Verfahrensgang
LSG Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 23.11.1988; Aktenzeichen L 12 Ar 152/85) |
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 23. November 1988 – L 12 Ar 152/85 – wird als unzulässig verworfen.
Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Der Antrag des Klägers, ihm für das Revisionsverfahren Prozeßkostenhilfe zu bewilligen und Rechtsanwalt J. … beizuordnen, wird abgelehnt.
Tatbestand
I
Der Kläger hat 1973 Arbeitslosengeld (Alg) und im Anschluß daran ab 1974 Arbeitslosenhilfe (Alhi) bezogen, die mit Änderungsbescheid vom 30. Juni 1975 zeitlich unbegrenzt bewilligt worden war. Mit Bescheid vom 27. Mai 1977 (idF des Widerspruchsbescheids vom 6. Juli 1977) entzog das Arbeitsamt Recklinghausen dem Kläger die Alhi mit Wirkung vom 11. Mai 1977 gem § 66 des Ersten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB I) wegen Verletzung der Mitwirkungspflicht.
Nachdem das Sozialgericht (SG) Gelsenkirchen seine Klage abgewiesen hatte (Urteil vom 28. Oktober 1977 – S 4 Ar 170/77 –), legte der Kläger Berufung ein. Während des Berufungsverfahrens vor dem Landessozialgericht (LSG) für das Land Nordrhein-Westfalen stellte das Arbeitsamt zunächst den Eintritt einer Sperrzeit vom 16. September bis 13. Oktober 1977 fest (Bescheid vom 22. November 1977), nachdem der Kläger sich auf das Angebot einer bis zum 30. November 1977 befristeten Beschäftigung als Lagerarbeiter nicht beim Arbeitgeber gemeldet hatte. Mit Bescheid vom 2. März 1978 stellte das Arbeitsamt erneut den Eintritt einer Sperrzeit und das Erlöschen eines (evtl) Leistungsanspruchs fest; dem lag die Ablehnung des Angebotes einer Beschäftigung als Bote und Fahrstuhlführer in einem Krankenhaus vom 24. November 1977 zugrunde. Schließlich lehnte das Arbeitsamt während des Berufungsverfahrens den Antrag des Klägers ab, ihm nach einer Erkrankung (vom 11. Mai bis 25. Juni 1978) die Alhi wieder zu bewilligen, da der Anspruch erloschen sei (Bescheid vom 13. Juli 1978). Gegen alle drei Bescheide legte der Kläger Widerspruch ein. Der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung auf Weiterzahlung der Alhi, den das LSG als Antrag auf Aussetzung des Vollzugs der angefochtenen Bescheide ansah, hatte keinen Erfolg (Beschlüsse vom 16. und 28. November 1978 – L 9 (16) Ar 80/77 –).
In der mündlichen Verhandlung vor dem LSG am 8. Dezember 1978 beantragte der Kläger nicht nur, unter Aufhebung des Bescheides vom 27. Mai 1977 (idF des Widerspruchsbescheides vom 6. Juli 1977) die Beklagte zur Zahlung von Alhi zu verurteilen, sondern ua auch die Aufhebung der Bescheide vom 22. November 1977, 2. März und 13. Juli 1978. Das LSG hat die Berufung des Klägers zum Teil als unzulässig verworfen, zum Teil als unbegründet zurückgewiesen und die Klage gegen die Bescheide vom 22. November 1977, 2. März und 13. Juli 1978 abgewiesen. Es ließ die Revision teilweise zu (Urteil vom 8. Dezember 1978 – L 9 (16) Ar 80/77 –). Soweit das LSG die Revision nicht zugelassen hatte, hat der Kläger Beschwerde eingelegt; diese Beschwerde hat das Bundessozialgericht (BSG) abgelehnt (Beschluß vom 4. September 1979 – 7 BAr 17/79 –). Auf die Revision des Klägers hat das BSG unter entsprechender Aufhebung der Urteile des LSG und des SG den Bescheid vom 27. Mai 1977 (idF des Widerspruchsbescheids vom 6. Juli 1977) aufgehoben. Im übrigen, dh soweit der Kläger mit der – insoweit nicht zugelassenen – Revision die Aufhebung der Bescheide vom 22. November 1977, 2. März und 13. Juli 1978 und die Verurteilung der Beklagten, ihm Alhi für die Zeit ab 11. Mai 1977 zu zahlen, weiterverfolgte, hat das BSG die Revision als unzulässig verworfen (Urteil vom 20. März 1980 – 7 RAr 21/79 –). Eine vom Kläger persönlich eingelegte Verfassungsbeschwerde gegen diese Entscheidungen des BSG blieb ohne Erfolg (BVerfG Beschluß vom 21. Juli 1980 – 2 BvR 648/80 –). Ebenso blieben wiederholte Versuche des Klägers ohne Erfolg, das mit dem Beschluß des BSG vom 4. September 1979 – 7 BAr 17/79 – rechtskräftig beendete Verfahren gem § 179 Sozialgerichtsgesetz (SGG) wieder aufzunehmen und eine andere, ihm günstigere sachliche Entscheidung über sein Begehren bzgl der Bescheide vom 22. November 1977, 2. März und 13. Juli 1978 beim LSG herbeizuführen; ein Wiederaufnahmegrund hatte sich jeweils nicht ergeben (Urteil des LSG vom 30. Oktober 1980 – L 9 Ar 95/80 –; Urteil des LSG vom 15. März 1984 – L 9 Ar 122/80 –, dazu Beschluß des BSG vom 14. Januar 1985 – 7 BH 13/84 –; Urteil des LSG vom 5. Oktober 1989 – L 9 Ar 85/89 –, dazu Beschluß des BSG vom 29. Juli 1991 – 7 BAr 142/89 –).
