Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde des Klägers zu 2. gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 15. Juni 2020 wird als unzulässig verworfen.
Der Kläger zu 2. trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 6275,68 Euro festgesetzt.
Gründe
I
In dem der Nichtzulassungsbeschwerde zugrunde liegenden Rechtsstreit streiten die Beteiligten um eine Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen.
Die Kläger führten vom 15.9.1999 bis 15.7.2002 ein Taxiunternehmen in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR). Der Beigeladene zu 4. war aushilfsweise als Fahrer für die Kläger tätig und ab 1.7.2000 als geringfügig Beschäftigter gemeldet. Daneben waren weitere Fahrer bei den Klägern beschäftigt. Die Beklagte forderte aufgrund einer Betriebsprüfung und nach Abschluss von Ermittlungen wegen des Verdachts auf Schwarzarbeit von den Klägern Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von zuletzt insgesamt 53 573,95 Euro nach. Der Beigeladene zu 4. sowie weitere vier Fahrer seien nicht - wie gemeldet - geringfügig, sondern versicherungspflichtig bei den Klägern beschäftigt gewesen. Die Kläger hätten ihre Aufzeichnungspflicht nicht ordnungsgemäß erfüllt. Da die Höhe der Versicherungsbeiträge anhand der Lohnunterlagen nicht habe festgestellt werden können, sei diese geschätzt worden (Bescheide vom 19.1.2005 und 18.12.2007; Widerspruchsbescheid vom 29.10.2008).
Die Klage ist erfolglos geblieben (SG Itzehoe Urteil vom 14.7.2016). Das LSG hat die Verfahren im Hinblick auf die unterschiedlichen Fahrer getrennt und die Berufung zurückgewiesen. Die von der Beklagten vorgenommene Schätzung sei nicht zu beanstanden, denn sie beruhe auf einer sachlichen und nachvollziehbaren Auswertung von Schichtplänen, Fahrerzetteln und Funklisten. Auf die von den Klägern in Zweifel gezogene Richtigkeit der lediglich ergänzend herangezogenen Funklisten komme es nicht an, da allein die Schichtpläne bereits als Schätzgrundlage ausreichten, an deren Richtigkeit keine Zweifel beständen. Ein Sachverständigengutachten könne die Schätzgrundlagen der Beklagten nicht widerlegen (Urteil vom 15.6.2020).
Gegen die Nichtzulassung der Revision wendet sich der Kläger zu 2. (im Folgenden: Kläger) mit seiner Beschwerde.
II
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in der angefochtenen Entscheidung des LSG ist als unzulässig zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 2 und 3 SGG). Der Kläger hat entgegen § 160a Abs 2 Satz 3 SGG den allein geltend gemachten Zulassungsgrund des Verfahrensfehlers (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG) nicht hinreichend bezeichnet.
Wird die Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel iS von § 160 Abs 2 Nr 3 SGG vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne, müssen zur Bezeichnung des Verfahrensmangels (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG) die tatsächlichen Umstände, welche den geltend gemachten Verfahrensverstoß begründen sollen, substantiiert und schlüssig dargelegt und darüber hinaus muss aufgezeigt werden, inwiefern die angefochtene Entscheidung auf diesem Verfahrensmangel beruhen kann. Dabei ist zu beachten, dass ein Verfahrensmangel nicht auf die Verletzung der §§ 109, 128 Abs 1 Satz 1 SGG gestützt werden kann (§ 160 Abs 2 Nr 3 Teilsatz 2 SGG) und dass die Rüge einer Verletzung der Sachaufklärungspflicht nach § 103 SGG nur statthaft ist, wenn sie sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist (§ 160 Abs 2 Nr 3 Teilsatz 3 SGG).
Der Kläger rügt die Verletzung rechtlichen Gehörs sowie einen Verstoß gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens, einen Verstoß gegen § 103 SGG, die Zurückweisung von Beweisanträgen ohne hinreichende Begründung sowie die mangelnde Heranziehung der Beteiligten zum Verfahren. Sein Vorbringen wird den genannten Anforderungen nicht gerecht.
1. Soweit der Kläger ausführt, er habe nicht prüfen können, ob die Beigeladenen ordnungsgemäß geladen worden seien, ist dies im Hinblick auf das Akteneinsichtsrecht (§ 120 SGG) nicht nachvollziehbar. Ein Verfahrensmangel ist damit nicht substantiiert dargetan.
