.06.2022; Aktenzeichen L 3 U 66/21)

 

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 7. Juni 2022 wird als unzulässig verworfen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I

Die Beteiligten streiten in dem der Beschwerde zugrunde liegenden Rechtsstreit noch darüber, ob bei der Klägerin weitere Folgen einer Berufskrankheit (BK) nach Nr 3102 der Anlage 1 der Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) (BK 3102) festzustellen sind und sie Anspruch auf Gewährung einer Verletztenrente hat.

Nach einem ersten erfolglos durchgeführten Verwaltungsverfahren (Bescheid vom 13.4.2015; Widerspruchsbescheid vom 7.9.2015) erkannte die Beklagte im nachfolgenden Klageverfahren eine akute Borreliose mit Arbeitsunfähigkeit vom 2.8. bis 17.8.2012 als BK 3102 an und verpflichtete sich zur Verbescheidung weitergehender Leistungsanträge der Klägerin. Nach Durchführung weiterer Ermittlungen lehnte die Beklagte die Gewährung einer Verletztenrente ab. Als Folgen der BK lägen vor: folgenlos ausgeheilte akute Borreliose mit Arbeitsunfähigkeit im Zeitraum vom 2.8.2012 bis 17.8.2012. Die Anerkennung weiterer Folgen lehnte die Beklagte ab (Bescheid vom 19.2.2019; Widerspruchsbescheid vom 24.10.2019).

Die dagegen erhobene Klage hat das Sozialgericht (SG) nach neurologischer Sachverständigenbegutachtung abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 25.3.2021). Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung mangels weiterer hinreichend wahrscheinlich mit der BK 3102 in Zusammenhang stehender Gesundheitsstörungen zurückgewiesen (Urteil vom 7.6.2022).

Mit ihrer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des LSG rügt die Klägerin das Vorliegen von Verfahrensmängeln.

II

Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist unzulässig. Die Begründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen, weil der geltend gemachte Zulassungsgrund des Vorliegens von Verfahrensmängeln (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG) nicht formgerecht bezeichnet worden ist (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG).

1. Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 1 SGG), so müssen die diesen vermeintlich begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist die Darlegung erforderlich, dass und warum die Entscheidung des LSG, ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht, auf dem Mangel beruhen kann. Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel allerdings nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 Satz 1 SGG und auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht. Sie rügt die fehlerhafte Unterlassung der Anhörung sowie Gegenüberstellung bzw Zeugeneinvernahme von J, K und P. Mit ihrem Vorbringen dazu bezeichnet die Beschwerdebegründung der Klägerin indes weder hinreichend die Verletzung der Sachaufklärungspflicht (§ 118 Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 411 Abs 3 ZPO, § 103 SGG) noch die Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art 103 Abs 1 GG, § 62 SGG) in Gestalt des Fragerechts (§ 116 Satz 2, § 118 Abs 1 Satz 1 SGG iVm §§ 397, 402 und 411 Abs 4 ZPO).

a) Soweit die Klägerin eine Verletzung der Sachaufklärungspflicht (§ 118 SGG iVm § 411 Abs 3 ZPO, § 103 SGG) geltend macht, erfüllt ihr Vortrag hierzu nicht die Darlegungsanforderungen.

Die Ladung eines Sachverständigen zur mündlichen Erläuterung seines Gutachtens steht ebenso wie die Anordnung zur schriftlichen Erläuterung oder Ergänzung im Ermessen des Gerichts (§ 411 Abs 3 Satz 1 und 2 ZPO). Der Ermessensfreiraum verdichtet sich nur dann zu einer Verpflichtung des Gerichts zur Ladung des gerichtlichen Sachverständigen oder zur Anordnung einer schriftlichen Ergänzung, wenn diese beantragt ist und noch Ermittlungsbedarf besteht, dh wenn sich das Gericht hätte gedrängt fühlen müssen, hinsichtlich der vom Sachverständigen in seinem schriftlichen Gutachten behandelten Beweisthemen noch weitere Sachaufklärung zu betreiben (vgl BSG Beschluss vom 14.12.2022 - B 2 U 1/22 B - juris RdNr 6 mwN; BSG Beschluss vom 18.6.2018 - B 9 V 1/18 B - juris RdNr 16 mwN; BSG Urteil vom 12.4.2000 - B 9 SB 2/99 R - juris RdNr 15 mwN).