Infolge der Aufhebung des Bescheids vom 27. Mai 1977 (idF des Widerspruchsbescheids vom 6. Juli 1977) zahlte das Arbeitsamt dem Kläger 1980 Alhi für die Zeit vom 11. Mai bis 15. September 1977 und vom 14. Oktober bis 24. November 1977. Mit Bescheiden vom 15. Oktober 1980 bewilligte das Arbeitsamt ferner Alhi für den 16. September und den 25. November 1977; das Arbeitsamt nahm an, daß die Sperrzeittatbestände jeweils einen Tag später eingetreten seien. Die Alhi für den 16. September 1977 verrechnete das Arbeitsamt mit der Leistung für den 14. Oktober 1977, so daß dem Kläger nur Alhi für einen Tag ausgezahlt wurde.
Mit Widerspruchsbescheid vom 21. Oktober 1980 änderte das Arbeitsamt den Bescheid vom 22. November 1977 dahin ab, daß die Sperrzeit statt vom 16. September bis 13. Oktober 1977 vom 17. September bis 14. Oktober 1977 verlief; im übrigen wies das Arbeitsamt den Widerspruch zurück. Auch über die Widersprüche gegen die Bescheide vom 2. März und 13. Juli 1978 entschied das Arbeitsamt ungeachtet des Urteils des LSG vom 8. Dezember 1978 – L 9 (16) Ar 80/77 – und des Beschlusses des BSG vom 4. September 1979 – 7 BAr 17/79 – in der Sache, indem es die Widersprüche als unbegründet zurückwies (Widerspruchsbescheide vom 29. Oktober und vom 12. November 1980).
Die dagegen erhobenen Klagen hat das SG zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden. Während des erstinstanzlichen Verfahrens hat das Arbeitsamt auf den Antrag des Klägers vom 16. September 1981, die Bescheide vom 22. November 1977 und 2. März 1978 zu überprüfen, entschieden, es müsse bei den ergangenen Entscheidungen, jeweils in Fassung der Widerspruchsbescheide, verbleiben (Bescheid vom 19. Oktober 1981). Der Kläger beantragte nunmehr beim SG, die Bescheide vom 22. November 1977, 2. März 1978, 13. Juli 1978, jeweils in der Fassung der Widerspruchsbescheide, sowie den Bescheid vom 19. Oktober 1981 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihm Alhi für die Zeit vom 17. September bis 13. Oktober 1977 sowie fortlaufend ab 25. November 1977 zu gewähren.
Durch Urteil vom 3. Juni 1985 – S 4 Ar 133/80 – hat das SG den Widerspruchsbescheid vom 21. Oktober 1980 dahingehend abgeändert, daß die Sperrzeitfestsetzung auf die Zeit bis zum 13. Oktober 1977 begrenzt wird; im übrigen hat das SG die Klage abgewiesen. Die Berufung hat das SG zugelassen. Es hat angenommen, einer erneuten gerichtlichen Überprüfung der Bescheide vom 22. November 1977, 2. März und 13. Juli 1978, der Widerspruchsbescheide vom 21. und 29. Oktober und 12. November 1980 sowie des Bescheids vom 19. Oktober 1981 stehe die Rechtskraft des Urteils des LSG vom 8. Dezember 1978 – L 9 (16) Ar 80/77 – entgegen. Zulässig sei die Klage nur, soweit im Widerspruchsbescheid vom 21. Oktober 1980 die Sperrzeit auf den 14. Oktober 1977 ausgedehnt worden sei; insoweit liege eine Beschwer vor, über die bislang noch nicht rechtskräftig entschieden sei. In diesem Umfange sei die Klage auch begründet, weil eine Sperrzeit nicht eingetreten sei; im Zusammenhang mit dem damaligen Arbeitsangebot sei der Kläger entgegen § 119 Abs 1 Satz 1 Nr 2 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) nicht darüber belehrt worden, welche leistungsrechtliche Folge eintreten werde, wenn er die Arbeit ohne wichtigen Grund ablehne.
Auf den Antrag des Klägers, das Verfahren fortzusetzen und dieses Urteil gem § 140 SGG zu ergänzen, hat das SG festgestellt, daß der Rechtsstreit in erster Instanz beendet sei und im übrigen den Antrag auf Urteilsergänzung abgelehnt (Urteil vom 2. Dezember 1985 – S 4 Ar 152/85 –).