2. Die Begründung der Rüge, das LSG habe gegen seine Sachaufklärungspflicht nach § 103 SGG verstoßen, erfordert: (1) Bezeichnung eines für das Revisionsgericht ohne Weiteres auffindbaren prozessordnungsgerechten und bis zuletzt aufrechterhaltenen Beweisantrags, dem das LSG nicht gefolgt ist, (2) Wiedergabe der Rechtsauffassung des LSG, aufgrund deren bestimmte Tatfragen als klärungsbedürftig hätten erscheinen und zu weiterer Sachaufklärung hätten drängen müssen, (3) Angabe des voraussichtlichen Ergebnisses der unterbliebenen Beweisaufnahme und (4) Schilderung, dass und warum die Entscheidung des LSG auf der angeblich fehlerhaft unterlassenen Beweisaufnahme beruhen kann, das LSG mithin bei Kenntnis des behaupteten Ergebnisses der unterlassenen Beweisaufnahme von seinem Rechtsstandpunkt aus zu einem anderen, dem Beschwerdeführer günstigeren Ergebnis hätte gelangen können (stRspr; vgl zB BSG Beschluss vom 13.4.2015 - B 12 KR 109/13 B - juris RdNr 11 mwN). Diesen Erfordernissen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht.
a) Soweit in der Beschwerdebegründung gerügt wird, dass das persönliche Erscheinen der Beigeladenen nicht angeordnet worden sei, fehlt es insbesondere an Darlegungen, inwieweit die angefochtene Entscheidung auf diesem Mangel beruhen kann. Der Kläger zeigt weder auf, welche entscheidungserheblichen Tatsachen dadurch nicht hinreichend aufgeklärt werden konnten, noch welchen Beitrag die Beigeladenen im Falle ihres persönlichen Erscheinens jeweils dazu hätten leisten können. Allein der Umstand, dass der Kläger die fehlende Anordnung des persönlichen Erscheinens der Beigeladenen bereits in der mündlichen Verhandlung vor dem LSG gerügt hat, genügt insoweit nicht. Mangels Angabe eines Beweisthemas ist auch ein ordnungsgemäßer Beweisantrag nicht dargelegt. Unbestimmte bzw unsubstantiierte Beweisanträge müssen das Gericht nicht zur Beweisaufnahme veranlassen (vgl BSG Urteil vom 19.10.2011 - B 13 R 33/11 R - NZS 2012, 230; BSG Beschluss vom 7.10.2016 - B 9 V 28/16 B - juris RdNr 14).
b) Nachdem das LSG die Verfahren im Hinblick auf die unterschiedlichen Fahrer getrennt hatte, ging es im vorliegenden Verfahren lediglich um die für den Beigeladenen zu 4. nachzuzahlenden Sozialversicherungsbeiträge. Es fehlt daher an Darlegungen, weshalb eine Befragung des - nunmehr lediglich in einem anderen Verfahren beigeladenen - H "zur Frage der Verwendung der von ihm erzielten Umsätze" zur Aufklärung des vorliegend relevanten Sachverhalts beitragen kann.
c) Zur Rüge der fehlenden Vernehmung weiterer in der Berufungsbegründung benannter Zeugen fehlt es an der Darlegung, dass entsprechende Beweisanträge in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich aufrechterhalten wurden. Dies ist erforderlich, damit ein Beweisantrag seiner Warnfunktion gerecht werden kann (vgl Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl 2020, § 160 RdNr 18c mwN). Zwar führt der Kläger diesbezüglich zum Beweisthema aus, dass bezeugt werden könne, "dass die Schichtpläne und Funklisten der Taxiunion im hier maßgeblichen Zeitraum völlig unvollständig, unsorgfältig und ggf. sogar im Nachhinein von einer Büromitarbeiterin erstellt" worden seien. Hinsichtlich der Funklisten finden sich in der Beschwerdebegründung jedoch keine Darlegungen dazu, dass die Entscheidung des LSG auf der unterbliebenen Zeugenvernehmung beruhen könnte. Das LSG hielt die Zeugenvernehmung nicht für notwendig, weil die Aufklärung der Unvollständigkeit und Unrichtigkeit der Funklisten nicht entscheidungserheblich sei und der klägerische Vortrag sogar als wahr unterstellt werden könne.
