Verfahrensgang
LSG Baden-Württemberg (Urteil vom 10.05.2016; Aktenzeichen L 11 EG 483/15) |
SG Heilbronn (Aktenzeichen S 1 EG 3416/13) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 10. Mai 2016 wird als unzulässig verworfen.
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
I
In der Hauptsache begehrt die Klägerin höheres Elterngeld für die ersten 12 Lebensmonate ihres am 7.12.2010 geborenen Sohnes. Die Beklagte bewilligte vorläufig Elterngeld entsprechend dem Einkommen aus abhängiger Beschäftigung vor der Geburt (Bescheid vom 14.3.2011). Nach Vorlage steuerlicher Ergebnisübersichten und der Steuerbescheide für 2010 und 2011 berücksichtigte die Beklagte Gewinneinkünfte aus Kommanditbeteiligungen an drei Firmen im Bezugszeitraum, bewilligte Elterngeld in reduzierter Höhe und machte einen Erstattungsanspruch in Höhe von 765,11 Euro geltend (Bescheid vom 8.5.2013; Widerspruchsbescheid vom 29.8.2013). Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 21.11.2014). Das LSG hat die Berufung zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Gewinneinkünfte einschließlich des Veräußerungsgewinns seien unabhängig davon zu berücksichtigen, dass im Bezugszeitraum keine Erwerbstätigkeit ausgeübt worden sei. Bei Erwerbseinkommen aus Gewerbebetrieb sei auch nicht das Monatsprinzip, sondern der monatliche Durchschnittswert bezogen auf den gesamten Bezugszeitraum maßgeblich (Urteil vom 10.5.2016).
Mit ihrer Beschwerde wendet sich die Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG und rügt die grundsätzliche Bedeutung der Sache.
II
Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist unzulässig. Die Begründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen, weil der allein geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung nicht ordnungsgemäß dargetan worden ist (vgl § 160a Abs 2 S 3 SGG).
1. Eine Rechtssache hat nur dann grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung angeben, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Ein Beschwerdeführer muss mithin, um seiner Darlegungspflicht zu genügen, eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (sogenannte Breitenwirkung) darlegen (zum Ganzen vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN).
Die Klägerin wirft als Rechtsfragen auf, ob
(1) Einnahmen aus Gewerbebetrieb auch dann zu berücksichtigen sind, wenn es sich bei diesen nur um eine Geldanlage handelt und somit mit keiner persönlichen Arbeitsleistung verbunden sind,
(2) trotz Verkaufs einer Geldanlage und der damit verbundenen Beendigung jedweden Erwerbs der daraus resultierende Gewinn auch auf die nachfolgenden Bezugsmonate anzurechnen ist,
(3) eine Kürzung des Elterngeldes die tatsächlichen Einnahmen ohne Verstoß gegen Art 6 GG übersteigen kann und
(4) Steuern nur dann zu berücksichtigen sind, wenn sie im Bezugszeitraum tatsächlich entrichtet wurden.
Die Beschwerdebegründung zeigt jedoch den Klärungsbedarf und zur vierten Frage auch die Klärungsfähigkeit nicht auf. Die Klärungsbedürftigkeit einer aufgeworfenen Rechtsfrage ist ua zu verneinen, wenn die Rechtsfrage bereits höchstrichterlich beantwortet ist oder sonst außer Zweifel steht. Gibt es - wie hier - zur ersten Frage der Berücksichtigung von Gewinnanteilen ohne persönlichen Arbeitseinsatz bereits höchstrichterliche Rechtsprechung (vgl BSG Urteil vom 26.3.2014 - B 10 EG 4/13 R - Juris RdNr 28 ff; Fortführung in BSG Urteil vom 21.6.2016 - B 10 EG 3/15 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 31), kommt es darauf an, ob sie erneut klärungsbedürftig geworden ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn im neueren Schrifttum bislang noch nicht berücksichtigte Argumente angeführt oder sonst erhebliche Einwände vorgebracht werden. Zur Darlegung der (erneuten) Klärungsbedürftigkeit reicht es dagegen nicht aus, lediglich die eigene Rechtsmeinung auszubreiten. Vielmehr ist eine substanzielle Auseinandersetzung mit den einschlägigen oberstgerichtlichen Entscheidungen erforderlich (vgl BSG Beschluss vom 31.8.2015 - B 10 EG 4/15 B - Juris mwN). Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht dadurch gerecht, dass sie § 2 BEEG aF anders auslegt und die Verfassungsmäßigkeit anders beurteilt als der erkennende Senat. Entsprechend wird auch der Klärungsbedarf zur zweiten Frage nicht dargelegt. Die Beschwerdebegründung beschäftigt sich weder mit § 2 BEEG aF iVm § 16 Einkommensteuergesetz noch damit, dass der erkennende Senat für die Ermittlung des anrechenbaren Einkommens aus einer Beteiligung an einem Gewerbebetrieb im Bezugszeitraum auf ein durchschnittliches monatliches Einkommen abgestellt hat, das sich ergibt, indem das steuerrechtlich relevante Jahreseinkommen durch die Zahl der Kalendermonate, in denen es erzielt wurde, geteilt wird (BSG Urteil vom 26.3.2014 - B 10 EG 4/13 R - Juris RdNr 35 f; Fortführung BSG Urteil vom 21.6.2016 - B 10 EG 3/15 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 31).
