Verfahrensgang
SG Karlsruhe (Entscheidung vom 09.03.2019; Aktenzeichen S 12 R 1552/15) |
LSG Baden-Württemberg (Urteil vom 25.10.2019; Aktenzeichen L 8 BA 1330/18) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 25. Oktober 2019 wird als unzulässig verworfen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5000 Euro festgesetzt.
Gründe
I
In dem der Nichtzulassungsbeschwerde zugrunde liegenden Rechtsstreit streiten die Beteiligten über den sozialversicherungsrechtlichen Status des Beigeladenen zu 1. in seiner Tätigkeit als Fahrlehrer für die Klägerin.
Die klagende GmbH betreibt eine Fahrschule, der Beigeladene zu 1. ist bei ihr seit 1.5.2013 als Fahrlehrer gegen eine Vergütung nach geleisteten Stunden tätig. Der theoretische Unterricht findet in den Räumen der Klägerin mit von ihr zur Verfügung gestellten Materialien und ihren Fahrschülern statt, den praktischen Unterricht erteilt der Beigeladene zu 1. mit einem von ihm selbst in von der Klägerin vorgegebener Farbe geleasten, mit ihrer Werbung versehenen Fahrzeug. Er verfügt über einen Fahrlehrerschein und seit 26.9.2014 über eine Fahrschulerlaubnis.
Auf Antrag der Klägerin stellte die beklagte DRV Bund die Sozialversicherungspflicht des Beigeladenen zu 1. in seiner Tätigkeit als Fahrlehrer für die klagende GmbH in allen Zweigen der Sozialversicherung fest (Statusfeststellungsbescheide vom 22.7.2014). Die Widersprüche wies die Beklagte als unzulässig zurück (Widerspruchsbescheide vom 13.4.2015). Die dagegen gerichtete Klage und Berufung sind erfolglos geblieben (Gerichtsbescheid vom 9.3.2018). Das LSG hat die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in die versäumte Widerspruchsfrist als erfüllt angesehen. Die Klage sei aber unbegründet, das Gesamtbild der gelebten Vertragsbeziehungen spreche für eine abhängige, sozialversicherungspflichtige Beschäftigung. Der Beigeladene zu 1. sei hinsichtlich der erforderlichen theoretischen Unterrichte weisungsgebunden. Auch habe er keine Fahrschulerlaubnis besessen und sei er nicht berechtigt gewesen, eine eigene Fahrschule zu betreiben. Die am 26.9.2014 erteilte Fahrschulerlaubnis habe sich nicht auf die Fahrschule der Klägerin bezogen (Urteil vom 25.10.2019).
Gegen die Nichtzulassung der Revision wendet sich die Klägerin mit ihrer Beschwerde.
II
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in der angefochtenen Entscheidung des LSG ist als unzulässig zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 2 und 3 SGG). Die Klägerin hat die geltend gemachten Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) und der Divergenz (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) nicht hinreichend dargelegt oder bezeichnet.
1. Bei Geltendmachung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache muss die Beschwerdebegründung ausführen, welche Rechtsfrage sich ernsthaft stellt, deren Klärung über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und durch das Revisionsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist (stRspr; vgl nur BSG Beschluss vom 17.4.2012 - B 13 R 347/11 B - SozR 4-2600 § 72 Nr 5 RdNr 17 mwN). Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht.
Die Klägerin hat die Klärungsfähigkeit der aufgeworfenen Frage,
"wie der Beschäftigungsbegriff des Fahrlehrergesetzes (FahrlG) als solcher überhaupt zu verstehen ist",
nicht hinreichend aufgezeigt.
Es ist bereits zweifelhaft, ob die Klägerin mit dieser Frage eine aus sich heraus verständliche, abstrakt-generelle Rechtsfrage zur Auslegung, zum Anwendungsbereich oder zur Vereinbarkeit einer konkreten revisiblen Norm des Bundesrechts (§ 162 SGG) mit höherrangigem Recht (vgl BSG Beschluss vom 23.12.2015 - B 12 KR 51/15 B - juris RdNr 11 mwN) formuliert hat. Die Bezeichnung einer abstrakten, aus sich heraus verständlichen Rechtsfrage in Bezug auf eine konkrete revisible Norm des Bundesrechts ist jedoch unverzichtbar, damit das Beschwerdegericht an ihr die weiteren Voraussetzungen der Grundsatzrüge prüfen kann (BSG Beschluss vom 10.9.2014 - B 10 ÜG 3/14 B - juris RdNr 11 mwN).