d) An der Richtigkeit der Schichtpläne hatte das LSG keine Zweifel, weil der Kläger diese nach eigener Angabe selbst nach Ausdruck der Excel-Tabelle handschriftlich ergänzt und korrigiert habe. Für die Behauptung des Klägers, einige der herangezogenen Schichtpläne seien von ihm nicht hinreichend korrigiert worden, fehlt es an entsprechenden Tatsachenfeststellungen des LSG. Die diesbezügliche Rüge mangelnder Sachaufklärung des LSG nach § 103 SGG ist ebenfalls nicht hinreichend dargelegt. Das LSG hat die unterbliebene Vernehmung der benannten Zeugen zu den Schichtplänen damit begründet, dass die Zeugen allesamt Mitarbeiter der Taxiunion seien, die Schichtpläne jedoch im Taxiunternehmen der Kläger geführt worden seien. Da sich die Beschwerdebegründung mit dieser Argumentation nicht auseinandersetzt, bleibt weiterhin nicht erkennbar, dass die angebotene Zeugenvernehmung ein geeignetes Beweismittel in Bezug auf die Fehlerhaftigkeit der Schichtpläne sein könnte. Von untauglichen Ermittlungsmöglichkeiten muss das Gericht keinen Gebrauch machen (BSG Urteil vom 8.9.2010 - B 11 AL 4/09 R - juris RdNr 17). Zudem fehlt es an Ausführungen dazu, ob und gegebenenfalls in welchem Ausmaß die Schätzung der Beklagten durch teilweise fehlende Korrekturen der Schichtpläne fehlerhaft sein könnte.
e) Auch die Rüge der fehlenden Beiziehung der Akte des SG Itzehoe "zur Geschäftsnummer 27 KR 68/09" erfüllt die Darlegungsanforderungen nicht. Allein der Hinweis, in der genannten Akte befänden sich nachhaltige Angaben zur Führung der Schichtpläne und Funklisten, genügt insoweit nicht. Der Kläger legt schon nicht dar, welche Angaben zur Führung der Schichtpläne und Funklisten sich unter Beiziehung der genannten Akten ergeben hätten und welche Bedeutung die Beklagte dem bei ihrer Schätzung hätte einräumen müssen.
f) Schließlich kann auch die Rüge mangelnder Sachaufklärung des LSG nach § 103 SGG wegen eines fehlenden Sachverständigengutachtens nicht durchgreifen. Der Kläger legt nicht hinreichend dar, dass die angefochtene Entscheidung des LSG darauf beruhen könnte. Soweit er den geschätzten Umsatz für unrealistisch hält, fehlt es an einer substantiierten Auseinandersetzung mit den vom LSG dargestellten rechtlichen Grundlagen und Berechnungen für die Schätzung. Es erschließt sich aus den Darlegungen der Beschwerdebegründung nicht, inwiefern die Schätzung im Ergebnis rechtswidrig sein könnte. Die Heranziehung einer unvollständigen Tatsachenbasis genügt dafür nicht, denn einerseits wäre bei einer vollständigen Datenbasis keine Schätzung erforderlich, sondern eine Berechnung, und andererseits fehlen Darlegungen zur Verfügbarkeit einer exakteren Tatsachenbasis, die sich jedenfalls auch aus einem Sachverständigengutachten nicht ergeben kann.
3. Mit den vom Kläger erhobenen Rügen hat er auch eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör oder des Rechts auf ein faires Verfahren nicht hinreichend dargelegt. Die sich aus § 160a Abs 2 Satz 3 SGG iVm § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG ergebenden Darlegungsanforderungen an die Verletzung der Sachaufklärungspflicht nach § 103 SGG dürfen nicht durch eine andere Bezeichnung der Rüge ausgehebelt werden, weil andernfalls die gesetzlichen Beschränkungen im Ergebnis leerliefen (BSG Beschluss vom 18.5.2016 - B 5 RS 10/16 B - juris RdNr 8; BSG Beschluss vom 14.4.2009 - B 5 R 206/08 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 18 RdNr 6).
4. Ebenso wenig hat der Kläger hinreichend verdeutlicht, welches Vorgehen des LSG nach seinem Dafürhalten den Grundsatz des fairen Verfahrens verletzt haben soll. Allein die Erwähnung dieses Grundsatzes in seiner Beschwerdebegründung genügt jedenfalls nicht, um den Anforderungen des § 160a Abs 2 Satz 3 SGG gerecht zu werden.
5. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen (§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG).
6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm § 154 Abs 2 und 3 und § 162 Abs 3 VwGO.
7. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 1 SGG iVm § 52 Abs 1 und Abs 3 Satz 1, § 47 Abs 1 Satz 1 und Abs 3 sowie § 63 Abs 2 Satz 1 GKG.
Fundstellen
Dokument-Index HI14456187 |