Der Kläger hat gegen beide Urteile des SG Berufung eingelegt; beide Berufungen hat das LSG miteinander verbunden (vgl § 517 Satz 2 Zivilprozeßordnung ≪ZPO≫). Während des Berufungsverfahrens hat das Arbeitsamt den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 19. Oktober 1981 zurückgewiesen (Bescheid vom 18. Juli 1988). Der Kläger hat nunmehr beantragt, unter Änderung bzw Aufhebung der beiden Urteile des SG und der Aufhebung der Bescheide vom 22. November 1977 (idF des Widerspruchsbescheids vom 21. Oktober 1980), des Bescheids vom 2. März 1978 (idF des Widerspruchsbescheids vom 29. Oktober 1980), des Bescheids vom 13. Juli 1978 (idF des Widerspruchsbescheids vom 12. November 1980), des Bescheids vom 19. Oktober 1981 (idF des Widerspruchsbescheids vom 18. Juli 1988) die Beklagte zu verurteilen, ihm Alhi für die Zeit vom 16. September bis 13. Oktober 1977 und für die Zeit vom 25. November 1977 an nebst 4 % Zinsen ab 16. September 1977 zu gewähren. Das LSG hat die Berufung gegen das Urteil des SG vom 2. Dezember 1985 – S 4 Ar 152/85 – zurückgewiesen. Auf die Berufung gegen das Urteil des SG vom 3. Juni 1985 – S 4 Ar 133/80 -hat es dieses Urteil abgeändert. Es hat den Bescheid vom 19. Oktober 1981 idF des Widerspruchsbescheids vom 18. Juli 1988 und die Bescheide vom 21. und 29. Oktober 1980 sowie vom 12. November 1980 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, den Antrag des Klägers vom 16. September 1981 erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden. Die weitergehende Berufung hat das LSG zurückgewiesen (Urteil vom 23. November 1988 – L 12 Ar 152/85 –).
Zur Begründung dieses Urteils hat das LSG zunächst ausgeführt, das SG habe in seinem ersten Urteil über das prozessuale Begehren des Klägers in vollem Umfange entschieden. Ein Fall des § 140 SGG habe daher nicht vorgelegen, der Fortsetzungsantrag sei unzulässig. Die Berufung gegen das Urteil vom 2. Dezember 1985 sei daher nicht begründet. Sodann hat das LSG dargelegt, der Klage auf Aufhebung der Bescheide vom 22. November 1977, 2. März 1978 und 13. Juli 1978 und auf Verurteilung der Beklagten zur Leistungsgewährung stehe die Rechtskraft des Urteils des LSG vom 8. Dezember 1978 – L 9 (16) Ar 80/77 – entgegen. Auch insoweit sei die Berufung unbegründet. Im Wege der Klageänderung, auf die sich die Beklagte eingelassen habe, sei Gegenstand des Rechtsstreits aber auch der Bescheid vom 19. Oktober 1981 und gem § 96 SGG der Widerspruchsbescheid vom 18. Juli 1988 geworden. Durch diese Entscheidung habe die Beklagte eine Zugunstenregelung (§ 44 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches ≪SGB X≫) abgelehnt. Einer solchen Entscheidung stehe nicht entgegen, daß die ursprünglichen Bescheide infolge Rechtskraft bindend geworden seien. Als – negative – Zugunstenbescheide seien auch die „Widerspruchsbescheide” vom 21. Oktober, 29. Oktober und 12. November 1980 aufzufassen. Denn nachdem das Urteil des LSG vom 8. Dezember 1978 – L 9 (16) Ar 80/77 -rechtkräftig geworden sei, sei ein Vorverfahren nicht mehr anhängig gewesen. Die vor Inkrafttreten des SGB X begonnene Überprüfung sei nach den Vorschriften des SGB X zu Ende zu führen. Insoweit sei die Klage begründet, allerdings nur im Sinne der Neubescheidung. Der Bescheid vom 22. November 1977, durch den das Arbeitsamt eine vierwöchige Sperrzeit festgestellt habe, sei rechtswidrig gewesen, weil der Kläger über die Folgen einer Sperrzeit keine ordnungsgemäße Rechtsfolgenbelehrung erhalten habe, wie sie § 119 Abs 1 Nr 2 AFG verlange. Die allgemeine Ankündigung von nachteiligen Folgen für den Leistungsanspruch, auf die sich hier die Belehrung beschränkt habe, genüge nicht, auch nicht im Zusammenhang mit einem Verweis auf das Merkblatt für Arbeitslose. Auch der Erlöschensbescheid vom 2. März 1978 sei rechtswidrig; auch insoweit habe es an der Rechtsfolgenbelehrung im Zusammenhang mit dem Arbeitsangebot gefehlt. Damit sei auch der Bescheid vom 13. Juli 1980 (gemeint 1978) rechtswidrig. Hieraus folge allerdings nicht schon die Verpflichtung der Beklagten, die Bescheide mit Wirkung für die Vergangenheit aufzuheben. Denn die Rücknahme stehe nach § 44 Abs 2 SGB X, § 152 Abs 1 AFG im pflichtgemäßen Ermessen, das die Beklagte bislang nicht ausgeübt habe. Insoweit sei nur ein Bescheidungsurteil möglich, nicht die Verurteilung zum Erlaß eines bestimmten Verwaltungsaktes, wie ihn der Kläger wünsche. Die Berufung könne auch keinen Erfolg haben, soweit der Kläger mit der Leistungsklage für die Vergangenheit Alhi begehre. Denn mit dem Urteil vom 8. Dezember 1978 – L 9 (16) Ar 80/77 – stehe bindend fest, daß der Anspruch auf Alhi erloschen sei. Erst nach einer Rücknahme des Erlöschensbescheids könne geprüft und entschieden werden, ob ein Leistungsanspruch für die Folgezeit bestehe. Daraus ergebe sich auch, daß der Kläger zur Zeit und für die Zukunft keinen Anspruch auf Alhi durchsetzen könne, was auch aus § 135 Abs 1 Nr 2 AFG folge.