Die Vorschrift des über § 118 Abs 1 Satz 1 SGG anwendbaren § 411 Abs 3 ZPO bezieht sich dabei nur auf gerichtlich bestellte Sachverständige im Rahmen der Beweiserhebung nach § 118 Abs 1 Satz 1 SGG iVm §§ 402 ff ZPO. Davon kann hier daher nur eine beantragte Anhörung des erstinstanzlich vom SG beauftragten P umfasst sein. Dagegen hat J im Verwaltungsverfahren für die Beklagte ein Gutachten erstellt und K im erstinstanzlichen Verfahren eine Stellungnahme auf Veranlassung der Klägerin abgegeben. Eine Befragung von J und P konnte die Klägerin im Rahmen der gerichtlichen Sachaufklärungspflicht (§§ 103, 106 SGG; § 118 Abs 1 Satz 1 SGG iVm §§ 414, 373 ff ZPO) geltend machen.

Bezogen auf § 118 Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 411 Abs 3 ZPO hätte die Klägerin daher darlegen müssen, warum sich das LSG von seinem sachlich-rechtlichen Standpunkt zu einer Befragung hätte gedrängt fühlen müssen und daher nur noch ermessenswidrig von der beantragten Ladung des Sachverständigen P hätte absehen können. Hierzu enthält die Beschwerdebegründung aber keinen Vortrag. Sie legt bereits kein ermessensfehlerhaftes Handeln des LSG dar, wenn sie nach ihrem Vorbringen darauf abstellt, das LSG hätte P zur Erläuterung seines Gutachtens, insbesondere im Hinblick auf die entgegenstehenden Feststellungen von J und K hören müssen. Die Klägerin trägt nichts dazu vor, aus welchen Gründen diesbezüglich noch Fragen offengeblieben sein könnten. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund der von der Klägerin wiedergegebenen Ausführungen des LSG, wonach die mit der beantragten Anhörung zusammenhängenden denkbaren Fragen bereits erschöpfend beantwortet seien. Nicht maßgeblich ist, ob die Klägerin aus ihrer Sicht weiteren Aufklärungsbedarf annimmt. Im Übrigen besteht keine Verpflichtung der Gerichte zu stets neuen Befragungen der Sachverständigen, nur weil die Beteiligten deren Feststellungen und Beurteilungen nicht teilen (zB BSG Beschluss vom 14.12.2022 - B 2 U 1/22 B - juris RdNr 7 mwN; BSG Beschluss vom 18.8.2022 - B 5 R 124/22 B - juris RdNr 7 mwN; BSG Beschluss vom 24.6.2020 - B 9 SB 79/19 B - juris RdNr 11 mwN).

Auch bezüglich der geltend gemachten Anhörung von J und K erfüllt die Beschwerdebegründung nicht die Anforderungen an eine Aufklärungsrüge. Um den Verfahrensmangel der Verletzung der Sachaufklärungspflicht (§ 103 SGG) ordnungsgemäß zu rügen, muss die Beschwerdebegründung (1.) einen für das Revisionsgericht ohne Weiteres auffindbaren, bis zuletzt aufrechterhaltenen oder im Urteil wiedergegebenen Beweisantrag bezeichnen, dem das LSG nicht gefolgt ist, (2.) die Rechtsauffassung des LSG wiedergeben, auf deren Grundlage bestimmte Tatfragen klärungsbedürftig hätten erscheinen müssen, (3.) die von dem Beweisantrag betroffenen tatsächlichen Umstände aufzeigen, die zur weiteren Sachaufklärung Anlass gegeben hätten, (4.) das voraussichtliche Ergebnis der unterbliebenen Beweisaufnahme angeben und (5.) erläutern, weshalb die Entscheidung des LSG auf der unterlassenen Beweiserhebung beruhen kann, das LSG also von seinem Rechtsstandpunkt aus zu einem für den Kläger günstigeren Ergebnis hätte gelangen können, wenn es das behauptete Ergebnis der unterlassenen Beweisaufnahme gekannt hätte (stRspr; zB BSG Beschluss vom 27.9.2022 - B 2 U 42/22 B - juris RdNr 7 mwN; BSG Beschluss vom 11.3.2021 - B 9 SB 51/20 B - juris RdNr 9; BSG Beschluss vom 12.12.2003 - B 13 RJ 179/03 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 3 RdNr 5 mwN).

