Entscheidungsstichwort (Thema)
Nichtzulassungsbeschwerde. Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung. Klärungsbedürftigkeit der Rechtsfrage der Zulässigkeit einer Ermächtigung zum Bankeinzug der Gesamtsozialversicherungsbeiträge
Orientierungssatz
Zur Frage der Klärungsbedürftigkeit der Rechtsfrage, ob Arbeitgeber geringfügig Beschäftigter in Privathaushalten für diese Beiträge zur gesetzlichen Renten- und zur gesetzlichen Krankenversicherung in Höhe von je 5% zuzüglich der Umlagen U 1 und 2 entrichten dürfen, auch wenn die Beiträge überwiesen und nicht im Haushaltsscheckverfahren mit Einzugsermächtigung eingezogen werden.
Normenkette
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1, § 160a Abs. 2 S. 3; SGB 4 § 28a Abs. 7 S. 2
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Beteiligten streiten in der Hauptsache über die Verpflichtung der Klägerin, eine Ermächtigung zum Bankeinzug der Gesamtsozialversicherungsbeiträge, Umlagebeiträge und Pauschsteuer für eine in ihrem Privathaushalt Beschäftigte zu erteilen.
Die Klägerin beschäftigt in ihrem Privathaushalt eine Haushaltshilfe. Hierfür erstattete sie als Arbeitgeberin eine vereinfachte Meldung im sog Haushaltsscheckverfahren, eine Ermächtigung zum Bankeinzug der zu zahlenden Sozialversicherungsbeiträge, Umlagebeiträge und Pauschsteuer erteilte sie der Beklagten nicht. Mit Bescheid vom 31.1.2005 lehnte die Beklagte die Teilnahme der Klägerin am Haushaltsscheckverfahren ohne Erteilung einer Einzugsermächtigung ab. Der Widerspruch der Klägerin war erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 3.8.2005). Das Sozialgericht (SG) Chemnitz hat die Klage gegen diese Bescheide sowie die Klage auf Feststellung, dass eine Zahlung durch Überweisung erfolgen kann, mit Gerichtsbescheid vom 13.10.2006 abgewiesen, weil § 28a Abs 7 Satz 2 SGB IV idF des Zweiten Gesetzes für Moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2002 (BGBl I 4621) ausdrücklich voraussetze, dass eine Teilnahme am Haushaltsscheckverfahren nur bei Erteilung einer Einzugsermächtigung möglich sei. Diese Regelung sei auch verfassungsgemäß. Die Berufung hat das Sächsische Landessozialgericht (LSG) mit Urteil vom 7.11.2007 zurückgewiesen und zur Begründung auf die Ausführungen des SG verwiesen, die es sich zu eigen gemacht hat.
Mit ihrer Beschwerde wendet sich die Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde ist in entsprechender Anwendung von § 169 Satz 2 und 3 SGG als unzulässig zu verwerfen.
Die Klägerin hat in der Begründung ihres Rechtsmittels entgegen § 160a Abs 2 Satz 3 SGG keinen Zulassungsgrund hinreichend dargelegt oder bezeichnet.
Das Bundessozialgericht (BSG) darf gemäß § 160 Abs 2 SGG die Revision gegen eine Entscheidung des LSG nur dann zulassen, wenn
- die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1) oder
- das angefochtene Urteil von der höchstrichterlichen Rechtsprechung abweicht (Nr 2) oder
- bestimmte Verfahrensmängel geltend gemacht werden (Nr 3).
Die Behauptung inhaltlicher Unrichtigkeit des Urteils kann demgegenüber nicht zur Revisionszulassung führen.
Die Klägerin beruft sich allein auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG). Hierzu muss die Beschwerdebegründung ausführen, welche Rechtsfrage sich ernsthaft stellt, deren Klärung über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und deren Klärung durch das Revisionsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist (BSG SozR 1500 § 160a Nr 60 und 65; BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 16 mwN - stRspr; vgl auch BVerfG SozR 3-1500 § 160a Nr 7). Die Beschwerdebegründung hat deshalb auszuführen, inwiefern die Rechtsfrage nach dem Stand der Rechtsprechung und Lehre nicht ohne Weiteres zu beantworten ist, und den Schritt darzustellen, den das Revisionsgericht zur Klärung der Rechtslage im Allgemeininteresse vornehmen soll (BSG SozR 1500 § 160a Nr 31). Für die Darlegung verfassungsrechtlicher Bedenken gegen Regelungen, auf die das Berufungsgericht seine Entscheidung gestützt hat, genügt die undifferenzierte Behauptung der Verfassungswidrigkeit nicht. Vielmehr muss unter Einbeziehung der einschlägigen Literatur und Rechtsprechung - insbesondere des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG), aber auch des BSG - im Einzelnen aufgezeigt werden, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Verfassungsmäßigkeit umstritten ist (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 11, sowie Beschluss des Senats vom 5.8.2003, B 12 RA 5/03 B mwN) . Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht.
