Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Thüringer Landessozialgerichts vom 28. April 1998 wird als unzulässig verworfen.
Die Beklagte hat der Klägerin auch die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens zu erstatten.
Tatbestand
I.
Der Rechtsstreit betrifft einen Anspruch auf Konkursausfallgeld (Kaug). Die beklagte Bundesanstalt für Arbeit (BA) vertritt die Ansicht, der Anspruch sei gegen die Garantieeinrichtung des Mitgliedstaats der Europäischen Union zu richten, in dem der insolvente Arbeitgeber seinen Sitz habe. Da die Klägerin ein Verkaufsbüro eines niederländischen Unternehmens in Thüringen geführt habe, sei ein Anspruch gegen die BA nicht begründet. Der Wohnsitz der Klägerin in Thüringen sei unerheblich. Die Klage war in den Vorinstanzen erfolgreich. Das Landessozialgericht (LSG) hat die Revision nicht zugelassen.
Mit der Beschwerde betreibt die BA die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache: Die Entscheidung des LSG entspreche zwar der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG). Gleichwohl sei die Frage, ob ein Insolvenzereignis im Ausland die Anspruchsvoraussetzungen für einen Anspruch auf Kaug gegen die BA nach § 141 b Abs. 3 Nr. 2 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) erfülle, obwohl das Unternehmen im Inland keine selbständige Zweigniederlassung und keinen besonderen Gerichtsstand nach der Gesamtvollstreckungsordnung gehabt habe, klärungsbedürftig.
Diese Frage sei trotz der Rechtsprechung des BSG offen, weil der Europäische Gerichtshof (EuGH) die Richtlinie 80/987 EWG dahin ausgelegt habe, daß sich Ansprüche von Arbeitnehmern bei Insolvenz ihres Arbeitgebers gegen die Garantieeinrichtung des Mitgliedstaates richteten, in welchem entweder die Eröffnung des Verfahrens zur gemeinschaftlichen Gläubigerbefriedigung beschlossen oder die Stillegung des Unternehmens oder des Betriebes des Arbeitgebers festgestellt worden sei. Diese Rechtsprechung lasse Ansprüche gegen die Garantieeinrichtung des Wohnsitzstaates des Arbeitnehmers nach Art. 13 Abs. 2 Buchst. a EWGV 1408/71 iVm Art. 12 EWGV 477/72 nicht zu. Wegen weiterer anhängiger Verfahren komme der Antwort auf die aufgeworfene Rechtsfrage über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu. Der Klärungsfähigkeit stehe nicht entgegen, daß das BSG möglicherweise zur Auslegung des Gemeinschaftsrechts den EuGH anzurufen habe.
Entscheidungsgründe
II.
Die Beschwerde ist nicht zulässig, denn ihre Begründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen. Nach § 160 a Abs. 2 Satz 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist der geltend gemachte Zulassungsgrund – hier: grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache – in der Beschwerdebegründung darzulegen.
Dazu ist auszuführen, welche Rechtsfrage sich stellt, daß sie nach dem Stand von Rechtsprechung und Lehre nicht geklärt ist, weshalb ihre Klärung aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung erforderlich erscheint (Klärungsbedürftigkeit) und das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten läßt (Klärungsfähigkeit). Grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ist mithin nur darzulegen, wenn die angestrebte Revisionsentscheidung eine verallgemeinerungsfähige Antwort auf die aufgeworfene Rechtsfrage erforderlich macht (st. Rspr: BSG SozR 1500 § 160 a Nrn 39 und 65 m.w.N. sowie SozR 3-1500 § 160 Nr. 8; BVerfG SozR 3-1500 § 160 a Nrn 6 und 7; BVerwG NJW 1999, 304). Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht.
Die BA wirft zwar eine Rechtsfrage zu ihrer Pflicht auf, Kaug in Fällen mit Auslandsberührung zu zahlen. Sie verkennt auch nicht, daß das BSG diese Frage bereits in dem Urteil vom 23. November 1981 – 10/8 b RAr 8/80 – (SozR 4100 § 141 a Nr. 6) beantwortet hat.
Zwar kann eine bereits vom Revisionsgericht entschiedene Rechtsfrage erneut klärungsbedürftig werden, wenn sie durch die weitere Rechtsentwicklung oder durch „nicht von vornherein abwegige Einwendungen” in Frage gestellt wird (BSG SozR 1500 § 160 a Nr. 13). Diese Voraussetzung legt die Beschwerdebegründung mit dem Hinweis auf das Urteil des EuGH vom 17. September 1997 – Rs. C – 117/96 – EuGHE 1997 I-5017 = NZA 1997, 1155 nicht dar. Dazu hätte sie darstellen müssen, daß die Entscheidungen des EuGH und des BSG zu der gleichen Fragestellung ergangen ist. Dies träfe nur zu, wenn sich aus dem Gemeinschaftsrecht eine für Mitgliedstaaten verbindliche Regelung der Zuständigkeit von Garantieeinrichtungen für den Fall der Insolvenz von Arbeitgebern mit Sitz in anderen Mitgliedstaaten herleiten ließe, an der das deutsche Recht auszurichten wäre. Solches führt die Beschwerdebegründung nicht aus und sie kann es auch nicht ausführen. Die von ihr herangezogene Entscheidung des EuGH befaßt sich nämlich allein mit Mindestanforderungen an Garantieeinrichtungen der Mitgliedsstaaten für den Fall der Insolvenz von Arbeitgebern nach der Richtlinie des Rats 80/987/EWG vom 20. Oktober 1980 (Amtsblatt Nr. L 283/23), die nicht die Möglichkeit der Mitgliedsstaaten einschränkt, für die Arbeitnehmer günstigere Rechts- oder Verwaltungsvorschriften anzuwenden oder zu erlassen. Das stellt Art. 9 der Richtlinien ausdrücklich klar. Im Hinblick auf diese gemeinschaftsrechtliche Lage hätte die Beschwerdebegründung darlegen müssen, inwiefern das zu der erwähnten Richtlinie ergangene Urteil des EuGH die Rechtsprechung des BSG in Frage stellt. Solche Ausführungen sind der Beschwerdebegründung jedoch nicht zu entnehmen. Die Klärungsbedürftigkeit der aufgeworfenen Rechtsfrage ist auch nicht mit anderen Gesichtspunkten dargelegt.
Da die Beschwerdebegründung nicht den gesetzlichen Anforderungen genügt, ist die Beschwerde entsprechend § 169 SGG als unzulässig zu verwerfen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.
Unterschriften
Sattler, Voelzke, Lüdtke.
Fundstellen