Die Beschwerdebegründung bezeichnet bereits keinen formellen Beweisantrag, der den Erfordernissen des § 118 Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 403 ZPO genügt und die Bezeichnung eines konkreten Beweisthemas, gerichtet auf festzustellende Tatsachen (die "zu begutachtenden Punkte", § 403 ZPO), sowie die Benennung des voraussichtlichen Ergebnisses der Begutachtung umfasst (zB BSG Beschluss vom 15.8.2022 - B 2 U 141/21 B - juris RdNr 14 mwN; BSG Beschluss vom 9.1.2023 - B 9 SB 24/22 B - juris RdNr 6 f mwN; BSG Beschluss vom 26.11.1981 - 4 BJ 87/81 - SozR 1500 § 160 Nr 45 S 45, juris RdNr 6; Karmanski in Roos/Wahrendorf/Müller, SGG, 3. Aufl 2023, § 160 RdNr 72). Soweit die Klägerin dazu vorträgt, J und K hätten zur Erläuterung ihrer Feststellungen gehört werden müssen, bezeichnet sie allenfalls eine im Hinblick auf die Sachaufklärungsrüge irrelevante Beweisanregung (dazu zB BSG Beschluss vom 21.3.2023 - B 2 U 148/22 B - juris RdNr 6 mwN; BSG Beschluss vom 2.2.2022 - B 9 SB 47/21 B - juris RdNr 7 mwN; BSG Beschluss vom 12.12.2003 - B 13 RJ 179/03 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 3 RdNr 6 mwN).

Unabhängig davon zeigt die Beschwerdebegründung nicht auf, warum das LSG sich aus seiner sachlich-rechtlichen Sicht heraus zu weiteren Ermittlungen hätte gedrängt fühlen müssen. § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ist im Hinblick auf das Erfordernis "ohne hinreichende Begründung" nicht formell, sondern materiell im Sinne von "ohne hinreichenden Grund" zu verstehen (zB BSG Beschluss vom 21.3.2023 - B 2 U 148/22 B - juris RdNr 8 mwN; BSG Beschluss vom 15.8.2022 - B 2 U 141/21 B - juris RdNr 15; BSG Beschluss vom 31.7.1975 - 5 BJ 28/75 - SozR 1500 § 160 Nr 5 S 6, juris RdNr 2). Entscheidend ist, ob sich das LSG von seinem sachlich-rechtlichen Standpunkt aus hätte gedrängt fühlen müssen, den beantragten Beweis zu erheben, weil nach den dem LSG vorliegenden Beweismitteln Fragen zum tatsächlichen Sachverhalt aus seiner rechtlichen Sicht erkennbar offengeblieben sind. Dazu enthält die Beschwerdebegründung indes keinen substantiierten Vortrag. Sie hätte insbesondere aufgrund der wiedergegebenen Begründung des LSG, wonach dieses mangels Sachdienlichkeit keinen Anlass dafür sehe, die genannten Ärzte noch einmal zum vorliegenden Sachverhalt zu befragen, und wonach K nicht zur Sachaufklärung beitragen könnte, konkret zum sachlich-rechtlichen Standpunkt des LSG vortragen müssen.

b) Die Beschwerdebegründung zeigt auch nicht auf, dass das LSG dadurch, dass es den Anträgen auf Anhörung bzw Gegenüberstellung von J, K und des Sachverständigen P nicht gefolgt ist, das rechtliche Gehör der Klägerin verletzt hat (Art 103 Abs 1 GG, § 62 SGG).

