Entscheidungsstichwort (Thema)
Nichtzulassungsbeschwerde. grundsätzliche Bedeutung. Begründung der Verfahrensrüge
Orientierungssatz
1. Nach der ständigen Rechtsprechung verlangt § 160a Abs 2 S 3 SGG, daß die Zulassungsgründe schlüssig dargetan werden. Dabei muß in der Begründung dazu, daß der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung zukomme, auch erläutert werden, warum die Rechtsfrage über den Einzelfall hinaus allgemeine Bedeutung hat (vgl BSG vom 19.1.1981 - 7 BAr 69/80 = SozR 1500 § 160a Nr 39). Eine Rechtsfrage und die von ihr geprägte Rechtssache hat nur dann grundsätzliche Bedeutung, wenn sie klärungsbedürftig ist. Dies ist dann zu verneinen, wenn die Beantwortung der Rechtsfrage so gut wie unbestritten ist. Zur Klärungsbedürftigkeit der Rechtsfrage ist im einzelnen darzulegen, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Beantwortung der Rechtsfrage umstritten ist (vgl BSG vom 9.10.1986 - 5b BJ 174/86 = SozR 1500 § 160a Nr 59).
2. Eine vorschriftsmäßig begründete Verfahrensrüge liegt nur dann vor, wenn die sie begründenden Tatsachen im einzelnen genau angegeben sind und in sich verständlich den behaupteten Verfahrensfehler ergeben (vgl BSG vom 29.9.1975 - 8 BU 64/75 = SozR 1500 § 160a Nr 14).
Normenkette
SGG § 160 Abs 2 Nr 1, § 160 Abs 2 S 2, § 160a Abs 2 S 3
Verfahrensgang
LSG Baden-Württemberg (Entscheidung vom 25.02.1988; Aktenzeichen L 12 V 327/87) |
Gründe
Prozeßkostenhilfe kann dem Kläger nicht gewährt werden, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 73a Sozialgerichtsgesetz -SGG- iVm § 114 Abs 1 Satz 1 Zivilprozeßordnung Die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde entspricht nicht der in § 160 Abs 2 und § 160a Abs 2 Satz 3 SGG festgelegten gesetzlichen Form. Der Beschwerdeführer weist zwar auf Zulassungsgründe hin, die in § 160 Abs 2 SGG aufgeführt sind. Er behauptet, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG und das angegriffene Urteil beruhe auf einem Verfahrensfehler im Sinne des § 160 Abs 2 Nr 2 SGG. Damit sind aber die behaupteten Zulassungsgründe nicht so dargelegt und bezeichnet, wie dies § 160a Abs 2 Satz 3 SGG verlangt.
Nach der ständigen Rechtsprechung verlangt diese Vorschrift, daß die Zulassungsgründe schlüssig dargetan werden. Dabei muß in der Begründung dazu, daß der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung zukomme, auch erläutert werden, warum die Rechtsfrage über den Einzelfall hinaus allgemeine Bedeutung hat (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 39). Eine Rechtsfrage und die von ihr geprägte Rechtssache hat nur dann grundsätzliche Bedeutung, wenn sie klärungsbedürftig ist. Dies ist dann zu verneinen, wenn die Beantwortung der Rechtsfrage so gut wie unbestritten ist. Zur Klärungsbedürftigkeit der Rechtsfrage ist im einzelnen darzulegen, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Beantwortung der Rechtsfrage umstritten ist (BSG SozR 1500 § 160a Nr 59 unter Bezugnahme auf SozR 1500 § 160 Nr 17; vgl auch BSG SozR 1500 § 160 Nr 51 mwN). Der Beschwerdeführer hätte mithin im einzelnen darlegen müssen, aus welchen Gründen gegen die vom Landessozialgericht (LSG) zur Unzulässigkeit der förmlichen Parteivernehmung angeführte Kommentarstelle, die sich auf höchstrichterliche Rechtsprechung, nämlich BSG SozR § 445 ZPO Nr 1, bezieht und zugleich verdeutlicht, daß es sich um eine allgemeine, also herrschende Meinung handelt, dennoch grundsätzliche Fragen klärungsbedürftig bleiben.
Eine vorschriftsmäßig begründete Verfahrensrüge liegt nur dann vor, wenn die sie begründenden Tatsachen im einzelnen genau angegeben sind und in sich verständlich den behaupteten Verfahrensfehler ergeben (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 14). Dieses ebenfalls ein die gesetzliche Form im Sinne des § 169 Satz 1 SGG betreffende Erfordernis (vgl BVerfG SozR 1500 § 160a Nrn 44 und 48) ist nicht erfüllt. Zur Rüge, das LSG habe seine Sachaufklärungspflicht (§ 103 SGG) verletzt, hätte der Kläger entsprechende Beweisanträge ausreichend bezeichnen müssen. Es hat keine mündliche Verhandlung stattgefunden, so daß Beweisanträge nicht protokolliert worden sind. Der Prozeßbevollmächtigte des Klägers hat jedoch nach Anberaumung des Termins zur mündlichen Verhandlung und in der Erkenntnis dessen, daß eine weitere Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen nicht beabsichtigt war, Beweisanträge nicht wiederholt, sondern den Antrag auf Entscheidung im schriftlichen Verfahren gestellt. Der in der Beschwerdebegründung durch Bezugnahme auf den Berufungsschriftsatz bezeichnete Antrag war also kein solcher im Sinne des § 160 Abs 2 Nr 3 aE SGG (ständige Rechtsprechung - vgl den Beschluß vom 15. Februar 1988 - 9/9a BV 196/87 - zur Veröffentlichung vorgesehen, unter Bezugnahme auf BSG SozR 1500 § 160 Nr 12).
Um eine Verletzung der Sachaufklärungspflicht als Verfahrensmangel schlüssig darzulegen, hätte in der Beschwerdebegründung im einzelnen vorgetragen werden müssen, aufgrund welcher Umstände das LSG noch die Ehefrau als Zeugin hätte vernehmen müssen, obwohl die in ihr Wissen gestellten Tatsachen ebenso wie bei den als Zeugen benannten Sachverständigen vom Gericht als richtig unterstellt worden sind (vgl hierzu BSG SozR 1500 § 160a Nr 24).
Der Verfahrensmangel einer Verletzung des rechtlichen Gehörs (§§ 62, 128 Abs 2 SGG) ist dann nicht hinreichend bezeichnet, wenn nicht angegeben wird, welches Vorbringen verhindert worden ist und inwiefern die angefochtene Entscheidung darauf beruhen kann (BSG SozR 1500 § 160 Nr 36). Daran fehlt es hier, weil lediglich allgemein behauptet wird, daß richtigstellende Erklärungen hätten abgegeben werden können, nicht aber welchen Inhalt sie gehabt hätten und inwiefern sie von Auswirkung auf die angefochtene Entscheidung gewesen wären. Im übrigen handelte es sich bei den ausgewerteten Krankenbuchauszügen für die Jahre 1927 bis 1931 um Bestandteile der Verwaltungsakten, dessen Beiziehung dem Kläger bekannt gewesen ist.
Da die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde nicht der festgelegten gesetzlichen Form entspricht, war sie entsprechend §§ 169, 193 SGG ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter zu verwerfen (vgl BVerfG SozR 1500 § 160a Nr 30).
Fundstellen