Bei der dritten Frage zu den Grenzen der Verfassungsmäßigkeit eines über den Einkommenszufluss hinausgehenden Erstattungsbetrags berücksichtigt der Vortrag der Klägerin nicht die sich daraus ergebenden erhöhten Anforderungen an die Darlegung. Wer sich nämlich auf die Verfassungswidrigkeit einer Regelung beruft, darf sich nicht auf die Benennung angeblich verletzter Rechtsgrundsätze beschränken, sondern muss unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BVerfG und des BSG darlegen, woraus sich im konkreten Fall die Verfassungswidrigkeit ergeben soll (vgl zB BSGE 40, 158 = SozR 1500 § 160a Nr 11; BSG Beschlüsse vom 4.4.2006 - B 12 RA 16/05 B - Juris und vom 16.2.2009 - B 1 KR 87/08 B - Juris). Hierzu müssen der Bedeutungsgehalt der in Frage stehenden einfachgesetzlichen Normen aufgezeigt, die Sachgründe ihrer jeweiligen Ausgestaltung erörtert und die Verletzung der konkreten Regelung des GG dargelegt werden. Diesen Anforderungen entspricht die Beschwerdebegründung nicht. Denn sie beschäftigt sich jedenfalls nicht mit der im Zusammenhang mit dem Elterngeld ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung zu Art 6 GG.
Mit ihrer vierten Frage zur Berücksichtigung der tatsächlichen Steuerlast schließlich versäumt die Beschwerdebegründung bereits die Darlegung der Klärungsfähigkeit. Anhand der in der Beschwerdebegründung mitgeteilten Zahlen lässt sich nicht nachvollziehen, ob und inwieweit die angestrebte Berücksichtigung nachträglich festgesetzter Steuern für die Klägerin von entscheidungserheblicher Bedeutung wäre. Für den gebotenen schlüssigen Vortrag hätte es der Darstellung des nach ihrer Auffassung vom Revisionsgericht einzuschlagenden Weges der Nachprüfung des angefochtenen Urteils bedurft und dabei insbesondere des Schrittes, der die Entscheidung der als grundsätzlich bezeichneten Rechtsfrage - hier zur Berücksichtigung von Steuern nach § 2 Abs 8 S 4 BEEG aF - notwendig macht (BSG Beschluss vom 27.7.2015 - B 10 EG 3/15 B - Juris). Dessen unbeschadet lässt die Beschwerdebegründung auch nicht erkennen, wieso trotz der inzwischen zum 18.9.2012 außer Kraft getretenen Regelung des § 2 Abs 8 S 4 BEEG und der seither maßgeblichen Pauschalierung des Steuerabzugs (vgl § 2e BEEG) weiterhin Klärungsbedarf bestehen könnte. Eine grundsätzliche Bedeutung ist in der Regel zu verneinen, wenn es bei der vermeintlichen Rechtsfrage um ausgelaufenes oder auslaufendes Recht geht (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 19), soweit es nicht noch eine erhebliche Anzahl von Fällen gibt, für die die Rechtsfrage von Bedeutung ist (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 19) oder die Vorschrift insoweit nachwirkt, als sie die Grundlage für eine Nachfolgevorschrift darstellt oder die frühere Rechtsprechung für die neue Rechtslage erheblich geblieben ist (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 58). Hieran fehlt es.
Soweit die Klägerin insgesamt den Rechtsstandpunkt des LSG für verfehlt hält, ist dies kein Grund für die Zulassung der Revision (BSG SozR 1500 § 160a Nr 7).
2. Der Senat sieht von einer weiteren Begründung ab (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).
3. Die Verwerfung der Beschwerde erfolgt ohne Hinzuziehung ehrenamtlicher Richter (§ 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 SGG).
4. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI10644111 |