Nach ständiger Rechtsprechung des BSG haben Verfahrensbeteiligte grundsätzlich das Recht, einem Sachverständigen, der ein Gutachten erstattet hat, diejenigen Fragen vorlegen zu lassen, die sie zur Aufklärung der Sache für dienlich erachten (§ 116 Satz 2, § 118 Abs 1 Satz 1 SGG iVm §§ 397, 402, 411 Abs 4 ZPO). Dies gilt grundsätzlich auch dann, wenn der Sachverständige ein Gutachten auf Antrag eines Beteiligten gemäß § 109 SGG erstellt hat. Das Fragerecht soll dem Antragsteller erlauben, im Rahmen des Beweisthemas aus seiner Sicht unverständliche, unvollständige oder widersprüchliche Ausführungen eines Sachverständigen zu hinterfragen, um auf das Verfahren Einfluss nehmen und die Grundlagen der gerichtlichen Entscheidung verstehen zu können. Es ist Ausfluss des rechtlichen Gehörs (Art 103 Abs 1 GG, § 62 SGG) und besteht unabhängig von dem - zuvor dargestellten - pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts, bei einem erläuterungsbedürftigen schriftlichen Gutachten nach § 411 Abs 3 ZPO das Erscheinen des Sachverständigen zur Erläuterung seines Gutachtens oder eine schriftliche Erläuterung oder Ergänzung anzuordnen (stRspr; zB BSG Beschluss vom 14.12.2022 - B 2 U 1/22 B - juris RdNr 10; BSG Beschluss vom 15.8.2022 - B 2 U 141/21 B - juris RdNr 17; BSG Beschluss vom 27.11.2007 - B 5a/5 R 60/07 B - SozR 4-1500 § 116 Nr 1 RdNr 7, jeweils mwN; bzgl § 109 SGG anders und isoliert für Zusatz- und ergänzende Fragen, die in untrennbarem Zusammenhang zur Beweiserhebung nach § 109 SGG selbst stehen: vgl BSG Beschluss vom 7.10.2005 - B 1 KR 107/04 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 9 RdNr 14). Insofern steht beim Fragerecht nach § 116 Satz 2 SGG ein anderes Ziel im Vordergrund als bei der Rückfrage an den Sachverständigen nach § 118 Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 411 Abs 3 ZPO, die in erster Linie der Sachaufklärung (§ 103 SGG) dient (BSG Beschluss vom 27.11.2007 - B 5a/5 R 60/07 B - SozR 4-1500 § 116 Nr 1 RdNr 11 mwN). Um die Verletzung des Fragerechts ordnungsgemäß zu rügen, muss ein Beteiligter darlegen, dass er die nach seiner Ansicht erläuterungsbedürftigen Punkte dem Gericht rechtzeitig (§ 411 Abs 4 ZPO) schriftlich mitgeteilt hat, dass die aufgeworfenen Fragen objektiv sachdienlich sind und dass er das Begehren bis zuletzt aufrechterhalten hat. Die erläuterungsbedürftigen Punkte, zB Lücken oder Widersprüche, müssen hinreichend konkret bezeichnet werden (stRspr; zB BSG Beschluss vom 15.8.2022 - B 2 U 141/21 B - juris RdNr 17; BSG Beschluss vom 11.12.2019 - B 13 R 164/18 B - juris RdNr 9; BSG Beschluss vom 27.11.2007 - B 5a/5 R 60/07 B - SozR 4-1500 § 116 Nr 1 RdNr 7, jeweils mwN).

Auch das dargestellte Fragerecht als Ausfluss des rechtlichen Gehörs besteht nur gegenüber den im Verfahren im Rahmen der gerichtlichen Beweisaufnahme beauftragten Sachverständigen (§ 116 Satz 2, § 118 Abs 1 Satz 1 SGG iVm §§ 402 ff ZPO). Hier kann es sich daher nur auf P beziehen (vgl dazu unter a). Die Rüge einer unterlassenen Anhörung von J und K unterliegt demgegenüber den Einschränkungen des § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 iVm § 103 SGG, die nicht durch die formale Einkleidung in eine Gehörsrüge umgangen werden können (stRspr; zB BSG Beschluss vom 21.3.2023 - B 2 U 148/22 B - juris RdNr 9 mwN; BSG Beschluss vom 27.9.2022 - B 2 U 42/22 B - juris RdNr 10 mwN; BSG Beschluss vom 6.2.2007 - B 8 KN 16/05 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 12 RdNr 7).

Die Beschwerdebegründung zeigt hier nicht auf, dem LSG gegenüber objektiv sachdienliche Fragen an den Sachverständigen P formuliert zu haben, dh erläuterungsbedürftige Lücken oder Widersprüche in seinem Gutachten konkret benannt zu haben. Sie versäumt es bereits, den konkreten, nach ihrem Vorbringen in der mündlichen Verhandlung am 7.6.2022 wiederholten Antrag vom 4.6.2022 auf Anhörung von P wiederzugeben. Ausführungen zu Anträgen, die erstinstanzlich in anderen Schriftsätzen, hier vom 15.10.2020 gestellt wurden, sind indes nicht maßgeblich. Soweit sich der Beschwerdebegründung unter auszugsweiser Wiedergabe der Entscheidungsgründe des LSG entnehmen lässt, dass die Anhörung der Erläuterung des Gutachtens dienen sollte, insbesondere im Hinblick auf die entgegenstehenden Feststellungen von J und K, werden damit keine konkreten erläuterungsbedürftigen Punkte bezeichnet.

