Tenor
Die Entrichtung von Pflichtbeiträgen aufgrund eines nach einem Tarifvertrag zur Aufrechterhaltung der Beschäftigungsverhältnisse im Baugewerbe während der Wintermonate gezahlten Lohnausgleichs bewirkt die Entstehung einer Beitragszeit. Eine anrechenbare Ausfallzeit nach § 1259 Abs. 1 Nr. 1 RVO kann daher für denselben Zeitraum nicht entstehen; die Voraussetzungen des § 1255 Abs. 7 Satz 2 RVO liegen in diesem Fall nicht vor.
Tatbestand
I
1. Der Kläger des Ausgangsverfahrens, von Beruf Maurer, erhält seit 1. Dezember 1969 das Altersruhegeld wegen Vollendung des 65. Lebensjahres. Für die Rentenberechnung legte die beklagte Landesversicherungsanstalt (LVA) die Monate Dezember 1959 und Dezember 1965 als Beitragsmonate zugrunde. Der Kläger begehrt die Anrechnung dieser beiden Monate als Ausfallzeiten, weil er vom 30. November 1959 bis 11. Januar 1960 und vom 29. November 1965 bis 2. Januar 1966 arbeitsunfähig krank war. Demgegenüber beruft sich die Beklagte darauf, daß der Kläger als ehemaliger Arbeitnehmer des Baugewerbes aufgrund des Tarifvertrages zur Förderung der Aufrechterhaltung der Beschäftigungsverhältnisse im Baugewerbe während der Winterperiode (Lohnausgleichs-Tarifvertrag –LTV–) vom 20. August 1959 jeweils für die Zeiträume vom 25. Dezember 1959 bis einschließlich 1. Januar 1960 und vom 25. Dezember 1965 bis einschließlich 1. Januar 1966 den dort vorgesehenen Lohnausgleich erhalten hat; hierbei handele es sich um beitragspflichtige Leistungen des Arbeitgebers, so daß die Monate Dezember 1959 und Dezember 1965 insgesamt als Beitragszeiten und nicht als Ausfallzeiten zu berücksichtigen seien. Der Kläger ist der Meinung, daß jene Leistungen des Arbeitgebers nach dem LTV bei der Berechnung von Werteinheiten für Pflichtbeiträge zur Ermittlung der persönlichen Bemessungsgrundlage unberücksichtigt bleiben (§ 1255 Abs. 7 Satz 2 Reichsversicherungsordnung –RVO–) und als Steigerungsbeträge nach § 1260 a RVO angerechnet werden müßten. Andernfalls würde sich seine persönliche Bemessungsgrundlage verschlechtern und zu einer geringeren Rente führen.
Das Sozialgericht (SG) Hamburg hat die Beklagte verurteilt, die Monate Dezember 1959 und Dezember 1965 als Ausfallzeiten anzurechnen, die während dieser Zeit entrichteten Beiträge nach § 1260 a RVO zu berücksichtigen und dem Kläger ein höheres Altersruhegeld zu gewähren (Urteil vom 13. Januar 1972). Das Landessozialgericht (LSG) Hamburg hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen (Urteil vom 21. September 1972). Hiergegen richtet sich die zugelassene Revision der Beklagten.
2. Der 5. Senat des Bundessozialgerichts (BSG) hat mit Beschluß vom 30. Oktober 1974 – 5 RJ 564/72 – dem Großen Senat des BSG (GrS) unter Berufung auf § 43 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) folgende Rechtsfragen zur Entscheidung vorgelegt:
(1) Bleiben bei dem Zusammentreffen einer anzurechnenden Ausfallzeit mit einer Beitragszeit für einen Teil des betreffenden Kalendermonats entrichtete Beiträge nach § 1255 Abs. 7 Satz 2 in Verbindung mit Satz 1 RVO unberücksichtigt, die aufgrund eines nach einem Tarifvertrag zur Förderung der Aufrechterhaltung der Beschäftigungsverhältnisse im Baugewerbe während der Wintermonate gezahlten „Entgelts” entrichtet worden sind?
(2) Ist, falls dies bejaht wird, für diese Beiträge „ein Jahresbetrag in Höhe von 0,5 v.H. des der Beitragsentrichtung zugrunde liegenden Bruttoarbeitsentgelts” nach § 1260 a KVO zu gewähren?
Der 5. Senat weist zur Begründung seiner Vorlage auf die rechtliche Problematik hin, die entstehen kann, wenn für denselben Zeitraum der Tatbestand einer Ausfallzeit und der Tatbestand einer Pflichtbeitragszahlung verwirklicht ist. Nach dem Wortlaut des § 1255 Abs. 7 Satz 2 in Verbindung mit Satz 1 RVO bleibe hier einerseits der Charakter einer anrechnungsfähigen Ausfallzeit mit ihrer (regelmäßig) rentensteigernden Wirkung (§ 1255 a RVO) erhalten; die tatsächlich entrichteten Beiträge müßten zudem zusätzlich durch Steigerungsbeträge nach § 1260 a RVO berücksichtigt werden.
Andererseits würde dies dem von der Rechtsprechung des BSG bestätigten Grundsatz zuwiderlaufen, wonach, neben Pflichtbeiträgen keine anzurechnende Ausfallzeit vorliegen könne. Aus dem Prinzip der Verdrängung von Ausfallzeiten durch Pflichtbeitragszeiten könnten jedoch Unbilligkeiten entstehen, dann nämlich, wenn während eines Monats wegen Teilbeschäftigung (mit Teil-Entgelt) nur ein niedriger Beitrag entrichtet worden ist. Es wäre daher zu erwägen, ob die Begünstigung des § 1255 Abs. 7 Satz 2 RVO, die sicherlich für freiwillige Beiträge gelte, nicht auch auf gewisse Gruppen von Pflichtbeiträgen Anwendung finden müßte. Erhebliche Zweifel bestünden allerdings, ob in derartigen Fällen neben der Anrechnung einer Ausfallzeit auch noch die Berücksichtigung der entrichteten Beiträge durch Steigerungsbeträge (§ 1260 a RVO) gerechtfertigt sei, weil der Versicherte dann besserstünde, als wenn er in dem betreffenden Zeitraum voll gearbeitet hätte. Es sei daher zu erwägen, § 1255 Abs. 7 Satz 2 in Verbindung mit Satz 1 und § 1260 a RVO nach Sinn und Zweck und nach dem Gleichbehandlungsgrundsatz einschränkend auszulegen. Pur die Entscheidung dieser Prägen sei es erforderlich, in Auseinandersetzung mit der bisherigen Rechtsprechung des BSG vorab zu klären, ob eine Ausfallzeit überhaupt noch vorliegen könne, wenn für dieselbe Zeit oder Teile davon Pflichtbeiträge entrichtet worden sind.
Entscheidungsgründe
II
1. Die Besetzung der Richterbank des GrS richtet sich Bach dem vom 5. Senat angegebenen Anrufungsgrund (§ 43 in Verbindung mit § 41 Abs. 5 Satz 2 zweite Alternative SGG).
Diese Frage ist von Amts wegen zu prüfen (BSGE 30, 167, 169). Obwohl der 5. Senat nach der Begründung seines Vorlagebeschlusses eine Auseinandersetzung mit der bisherigen Rechtsprechung des BSG für erforderlich hält, wonach eine Ausfallzeit grundsätzlich nicht vorliege, wenn während derselben Zeit Pflichtbeiträge entrichtet worden sind, stellt sich seine Vorlage nicht als Divergenz-Anrufung i. S. des § 42 SGG dar. Inhalt und Fassung der Begründung des Vorlagebeschlusses lassen erkennen, daß der 5. Senat noch keine abschließende Meinung zu den von ihm aufgeworfenen Rechtsfragen äußern wollte, insbesondere nicht eine Meinung, die bereits die Entschlossenheit zum Abweichen von einer Rechtsprechung anderer Senate unmißverständlich zum Ausdruck brächte. Daraus wird deutlich, daß dem Beschluß des 5. Senats eine Divergenz zu Entscheidungen anderer Senate des BSG objektiv (noch) nicht zugrunde liegt, so daß die Anwendung von § 42 SGG in diesem Fall ausscheidet (BSGE 30, 167, 170).