Die Klägerin hält für klärungsbedürftig, ob Arbeitgeber geringfügig Beschäftigter in Privathaushalten für diese Beiträge zur gesetzlichen Renten- und zur gesetzlichen Krankenversicherung in Höhe von je 5 % zuzüglich der Umlagen U 1 und 2 entrichten dürfen, auch wenn die Beiträge überwiesen und nicht im Haushaltsscheckverfahren mit Einzugsermächtigung eingezogen werden. Es kann dahinstehen, ob die Klägerin damit eine hinreichend konkrete Rechtsfrage mit dem Ziel einer Klärung des Anwendungsbereichs einer bestimmten revisiblen Rechtsnorm gestellt hat. Jedenfalls fehlt es an der erforderlichen Darlegung der Klärungsbedürftigkeit, die auch eine Auseinandersetzung mit Entscheidungen des BSG und des BVerfG erfordert hätte, sowie an den erforderlichen Ausführungen zur Klärungsfähigkeit.
Soweit die Klägerin eine Rechtsfrage zum Regelungsinhalt von Vorschriften zur Beitragshöhe bei Nichterteilung einer Bankeinzugsermächtigung stellen will, hätte ausgeführt werden müssen, nach welchen Vorschriften des einfachen Rechts sich die Beitragshöhe richtet und inwieweit Klärungsbedarf hinsichtlich dieser Vorschriften besteht. Zur Klärungsfähigkeit hätte dargelegt werden müssen, inwieweit die Höhe der Beiträge Gegenstand eines nach Zulassung sich anschließenden Revisionsverfahrens sein könnte, obwohl kein Betragsbescheid ergangen war und die im Berufungsverfahren weiter verfolgte Feststellungsklage nicht die Beitragshöhe betraf. Ausführungen hierzu enthält die Beschwerdebegründung nicht.
Sind die Ausführungen der Klägerin zur Verfassungswidrigkeit des § 28a Abs 7 Satz 2 SGB IV dahin zu verstehen, dass sie eine Rechtsfrage im Zusammenhang mit der in dieser Vorschrift genannten Erteilung einer Bankeinzugsermächtigung, insbesondere zum Bestehen einer entsprechenden Verpflichtung zu deren Erteilung, für grundsätzlich bedeutsam hält, so fehlt es ebenfalls an der erforderlichen Begründung zur Klärungsbedürftigkeit. Es hätte näher dargelegt werden müssen, aus welchen Gründen die Verfassungsmäßigkeit dieser Verpflichtung zweifelhaft sein könnte. Zwar hat die Klägerin hierzu ausgeführt, sie halte die Verpflichtung für verfassungswidrig, weil sie entgegen der Auffassung des SG und LSG weder erforderlich noch geeignet oder angemessen, sondern kontraproduktiv im Hinblick auf den verfolgten Gesetzeszweck sei. Das ist jedoch lediglich die eigene von den Vorinstanzen abweichende Würdigung der mit dem Gesetz erreichbaren Ziele. Es wird aber schon nicht aufgezeigt, inwieweit selbst bei einer als möglich angesehenen Zweckverfehlung unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BVerfG zum Gestaltungs- und Beurteilungsspielraum des Gesetzgebers diese Zweifel an der Verfassungsgemäßheit des Gesetzes begründen könnte. Die Klägerin zeigt ebenso wenig unter Auswertung von Rechtsprechung und Literatur auf, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Verfassungsmäßigkeit der beanstandeten Norm umstritten sein könnte. Insbesondere fehlt es an einer Auseinandersetzung mit bereits vorliegender Rechtsprechung zur Verpflichtung, eine Bankeinzugsermächtigung zu erteilen.