Das dem Kläger am 24. Januar 1989 zugestellte Urteil berichtigte der Senatsvorsitzende bzgl bestimmter Schreibfehler; darüber hinaus wies er Anträge des Klägers auf Berichtigung des Urteils und auf Berichtigung und Ergänzung der Sitzungsniederschrift vom 23. November 1988 zurück (Beschluß vom 9. Juni 1989 – L 12 Ar 152/85 –). Am 3. Februar 1989 beantragte der Kläger beim LSG eine Ergänzung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe des Urteils iS des § 136 SGG, eine Berichtigung iS des § 138 SGG sowie eine Berichtigung des Tatbestandes sowie die Aufhellung von Unklarheiten iS des § 139 SGG. Was berichtigt, ergänzt oder aufgehellt werden sollte, hat der Kläger mit diesem Schriftsatz nicht näher angegeben. Er verfolgte mit seiner Eingabe „lediglich den Zweck, die Versäumung der zweiwöchigen Frist iS des § 139 Abs 1 SGG zu hindern”. Nähere Angaben erfolgten erst mit einem 142 Seiten umfassenden Schriftsatz vom 17. März 1989 nebst 60 Anlagen, den der Kläger mit dem 13 Seiten (nebst 9 Anlagen) umfassenden Schriftsatz vom 19. Mai 1989 ergänzte. Das LSG wies diesen Antrag zurück, da der Kläger keine Unrichtigkeiten und Unklarheiten geltend mache, sondern andere Feststellungen, Entscheidungen und Begründungen begehre (Beschluß vom 9. Juni 1989 – L 12 Ar 152/85 –). Die Revision des Klägers gegen diese Beschlüsse des Senatsvorsitzenden und des LSG hat das BSG als unzulässig verworfen (Beschluß vom 25. Juli 1989 – 7 S 8/89 –). Mit Schriftsatz vom 20. Juni 1989 beantragte der Kläger beim LSG die Fortsetzung seines Berichtigungs- und Ergänzungsverfahrens, weil der Beschluß des LSG nur einen Teil seiner Einwendungen beschieden habe. Diesen Antrag verwarf das LSG als unzulässig (Beschluß vom 13. Juli 1989 – L 12 Ar 152/85 –). Auch gegen diesen Beschluß hat der Kläger Revision eingelegt, den das BSG durch Beschluß vom 6. September 1989 – 7 S 12/89 – als unzulässig verworfen hat.
Am 22. Februar 1989 hat Rechtsanwalt W. … (R. …) für den Kläger Revision gegen das Urteil des LSG vom 23. November 1988 – L 12 Ar 152/85 – eingelegt. Nachdem der Vorsitzende des erkennenden Senats die Revisionsbegründungsfrist mehrmals, zuletzt bis zum 24. Juli 1989, verlängert hatte, reichte der jetzt prozeßbevollmächtigte Rechtsanwalt des Klägers am 20. Juli 1989 eine von ihm unterzeichnete, 105 Schreibmaschinenseiten umfassende Revisionsbegründung vom 19. Juli 1989 ein.
In diesem Schriftsatz heißt es:
„Wir beantragen,
I.1.) Unter Aufhebung des Ergänzungsurteils des Sozialgerichtes Gelsenkirchen vom 2. Dezember 1985 – S 4 Ar 152/85 –
sowie 2.) unter Aufhebung des Beschlusses des 12. Senats des LSG Nordrhein-Westfalen vom 9. Juni 1989 – L 12 Ar 152/85 –
sowie 3.) unter Abänderung des Beschlusses des Vorsitzenden des 12. Senats des LSG Nordrhein-Westfalen vom 9. Juni 1989 – L 12 Ar 152/85 –
sowie 4.) unter Abänderung des Urteils des Landessozialgerichtes für das Land Nordrhein-Westfalen vom 23. November 1988 – L 12 Ar 152/85 –
5.) die Beklagte zur Gewährung der dem Kläger zustehenden Leistungen an Alhi – nebst 4 % Zinsen nach Maßgabe des Gesetzes – zu verurteilen und zwar a) für die Zeit vom 16. September 1977 bis zum 13. Oktober 1977 und b) für die Zeit vom 25. November 1977 bis – vorläufig – zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Revisionsgericht.
II. Hilfsweise beantragen wir,
unter Abänderung des Urteils des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 3. Juni 1985 – S 4 Ar 133/80 – sowie unter Abänderung des Urteils des LSG für das Land Nordrhein-Westfalen vom 23. November 1988 – L 12 Ar 152/85 – die Aufhebung der Bescheide vom 22. November 1977, 2. März 1978 und vom 13. Juli 1978.