2. Die Vorlage ist zulässig.
Die Entscheidung über die Revision des Klägers hängt von der Beantwortung der gestellten Fragen ab. Sind die Monate Dezember 1959 und Dezember 1965 als Beitragsmonate zu berücksichtigen, dann könnten sich zugunsten des Klägers nur die für die Zeiten vom 25. bis 31. Dezember 1959 und vom 25. bis 31. Dezember 1965 entrichteten Beiträge aus den ihm nach dem LTV zustehenden Leistungen in Werteinheiten für seine persönliche Rentenbemessungsgrundlage auswirken (§ 1255 Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 1 RVO). Sind die genannten Monate hingegen als Ausfallzeiten nach § 1259 Abs. 1 Nr. 1 RVO anzusehen, dann würden sie bei der persönlichen Rentenbemessungsgrundlage mit Werten auf der Grundlage eines durchschnittlichen Monatsentgelts des Versicherten zu berücksichtigen sein (§ 1255 a in Verbindung mit § 1255 Abs. 3 Satz 5 RVO). Nach der Regelung in § 1260 a RVO, von deren Anwendbarkeit bei dieser Fallgestaltung für die Frage der Zulässigkeit der Vorlage auszugeben ist, würden sich die o. a. tatsächlich entrichteten Beiträge zusätzlich durch Steigerungsbeträge auswirken. Ob der 5. Senat dann, wenn sich hiernach zugunsten des Klägers ein höheres Altersruhegeld gar nicht ergäbe, die Klage bereits wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses hätte abweisen müssen, so daß seine Vorlage an den GrS wegen Unerheblichkeit der vorgelegten Fragen für die Entscheidung in diesem Rechtsstreit unzulässig wäre, oder ob auch bei einer derartigen Sachlage das Rechtsschutzbedürfnis zu bejahen ist (vgl. BSG in SozR 2200 § 1251 Nr. 8), bedarf hier keiner Entscheidung. Denn nach den Feststellungen des LSG ist davon auszugehen, daß dem Kläger bei Anrechnung der fraglichen Monate als Ausfallzeiten ein höheres Altersruhegeld zustünde. Infolgedessen hängt die Entscheidung des Rechtsstreits von der Entscheidung über die vom 5. Senat dem GrS vorgelegtes Fragen ab.
Die vorgelegten Rechtsfragen haben grundsätzliche Bedeutung i. S. des § 43 SGG. Soweit es die weitere Voraussetzung des § 43 SGG anbelangt, daß die Vorlage der Rechtsfortbildung oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung dienen muß, kommt es nach der Rechtsprechung des GrS allein auf die Auffassung des vorlegenden Senats an (BSGE 14, 246, 247; 30, 167, 171). Der 5. Senat hat beide Bedingungen bejaht.
III
1. Der Lohnausgleich nach dem LTV ist beitragspflichtiges Entgelt i. S. der Rentenversicherung.
Grundlage für des dem Kläger gewährten Lohnausgleich ist für Dezember 1959 § 3 des LTV vom 20. August 1959, der am 1. Oktober 1959 in Kraft getreten ist (§ 11 LTV 1959), und für Dezember 1965 § 5 des LTV vom 10. August 1962 in der Fassung der Änderungstarifverträge vom 15. Januar 1964 und 9. September 1965, der in der Fassung vom 9. September 1965 seit 1. Oktober 1965 gilt (§ 12 LTV 1965). Beide LTV sind für allgemeinverbindlich erklärt worden (BAnz. 1959 Nr. 189 S. 2 und 1965 Nr. 242 S. 4).
Der LTV wird neben anderen – ergänzenden – Regelungen tarifvertraglicher und gesetzlicher Art als ein wesentliches Mittel angesehen, die Kontinuierlichkeit der Beschäftigungsverhältnisse in der Bauwirtschaft während der Wintermonate zu fordern (vgl. Blumensaat-Geerling-Leber, Der Lohnausgleich im Baugewerbe, Schriftenreihe der Lohnausgleichskasse für das Baugewerbe, Band 2, Wiesbaden 1959, S. 5 ff, 8 ff; Kranz, Schlechtwettergeld und Förderung der Bautätigkeit im Winter, Handkommentar 4. Aufl., S. E 1 ff; Kranz in BABl 1959, 23 ff; vgl. ferner Bericht der Bundesregierung betreffend die Verbesserung der Verhältnisse in der Bauwirtschaft vom 29. Juni 1959, 3. Wahlperiode BT-Drucks. 1211). Die Bestrebungen hierzu führten u. a. 1955 zum Abschluß eines Tarifvertrages über die Bildung einer Lohnausgleichskasse für die Bauwirtschaft (LAK; vgl. Blumensaat-Geerling-Leber aaO S. 10), deren aus Beiträgen der Arbeitgeber gespeisten Mittel für Zuschüsse zum Arbeitslosengeld (Alg) arbeitsloser Bauarbeiter verwendet wurden. Das Ziel einer ganzjährigen Vollbeschäftigung in der Bauwirtschaft konnte dadurch jedoch nicht erreicht werden. Im Einvernehmen mit den zuständiges politisches Instanzen kam es 1959 zu einer Vereinbarung zwischen den Tarifvertragsparteien des Baugewerbes, worin diese sich verpflichteten, unter der Voraussetzung, daß wesentliche staatliche Maßnahmen zur Sicherung einer ganzjährigen Beschäftigung in der Bauwirtschaft geschaffen werden, flankierende Tarifverträge abzuschließen, insbesondere auch für einen Lohnausgleich in der traditionell arbeitsstillen Zeit zwischen Weihnachten und Neujahr (vgl. Kranz, Handkommentar aaO S. E 10; Blumensaat-Geerling-Leber, Urlaub, Lohnausgleich und Zusatzversorgung im Baugewerbe, Bergisch-Gladbach 1961, S. 162). Ein Ergebnis dieser Vereinbarung war der LTV 1959 und in späteren Jahren dessen Nachfolge-LTV, in deren jeweiligen § 3 für die Arbeitnehmer des Baugewerbes der Anspruch auf einen pauschalierten Lohnausgleich für die Zeit zwischen dem 25. Dezember und 1. Januar vereinbart ist.
Parallel dazu entstand neben anderen Maßnahmen die erste Schlechtwettergeldregelung der §§ 143 d ff des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (AVAVG) durch das „Gesetz über Maßnahmen zur Förderung der ganzjährigen Beschäftigung in der Bauwirtschaft und weitere Änderungen und Ergänzungen des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (Zweites Änderungsgesetz zum AVAVG)” vom 7. Dezember 1959 (BGBl I 705). Durch § 143 d Abs. 1 Nr. 2 AVAVG in dieser Fassung wurde der Anspruch auf Schlechtwettergeld (SWG) davon abhängig gemacht, daß dem Arbeitnehmer „eine Anwartschaft auf Lohnersatz für einen zusammenhängenden Ausgleichszeitraum von mindestens acht Kalendertagen, in den die Weihnachtsfeiertage und der Neujahrstag fallen, gewährleistet ist”. Diese Verknüpfung zwischen tarifvertraglicher Regelung und Gesetz, auch als Junktim bezeichnet (vgl. Draeger-Buchwitz-Schönefelder, Kommentar zum AVAVG, Vorbemerkungen zu §§ 143 d bis 143 n, Anm. 3; Kranz, BABl 1959, 807, 808; Link, Voraussetzungen und Verfahren der Gewährung von SWG, Inaugural-Dissertation der Universität Erlangen-Nürnberg, 1965 S. 29), wurde in den späteren gesetzlichen Regelungen über das SWG beibehalten (vgl. heute § 83 Nr. 2 des Arbeitsförderungsgesetzes –AFG– in der Fassung des Zweiten Änderungsgesetzes zum AFG vom 19. Mai 1972, BGBl I 791).
Dieser entwicklungsgeschichtliche Hintergrund läßt bereits Schlüsse auf den Charakter der Ausgleichsleistung nach dem LTV als Entgelt zu. Nach der eindeutigen gesetzlichen Regelung im AVAVG bzw. AFG sollte die Bundesanstalt für Arbeit (BA) nicht mit dem Risiko der Lohnausfallgewährung für die traditionelle Arbeitsruhe im Baugewerbe zwischen Weihnachten und. Neujahr belastet werden. Andererseits mußte das Einkommen der Bauarbeiter in dieser Zeit gewährleistet bleiben. Der gefundene Kompromiß ist gekennzeichnet von der Aufteilung des Lohnausfallrisikos einer bestimmten Arbeitnehmergruppe zwischen den für sie zuständigen Wirtschaftszweig und die Beitrags zahl er der Arbeitslosenversicherung. Daneben treten zwar noch andere Regulative; für die Zeit zwischen Weihnachten und Neujahr soll aber allein der Arbeitgeber einzustehen haben. Hierbei geht es nicht, wie das LSG annimmt, um einen (sozialen) Ausgleich gegenüber anderen Arbeitnehmern, die vom Jahreszeitenwechsel weniger betroffen sind, sondern um die Sicherstellung der Lohnleistung unabhängig von der Witterung, und zwar als Preis für eine von allen Beitragszahlern der Arbeitslosenversicherung getragene soziale Sicherung für Lohnausfälle in anderen Zeitabschnitten. Nur letztere – das SWG – besitzt des vom LSG angeführten Ausgleichscharakter.
