Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 16. März 2023 wird als unzulässig verworfen.
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
I
In dem der Nichtzulassungsbeschwerde zugrunde liegenden Rechtsstreit streiten die Beteiligten um die Versicherungspflicht des Klägers in der gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) und nach dem Recht der Arbeitsförderung aufgrund einer abhängigen Beschäftigung als Gesellschafter-Geschäftsführer der Beigeladenen.
Die Beigeladene ist eine mit Gesellschaftsvertrag vom 21.9.1988 gegründete GmbH. Das Stammkapital an der GmbH von 26 000 Euro hielt der Kläger zunächst allein. Am 1.4.2016 übertrug er 60 % der Geschäftsanteile auf seine Ehefrau. Er wurde in der Gesellschafterversammlung vom 26.6.2006 auf der Grundlage eines "Anstellungsvertrages" vom 1.6.2006 zum einzelvertretungsberechtigten Geschäftsführer der Beigeladenen mit der Befugnis bestellt, im Namen der Gesellschaft mit sich im eigenen Namen oder als Vertreter eines Dritten Rechtsgeschäfte abzuschließen. Der Gesellschaftsvertrag (GV) regelte in § 6 zunächst, dass Gesellschafterbeschlüsse grundsätzlich mit der Mehrheit der Stimmen verabschiedet würden. In den Gesellschafterversammlungen vom 1.4.2014 und 1.3.2017 wurde die Satzungsregelung jeweils ohne Eintragung in das Handelsregister wie folgt geändert: Zunächst mit einem Zusatz "Gesellschafterbeschlüsse können jedoch nicht mit der einfachen Mehrheit der Stimmen verabschiedet werden. Für die Wirksamkeit des Beschlusses ist es erforderlich, dass mehr als 85 % der Stimmanteile zur Beschlussfassung jedweder Art notwendig sind", dann mit Rückkehr zur ursprünglichen Regelung der einfachen Mehrheit.
Die Beklagte stellte im Rahmen eines Statusfeststellungsverfahrens fest, die Tätigkeit des Klägers als Gesellschafter-Geschäftsführer der Beigeladenen werde seit dem 1.4.2014 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt, in dem Versicherungspflicht in der GRV und nach dem Recht der Arbeitsförderung bestehe(Bescheide vom 26.10.2016; Widerspruchsbescheid vom 16.10.2017) . Während des Klageverfahrens ist mit am 5.9.2019 notariell beurkundetem Gesellschaftsbeschluss § 6 GV "mit Wirkung vom 01.04.2014" wie folgt geändert worden: Gesellschafterbeschlüsse bedürfen der Zustimmung von 85 % aller Stimmen, es sei denn, das Gesetz oder diese Satzung schreiben etwas anderes vor. Jeder Euro eines Geschäftsanteils gewährt eine Stimme". Die Änderung wurde am 17.9.2019 in das Handelsregister eingetragen. Die Beklagte hat daraufhin festgestellt, der Kläger sei seit dem 17.9.2019 als Geschäftsführer der Beigeladenen selbstständig tätig. Sie hat den angefochtenen Bescheid für den Zeitraum 1.4.2014 bis 16.9.2019 abgeändert und darauf beschränkt, dass der Kläger in diesem Zeitraum als Geschäftsführer der Beigeladenen eine abhängige Beschäftigung ausgeübt habe(Bescheide vom 23.5.2022) . Der Kläger hat den Rechtsstreit für die Zeit ab 17.9.2019 für erledigt erklärt.
Im Übrigen haben Klage und Berufung keinen Erfolg gehabt(Gerichtsbescheid des SG vom 1.7.2022; Urteil des LSG vom 16.3.2023) . Das LSG hat ausgeführt, der Kläger sei in seiner Tätigkeit vom 1.4.2014 bis 16.9.2019 aufgrund eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses bei der Beigeladenen versicherungspflichtig in der GRV sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung gewesen. Eine Sperrminorität sei bei der Bewertung der Rechtsmacht des Geschäftsführers einer GmbH nur von Bedeutung, soweit durch Eintragungen im Handelsregister eine hinreichende Rechtssicherheit geschaffen werde. Eine Rückwirkung komme der am 5.9.2019 notariell beurkundeten und am 17.9.2019 in das Handelsregister eingetragenen Änderung des Gesellschaftsvertrags der Beigeladenen nicht zu.
Der Kläger wendet sich mit seiner Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG.
II
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in der angefochtenen Entscheidung ist als unzulässig zu verwerfen(§ 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm§ 169 Satz 2 und 3 SGG ) . Die mit der Beschwerdebegründung geltend gemachten Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache(§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG ) und der Divergenz(§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG ) sind nicht hinreichend dargelegt oder bezeichnet.
1. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine abstrakt-generelle Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - allgemeine Bedeutung hat und aus Gründen der Rechtseinheit oder der Rechtsfortbildung einer Klärung durch das Revisionsgericht bedarf (Klärungsbedürftigkeit) und fähig (Klärungsfähigkeit) ist. Mit der Beschwerdebegründung ist daher aufzuzeigen, welche rechtliche Frage sich zu einer bestimmten Norm des Bundesrechts iS des § 162 SGG stellt. Hierzu ist anhand des anwendbaren Rechts sowie unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung auszuführen, weshalb eine Klärung erforderlich und im angestrebten Revisionsverfahren zu erwarten ist. Schließlich ist darzulegen, dass der angestrebten Entscheidung eine über den Einzelfall hinausgehende Breitenwirkung zukommt(vglBSG Beschluss vom 17.4.2012 - B 13 R 347/11 B - SozR 4-2600 § 72 Nr 5 RdNr 17 mwN) . Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht.