III. Hilfsweise beantragen wir,
1.) die Überprüfung und Aufhebung des Beschlusses des hier zuständigen Senats vom 4. Juli 1979 – 7 BAr 17/79 -über die Zurückweisung der Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 8. Dezember 1978 – L 9 (16) Ar 80/77 -und die Fortsetzung des in II. Instanz beendeten Verfahrens – L 9 (16) Ar 80/77 – im Rahmen dieses Revisionsverfahrens und zwar a) in Bezug auf die in II. Instanz – L 9 (16) Ar 80/77 -erhobene Nichtigkeitsklage gegen die Bescheide vom 22. November 1977, 2. März 1978 und vom 13. Juli 1978, mithin in Bezug auf die dortigen Anträge Nr 4 bis 6
und b) in Bezug auf die in II. Instanz – L 9 (16) Ar 80/77 – erhobene Feststellungsklage mithin in Bezug auf die dortigen Anträge Nr 3 und 7
und c) in Bezug auf den in II. Instanz – L 9 (16) Ar 80/77 – gestellten Antrag auf vorläufige Aussetzung des Vollzuges der Bescheide vom 22. November 1977, 2. März 1978 und vom 13. Juli 1978, mithin in Bezug auf den dortigen Antrag Nr 10,
2.) die Überprüfung und Aufhebung des Teilprozeßurteils des hier zuständigen Senats vom 20. März 1980 – 7 RAr 21/79 – in Bezug auf die Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen vom 8. Dezember 1978 – L 9 (16) Ar 80/77 – und die Fortsetzung des Verfahrens – L 9 (16) Ar 80/77 – im Rahmen dieses Revisionsverfahrens und zwar in Bezug auf die in II. Instanz – L 9 (16) Ar 80/77 – erhobene Leistungsklage, mithin in Bezug auf den dortigen Antrag Nr 1 betreffend die Bescheide vom 22. November 1977, 2. März 1978 und vom 13. Juli 1978,
3.) unter Feststellung der Unwirksamkeit des Urteils des LSG Nordrhein-Westfalen vom 8. Dezember 1978 – L 9 (16) Ar 80/77 – die Aufhebung der Bescheide vom 22. November 1977, 2. März 1978 und vom 13. Juli 1978,
4.) die Beklagte zur Gewährung der dem Kläger zustehenden Leistungen an Alhi – nebst 4 % Zinsen nach Maßgabe des Gesetzes – zu verurteilen und zwar
a) für die Zeit vom 16. September 1977 bis zum 13. Oktober 1977 und b) für die Zeit vom 25. November 1977 bis – vorläufig – zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Revisionsinstanz.
IV. Unter Fortsetzung des in II. Instanz beendeten Verfahrens über die Aussetzung des Vollzuges der Bescheide vom 22. November 1977, 2. März 1978 und vom 13. Juli 1978 – L 9 (16) Ar 80/77 – im Rahmen dieses Revisionsverfahrens die Aufhebung der abweisenden Beschlüsse des 9. Senats des LSG Nordrhein-Westfalen iSd § 97 Abs 1 Nr 1 SGG
1) vom 16. November 1978 – L 9 (16) Ar 80/77 –
und 2) vom 28. November 1978 – L 9 (16) Ar 80/77 –
und der Beklagten durch Beschluß aufzugeben, die dem Kläger zustehenden Leistungen vorab in Höhe von vorläufig DM 1.000,– pro Monat beginnend ab 1. Dezember 1977 zu gewähren.
V. Hilfsweise beantragen wir,
die Zurückverweisung der Sache in die Berufungsinstanz zum Zwecke der Feststellung der noch fehlenden entscheidungserheblichen Tatsachen.
VI. Darüber hinaus beantragen wir, dem Kläger unter unserer Beiordnung für das hier in Rede stehende Verfahren Prozeßkostenhilfe zu gewähren.”
Die Beklagte beantragt,
die Revision als unzulässig zu verwerfen und hilfsweise,
sie als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision ist unzulässig. Ihre Begründung entspricht nicht der gesetzlich vorgeschriebenen Form, wie die Beklagte zu Recht beanstandet.
Nach § 164 Abs 2 SGG ist die Revision innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils bzw bis zum Ablauf der verlängerten Begründungsfrist zu begründen. Die bis dahin vorzunehmende Begründung muß einen bestimmten Antrag enthalten, die verletzte Rechtsnorm und, soweit Verfahrensmängel gerügt werden, die Tatsachen bezeichnen, die den Mangel ergeben (§ 164 Abs 2 Satz 3 SGG). Bei der Begründung muß sich ein Beteiligter wie der Kläger durch einen zugelassenen Prozeßbevollmächtigten vertreten lassen (§ 166 SGG). Das ist hier nicht geschehen.