Der Entgeltcharakter des Lohnausgleichs ergibt sich im übrigen auch aus dem Inhalt des LTV. Nach § 5 Nr. 1 Satz 2 LTV dient der Lohnausgleich nämlich zugleich der Abdeckung von Ansprüchen aus dem Gesetz über die Lohnfortzahlung an Feiertagen vom 2. August 1951. Bei jenen Ansprüchen handelt es sich aber ersichtlich um Entgelt aus dem Arbeitsverhältnis (vgl. Brackmann, Handbuch der So z. Vers. Band II S. 310 y; ferner die Ausführungen von Blumensaat-Geerling-Leber, Der Lohnausgleich im Baugewerbe aaO, in den Anm. zu § 3 LTV, insbes. Nrn. 29, 31–33, S. 70 ff). Die Tarifvertragspartner sind ebenfalls vom Entgeltcharakter des Lohnausgleichs ausgegangen, denn nach § 6 Abs. 1 Satz 2 LTV 1959 bzw. § 7 Abs. 1 Satz 2 LTV 1965 erstattet die LAK dem Arbeitgeber nicht nur den von ihm an den Arbeitnehmer gewährten Lohnausgleich, sondern für die „vom Arbeitgeber zu leistenden Sozialaufwendungen” einen Zuschlag von 20 v.H. bzw. 25 v.H. der Aufwendungen. Auch die Besonderheiten des LTV, daß der Lohnausgleich aus Beiträgen aller Arbeitgeber des Baugewerbes aufgebracht wird, den diese als Prozentsatz der Lohnsumme an die LAK abführen (§ 5 LTV 1959, § 6 LTV 1965), oder daß die Zahlung des Lohnausgleichs unabhängig davon ist, ob während des Ausgleichszeitraums gearbeitet wird oder nicht (§ 3 Nr. 1 LTV), stehen der Annahme vom Wesen des Lohnausgleichs als Arbeitsentgelt nicht entgegen. Durch die Einschaltung der LAK bei der Bereitstellung der Mittel für den Lohnausgleich wird der Vergütungsanspruch des Arbeitnehmers nach § 611 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) gegen seinen Arbeitgeber in seiner Rechtsnatur nicht verändert; der Lohnausgleich verhindert kraft Vereinbarung lediglich den vollen Vergütungsanspruch des Arbeitnehmers nach § 615 BGB, den er hätte, wenn der Arbeitgeber einseitig die Betriebsruhe im Ausgleichszeitraum anordnen würde (vgl. Blumensaat-Geerling-Leber, Der Lohnausgleich im Baugewerbe aaO, Anm. 55 und 60 zu § 6 LTV 1959, S. 102 ff, 114 ff, Palandt, Kommentar zum BGB, 31. Aufl., Anm. 1 und 3 zu § 615). Die Gewährung des Lohnausgleichs auch in Fällen, in denen ausnahmsweise im Ausgleichszeitraum gearbeitet worden ist, hat vorwiegend praktische Gründe; dadurch wird insbesondere verhindert, daß der Fortfall des Lohnausgleichs bei tatsächlicher Arbeitsleistung dem Anreiz hierfür entgegensteht (vgl. Blumensaat-Geerling-Leber, Der Lohnausgleich im Baugewerbe aaO, Anm. 27–31 zu § 3 LTV, S. 66 ff, insbes. S. 73; dieselben, Urlaub, Lohnausgleich und Zusatzverordnung im Baugewerbe aaO, S. 191 ff, insbes. S. 201). Sein Charakter als entgeltliche Leistung aus dem Arbeitsverhältnis wird dadurch nicht verändert.
Diesem Wesen des Lohnausgleichs entspricht die für die Finanzverwaltung getroffene Regelung seiner Versteuerung. Die Beiträge des Arbeitgebers an die LAK werden zwar als eine rückstellungsähnliche Aufspeicherung von Mitteln angesehen, die noch nicht den Arbeitnehmern i. S. des Steuerrechts „zufließen” und demgemäß lohnsteuerrechtlich nicht als Arbeitslohn und beitragsrechtlich nicht als Entgelt i. S. der Sozialversicherung gelten (vgl. Erlaß des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung –BMA– vom 24. Dezember 1955 – IV a 2-16627/55 –, abgedruckt bei Blumeasaat-Geerling-Leber, Der Lohnausgleich im Baugewerbe aaO S. 109, 110; ferner BFH in BStBl. 1960 III S. 73). Der Lohnausgleich hingegen wird als laufender Arbeitslohn behandelt, der nach der Lohnsteuertabelle in dem Lohnzahlungszeitraum zu versteuern ist, in dem er ausgezahlt wird (vgl. Bescheid des Bundesministers der Finanzen –BMF– vom 22. September 1959 – IV B 3/-S 2220-73/59, abgedruckt bei Blumensaat-Geerling-Leber, Urlaub, Lohnausgleich und Zusatzversorgung im Baugewerbe aaO, S. 220/221; vgl. dieselben ferner auf S. 241 ff). Es besteht kein Anlaß, die Übereinstimmung dieser Regelung mit dem Steuerrecht zu bezweifeln. Der Lohnausgleich ist als Einkunft aus nichtselbständiger Arbeit steuerpflichtiges Einkommen i. S. des Einkommensteuerrechts (vgl. § 2 Abs. 3 Nr. 4 Einkommensteuergesetz –EStG– in der Fassung vom 23. September 1958 – BGBl I 672 –, bzw. in der Fassung vom 16. November 1964 – BGBl I 885 –; heute § 2 Abs. 1 Nr. 4 EStG in der Fassung vom 5. September 1974 – BGBl I 2165 –). Dazu gehören alle Einnahmen, die dem Arbeitnehmer aus dem Dienstverhältnis zufließen (§ 2 Abs. 1 Lohnsteuerdurchführungsverordnung –LStDV–, für 1959 in der Fassung vom 22. Juli 1959 –BGBl I 477–, für 1965 in der Fassung vom 22. November 1965 – BGBl I 1829 –, heute in der Fassung vom 13. Dezember 1974 – BGBl I 3465 –).
Nach der lohnsteuerrechtlichen Behandlung des Lohnausgleichs richtet es sich, ob er als Entgelt i. S. der Sozialversicherung anzusehen ist. Insoweit gilt nach der ständigen Rechtsprechung des BSG weiterhin der Gemeinsame Erlaß des Reichsministers der Finanzen und des Reichsarbeitsministers vom 10. September 1944 (AN 1944, 281 – Gem.Erl.–; vgl. BSGE 6, 47; 26, 68, 69 mit weiteren Nachweisen; ferner BSGE 29, 275; 30, 57). Diese Auffassung ist auch in der Literatur herrschend (vgl. die Nachweise bei Brackmann aaO, Bd. II S. 310 a ff). Ausnahmen kämen nur in Betracht, wenn ein Tatbestand i. S. des Gem.Erl. vorläge, der eine Leistung trotz ihrer Besteuerung von der Beitragspflicht ausschlösse. Das ist jedoch nicht der Fall.
So ist für den Lohnausgleich, nicht etwa eine Pauschalbesteuerung i. S. Abschn. I Nr. 4 Gem. Erl. zugelassen worden. Er wird vielmehr als laufender Arbeitslohn behandelt, der nach der Lohnsteuertabelle zu versteuern ist und nicht nach festen, für Jeden Arbeitnehmer für seine Steuergruppe verschiedenen Vomhundertsätzen, wie es dem Wesen der Pauschalbesteuerung entspricht (vgl. § 35 b LStDV 1959 und 1965; BSGE 24, 71, 73; Erl. des BMF vom 22. September 1959, aaO; Blümich/Falk, Einkommensteuergesetz 8. Aufl., 2. Band S. 1209 und S. 1800, 1802 ff; dieselben, 9. Aufl., 2. Band S. 1518 und S. 2174, 2177 ff; dieselben, 10. Aufl., 2. Band S. 2041 und S. 2758, 2760 ff; Brackmann aaO, Band II S. 310 y II).