Der Kläger trägt lediglich vor, sowohl das LSG als auch das SG seien aufgrund der fehlerhaften Würdigung der Sach- und Rechtslage zu einer unrichtigen Entscheidung gekommen. Es sei nachträglich klarstellend eindeutig geregelt worden, dass in der konkreten Situation eine selbstständige Tätigkeit vorgelegen habe. Es sei unbillig, dies für die rückwirkende Tätigkeit "allein wegen eines sogenannten Formmangels" anders zu beurteilen.
Die Beschwerdebegründung erfüllt die Darlegungsvoraussetzungen für eine Grundsatzrüge(vgl hierzu exemplarischBSG Beschluss vom 25.9.2002 - B 7 AL 142/02 B - SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN) schon deshalb nicht, weil der Kläger keine abstrakt-generelle Rechtsfrage zur Auslegung, zum Anwendungsbereich oder zur Vereinbarkeit einer konkreten revisiblen Norm des Bundesrechts(§ 162 SGG ) mit höherrangigem Recht(BSG Beschluss vom 23.12.2015 - B 12 KR 51/15 B - juris RdNr 11 mwN) formuliert hat. Die Bezeichnung einer abstrakten, aus sich heraus verständlichen Rechtsfrage ist jedoch unverzichtbar, damit das Beschwerdegericht an ihr die weiteren Voraussetzungen der Grundsatzrüge prüfen kann(BSG Beschluss vom 10.9.2014 - B 10 ÜG 3/14 B - juris RdNr 11 mwN).
Im Übrigen legt der Kläger eine Klärungsbedürftigkeit nicht hinreichend dar. Eine Rechtsfrage ist unter anderem dann höchstrichterlich geklärt und damit als nicht (mehr) klärungsbedürftig anzusehen, wenn diese bereits beantwortet ist. Ist sie noch nicht ausdrücklich entschieden, genügt es, dass schon eine oder mehrere höchstrichterliche Entscheidungen ergangen sind, die ausreichende Anhaltspunkte zur Beantwortung der von der Beschwerde als grundsätzlich herausgestellten Rechtsfrage geben(BSG Beschluss vom 30.8.2016 - B 2 U 40/16 B - SozR 4-1500 § 183 Nr 12 RdNr 7 mwN) . Daher muss substantiiert aufgezeigt werden, dass und warum sich früheren Entscheidungen keine solchen Anhaltspunkte entnehmen lassen. Dem wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht. Der Kläger setzt sich insbesondere nicht substantiiert mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung auseinander, wonach schuldrechtlich abgeschlossene Stimmrechtsvereinbarungen unabhängig von ihrer gesellschaftsrechtlichen Zulässigkeit für die Rechtsmachtverhältnisse nicht zu berücksichtigen sind(vgl zBBSG Urteil vom 19.9.2019 - B 12 KR 21/19 R - BSGE 129, 106 = SozR 4-2400 § 7 Nr 45, RdNr 18 mwN) .
2. Der Zulassungsgrund der Divergenz setzt voraus, dass das angefochtene Urteil des LSG von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmSOGB) oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht. Eine solche Abweichung ist nur dann hinreichend bezeichnet, wenn aufgezeigt wird, mit welcher genau bestimmten entscheidungserheblichen rechtlichen Aussage zum Bundesrecht die angegriffene Entscheidung des LSG von welcher ebenfalls genau bezeichneten rechtlichen Aussage des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG abweicht. Insoweit genügt es nicht darauf hinzuweisen, dass das LSG seiner Entscheidung nicht die höchstrichterliche Rechtsprechung zugrunde gelegt hätte. Nicht die Unrichtigkeit der Entscheidung im Einzelfall, sondern die Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen begründet die Zulassung der Revision wegen Divergenz. Sie liegt daher nicht schon dann vor, wenn das angefochtene Urteil nicht den Kriterien entsprechen sollte, die das BSG, der GmSOGB oder das BVerfG entwickelt hat, sondern erst dann, wenn das LSG diesen Kriterien auch widersprochen, also andere rechtliche Maßstäbe bei seiner Entscheidung herangezogen hat(vglBSG Beschluss vom 12.5.2005 - B 3 P 13/04 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 6 RdNr 5 undBSG Beschluss vom 16.7.2004 - B 2 U 41/04 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 4 RdNr 6, jeweils mwN) .
In der Beschwerdebegründung behauptet der Kläger, das LSG hätte die Revision nach § 160 Abs 2 Nr 2 SGG zulassen müssen. Nach § 160a Abs 2 Satz 3 SGG erforderliche Ausführungen, die den oben genannten Anforderungen zur Darlegung einer entscheidungserheblichen Divergenz genügen, fehlen jedoch.
3. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen(§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG ) .
4. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von§ 193 SGG .
Fundstellen
Dokument-Index HI16461485 |