Entscheidungsstichwort (Thema)

Nichtzulassungsbeschwerde. Rechtsfrage. Grundsätzliche Bedeutung. Darlegungsanforderungen. Mehrbedarf

 

Leitsatz (redaktionell)

Wenn der Kläger zwar eine Rechtsfrage aufgeworfen hat, der er grundsätzliche Bedeutung beimisst, aber weder deren abstrakte Klärungsbedürftigkeit aufgezeigt oder erläutert hat noch sich mit der Klärungsfähigkeit der aufgeworfenen Frage im konkreten Einzelfall beschäftigt, wird die Beschwerde den in der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts entwickelten Darlegungsanforderungen nicht gerecht, so dass die nicht formgerecht begründete Beschwerde ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter als unzulässig zu verwerfen ist.

 

Normenkette

SGG § 160a Abs. 2 S. 3, § 169; SGB II § 21 Abs. 6

 

Verfahrensgang

LSG Niedersachsen-Bremen (Beschluss vom 27.09.2016; Aktenzeichen L 11 AS 48/15)

SG Lüneburg (Aktenzeichen S 19 AS 740/14)

 

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 27. September 2016 wird als unzulässig verworfen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Beklagte Kosten für einen Lehrgang zum Erwerb des Realschulabschlusses in Form eines Vorbereitungskurses bei der Volkshochschule (VHS) nach Maßgabe des SGB II zu fördern hat.

Der 1996 geborene Kläger hatte im Juli 2013 den Hauptschulabschluss erreicht. Nach Zeiten der Arbeitslosigkeit besuchte er von Februar 2014 bis Januar 2015 einen Tageslehrgang "Realschulabschluss" bei der VHS Celle. Im Anschluss hat er den Realschulabschluss erfolgreich abgelegt. Inzwischen hat er eine Ausbildung zum Mechatroniker aufgenommen.

Auf die auf Übernahme der Kosten des Lehrgangs bei der VHS gerichtete Klage hat das SG Lüneburg den Beklagten verpflichtet (Urteil vom 16.12.2014), dem Kläger vom 1.2.2014 bis 31.1.2015 einen Mehrbedarf von monatlich 80 Euro zu zahlen (§ 21 Abs 6 SGB II). Auf die Berufung des Beklagten hat das LSG das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen (Urteil vom 27.9.2016).

Mit der Nichtzulassungsbeschwerde macht der Kläger die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend und wirft die Frage auf,

"…ob ein schulähnlicher Lehrgang zur Erlangung des Realschulabschlusses für junge volljährige Hilfebedürftige, die keine Schulpflicht mehr haben (Nichtschüler) und lediglich über einen Hauptschulabschluss verfügen, unter besonderer Berücksichtigung des Bildungsauftrags des Staates und des Rechts auf Bildung aus der Erklärung der Menschenrechte erforderlich iS des § 21 Abs 6 SGB II ist … ."

II

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig. Ihre Begründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen, da der geltend gemachte Zulassungsgrund nicht ordnungsgemäß dargetan worden ist (§ 160a Abs 2 S 3 SGG).

Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Ein Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts sowie unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung und des Schrifttums angeben, welche Rechtsfragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung aus Gründen der Rechtseinheit oder Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Um seiner Darlegungspflicht zu genügen, muss der Beschwerdeführer mithin Folgendes aufzeigen: (1) eine konkrete Rechtsfrage, (2) ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, (3) ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie (4) die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung, also eine Breitenwirkung (BSG SozR 1500 § 160 Nr 17 und § 160a Nr 7, 11, 12, 31, 59, 65). Diesen Anforderungen genügt die vorliegende Beschwerdebegründung nicht.

Der Kläger hat zwar eine Rechtsfrage aufgeworfen, der er grundsätzliche Bedeutung beimisst. Er hat aber weder deren abstrakte Klärungsbedürftigkeit aufgezeigt oder erläutert noch hat er sich mit der Klärungsfähigkeit der aufgeworfenen Frage im konkreten Einzelfall beschäftigt. Deshalb wird die Beschwerde den in der oben zitierten Rechtsprechung des BSG entwickelten Darlegungsanforderungen nicht gerecht.

Die nicht formgerecht begründete Beschwerde war daher nach § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 SGG ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter als unzulässig zu verwerfen.

Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI10333531

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