Schon weil der Kläger sich nicht hat vertreten lassen, kann die Ablichtung des an das LSG gerichteten 142 Seiten umfassenden oben erwähnten Schriftsatzes vom 17. März 1989 keine formgerechte Revisionsbegründung darstellen, die der Kläger persönlich innerhalb der verlängerten Revisionsbegründungsfrist einem an das BSG gerichteten Antrag auf weitere Fristverlängerung vom 26. April 1989 beigefügt hat. Eine formgerechte Revisionsbegründung hat der Kläger auch sonst nicht innerhalb der Frist abgegeben. Zwar ist der innerhalb der schließlich bis zum 24. Juli 1989 verlängerten Revisionsbegründungsfrist vorgelegte Schriftsatz vom 19. Juli 1989 von einem deutschen Rechtsanwalt und damit von einem vor dem BSG zugelassenen Prozeßbevollmächtigten (§ 166 Abs 2 Satz 2 SGG) unterzeichnet worden. Gleichwohl ist im vorliegenden Falle dadurch die gesetzlich vorgeschriebene Form nicht gewahrt.
Das gesetzliche Erfordernis, die Revision durch einen zugelassenen Prozeßbevollmächtigten in der geschilderten Weise zu begründen, soll die Revisionsgerichte entlasten und im wohlverstandenen Interesse aller die sorgfältige Vorbereitung des Revisionsverfahrens gewährleisten. Die ordnungsgemäße Revisionsbegründung soll – zB durch klare Angaben, welche Teile des Urteils der Vorinstanz angegriffen werden und mit welchen Gründen – die Vorarbeiten erleichtern; außerdem sollte erreicht werden, daß der rechtskundige Prozeßbevollmächtigte die Rechtslage genau durchdenkt, bevor er durch seine Unterschrift die Verantwortung für die Revision übernimmt, und so ggf von der Durchführung aussichtsloser Revisionen absieht (vgl BSG SozR Nr 27 zu § 164 SGG und BSGE 6, 269 f, jeweils mwN). Das Gesetz erwartet also, daß der Prozeßbevollmächtigte die Rechtslage genau durchdenkt und für die Begründung, die das Ergebnis seiner geistigen Arbeit sein muß, die volle Verantwortung übernimmt. Das gilt auch, wenn der Prozeßbevollmächtigte sich auf Schriftstücke Dritter bezieht, zB bei der Vorlage von Rechtsgutachten von Universitätsprofessoren, oder wenn er Entwürfe Dritter übernimmt, was ausnahmsweise nicht zu beanstanden ist, wenn er ersichtlich eine eigene Prüfung und Durcharbeitung vorgenommen hat (BVerwG Buchholz 310 § 139 VwGO Nr 38; vgl BFH Nrn 1986, 173 f). Der Begründungsschriftsatz muß nicht nur die Übernahme der Verantwortung, die in der Regel durch die Unterzeichnung erfolgt, sondern auch die Prüfung und Durcharbeitung des Prozeßstoffs durch den Prozeßbevollmächtigten erkennen lassen (BSGE 7, 35, 39; BSG SozR Nr 49 zu § 164 SGG; BFH aaO; BFH Nr 1986, 175 f; BVerwGE 22, 38, 39; BVerwG Buchholz 310 § 139 VwGO Nrn 6, 15, 38). Eine Revisionsbegründung entspricht daher trotz Unterzeichnung durch den Prozeßbevollmächtigten dem Formerfordernis nicht, wenn der Prozeßbevollmächtigte zu erkennen gibt, daß er die eigene Verantwortung nicht übernimmt oder seine Unterschrift nicht nach eigener Prüfung geleistet hat (BSG SozR Nr 49 zu § 164 SGG). Wie der 5. Senat des BSG in einem Rechtsstreit des Klägers darüber hinaus entschieden hat, genügt eine Revisionsbegründung den Formerfordernissen nicht, wenn die gesamten Umstände ergeben, daß der Prozeßbevollmächtigte die eigenständige Durcharbeitung, Sichtung, Gliederung und Darstellung des Streitstoffes unterlassen hat (Beschluß vom 18. Februar 1980 – 5 RKn 1/78 –; vgl BVerwGE 22, 88; BVerwG Buchholz § 139 VwGO Nr 38; BFH Nrn 1986, 175 f). Dabei macht es keinen Unterschied, ob der Prozeßbevollmächtigte die von seinem rechtsunkundigen Mandanten verfaßten Schriftsätze unkritisch abschreibt und zusammenstellt, ob er eine von seinen Mandanten entworfene Revisionsbegründung in seiner Kanzlei neu schreiben läßt (ggf mit Hilfe eines Schreibautomaten, wenn der Mandant seinen Entwurf in einen solchen Automaten eingespeichert hatte) oder ob der Prozeßbevollmächtigte einen von dem Mandanten bis auf die Unterschrift vorbereiteten Revisionsbegründungsschriftsatz unverändert dem Revisionsgericht einreicht (vgl BSG aaO). So aber liegt der Fall offensichtlich hier, worauf die Beklagte zutreffend hingewiesen hat.
