Entscheidungsstichwort (Thema)
Wirksamkeit eines mündlichen Rentenantrags
Orientierungssatz
Ein mündlicher Rentenantrag wurde nicht wirksam gestellt, wenn die LVA es abgelehnt hat einen mündlichen Antrag entgegenzunehmen und eine Niederschrift über die Vorsprache und das Begehren nicht aufgenommen, vielmehr aufgegeben wurde, den Antrag mit den erforderlichen Unterlagen schriftlich einzureichen.
Normenkette
AVG § 41 Fassung: 1945-03-17; RVO § 1286 Abs. 1 Fassung: 1952-11-13, § 1545 Abs. 1 Nr. 2 Fassung: 1924-12-15, § 1613 Abs. 1 Fassung: 1924-12-15
Verfahrensgang
LSG Baden-Württemberg (Entscheidung vom 16.02.1960) |
Tenor
Die Revision der Kläger gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 16. Februar 1960 wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
Die Kläger erhalten auf Grund des schriftlichen Rentenantrags, den sie am 15. Oktober 1956 bei der Beklagten eingereicht haben, seit dem 1. November 1956 die Hinterbliebenenrenten aus der Versicherung ihres Ehemanns und Vaters. Sie begehren mit der Klage diese Renten auch für die Zeit vom 1. Oktober 1949 an unter dem Vorbringen, der Antrag sei bereits im September 1949 mündlich bei der Landesversicherungsanstalt Württemberg gestellt worden. Das Sozialgericht wies die Klage ab, das Landessozialgericht die - zugelassene - Berufung zurück. Auch die Revision der Kläger kann keinen Erfolg haben.
Der Anspruch der Kläger, ihnen die Hinterbliebenenrenten schon vom 1. Oktober 1949 an zu gewähren, hängt zunächst davon ab, ob sie im September 1949 einen wirksamen Rentenantrag gestellt haben (§ 41 AVG a.F., § 1286 RVO a.F.). Das Landessozialgericht hat dies verneint; seine Auffassung ist im Ergebnis nicht zu beanstanden. Richtig ist zwar, daß ein Rentenantrag keiner besonderen Form bedarf und deshalb auch mündlich gestellt werden kann (BSG. 2 S. 273, 275). Hierauf berufen sich die Kläger. Ihr eigenes Vorbringen läßt jedoch erkennen, daß ein mündlicher Rentenantrag nicht wirksam gestellt wurde.
Es kann zwar davon ausgegangen werden, daß die Klägerin ... für sich und die übrigen Kläger am 13. September 1949 bei der Landesversicherungsanstalt Württemberg vorgesprochen und dabei ihre Absicht, die Witwen- und Waisenrente zu beantragen, mündlich zum Ausdruck gebracht hat. Die Landesversicherungsanstalt hat es jedoch abgelehnt, im Falle der Kläger einen solchen mündlichen Antrag entgegenzunehmen. Eine Niederschrift über die Vorsprache und das Begehren wurde nicht aufgenommen; es wurde ihnen vielmehr aufgegeben, den Antrag mit den erforderlichen Unterlagen schriftlich einzureichen. Zu diesem Zweck wurde der Vorsprechenden ein Antragsvordruck mitgegeben. Bei diesem Sachverhalt mußten die Kläger erkennen, daß die Vorsprache am 13. September 1949 für die Beantragung der Hinterbliebenenrenten nicht ausreichte - sonst hätte es der Aushändigung und der Mitnahme des Vordrucks nicht bedurft - und daß der Rentenantrag erst mit der Einreichung eines ausgefüllten Vordrucks gestellt werden sollte. Letzteres ist aber erst im Oktober 1956 geschehen. Erst zu diesem Zeitpunkt ist, wie die Vorinstanzen richtig entschieden haben, die Rente beantragt worden.
Dem steht nicht der Eingangsvermerk entgegen, den der Sachbearbeiter der Landesversicherungsanstalt auf dem Vordruck angebracht hat. Dieser Vermerk hatte, wie das Landessozialgericht zutreffend ausgeführt hat, nur Bedeutung, wenn der Vordruck beim Versicherungsträger demnächst, d.h. innerhalb einer angemessenen Frist, eingereicht wurde. Diese Feststellung konnte das Landessozialgericht auf Grund des gegebenen Sachverhalts in Verbindung mit den Angaben des Zeugen E. und der Auskunft der Landesversicherungsanstalt ohne Bedenken treffen.
Unter diesen Umständen kann es dahinstehen, ob der Rentenanspruch der Kläger für die streitige Zeit auch aus anderen Gründen ganz oder teilweise abzulehnen wäre. Bei dem klar liegenden Sachverhalt bedurfte es weder der Beiladung der Landesversicherungsanstalt Württemberg zum Verfahren noch der Einholung einer weiteren Stellungnahme dieser Anstalt, zumal die Abteilung Angestelltenversicherung, bei der sich die Vorgänge damals abgespielt haben, bei ihr heute nicht mehr besteht.
Die Entscheidung ergeht nach § 216 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. a SGG in der Fassung vom 23. August 1958 (BGBl. I S. 614) durch einstimmigen Beschluß ohne Zuziehung der Bundessozialrichter. Die Voraussetzungen hierfür sind gegeben; die Rechtsfragen, die sich aus dem eindeutigen Sachverhalt ergeben, lassen sich ohne weiteres in dem Sinne beantworten, daß die Ansprüche der Kläger unbegründet sind. Der Senat hat die Kläger von seiner Absicht, nach § 216 SGG zu verfahren, unter Mitteilung der Gründe und unter Gewährung einer Äußerungsfrist von einem Monat unterrichtet. Sie haben hiergegen keine Einwendungen erhoben.
Die Kostenentscheidung ergeht in entsprechender Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen