Verfahrensgang

LSG Berlin-Brandenburg (Urteil vom 14.10.2020; Aktenzeichen L 32 AS 2354/15)

SG Berlin (Entscheidung vom 06.08.2015; Aktenzeichen S 156 AS 17196/13)

 

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 14. Oktober 2020 wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil weder der geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) noch der Zulassungsgrund der Divergenz (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) in der erforderlichen Weise dargelegt bzw bezeichnet worden ist (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG). Die Beschwerde ist daher ohne Zuziehung ehrenamtlicher Richter zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 SGG, § 169 SGG).

1. Eine Abweichung (Divergenz) iS von § 160 Abs 2 Nr 2 SGG ist nur dann hinreichend dargelegt, wenn aufgezeigt wird, mit welcher genau bestimmten entscheidungserheblichen rechtlichen Aussage die angegriffene Entscheidung des LSG von welcher ebenfalls genau bezeichneten rechtlichen Aussage des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmSOGB) oder des BVerfG abweicht. Eine Abweichung liegt nicht schon vor, wenn die angefochtene Entscheidung nicht den Kriterien entsprechen sollte, die das BSG, der GmSOGB oder das BVerfG aufgestellt haben, weil die Unrichtigkeit einer Entscheidung im Einzelfall nicht die Zulassung einer Revision wegen Abweichung rechtfertigt. Erforderlich ist vielmehr, dass das LSG diesen Kriterien widersprochen und über den Einzelfall hinausgehende andere rechtliche Maßstäbe entwickelt hat. Nicht die - behauptete - Unrichtigkeit der Entscheidung im Einzelfall, sondern die fehlende Übereinstimmung im Grundsätzlichen kann die Zulassung wegen Abweichung begründen (stRspr; vgl etwa BSG vom 25.9.2002 - B 7 AL 142/02 B - SozR 3-1500 § 160a Nr 34; Voelzke in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 2017, § 160 RdNr 119).

Eine solche Divergenz hat der Kläger nicht aufgezeigt. Der Kläger entnimmt der Rechtsprechung des BSG den Rechtssatz, dass Sanktionen nicht auf Verletzungen von Pflichten gestützt werden dürfen, die in nichtigen Verwaltungsakten begründet worden sind, und ist der Ansicht, dass das LSG hiervon abgewichen sei. Der Beschwerdebegründung selbst lässt sich jedoch entnehmen, dass das LSG die Frage der Nichtigkeit des Eingliederungsverwaltungsaktes nicht - also auch nicht im Sinne ihrer Unbeachtlichkeit - thematisiert hat, sondern von einem bestandskräftigen, also wirksamen Verwaltungsakt ausgegangen ist. Damit lässt sich dem klägerischen Vorbringen nicht entnehmen, dass das LSG einen von der unterstellten Rechtsprechung des BSG abweichenden Rechtssatz aufgestellt habe.

2. Grundsätzliche Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) hat eine Rechtssache nur, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Die Darlegung einer grundsätzlichen Bedeutung erfordert, dass eine konkrete Rechtsfrage klar formuliert wird. Weiter muss ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit im jeweiligen Rechtsstreit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) aufgezeigt werden (stRspr; vgl etwa BSG vom 25.9.2002 - B 7 AL 142/02 B - SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN).

Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Der Kläger erachtet als Frage von grundsätzlicher Bedeutung, ob "in Rechtsbehelfen gegen einen Sanktionsbescheid, der auf einem Eingliederungsverwaltungsakt beruht[,] auch immer ein Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X gegen den Eingliederungsverwaltungsakt zu sehen [ist], wenn keine sonstigen Rechtsbehelfe gegen den Eingliederungsverwaltungsakt anhängig sind" und ob "dann zwingend eine inzidente Prüfung der Rechtmäßigkeit des Eingliederungsverwaltungsakts durchzuführen" sei.

Der Kläger legt jedenfalls die Klärungsbedürftigkeit nicht dar. Dies gilt zumindest deswegen, weil er sich nicht mit der Rechtsprechung des BSG zu ähnlichen Konstellationen (vgl etwa zum Sperrzeitrecht BSG vom 21.3.2002 - B 7 AL 44/01 R - SozR 3-4100 § 119 Nr 23) befasst und nicht darlegt, warum sich die von ihm aufgeworfene Frage nicht bereits anhand dieser Rechtsprechung beantworten lässt. Ebenso fehlt es an der Darlegung, dass sich die Frage nicht anhand der Rechtsprechung des BSG zur Auslegung von Willenserklärungen (vgl etwa BSG vom 24.4.2015 - B 4 AS 22/14 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 71 RdNr 18 f) und Prozesserklärungen (vgl etwa BSG vom 17.9.2020 - B 4 AS 13/20 R - SozR 4-1500 § 88 Nr 3 RdNr 23) beantworten lässt.

Zum anderen hält der Kläger hilfsweise für eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung, ob "bei der Überprüfung eines Sanktionsbescheides, der auf einem Pflichtverstoß aus einem Verwaltungsakt beruht, der eine Eingliederungsvereinbarung ersetzt, zwingend eine Nichtigkeitsprüfung des Eingliederungsverwaltungsakts durchzuführen [ist]". Der Kläger legt insofern aber die Klärungsbedürftigkeit nicht dar. Er verweist lediglich auf seine Ausführungen zur Divergenzrüge, in diesen geht er aber gerade davon aus, dass diese Frage in der Rechtsprechung des BSG bereits in seinem Sinne geklärt sei.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 Satz 1, Abs 4 SGG.

Meßling                              Söhngen                             Burkiczak

 

Fundstellen

Dokument-Index HI15116890

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