Ebenso scheidet eine Anwendung von Abschn. I Nr. 5 Gem.Erl. aus, wonach Bezüge, die mit festen Steuersätzen des § 35 Lohnsteuer-Durchführungsbestimmungen 1939 versteuert werden, für die Berechnung der Beiträge zur Sozialversicherung außer Betracht bleiben. Maßgebend hierbei ist für die in Bede stehenden Zeiträume § 42 a EStG in der Fassung vom 23. September 1958 (BGBl I 672). Es kann dahinstehen, ob die zu dieser Regelung ergangenen Durchführungsbestimmungen in den LStDV 1959 bzw. 1965 (jeweils § 35) überhaupt der Art der Besteuerung entsprechen, die in Abschn. I Nr. 5 Gem.Erl. genannt ist (vgl. BSGE 26, 68, 71; ferner BSGE 16, 91, 95). Denn beim Lohnausgleich im Baugewerbe handelt es sich nicht um Leistungen, die der Besteuerungsart nach § 35 LStDV 1959 bzw. 1965 unterliegen. Diese Vorschrift betrifft nämlich nicht laufenden Arbeitslohn, sondern sonstige, insbesondere einmalige Bezüge. Hierbei handelt es sich um Bezüge, die nicht regelmäßig und nicht für den üblichen Lohnzahlungszeitraum geleistet werden (Blümich/Falk aaO, 10. Aufl., 2. Band S. 2754; Haberkorn, RdA 1965, 455, 456), die also ihrem Wesen nach nicht zum laufenden Arbeitslohn gehören, z. B. weil sie nicht in ständiger Wiederholung gezahlt werden, weil sie nur aus besonderen Anlässen gewährt werden, weil sie der Höhe nach von vornherein nicht bestimmbar sind oder weil ihre Fälligkeit nicht feststeht (vgl. BSGE 16, 91, 95; 22, 162, 166; 26, 68, 71). Der Lohnausgleich fällt Dicht unter diese Gruppe sonstiger (einmaliger) Bezüge (vgl. LSG NRW vom 24. Februar 1966 – L 16 Kr 89/64 – abgedruckt in May/Meurer, Das Beitragsrecht der Sozialversicherung, A II § 160 S. 155 A 3–6 –; Brackmann aaO, Band II S. 310 y II). Er ist klar zeitbezogen, er wird auf der Grundlage des tatsächlichen Bruttoverdienstes des letzten Lohnabrechnungszeitraumes vor dem Ausgleichszeitraum errechnet, er dient zum Ausgleich des Arbeitslohnes, den der Arbeitnehmer im Ausgleichszeitraum erzielt hätte und gleichzeitig zum Ausgleich der Ansprüche auf Lohnfortzahlung für die in diesen Zeitraum fallenden Feiertage (§ 3 LTV). Im Falle angeordneter Arbeit wird der Lohnausgleich bei unentschuldigtem Fernbleiben gekürzt (§ 3 Abs. 5 LTV); eine Anrechnung auf den Urlaub findet nicht statt (§ 3 Abs. 6 LTV).
Der Lohnausgleich nach dem LTV wird deshalb in Anwendung der Lohnsteuertabelle für den hier maßgeblichen Lohnzahlungszeitraum versteuert (§§ 32, 33 LStDV 1959 bzw. 1965). Gemäß Abschn. I Nr. 1 Gem.Erl. unterliegt er demgemäß der Beitragspflicht in der Sozialversicherung; er ist beitragspflichtiges Entgelt i. S. von § 160 Abs. 1 RVO und bewirkt damit grundsätzlich die Entstehung einer in der Rentenversicherung anrechnungsfähigen Beitragszeit (§ 1250 Abs. 1 Buchst. a KVO; § 27 Abs. 1 Buchst. a Angestelltenversicherungsgesetz –AVG–; so auch Kommentar zur KVO – Viertes und Fünftes Buch – Band I, herausgegeben vom Verband Deutscher Rentenversicherungsträger – Verbandskommentar– Anm. 4 zu § 1259).
2. Die Entrichtung von Pflichtbeiträgen aufgrund des nach dem LTV gewährten Lohnausgleichs verhindert im vorliegenden Fall die Entstehung einer anrechenbaren Ausfallzeit nach § 1259 Abs. 1 Nr. 1 RVO.
Nach der seit dem Gesetz zur Neuregelung des Rechts der Rentenversicherung der Arbeiter (Arbeiterrentenversicherungs-Neuregelungsgesetz –ArVNG–) vom 23. Februar 1957 (BGBl I 45) geltenden Rentenformel bestimmt sich die Höhe des Altersruhegeldes nach dem Wert der Arbeitsleistung, der sich aus der Lohnentwicklung des einzelnen und der versicherten Gemeinschaft während des Arbeitslebens ergibt (wegen der Motive und Ziele des ArVNG vgl. die Darstellung bei Brackmann aaO, Band III S. 664 f – h). Während es für die Zahl der nach § 1258 RVO anrechnungsfähigen Versicherungsjahre keinen Unterschied macht, ob sie sich aus anzurechnenden Beitrags-, Ersatz-, Ausfall- oder Zurechnungszeiten zusammensetzt, hängt die für den Versicherten maßgebliche Rentenbemessungsgrundlage vor allem von Zahl und Höhe der geleisteten Beiträge ab. Die Bewertung der Zeiten tatsächlicher Beitragsleistungen unterscheidet sich dabei von der Bewertung anderer Zeiten, darunter Ausfallzeiten, denen prinzipiell Durchschnittswerte zugeordnet werden (vgl. § 1255 Abs. 3 BVO und § 1255 a BVO; zum Prinzip der Rentenformel und ihrer Auswirkungen vgl. Ludwig in Die Praxis 1966, 337 ff; 385 ff; s. ferner die Literaturübersicht bei Brackmann aaO, Band III S. 664 i ff, und zur Rentenberechnung S. 698 1 ff, 698 p ff). Die rechtliche Beurteilung einer bestimmten Zeiteinheit aus dem Versicherungsleben des einzelnen kann sich sonach auf die Höhe seines Rentenanspruchs auswirken.
Die kleinste Zeiteinheit für die Rentenberechnung ist der Kalendermonat, der für die Zahl der anrechnungsfähigen Versicherungsjahre grundsätzlich voll angesetzt wird, auch wenn er nur teilweise mit einem rentenbemessungswirksamen Tatbestand belegt ist (vgl. § 1250 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 3, § 1259 Abs. 4, § 1260 Abs. 2 RVO; BSGE 30, 158, 160; vgl. auch Teiche Mitt. LVA Berlin, 1971 S. 113, 124). Handelt es sich dabei um Beitragsleistungen für Teile eines Kalendermonats, so wird dieser Monat daher voll bei der Zahl der anrechnungsfähigen Versicherungsjahre zugrundegelegt. Bei der Feststellung der Werteinheiten für das betreffende Kalenderjahr wird jedoch nur die tatsächliche Beitragszahlung berücksichtigt (vgl. § 1255 Abs. 3 RVO; § 2 der Verordnung über das Verfahren bei Anwendung des § 1255 RVO und des § 32 AVG vom 9. Juli 1957 – BGBl I 696). Dies entspricht dem Grundsatz der Abhängigkeit der Rentenhöhe von der tatsächlichen Beitragsleistung (vgl. Brackmann aaO, Band III S. 664 g, 698 1 ff). Wegen der sich aus dem Fehlen von Beiträgen ergebenden Härten sieht das Gesetz für typische Fälle Sonderregelungen vor, wie sie sich in der Anrechnung von Ersatz- und Ausfallzeiten für unverschuldeten Beitragsausfall und in der Anrechnung von Zurechnungszeiten bei vorzeitigem Eintritt des Versicherungsfalles finden. Voraussetzung für die Anwendung einer derartigen Sonderregelung ist allerdings, daß deren im Gesetz beschriebene Merkmale überhaupt gegeben sind. Das ist jedoch nicht der Fall.
Die Monate Dezember 1959 und Dezember 1965 sind schon deswegen nicht als Ausfallzeit i. S. von § 1259 Abs. 1 Nr. 1 RVO zu berücksichtigen, weil durch die krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit des Klägers in diesen Zeiten seine Versicherungspflichtige Beschäftigung nicht mindestens einen Kalendermonat unterbrochen worden ist. Es trifft zwar zu, daß die krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit des Klägers jeweils im November begonnen und bis in den Januar angedauert hat. Die dadurch zwar ebenfalls jeweils im November begonnene Unterbrechung seiner versicherungspflichtigen Beschäftigung hat sich aber nicht über denselben Zeitraum erstreckt. Sie war nämlich jeweils ab 25. Dezember beendet, weil der Kläger von diesem Zeitpunkt an (wieder) ein versicherungspflichtiges Entgelt in Form des Lohnausgleichs bezog und für die Zeiten jeweils vom 25. Dezember bis 1. Januar wirksam Pflichtbeiträge für ihn entrichtet worden sind (§ 1250 Abs. 1 Buchst. a RVO).