Die Klägerin zeigt auch im Übrigen keine objektive Sachdienlichkeit auf. Sachdienlich iS von § 116 Satz 2 SGG sind Fragen, wenn sie sich im Rahmen des Beweisthemas halten und nicht abwegig oder bereits eindeutig beantwortet sind. Die Beschwerdebegründung hätte daher aufzeigen müssen, welchen zusätzlichen Erkenntnisgewinn eine Anhörung von P hätte bringen können. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund der von der Klägerin wiedergegebenen Ausführungen des LSG, dass die mit der beantragten Anhörung zusammenhängenden denkbaren Fragen bereits erschöpfend beantwortet seien. Hierzu enthält die Beschwerdebegründung indes keinen Vortrag.

Erfüllt das Vorbringen der Klägerin daher bereits nicht die Anforderungen einer Gehörsrüge, bedarf es keiner weiteren Darlegung, ob und unter welchen Voraussetzungen ausnahmsweise ein Anspruch auf (weitere) Befragung des in der Vorinstanz beauftragten Sachverständigen besteht (dazu BSG Beschluss vom 15.8.2022 - B 2 U 141/21 B - juris RdNr 18 mwN; BSG Beschluss vom 12.4.2005 - B 2 U 222/04 B - SozR 4-1500 § 62 Nr 4 RdNr 6 f; BSG Beschluss vom 3.3.1999 - B 9 VJ 1/98 B - juris RdNr 6 f mwN; BSG Beschluss vom 5.5.1998 - B 2 U 305/97 B - juris RdNr 3 mwN).

c) Die Klägerin rügt im Weiteren eine unzutreffende Würdigung des erstinstanzlich bei P nach Aktenlage eingeholten Sachverständigengutachtens durch das LSG. Hierzu trägt sie insbesondere vor, dass dieses nicht verwertbar sei und nicht den aktuellen Stand der Wissenschaft wiedergebe, was in der gutachterlichen Stellungnahme von K zutreffend gerügt worden sei. Damit wendet die Klägerin sich indes gegen die Beweiswürdigung iS von § 128 Abs 1 Satz 1 SGG, die einer Rüge als Verfahrensfehler im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde vollständig entzogen ist (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG). Die Würdigung voneinander abweichender Gutachtenergebnisse oder ärztlicher Auffassungen gehört wie die anderer sich widersprechender Beweisergebnisse zur Beweiswürdigung (zB BSG Beschluss vom 21.2.2023 - B 2 U 47/22 B - juris RdNr 6 mwN; BSG Beschluss vom 29.1.2018 - B 9 V 39/17 B - juris RdNr 12 mwN; BSG Beschluss vom 12.12.2003 - B 13 RJ 179/03 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 3, juris RdNr 10).

2. Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang weiter vorträgt, das LSG habe unzutreffend die Feststellungen des Sachverständigen P bei seiner Entscheidung berücksichtigt und dabei auch das Anerkenntnis der Beklagten im ersten Verfahren unrichtig ausgelegt, rügt sie die Unrichtigkeit der Berufungsentscheidung, die indes keinen Zulassungsgrund iS von § 160 Abs 2 SGG darstellt. Das darauf gerichtete Vorbringen der Klägerin geht mithin über eine im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren unbeachtliche Rüge eines bloßen Rechtsanwendungsfehlers nicht hinaus (vgl BSG Beschluss vom 28.6.2022 - B 2 U 181/21 B - juris RdNr 11 mwN; BSG Beschluss vom 25.5.2020 - B 9 V 3/20 B - juris RdNr 6; BSG Beschluss vom 25.7.2011 - B 12 KR 114/10 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 22 RdNr 4).

3. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG).

4. Die Beschwerde ist somit ohne Zuziehung ehrenamtlicher Richter zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2, § 169 Satz 2 und 3 SGG).

5. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung der §§ 183, 193 SGG.

Roos

Karmanski

Karl

 

Fundstellen

Dokument-Index HI16025816

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