Entscheidungsstichwort (Thema)
Protokollierung des Beweisantrages
Orientierungssatz
Ein Beweisantrag, der über § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG für die Zulassung der Revision bedeutsam wird, muß protokolliert sein; er gehört zu den Anträgen "im weiteren Sinn", und zwar zu den rechtserheblichen Angriffsmitteln, die in § 136 Abs 2 S 2 SGG neben dem "erhobenen Anspruch" genannt werden. Das Beachten dieser vorgeschriebenen Förmlichkeit kann nur durch das Protokoll bewiesen werden.
Normenkette
SGG § 160 Abs 2 Nr 3, § 136 Abs 2 S 2
Verfahrensgang
Hessisches LSG (Entscheidung vom 30.08.1988; Aktenzeichen L 4 V 1621/86) |
Gründe
Die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde entspricht nicht der in §§ 160 Abs 2 und 160a Abs 2 Satz 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) festgelegten gesetzlichen Form. Sie war deshalb entsprechend §§ 169, 193 SGG ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter zu verwerfen (vgl BVerfG SozR 1500 § 160a Nr 30).
Der Beschwerdeführer weist zwar auf Zulassungsgründe hin, die in § 160 Abs 2 SGG aufgeführt sind. Er behauptet, das angefochtene Urteil beruhe auf wesentlichen Verfahrensmängeln. Er sieht eine Verletzung des rechtlichen Gehörs (§ 62 SGG) darin, daß das Landessozialgericht (LSG) den von ihm in der mündlichen Verhandlung vom 30. August 1988 gegen das Gutachten des Sachverständigen Dr. S. vorgebrachten Bedenken nicht gefolgt ist, sondern sich auf dieses Gutachten gestützt hat. Damit legt aber der Beschwerdeführer nicht dar, daß er nicht hinreichend zu Wort gekommen sei; er sieht vielmehr den Verfahrensfehler darin, daß das Gericht seinem Vorbringen nicht gefolgt ist. Das Vorbringen zielt mithin ebenso wie der weitere Vortrag, daß das LSG seinem Antrag auf Einholung eines neutralen Gutachtens nicht gefolgt sei, auf eine Verletzung der Sachaufklärungspflicht (§ 103 SGG) hin. Nach der ausdrücklichen Vorschrift des § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG kann die Nichtzulassungsbeschwerde auf eine Verletzung des § 103 SGG aber nur gestützt werden, wenn sie sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Der Beschwerdeführer behauptet zwar, er habe den erforderlichen Beweisantrag mündlich gestellt; der Antrag sei aber nicht in das Protokoll aufgenommen worden. Ein Beweisantrag, der über § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG für die Zulassung der Revision bedeutsam wird, muß jedoch protokolliert sein; er gehört zu den Anträgen "im weiteren Sinn", und zwar zu den rechtserheblichen Angriffsmitteln, die in § 136 Abs 2 Satz 2 SGG neben dem "erhobenen Anspruch" genannt werden. Das Beachten dieser vorgeschriebenen Förmlichkeit kann nur durch das Protokoll bewiesen werden (§ 165 Zivilprozeßordnung -ZPO-). Es ist deshalb unerheblich, wenn der Beschwerdeführer vorträgt, das Protokoll sei unrichtig aufgenommen worden. Da eine Protokollberichtigung (§ 164 ZPO) nicht erfolgt ist, könnte der Beschwerdeführer die Unrichtigkeit des Protokolls nur durch den Nachweis der Fälschung geltend machen (§ 165 Satz 2 ZPO). Eine Prozeßhandlung, die für die Eröffnung des Revisionsverfahrens unerläßlich wäre, muß in verfahrensrechtlich vorgeschriebener Form beurkundet sein, dh im Protokoll oder zumindest im Urteilstatbestand. Die Zulassung der Revision kann nicht davon abhängig sein, ob sich bei einer vom Revisionsgericht zu veranlassenden Zeugenvernehmung die Richter, der Schriftführer oder ein Beteiligter daran erinnern können, daß der Kläger eine weitere Beweiserhebung mündlich beantragt hat (so der erkennende Senat bereits im Beschluß vom 15. Februar 1988 - BSG SozR 1500 § 160 Nr 64).
Der Beschwerdeführer macht schließlich geltend, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung, weil der Sachverständige Dr. S. , der nicht qualifiziert sei, auch in anderen Verfahren tätig werde. Dabei verkennt er, daß die Qualifikation des Sachverständigen keine Rechtsfrage ist, sondern allenfalls für die Feststellung von Tatsachen von Bedeutung sein kann. Die Revisionsinstanz wird aber nur zur Klärung von grundsätzlich bedeutsamen Rechtsfragen eröffnet (BSG SozR 1500 § 160a Nr 39).
Die Behauptung des Beschwerdeführers, er habe den Sachverständigen als befangen abgelehnt, trifft nicht zu. Der Beschwerdeführer hat vielmehr in der mündlichen Verhandlung vor dem LSG erklärt, er stelle einen solchen Ablehnungsantrag nicht.
Fundstellen