Ausfallzeiten sollen den Versicherten vor Nachteilen schützen, die dadurch eintreten können, daß er durch bestimmte in seiner Person liegende Umstände unverschuldet gehindert war, Pflichtbeiträge zu leisten, die er sonst geleistet hätte (vgl. BT-Drucks. 2/2437 S. 74; BSGE 16, 120, 122; 30, 158, 161; 32, 229, 230; 35, 234, 235; BSG in SozR Nrn. 48 und 55 zu § 1259 RVO; Hanow-Lehmann-Bogs, Kommentar zur RVO, 4. Buch, Am. 1 zu § 1259; Brackmann aaO, Band III S. 700 a I; Teiche Mitt. LVA Berlin 1971 S. 113, 114; Stötzner, Mitt. LVA Berlin, Beilage 1/1970 S. 9, 16; Ludwig DRV 1972, 216). Soweit der Grund für den Beitragsausfall in einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit des Versicherten liegt, tritt die Rechtsfolge der Ausfallzeit ebenso wie beim Bezug von SWG oder von Leistungen im Falle der Arbeitslosigkeit i. S. von § 1259 Abs. 1 Nrn. 2 a und 3 RVO jedoch erst ein, wenn die Unterbrechung der versicherungspflichtigen Beschäftigung mindestens einen Kalendermonat angedauert hat (§ 1259 Abs. 1 Nr. 1 RVO). Nur eine unverschuldete wesentliche Verkürzung der Versicherungsdauer soll nämlich durch die Ausfallzeit ausgeglichen werden (vgl. BSG in SozR Nr. 26 zu § 1259 RVO). Dies ergibt sich schon aus der Entwicklung dieser Vorschrift. § 1263 RVO in der Fassung des Entwurfs eines Gesetzes zur Neuregelung des Rechts der Rentenversicherung der Arbeiter und der Angestellten vom 5. Juni 1956 (BT-Drucks. 2/2437) setzte noch eine mindestens dreizehnwöchige Unterbrechung der versicherungspflichtigen Beschäftigung für das Vorliegen einer Ausfallzeit voraus, vor allem mit Rücksicht auf die zu erwartenden finanziellen Auswirkungen (vgl. die Begründung des o. a. Regierungsentwurfs, BT-Drucks. 2/2457 S. 74 zu § 1263). § 1259 Abs. 1 Nr. 1 RVO in der Fassung des ArVNG beschränkte den Mindestunterbrechungszeitraum auf sechs Wochen. Durch das Gesetz zur Beseitigung von Härten in den gesetzlichen Rentenversicherungen und zur Änderung sozialrechtlicher Vorschriften (Rentenversicherungs-Änderungsgesetz –RVÄndG–) vom 9. Juni 1965 (BGBl I 476) wurde dann, dem Vorschlag des Ausschusses für Sozialpolitik folgend, diese Frist von sechs Wochen auf einen Kalendermonat verkürzt (vgl. BT-Drucks. IV/3233, insbesondere Bericht des Abgeordneten Ollesch, zu BT-Drucks. IV/3233 S. 5 zu § 1259).
Das Erfordernis eines Unterbrechungszeitraumes von jetzt mindestens einem Kalendermonat wird mit der Absicht erklärt, von vornherein dem Grundsatz des Vorrangs von Beitragszeiten vor Ausfallzeiten Rechnung zu tragen, weil der Pflichtbeitrag auch nur für einen Teil eines Monats diesen ganzen Monat zur Beitragszeit qualifiziert (§ 1250 Abs. 3 RVO; vgl. Brackmann aaO Band III S. 700 d IV; Pappai, BABl 1965 S. 599, 600; Ludwig, DRV 1972 S. 216, 218). Die Folge ist, daß Beiträge, die aufgrund der erneuten tatsächlichen Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit während eines Kalendermonats entrichtet werden, eine bis dahin andauernde Unterbrechung dieser Beschäftigung i. S. von § 1259 Abs. 1 Nr. 1 RVO beseitigen; wird dadurch eine nur für diesen Kalendermonat laufende Unterbrechung beendet, so wird gleichzeitig die Entstehung einer Ausfallzeit überhaupt verhindert. Dies entspricht der Logik von Begriff und Punktion der Ausfallzeit. Sie kann nur an die Stelle einer Beitragszeit treten, die „nicht stattgefunden” hat; sie soll den für den Versicherten dadurch entstandenen Verlust an Werteinheiten für nicht geleistete Beiträge ausgleichen. Liegt ein solcher Ausfall (Verlust) hingegen gar nicht vor, ist für die Anwendung des Rechtsbegriffs „Ausfallzeit” kein Raum. Ein Ausfallzeittatbestand – jedenfalls ein solcher i. S. der Nrn. 1–3 des § 1259 Abs. 1 RVO – kann nicht fortdauern, wenn erneut eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit aufgenommen wird (vgl. Amtl. Mitt. LVA Rheinprovinz 1973, 58; Gellhorn, BABl 1965, 588, 591; zum Begriff der versicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit und ihrer Unterbrechung vgl. Hanow-Lehmann-Bogs aaO, § 1259 Anm. 33 ff; 39 ff; ferner BSGE 16, 284; 38, 53, 57). Die Ausfallzeit wird durch die Entrichtung von Beiträgen aufgrund versicherungspflichtiger Beschäftigung oder Tätigkeit in demselben Kalendermonat „verdrängt” (vgl. BSGE 19, 239, 240; 29, 77, 80; 30, 158, 161; 32, 229, 231; 35, 234, 235 = SozB Nr. 53 zu § 1259 RVO; BSG vom 30. August 1974 – 11 RA 6/74 –; Verbandskommentar aaO § 1255 Anm. 23, § 1258 Anm. 2, § 1260 a Anm. 2; Hanow-Lehmann-Bogs aaO, § 1255 Anm. 28, § 1258 Anm. 14, § 1259 Am. 106, 107; Koch/Hartmann/von Altrock/Fürst, Kommentar zum AVG, 3. Aufl., Band IV, Anm. 3 zu § 35; Ludwig, DRV 1972, 216, 219; Teiche, Mitt. LVA Berlin 1971, 113, 124; Hanschke, SozVers 1967, 329, 330; Amtl. Mitt. LVA Rheinprovinz 1973, 58; Gellhorn, BABl 1965, 588, 591).
Auch wenn das Gesetz selbst nichts darüber aussagt, was als eine Unterbrechung der versicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit i. S. von § 1259 Abs. 1 Nr. 1 EVO zu verstehen ist, ergibt sich jedenfalls die Beendigung einer Unterbrechung aus der geschilderten Wirkung der Leistung von Pflichtbeiträgen während eines Unterbrechungszeitraumes (wegen des Begriffs der Unterbrechung vgl. die zusammenfassende Darstellung, auch der Rechtsprechung hierzu, in der Entscheidung des GrS des BSG vom 11. Dezember 1973 – GS 1/73 – BSGE 37, 10, 17 ff = SozE Mr. 62 zu § 1259 EVO; ferner BSG in SozE Nr. 52 zu § 1259 EVO und Verbandskommentar aaO § 1259 Anm. 9). So kann eine Ausfallzeit gar nicht erst entstehen („beginnen”), wenn der Ausfall an Pflichtbeiträgen, den sie nach ihrer Zielsetzung ausgleichen soll, überhaupt nicht eintritt. Das ist z. B. der Fall bei der Lohnfortzahlung nach §§ 1, 2 des Lohnfortzahlungsgesetzes vom 27. Juli 1969 (BGBl I 946 –LFZG–). In diesem Fall fehlt es zwar an der tatsächlichen Arbeitsleistung des Versicherten, er ist i. S. von § 1259 Abs. 1 Nr. 1 RVO infolge Krankheit arbeitsunfähig. Die gleichwohl stattfindende Entrichtung von Pflichtbeiträgen für die Zeit der Lohn fort Zahlung verhindert aber den Eintritt der Unterbrechung seiner versicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit i. S. dieser Vorschrift, weil der durch diese gesetzliche Regelung gewollte Ausgleich für einen unverschuldeten Verlust von Beitragsausfällen nicht erforderlich ist; ein Beitragsausfall tritt nämlich nicht ein. Während der Zeit der Lohnfortzahlung mit einer für diese Zeit stattfindenden Entrichtung von Pflichtbeiträgen entsteht damit keine Ausfallzeit nach § 1259 Abs. 1 Nr. 1 RVO (vgl. Brackmann aaO Band II S. 308 x; Verbandskommentar aaO § 1255 Anm. 23; Mitt. LVA Rheinprovinz 1973, 58, 59; Mitt. Bundesknappschaft 1970, 15, 32; Teiche Mitt. LVA Berlin 1971, 113, 126).