Das BSG hat bereits über die Verpflichtung eines auf seinen Antrag in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversicherten Selbstständigen entschieden, der dem Rentenversicherungsträger eine Ermächtigung zu erteilen hatte, die von ihm geschuldeten Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung im Wege des Kontoabbuchungsverfahrens einzuziehen (vglUrteilvom 25.4.1990, 4 RA 60/89, SozR 3-5363 § 4 Nr 1) . Es hat eine solche Verpflichtung als verfassungsgemäß angesehen. Die allgemeine Handlungsfreiheit des Art 2 Abs 1 GG sei nicht verletzt, weil eine termingemäße Beitragsentrichtung sichergestellt und diese für die Verwaltung einfach gestaltet werde. Die Regelung des Kontoabbuchungsverfahrens stelle sich als geeignetes, erforderliches und zumutbares Mittel dar, eine geordnete Beitragsleistung zu gewährleisten. Die dagegen erhobene Verfassungsbeschwerde hat das BVerfG nicht zur Entscheidung angenommen, weil es ebenfalls das Lastschriftverfahren als verhältnismäßig angesehen hat.Das alternativ in Betracht kommende Überweisungsverfahren sei nicht in gleicher Weise geeignet, finanzielle und organisatorische Einspareffekte bei dem Versicherungsträger zu erzielen. Die Belastung für den Versicherten sei angesichts der erheblichen Einsparungsmöglichkeiten des Versicherungsträgers auch zumutbar (vgl BVerfG, Beschluss vom 18.12.1991, 1 BvR 852/90, BR/Meuer RV-BEVO § 4, 18-12-91, 1 BvR 852/90) . Mit diesen Ausführungen hätte sich die Klägerin auseinandersetzen und darlegen müssen, warum hier die Bewertung der Erforderlichkeit und Geeignetheit einer solchen Verpflichtung und die Abwägung der mit dem Lastschriftverfahren verfolgten Ziele mit den Belastungen des Arbeitgebers zu einem anderen Ergebnis führen könnte. Hierzu reicht es nicht aus, dass die Klägerin selbst eine andere Bewertung vornimmt und das Lastschriftverfahren entgegen den Vorinstanzen nicht für erforderlich und geeignet hält, Kosten einzusparen und eine effektive Verwaltung zu ermöglichen. Soweit die Beschwerde ergänzend darauf abstellt, der obligatorische Lastschrifteinzug laufe dem Zweck des vereinfachten Meldeverfahrens (sog Haushaltsscheckverfahren) zuwider, Privathaushalte zur Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen zu bewegen, wird auch hier nicht aufgezeigt, worauf sich diese Behauptung stützen könnte und weshalb dies unter Berücksichtigung des Beurteilungsspielraumes des Gesetzgebers Zweifel an der Verfassungsgemäßheit begründen könnte. Zur Darlegung eines möglichen Verstoßes gegen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung hätte ergänzend ausgeführt werden müssen, dass und warum bei der von der Klägerin begehrten Zahlung durch Banküberweisung nicht im gleichen Umfang Kontodaten offenbart werden müssen.
Soweit die Klägerin einen möglichen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz nach Art 3 GG damit begründet, dass ein Arbeitgeber, der nicht am Haushaltsscheckverfahren teilnehme, zwar die Beiträge überweisen könne, dann jedoch höhere Beiträge zu zahlen habe, hätte es ua der näheren Darlegung bedurft, dass eine solche Wahlmöglichkeit bestehen könnte. § 28a Abs 7 SGB IV regelt lediglich die Verpflichtung des Arbeitgebers zu einer vereinfachten Meldung (Haushaltsscheck) und zur Erteilung einer Bankeinzugsermächtigung, wenn das Arbeitsentgelt aus dieser Beschäftigung regelmäßig 400 Euro im Monat nicht übersteigt. In diesem Fall sind gemäß § 28h Abs 3 Satz 1 SGB IV der Gesamtsozialversicherungsbeitrag und die Umlagen nach dem Aufwendungsausgleichsgesetz im Wege des Lastschriftverfahrens einzuziehen. Diese Vorschriften regeln nicht die Höhe der Beiträge. Die Höhe der vom Arbeitgeber zu tragenden Beiträge bei einer geringfügigen Beschäftigung im Privathaushalt iS von § 8a SGB IV iVm § 8 SGB IV regeln vielmehr § 249b Satz 2 SGB V für die Beiträge zur Krankenversicherung und § 168 Abs 1 Nr 1c SGB IV für die Beiträge zur Rentenversicherung. Diese Regelungen differenzieren für die Beitragshöhe nicht danach, ob eine Bankeinzugsermächtigung erteilt wurde. Auch hätte es der weiteren Darlegung bedurft, dass die Unterschiede zwischen Arbeitgebern mit im Privathaushalt geringfügig Beschäftigten und anderen Arbeitgebern die mit den Vorteilen des vereinfachten Meldeverfahrens verbundene Pflicht zur Erteilung einer Einzugsermächtigung nicht rechtfertigen können.
Falls die Klägerin schließlich einen Verstoß gegen Art 100 GG rügen will, weil das Verfahren nicht ausgesetzt und dem BVerfG zur Entscheidung vorgelegt worden ist, ist auch dieser nicht hinreichend dargelegt. In der Beschwerdebegründung hätte hierfür aufgezeigt werden müssen, dass das LSG einen Verfassungsverstoß jedenfalls erwogen hat (vgl BSG, Beschluss vom 4.10.1993, 10 BKg 10/93) . Hieran fehlt es.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, da sie nicht geeignet ist, zu Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen (§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a SGG iVm § 154 Abs 2 Verwaltungsgerichtsordnung.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren war gemäß § 197a Abs 1 Halbsatz 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 2, § 47 Abs 1 und 3 Gerichtskostengesetz in Höhe des Auffangstreitwertes von 5.000 Euro festzusetzen. Für die wirtschaftliche Bedeutung des Beschwerdeverfahrens für die Klägerin fehlen hinreichende Anhaltspunkte, um einen Streitwert in abweichender Höhe festzusetzen. Insbesondere kann nicht, wie von der Klägerin angeregt, der Betrag einer streitigen Beitragsforderung zugrunde gelegt werden. Die dem Beschwerdeverfahren zugrunde liegende Anfechtungs- und Feststellungsklage betrafen nicht die Beitragshöhe, sondern die Art und Weise der Beitragszahlung.
Fundstellen