Der Schriftsatz vom 19. Juli 1989 ist vom Kläger selbst entworfen worden. Das ergibt sich zur Überzeugung des Senats aufgrund der dort gestellten Anträge, des Umfangs, des Inhalts und des äußeren Erscheinungsbildes dieses Schriftsatzes. Schon die Anträge zeigen, daß der Text vom Kläger stammt. Anträge in dieser Art und in diesem Umfange sind für die Prozeßführung des Klägers typisch. Zur Illustration wird auf die knapp drei Schreibmaschinenseiten umfassenden Klageanträge verwiesen, über die das LSG durch Urteil vom 8. Dezember 1978 – L 9 (16) Ar 80/77 – zu entscheiden hatte (vgl auch die Anträge des Klägers in seinem Rechtsstreit gegen die Bundesknappschaft, Urteil des LSG vom 6. Oktober 1977 – L 2 Kn 57/74 –). Auch der Umfang des Schriftsatzes entspricht einer erkennbaren Übung des Klägers, wie nicht nur seine in den Vorinstanzen eingereichten Schriftsätze belegen, sondern auch die ohne Einschaltung eines Rechtsanwalts vom Kläger geführten drei Prozeßkostenhilfeverfahren (7 BH 13/84, 7 BH 7/86, 7 BH 1/87), die der Senat in den letzten Jahren zu entscheiden hatte. Dagegen ist der Entwurf einer 105 Seiten umfassenden Revisionsbegründung durch einen Rechtsanwalt außerordentlich ungewöhnlich. Auch der Inhalt des Schriftsatzes vom 19. Juli 1989 ergibt, daß er vom Kläger stammt. Nicht nur das Argumentationsmuster, die Wiedergabe angegriffener Entscheidungen in einzelnen, mit Ordnungsnummern bzw Ordnungsbuchstaben versehenen Schritten, anschließend die „Widerlegung der Begründungen der einzelnen Schritte, und zuletzt die Angabe aller als verletzt angesehenen Vorschriften, sondern auch die vorgetragenen Argumente sind die gleichen, die der Kläger vor dem SG, dem LSG und in den schon erwähnten Prozeßkostenhilfeverfahren immer wieder verwendet hat.
Eine eigenständige Durcharbeitung, Sichtung und Prüfung des Vorbringens durch Rechtsanwalt J. … hat angesichts des Inhalts des Schriftsatzes vom 19. Juli 1989 nach der Überzeugung des Senats nicht stattgefunden. Zutreffend weist die Beklagte darauf hin, daß schon die gestellten Anträge und die dafür gegebenen Argumente in revisionsrechtlicher Hinsicht weitgehend abwegig und unhaltbar sind, so daß sie schlechterdings nicht von einem Rechtskundigen überprüft sein können. Abwegig ist die Vorstellung, die Revision gegen das Urteil des LSG vom 23. November 1988 – L 12 Ar 152/85 –, dem keine Wiederaufnahme des Verfahrens zugrunde lag, das zum Urteil des LSG vom 8. Dezember 1978 – L 9 (16) Ar 80/77 – geführt hatte, ermögliche dem Revisionsgericht, abweichend von der Rechtskraft, wie sie infolge des Beschlusses vom 4. September 1978 – 7 BAr 17/79 – eingetreten ist, diesen Beschluß des Senats zu ändern, das alte Urteil des LSG erneut zu überprüfen und über die damals ua beantragte Aufhebung der Bescheide des Arbeitsamtes vom 22. November 1977, 2. März und 13. Juli 1978 erneut zu entscheiden (vgl Antrag II und III). Gänzlich abwegig und vom revisionsrechtlichen Standpunkt unhaltbar ist ferner das Verlangen an das Revisionsgericht, über die Beschlüsse des LSG vom 16. und 28. November 1978 zu entscheiden, mit denen das LSG in den damals anhängigen Verfahren eine Entscheidung abgelehnt hatte, derzufolge dem Kläger die Alhi vorerst weiterzuzahlen gewesen wäre (vgl Antrag III 1 c und IV); denn nach rechtskräftigem Abschluß des Verfahrens in der Hauptsache, wie er hier nach Nichtzulassung der Revision mit der Ablehnung der Nichtzulassungsbeschwerde durch Beschluß des Senats vom 4. September 1979 – 7 BAr 17/79 -eingetreten ist, ist für vorläufige Entscheidungen dieser Art kein Raum mehr. Revisionsrechtlich indiskutabel ist auch die beantragte Aufhebung der Beschlüsse des Vorsitzenden des 12. Senats des LSG und dieses Senats vom 9. Juni 1989 – L 12 Ar 152/85 –, mit dem der Vorsitzende die Berichtigung des Protokolls und eine weitergehende Berichtigung des Urteils und der Senat eine Berichtigung des Tatbestandes des Urteils abgelehnt hat. Solche Beschlüsse sind weder mit der Beschwerde noch mit der Revision an das BSG anzufechten mit der Folge, daß das Revisionsgericht sie als solche nicht aufheben kann; daß die Entscheidungsgründe eines Berufungsgerichts wegen eines zu Unrecht nicht berichtigten Protokolls bzw eines zu Unrecht nicht berichtigten Tatbestandes ggf eine Gesetzesverletzung enthalten, die das Revisionsgericht im Rahmen einer zulässigen Revision bei der Entscheidung über den erhobenen Anspruch zu berücksichtigen hat, steht auf einem anderen Blatt.