Ebenso ist es bei der Zahlung von Entgelten und daraus entrichteten Beiträgen, die nicht bereits vom ersten Tag einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit an erfolgt, sondern erst zu einem späteren Zeitpunkt einsetzt. Die zuvor eingetretene Unterbrechung der versicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit endet, sobald Entgeltleistungen mit Pflichtbeiträgen aufgrund eben dieser Beschäftigung oder Tätigkeit erneut gewährt werden. Denn wer trotz Arbeitsunfähigkeit i. S. von § 1259 Abs. 1 Nr. 1 RVO Entgelt mit der Folge von Pflichtbeiträgen bezieht, dessen versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit ist nicht (mehr) unterbrochen. Hier tritt erneut der Sinn und Zweck einer Ausfallzeit in Erscheinung. Eine Ausfallzeit liegt nur dann (weiterhin) vor, wenn zu Ungunsten des Versicherten Pflichtbeitragsleistungen ausfallen, weil er wegen fehlender Arbeitsfähigkeit Entgelt nicht erzielen kann. Ist dies jedoch nicht (mehr) der Fall, wird Entgelt gezahlt und werden daraus Pflichtbeiträge entrichtet, fehlt es bereits begrifflich am Tatbestand der Ausfallzeit.
So ist es auch im Falle der Gewährung des Lohnausgleichs nach dem LTV. Hier setzt für den Versicherten ab 25. Dezember erneut eine Entgeltleistung aus dem Arbeits- und Beschäftigungsverhältnis ein. Für die Zeit ab 25. Dezember werden deswegen ebenfalls Pflichtbeiträge für den Versicherten entrichtet. Die Unterbrechung seiner versicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit ist damit von diesem Zeitpunkt an beendet. Dies hat zur Folge, daß die eine Arbeitsunfähigkeit bewirkende Erkrankung, die als vollen Kalendermonat nur den Dezember einschließt, nicht die Unterbrechung der versicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit für mindestens einen Kalendermonat bewirkt. Es fehlt demnach an diesem Tatbestandsmerkmal des § 1259 Abs. 1 Nr. 1 RVO. Eine Ausfallzeit ist in diesem Fall nicht entstanden.
Dem steht es nicht entgegen, daß die Beendigung der Unterbrechung i. S. von § 1259 Abs. 1 Nr. 1 RVO hier nicht durch eine tatsächliche Arbeitsaufnahme, durch die Ausübung der versicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit erfolgt ist. Das Merkmal der tatsächlichen Arbeitsleistung, die Ausübung der Beschäftigung, ist nicht ein notwendiger Bestandteil einer versicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit. Dienstbereitschaft des Arbeitnehmers und Verfügungsbefugnis des Arbeitgebers als die wesentlichen Kriterien der versicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit (vgl. BSGE 37, 10, 13 ff) müssen sich nicht stets in einem täglichen Vollzug des Arbeitsvertrages äußern. So hat der GrS für den Fall des Streiks entschieden, daß die fehlende Arbeitsleistung und die arbeitskampfbedingte weitgehende Einschränkung der Dienstbereitschaft des Arbeitnehmers noch nicht zu einer Unterbrechung der versicherungspflichtigen Beschäftigung führen. Dabei hat der GrS bereits auf den Wandel in der Auffassung hingewiesen, welche Wirkungen sich aus dem Fortfall der tatsächlichen Arbeitsleistung für den Fortbestand einer Beschäftigung im sozial-, speziell rentenversicherungsrechtlichen Sinn ergeben (aaO S. 13). Die bei einem Arbeitskampf andauernde Verhandlungsbereitschaft der Tarifpartner hat der GrS als den Ausdruck dafür angesehen, daß die Arbeitskampfgegner ihre wechselseitigen Beziehungen nicht als abgebrochen betrachteten, und hat daraus auf den wenigstens latenten oder grundsätzlichen Fortbestand der Dienstbereitschaft der Arbeitnehmer geschlossen (aaO S. 15). Trotz der Einwirkungen des Arbeitskampfes auf wesentliche Elemente des versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses – Wegfall von Arbeitsleistung, Entgeltbezug und Beitragsentrichtung, nur latenter Fortbestand von Dienstbereitschaft und Verfügungsbefugnis – ist der GrS zu dem Ergebnis gelangt, daß der Arbeitskampf das versicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnis nicht unterbricht, sondern nur suspendiert (aaO S. 16).
In gleicher Weise wird dann aber der Fortbestand des versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses nicht verhindert in Fällen der Unterbrechung lediglich der Arbeitsausübung, jedoch bei weiterlaufendem Entgeltbezug, z. B. im Fall des Erholungsurlaubs oder der Teilnahme an Bildungsmaßnahmen, wenn Entgelt fortgezahlt wird (vgl. Brackmann aaO Band II S. 308 w II mit weiteren Nachweisen). Die Entgeltzahlung und die Entrichtung von Pflichtbeiträgen hieraus für solche Zeiten hat gegenüber der tatsächlichen Arbeitseinstellung stärkeres Gewicht, umso mehr, als davon ausgegangen werden muß, daß während solcher Zeiten – ebenso wie während der Zeit einer vorübergehenden Arbeitsunfähigkeit – die Dienstbereitschaft des Arbeitnehmers und die Verfügungsmacht des Arbeitgebers im Grundsatz bestehen bleiben (vgl. BSGE 33, 254, 256 ff). So steht es auch dem Beginn eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses nicht entgegen, wenn trotz grundsätzlicher Arbeitsbereitschaft des Arbeitnehmers die beabsichtigte Arbeitsaufnahme unterbleibt, gleichwohl aber das vereinbarte Entgelt mit Pflichtbeiträgen hieraus geleistet wird (vgl. BSGE 26, 124, 126; 29, 30; 36, 161). Etwas anderes kann erst dann gelten, wenn eine Arbeitsruhe ohne Entgeltzahlung eintritt, insbesondere, wenn sie von unbestimmter Dauer ist (vgl. BSGE 20, 154, 156; 33, 254, 257). Es besteht zwar, wie der GrS ebenfalls bereits entschieden hat, keine Möglichkeit, generalisierende Grundsätze über die Qualifikation des versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses verbindlich für alle Versicherungszweige aufzustellen (vgl. BSGE 37, 10, 12). Die in der genannten Entscheidung des GrS vorgenommene Gleichsetzung des versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses i. S. der Rentenversicherung mit dem Begriff der versicherungspflichtigen Beschäftigung i. S. von § 1259 Abs. 1 Nr. 1 RVO läßt es jedoch zu, Sachverhalte, die dort dem Fortbestand nicht entgegenstehen, auch hier in gleicher Weise zu werten, da die Besonderheiten der Ausfallzeit insofern Abweichungen nicht erforderlich machen (vgl. BSGE 35, 234, 235).
Unter dem Gesichtspunkt, daß es Sinn und Zweck der Ausfallzeit widersprechen würde, wenn eine solche anerkannt würde für eine Zeit, während welcher der Versicherte eine Beitragszeit aufgrund einer versicherungspflichtigen Beschäftigung zurückgelegt hat, hat der 5. Senat des BSG deshalb in Anlehnung an die Rechtsprechung über die Arbeitsunfähigkeit in der Krankenversicherung den Fortbestand einer Ausfallzeit sogar für eine Zeit verneint, in der der Versicherte wegen langfristiger Erkrankung nicht in der Lage war, seine bisherige bzw. eine ähnliche Tätigkeit, wohl aber eine andere, ihm nach Treu und Glauben zumutbare – tatsächlich nicht verrichtete – Tätigkeit auszuüben (vgl. BSGE 35, 234, 236 = SozR Nr. 53 zu § 1259 RVO).
Es fehlt daher für die Monate Dezember, in denen dem Versicherten Lohnausgleich nach dem LTV gewährt und hiervon Beiträge entrichtet worden sind, am vollständigen Tatbestand einer Ausfallzeit i. S, von § 1259 Abs. 1 Nr. 1 RVO. Es liegt eine anrechenbare Ausfallzeit i. S. § 1255 Abs. 7 Satz 2 EVO nicht vor.
3. § 1255 Abs. 7 EVO kommt hier aber auch deswegen nicht zur Anwendung, weil es sich bei den vom Lohnausgleich nach dem LTV entrichteten Pflichtbeiträgen nicht um Beiträge i. S. des Satzes 2 dieser Vorschrift handelt.