Selbst wenn die Klägerin ihre Frage hinreichend auf eine konkrete Norm des Fahrlehrerrechts bezogen hätte und das der Frage angefügte Entscheidungszitat sie aus sich heraus verständlich machte, fehlt es an hinreichenden Darlegungen zur Klärungsfähigkeit. Im Rahmen der Klärungsfähigkeit ist darzulegen, dass das BSG im angestrebten Revisionsverfahren überhaupt über die aufgeworfene Frage entscheiden müsste, die Frage also entscheidungserheblich ist. Dies ist auf der Tatsachengrundlage der Vorinstanz zu beurteilen, weshalb sich auch die Darlegungen zu dieser Zulässigkeitsvoraussetzung auf die im angegriffenen Urteil mit Bindungswirkung für das BSG (§ 163 SGG) festgestellten Tatsachen beziehen müssen. Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht. Die Klägerin meint, der Gesetzgeber habe in § 1 Abs 4 FahrlG auch eine freie Mitarbeit ermöglichen wollen. Insoweit fehlt es an Darlegungen, inwiefern allein die Zulässigkeit einer freien Mitarbeit nach dem Fahrlehrergesetz für die Statusbeurteilung bedeutsam sein soll. Das wäre aber schon deshalb angezeigt gewesen, weil die Klägerin auf Seite 4 der Beschwerdebegründung selbst ausführt, dass für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung einer Tätigkeit als Beschäftigung allein § 7 SGB IV maßgebend und dieser anders auszulegen sei als das Fahrlehrerrecht.
Soweit die Klägerin ferner die Frage als klärungsbedürftig bezeichnet,
"inwieweit nach der Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalles eine selbstständige bzw. nichtselbstständige Tätigkeit vorliegt",
wird keine abstrakt-generelle Rechtsfrage zur Auslegung, zum Anwendungsbereich oder zur Vereinbarkeit einer konkreten revisiblen Norm des Bundesrechts (§ 162 SGG) mit höherrangigem Recht (vgl BSG Beschluss vom 23.12.2015 - B 12 KR 51/15 B - juris RdNr 11 mwN) aufgeworfen. Sie fragt vielmehr nach dem Ergebnis der Subsumtion eines konkreten Sachverhalts unter eine Norm des SGB IV. Das genügt den Anforderungen des § 160a Abs 2 Satz 3 iVm § 160 Abs 2 Nr 1 SGG nicht. Die geltend gemachte Betroffenheit vieler Fahrlehrer in freier Mitarbeit ändert daran nichts. Unabhängig davon fehlt es auch insofern an hinreichenden Ausführungen zur Klärungsfähigkeit. Die Klägerin unterstellt, dass der Beigeladene zu 1. in freier Mitarbeit für sie tätig war. Allerdings hat das LSG die freie Mitarbeit in seiner mit der Beschwerde angegriffenen Entscheidung gerade verneint.
2. Der Zulassungsgrund der Divergenz setzt voraus, dass das angefochtene Urteil des LSG von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmSOGB) oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht. Eine solche Abweichung ist nur dann hinreichend bezeichnet, wenn aufgezeigt wird, mit welcher genau bestimmten entscheidungserheblichen rechtlichen Aussage zum Bundesrecht die angegriffene Entscheidung des LSG von welcher ebenfalls genau bezeichneten rechtlichen Aussage des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG abweicht. Insoweit genügt es nicht darauf hinzuweisen, dass das LSG seiner Entscheidung nicht die höchstrichterliche Rechtsprechung zugrunde gelegt hätte. Nicht die Unrichtigkeit der Entscheidung im Einzelfall, sondern die Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen begründet die Zulassung der Revision wegen Divergenz. Sie liegt daher nicht schon dann vor, wenn das angefochtene Urteil nicht den Kriterien entsprechen sollte, die das BSG, der GmSOGB oder das BVerfG entwickelt hat, sondern erst dann, wenn das LSG diesen Kriterien auch widersprochen, also andere rechtliche Maßstäbe bei seiner Entscheidung herangezogen hat (vgl BSG Beschluss vom 12.5.2005 - B 3 P 13/04 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 6 RdNr 5 und BSG Beschluss vom 16.7.2004 - B 2 U 41/04 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 4 RdNr 6, jeweils mwN). Dem wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht. Die Klägerin hat weder sich widersprechende Rechtssätze noch aufgezeigt, dass das LSG die Rechtsprechung des BSG nicht nur nicht beachtet oder unzutreffend angewandt, sondern auch in Frage gestellt hätte. Die Behauptung, die Berufungsentscheidung sei inhaltlich unrichtig, - hier: das LSG habe eine unrichtige Gesamtabwägung vorgenommen - kann nicht zur Zulassung der Revision führen (vgl BSG Beschluss vom 26.1.2005 - B 12 KR 62/04 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 6 RdNr 18).
3. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen (§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG).
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 154 Abs 2 und 3, § 162 Abs 3 VwGO.
5. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 1 SGG iVm § 52 Abs 2, § 47 Abs 1 Satz 1 und Abs 3 sowie § 63 Abs 2 Satz 1 GKG.
Fundstellen
Dokument-Index HI13880455 |