Auch in sachlicher Hinsicht kann der Inhalt des Schriftsatzes vom 19. Juli 1979 von einem Rechtskundigen nicht überprüft worden sein. Denn wie die Beklagte ebenfalls zu Recht geltend macht, enthält er zahllose abwegige Ausführungen, die den laienhaften Vorstellungen des Klägers entsprechen mögen, mit der geltenden Rechtsordnung, insbesondere dem geltenden Verfahrensrecht, indes nichts zu tun haben. Abwegig ist etwa die in dem Schriftsatz vertretene Auffassung, ein Kläger sei bei einer mündlichen Verhandlung nicht nach den Vorschriften des Gesetzes vertreten, auch wenn er anwesend gewesen ist und Anträge gestellt hat, wenn das im Anschluß daran (!) verkündete Urteil eine Überraschungsentscheidung sei, und aufgrund entsprechender Rüge habe dies die Nichtigkeit des Urteils bzw eines Teiles des Urteils gem § 579 Abs 1 Nr 4 ZPO zur Folge (Seiten 55 f, 62 f). Ebenso abwegig ist die Auffassung, ein später ergehendes Urteil, das auf ein solches „nichtiges” Urteil Bezug nehme, sei ebenfalls gem § 579 Abs 1 Nr 4 ZPO iVm § 141 Abs 1 SGG teilunwirksam (Seite 63). Nicht weniger unhaltbar ist die Argumentation, ein Gericht spreche der Beklagtenseite etwas unter Verletzung des § 308 ZPO zu, wenn es prüfe, ob der vom Kläger geltend gemachte Anspruch erloschen sei, und diese „Entscheidung” sei unwirksam, wenn die Beklagte sich hierauf nicht berufen habe (Seite 55). Diese Argumentation entspricht der seine Prozeßführung immer wieder durchziehenden Vorstellung des Klägers, ein Gericht habe auf jede geäußerte Rechtsmeinung „Feststellungen und Entscheidungen” zu treffen, und ein Verfahren sei solange nicht abgeschlossen, ja ggf gleichzeitig in mehreren Instanzen anhängig (!), solange dies nicht geschehen sei, und es liege – ungeachtet des geltend gemachten Anspruchs – allein am Kläger, was entscheidungserheblich sei. Schließlich beweist auch die Verwendung der zahlreichen, aber überwiegend aus dem Zusammenhang gerissenen Zitate aus der höchstrichterlichen Rechtsprechung, daß der Schriftsatz nicht von einem Juristen stammen kann, weil die Zitate überwiegend nicht belegen, was sie im gegebenen Zusammenhang belegen sollen.
Aufgrund der Abwegigkeit und der juristischen Unvertretbarkeit des Vorbringens insgesamt, von dem hier nur Teile angeführt werden, ist der Senat jedenfalls überzeugt, daß die Revisionsbegründung vom Kläger entworfen und der Prozeßbevollmächtigte den Entwurf keiner eigenen Sichtung, Prüfung und rechtlichen Durchdringung des Streitstoffes unterzogen hat. Der Senat sieht sich in dieser Überzeugung dadurch bestätigt, daß der Kläger den entsprechenden von der Beklagten schon in der Revisionserwiderung erhobenen und mit zahlreichen Belegen unterstrichenen Vorwurf nicht substantiiert, sondern nur dahin entgegengetreten ist, daß „diese Unterstellung neben der Sache liege”. Dabei bedarf keiner Prüfung, ob nicht auch diese späteren Schriftsätze ebenfalls ausschließlich aus der Feder des Klägers stammen, wofür vieles spricht.
Der Senat verkennt nicht, daß Rechtsanwälte in Schwierigkeiten geraten können, wenn ihre Mandanten auf bestimmte Vorgehensweisen und einen bestimmten Vortrag bestehen. Diese Schwierigkeiten dürfen einen Rechtsanwalt jedoch nicht veranlassen, ohne erkennbare eigene Sichtung und Durcharbeitung sich darauf zu beschränken, das rechtlich völlig unhaltbare Vorbringen des Mandanten zu wiederholen; denn es ist gerade Sinn des Erfordernisses der schriftlichen Revisionsbegründung durch einen postulationsfähigen Prozeßbevollmächtigten, das Revisionsgericht vor unübersichtlichem, teilweise unverständlichem, abwegigem und revisionsrechtlich unerheblichem Vorbringen zu bewahren. Von der im Interesse einer geordneten Mitwirkung an der Rechtspflege vorgeschriebenen Pflicht zur Sichtung und rechtlichen Durchdringung des Streitstoffes durch einen zugelassenen Prozeßbevollmächtigten brauchen Abstriche insoweit auch deshalb nicht gemacht zu werden, weil die Möglichkeit besteht, daß der postulationsfähige Prozeßbevollmächtigte vorträgt, was er für wesentlich hält und was – im Gegensatz dazu – der Mandant.
Entspricht die Revision hiernach nicht den Formerfordernissen der §§ 164 Abs 2, 166 SGG, muß die Revision gem § 169 SGG als unzulässig verworfen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 SGG. Für eine Auferlegung von Mutwillenskosten nach § 192 SGG, die zu erwägen die Beklagte angeregt hat, ist im vorliegendem Falle kein Raum, nachdem das LSG der Klage teilweise stattgegeben und die Revision auch insoweit zugelassen hatte, als der Kläger in der Berufungsinstanz unterlegen war.
Die Ablehnung der Prozeßkostenhilfebewilligung und der Beiordnung Rechtsanwalt J. … folgt aus § 73a SGG, § 114 ZPO; denn Prozeßkostenhilfe ist nur zu bewilligen, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung eine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.
Fundstellen