§ 1255 Abs. 7 Satz 2 EVO wurde auf Beschluß des Ausschusses für Sozialpolitik zu dem Entwurf der Bundesregierung für das RVÄndG, der eine vollständige Streichung des Abs. 7 von § 1255 EVO vorgesehen hatte (BT-Drucks. IV/2572, Art. 1 § 1 Nr. 12 Buchst. e), in das RVÄndG aufgenommen (vgl. BT-Drucks. IV/3233, Art. 1 § 1 Nr. 12 Buchst. e; die Worte „sowie die während des Bezuges von Anpassungsgeld für entlassene Arbeitnehmer des Bergbaus” wurden durch Art. 2 des Gesetzes zur Änderung des Reichsknappschaftsgesetzes und anderer Gesetze vom 22. Dezember 1971 – BGBl I 2110 – eingefügt). Zur Begründung hat der Ausschuß lediglich, ausgeführt, daß die Ergänzung des § 1255 Abs. 7 RVO ein Absinken des für die Berechnung der persönlichen Bemessungsgrundlage maßgebenden Vomhundertsatzes vermeiden will (vgl. zu BT-Drucks. IV/3233 S. 5). Für den Anwendungsbereich des § 1255 Abs. 7 Satz 2 RVO ist dieser Begründung somit nichts zu entnehmen. Die allgemeinen Ausführungen des Ausschusses über seine Erwägungen im Zusammenhang mit der Bewertung beitragsloser Zeiten (aaO S. 4) helfen ebenfalls nicht weiter, weil die Regelung in § 1255 Abs. 7 Satz 2 RVO (wie übrigens auch in Satz 1) davon ausgeht, daß Beiträge entrichtet worden sind.
Nach dem Wortlaut des § 1255 Abs. 7 Satz 2 RVO muß es sich um Beiträge handeln, die während einer „anzurechnenden” Ausfallzeit entrichtet worden sind. Anrechenbar ist eine Ausfallzeit grundsätzlich dann, wenn ein Ausfallzeittatbestand i. S. von § 1259 Abs. 1 RVO vorliegt und im konkreten Versicherungsfall die sogenannte Halbdeckung oder Halbbelegung i. S. von § 1259 Abs. 3 RVO gegeben ist (vgl. Verbandskommentar aaO, § 1259 Anm. 2, 37, 38; Hanow-Lehmann-Bogs aaO, § 1259 Anm. 121 ff; vgl. auch BSG 17, 290). Die Voraussetzungen der Anrechenbarkeit einer Ausfallzeit nach § 1259 Abs. 1 und Abs. 3 RVO erfüllen jedoch noch nicht schlechthin auch den Begriff der Anrechenbarkeit i. S. von § 1255 Abs. 7 Satz 2 KVO. Wäre dies so, dann müßte nämlich jeder in dieser Zeit entrichtete Beitrag mit den Rechtsfolgen aus dieser Vorschrift unberücksichtigt bleiben, solange der Ausfallzeittatbestand i. S. des § 1259 Abs. 1 RVO fortbesteht. Der Grundsatz des Vorrangs von Beitragszeiten vor Ausfallzeiten wäre hier also seiner Gültigkeit beraubt. Es bedarf keiner näheren Begründung, daß eine Ausnahmevorschrift wie der § 1255 Abs. 7 Satz 2 RVO einen so weitreichenden Eingriff in das geltende Prinzip der Rentenbemessung nicht haben kann. Ausnahmen hiervon können nur dort anerkannt werden, wo sie entweder ausdrücklich angeordnet sind oder wo eine Abweichung von dem Prinzip des Vorrangs von Beitragszeiten wegen besonderer Sachgestaltung in Wahrheit nicht vorliegt (BSGE 19, 239, 240).
Für den Anwendungsbereich des § 1255 Abs. 7 Satz 2 KVO kommt sicherlich der freiwillig entrichtete Beitrag (§§ 1233, 1234, 1255 Abs. 5 KVO) in Betracht. Die Entrichtung freiwilliger Beiträge erfolgt zwar für den Kalendermonat (§ 1407 Abs. 2 KVO); sie ist aber nicht geeignet, das Entstehen oder den Fortbestand einer Ausfallzeit zu verhindern. Denn der freiwillige Beitrag wird nicht auf der Basis einer der Tatbestände entrichtet, die in § 1259 Abs. 1 KVO bezeichnet werden. Freiwillige Beiträge können trotz Arbeitsunfähigkeit, Schwangerschaft, SWG-Bezug o.ä. entrichtet werden. Sie berühren den Ausfallzeittatbestand sonach in keiner Weise. Nach der Entscheidung des 1. Senats des BSG vom 23. März 1966 – 1 RA 221/62 – (SozR Nr. 6 zu § 1255 KVO) werden die während einer anrechenbaren Ausfallzeit entrichteten freiwilligen Beiträge nicht einmal bei der Ermittlung der persönlichen Rentenbemessungsgrundlage berücksichtigt. Diese Entscheidung ist allerdings nicht ohne widerspruch geblieben (vgl. Brackmann aaO, Band III S. 702 b II mit weiteren Nachweisen). In Rechtsprechung und Literatur werden jedenfalls die während einer Ausfallzeit entrichteten freiwilligen Beiträge als einer der wesentlichen Anwendungsfälle des § 1255 Abs. 7 Satz 2 KVO angesehen (vgl. BSG in SozR Nr. 13 zu § 1255 KVO; Verbandskommentar aaO, § 1255 Anm. 23, § 1260 a Anm. 2; Hanow-Lehmann-Bogs aaO, § 1255 Anm. 28; Gottmann, Amtl. Mitt. LVA Rheinprovinz 1965, 229, 231; Gellhorn, BABl 1965, 588, 591; Teiche Mitt. LVA Berlin 1971, 113, 127; Ludwig, DRV 1972, 216, 218). Dieser Auffassung ist auch deshalb zuzustimmen, weil freiwillige Beiträge in der Regel von dem Versicherten allein aufgebracht werden (§§ 1385 Abs. 4, 1388, 1407 KVO; vgl. Brackmann aaO, Band III S. 640 m) und es nicht angehen kann, diese aus eigenem Entschluß zur Rentensteigerung während einer (Ausfall-)Zeit aufgewendeten Mittel, in der der Versicherte häufig ohnedies eine Einkommensminderung hinnehmen muß, dadurch zu entwerten, daß er deshalb den Rechtsvorteil der Ausfallzeit (§§ 1255 a, 1260 a KVO) verliert, wenn die Anrechnung der Ausfallzeit für ihn günstiger ist (in der Regel bei niedrigen freiwilligen Beiträgen).
Es wird ferner angenommen, daß § 1255 Abs. 7 Satz 2 RVO auf solche Beiträge anwendbar ist, die formal als Pflichtbeiträge entrichtet wurden, obwohl eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit nicht (oder nicht mehr) zugrunde lag. Hierbei wird auf die Beiträge der Reichsanstalt für Arbeit verwiesen, die diese gemäß § 129 AVAVG vom 16. Juli 1927 (EGBl I 187) in der Zeit vom 1. Oktober 1927 bis 31. Dezember 1933 für die Dauer der Arbeitslosigkeit eines Versicherten zu entrichten hatte, um die Anwartschaften nach § 1280 EVO aF, § 54 Abs. 1 AVG aF, § 76 RKnG aF zu erhalten (vgl. Gottmann, Amtl. Mitt. der LVA Rheinprovinz 1965, 229 ff; Gellhorn, BABl 1965, 588 ff). Bereits seit dem 25. Dezember 1926 hatten für diese Personen die Gemeinden die notwendigen Beiträge zu entrichten (§ 26 a der Verordnung über Erwerbslosenfürsorge vom 16. Februar 1924 in der Fassung des Gesetzes vom 10. Dezember 1926 – EGBl I 493; vgl. Koch/Hartmann, Kommentar zum AVG, Stand Mai 1942/April 1943, § 32 Anm. 5 zu § 1267 EVO, S. 221). Angeführt werden ferner Pflichtbeiträge eines Rentenbeziehers seit 1. August 1956 – in der ehemaligen britischen Zone bereits vom 1. November 1945 bis 30. November 1946 – (vgl. die Nachweise bei Frank, DRV 1969, 272, 273; ferner Gottmann, Mitt. LVA Rheinprovinz 1965, 229, 231) oder Pflichtbeiträge für eine Schul- oder Hochschulausbildung, wie sie nach 1945 in Berlin vorgeschrieben waren (vgl. Verbandskommentar aaO, § 1255 Anm. 23). Gleiches wurde angenommen für Beitragszeiten von Studenten in der DDR nach §§ 1 und 2 der Verordnung über die Sozialpflichtversicherung der Studenten, Hoch- und Fachschüler vom 2. Februar 1950 – GBl DDR S. 71 – (vgl. Gottmann, Amtl. Mitt. LVA Rheinprovinz 1965, 229, 231; Brackmann aaO, Band III S. 702 b). Dazu hat allerdings der 11. Senat des BSG entschieden, daß diese Zeiten Beitragszeiten i. S. von § 15 des Fremdrentengesetzes –FRG– und damit nicht Ausfallzeiten sind (BSG in SozR Nr. 16 zu § 15 FRG; vgl. auch Verbandskommentar aaO, § 1255 Anm. 23).
Eine klare Ausnahmeregelung in bezug auf die Nichtanrechnung von Pflichtbeiträgen ergibt sich schließlich aus den Nrn. 5 und 6 des § 1259 Abs. 1 RVO. Bei Vorliegen der dort genannten Voraussetzungen werden bestimmte Zeiten des Rentenbezugs Ausfallzeiten. Hat der Versicherte während solcher Zeiten Pflichtbeiträge entrichtet, bleiben diese nach § 1255 Abs. 7 Satz 2 RVO unberücksichtigt (vgl. Verbandskommentar aaO, § 1255 Nr. 23; Teiche Mitt. LVA Berlin 1971, 113, 127; Ludwig, DRV 1972, 216, 219; Frank, DRV 1969, 272, 280; Mitt. LVA Rheinprovinz 1973, 58, 59 – Teilziff. 3 –).
Für die Pflichtbeiträge aus dem Bezug des Lohnausgleichs nach dem LTV besteht keine sondergesetzliche Regelung. § 1255 Abs. 7 Satz 2 RVO kann auf Fälle dieser Art, in denen für den Versicherten Beiträge aufgrund eines Entgelts entrichtet wurden, wie wenn er tatsächlich gearbeitet hätte, nicht angewandt werden. Entstehungsgeschichte und Zielsetzung des § 1255 Abs. 7 Satz 2 RVO machen deutlich, daß diese Ausnahmevorschrift, zumal in Verbindung mit § 1260 a RVO eine so ungewöhnliche, von den sonstigen Regelungen der RVO über die Rentenbemessung stark abweichende Vergünstigung für den Versicherten darstellt, daß sie eng auszulegen ist. Nur in Sonderfällen können daher Pflichtbeiträge bei der Pest Stellung der Rentenbemessungsgrundlage außer Betracht bleiben und, soweit sie für Zeiten nach 1956 entrichtet sind, durch Steigerungsbeträge berücksichtigt werden. Diese Privilegierung kann jedenfalls nicht für Pflichtbeiträge gelten, die aufgrund einer versicherungspflichtigen Beschäftigung nach Art und Höhe so entrichtet worden sind, als wenn der Versicherte tatsächlich gearbeitet hätte. So ist es auch bei Pflichtbeiträgen für den Lohnausgleich nach dem LTV. Im Fall des Klägers müssen die Monate Dezember 1959 und 1965 daher als Beitragszeiten gewertet werden; § 1255 Abs. 7 Satz 2 RVO kommt nicht zum Zuge. Diese Rechtsfolge hat zwar für den Kläger die schon erwähnten nachteiligen Auswirkungen auf die Hohe seines Altersruhegeldes. Allein deswegen rechtfertigt sich jedoch nicht die geforderte Anwendung des § 1255 Abs. 7 Satz 2 RVO. Der bloße Hinweis auf das Schutzbedürfnis des Versicherten vor einer Rentenminderung als Folge geringer Beiträge läßt dies jedenfalls nicht zu. Dazu muß nämlich festgestellt werden, daß auch sonst nicht jeder geringe Beitrag außer Betracht bleibt. Hätte der Kläger hier z. B. während der Ausgleichszeiträume tatsächlich gearbeitet, stände außer Frage, daß die Monate Dezember 1959 und 1965 nur als Beitragsmonate berücksichtigt werden konnten (§ 1250 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 3 RVO). Es wäre wenig einsichtig, die Sachlage anders zu beurteilen, wenn er nicht gearbeitet hat, gleichwohl für denselben Zeitraum aber entsprechende Beiträge aufgrund versicherungspflichtiger Beschäftigung entrichtet worden wären. Auch hier kann die vom Gesetz aufgestellte Forderung nicht übersehen werden, daß eine Ausfallzeit – jedenfalls nach § 1259 Abs. 1 Hrn. 1–3 RVO – nur vorliegt, sofern sie einen vollen Kalendermonat andauert. Der Gesetzgeber nimmt es dabei in Kauf, daß selbst beim Fehlen nur eines einzigen Tages an dieser Zeit, an dem der Versicherte z. B. noch versicherungspflichtig tätig war, der volle Monat nicht als Ausfallzeit berücksichtigt wird, sondern – bei diesem Beispiel – als Beitragsmonat mit dem nur geringeren Beitragsanteil der Arbeit für einen Tag. Es ist darüber hinaus auch nicht einzusehen, weshalb derjenige Versicherte, der Teilbeiträge für einen Monat aufgrund einer Teilbeschäftigung entrichtet hat (der also gearbeitet hat), gegenüber demjenigen, der ebenfalls nur entsprechende Teilbeiträge, jedoch – wie hier – ohne Arbeitsleistung, entrichtet hat, dadurch benachteiligt werden soll, daß jenem dieser Monat als Beitragsmonat angerechnet wird, diesem jedoch als Ausfallzeit; dabei bleibt die nach dem Gesetz vorgesehene zusätzliche Begünstigung des Letzteren nach § 1260 a RVO sogar noch außer Betracht. § 1255 Abs. 7 Satz 2 RVO kann jedenfalls nicht zum Ziel haben, daß sich die für den erkrankten Versicherten durch § 1259 Abs. 1 Nr. 1 RVO in Verbindung mit § 1255 a RVO bezweckte Vermeidung von Nachteilen für ihn im Verhältnis zu dem arbeitenden Versicherten als Vorteil auswirkt.
Letztlich dürfte es auch kaum möglich sein, die Grenze festzustellen, bis zu der für den Versicherten überhaupt die Anwendung des § 1255 Abs. 7 Satz 2 RVO noch eine Begünstigung darstellt. Das hängt einmal von der Bewertung der Teilbeiträge im „Ausfallmonat”, zum anderen aber auch von der Höhe der für den „Ausfallmonat” statt dessen gemäß §§ 1255 Abs. 7 Satz 2, 1255 a RVO für die Rentenbemessung zu berücksichtigenden Werte ab. Diese können im Einzelfall sehr verschieden sein. Nicht immer führt danach die Nichtberücksichtigung von Teilbeträgen während eines „Ausfallmonats” zu einer Begünstigung des Versicherten, was aber das entscheidende Argument für die Anwendung des § 1255 Abs. 7 Satz 2 RVO in diesen Fällen wäre. Die Anwendung des § 1255 Abs. 7 Satz 2 RVO aber davon abhängig zu machen, daß eine Begünstigung stattfindet, würde auf eine Auslegung dieser Vorschrift nach dem Prinzip der Meistbegünstigung hinauslaufen, abgesehen von dem für die Versicherungsträger dadurch entstehenden Verwaltungsaufwand einer notwendigen Vergleichsberechnung in solchen Fällen.
Unter Berücksichtigung aller Erwägungen kommt der Große Senat somit zu dem Ergebnis, daß durch die Entrichtung von Pflichtbeiträgen für den Lohnausgleich nach dem LTV die Monate Dezember 1959 und 1965 in dem zugrunde liegenden Fall als Beitragsmonate nach § 1250 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 3 RVO anzusehen sind und mangels besonderer Ausnahmeregelung dadurch die Entstehung einer Ausfallzeit als Folge der Arbeitsunfähigkeit des Klägers gemäß § 1259 Abs. 1 Nr. 1 RVO verhindert wird. Demgemäß ist für die Anwendung des § 1255 Abs. 7 Satz 2 RVO auf diese Beiträge kein Kaum (so auch Verbandskommentar aaO, § 1255 Anm. 23 Buchst. b, § 1259 Anm. 4; Mitt. LVA Rheinprovinz 1973, 58, 59).
4. Als Folge dieser Entscheidung des GrS erübrigt es sich, auf die Frage Nr. 2 des Vorlagebeschlusses einzugehen.
Unterschriften
Präsident Prof. Dr. Wannagat ist infolge Krankheit an der Unterschriftsleistung gehindert, Dr. Dapprich, Dr. Dapprich, Dr. Brocke, Dr. Baresel, Dr. Buss, Dr. Burdenski, Schröder, Hennig
Fundstellen