Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde des Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 28. Januar 1998 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte hat dem Kläger die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu erstatten.
Gründe
Der Kläger begehrt wegen schwerer Folgen einer als Soldat der Bundeswehr in einem Bundeswehrkrankenhaus durchgeführten Operation Leistungen nach dem Soldatenversorgungsgesetz (SVG).
Die beklagte Versorgungsverwaltung (Beklagter) lehnte seinen Antrag ab. Das Sozialgericht (SG) hat die dagegen erhobene Klage abgewiesen, weil die nach der Operation des Hirntumors des Klägers aufgetretenen Sehstörungen nicht in wehrdiensteigentümlichen Verhältnissen begründet seien. Das Landessozialgericht (LSG) hat das Urteil des SG aufgehoben und der Klage stattgegeben, weil nach den Umständen des Falles wehrdiensteigentümliche Verhältnisse die wesentliche Bedingung für die nachteiligen gesundheitlichen Folgen der Behandlung des Klägers darstellten. Die Revision hat das LSG nicht zugelassen.
Die Beschwerde, mit der der Beklagte als Zulassungsgrund ausschließlich die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend macht (§ 160 Abs 2 Nr 1 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫), ist zwar zulässig, jedoch unbegründet.
Zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung muß der Beschwerdeführer wenigstens eine Rechtsfrage aufwerfen, die – über den Einzelfall hinaus – aus Gründen der Rechtseinheit oder -fortbildung einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Es muß daher anhand des anwendbaren Rechts sowie unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung und des Schrifttums angegeben werden, welche Rechtsfragen sich stellen, daß diese Rechtsfragen noch nicht geklärt sind, weshalb ihre Klärung aus Gründen der Rechtseinheit oder Fortbildung des Rechts erforderlich ist und daß das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten läßt (vgl Bundessozialgericht ≪BSG≫ in ständiger Rechtsprechung, zB SozR 1500 § 160a Nrn 31, 39, 59, 65; SozR 3-4100 § 111 Nr 1; BVerfG SozR 3-1500 § 160a Nr 7 sowie den unveröffentlichten Beschluß des Senats vom 3. Dezember 1997 – 9 BVg 3/97 –). Diesen Anforderungen hat der Beklagte hier genügt. Er hat die Rechtsfrage aufgeworfen, „sind die nachteiligen gesundheitlichen Folgen einer Operation, die wegen eines vor Beginn des Wehrdienstes entstandenen „eingebrachten”) Leidens indiziert war, grundsätzlich auch dann eine Wehrdienstbeschädigung iS des § 81 Abs 1 SVG, wenn die Operation nach ausreichender Aufklärung über die Behandlungsrisiken lege artis vorgenommen wurde und die truppenärztliche Behandlung zwar nicht aus vitaler Indikation, wohl aber zur Vermeidung einer bei nicht operativer Behandlung zu erwartenden Verschlechterung des Leidens erfolgte und kein Anhaltspunkt dafür gegeben ist, daß sich die truppenärztliche Behandlung anders als in einem zivilen Krankenhaus gestaltet hat.” Er hat zudem ausgeführt, daß diese Rechtsfrage klärungsbedürftig sei. Dies ist entgegen seiner Auffassung indessen nicht der Fall, denn das BSG hat die aufgeworfene Rechtsfrage schon geklärt.
Höchstrichterlich geklärt ist eine Rechtsfrage auch bereits dann, wenn das Revisionsgericht sie zwar noch nicht in der formulierten Fassung entschieden hat, aber zur Auslegung der anzuwendenden gesetzlichen Begriffe bereits höchstrichterliche Entscheidungen ergangen sind, die ausreichende Anhaltspunkte zur Beurteilung der von der Beschwerde als grundsätzlich herausgestellten Rechtsfrage geben. In derartigen Fällen geht es im zu entscheidenden Fall nämlich nur um die Anwendung der von der Rechtsprechung erarbeiteten Grundsätze auf den vorliegenden Sachverhalt (vgl dazu Kummer, Die Nichtzulassungsbeschwerde, 1990, RdNr 117 mwN). So liegt es hier. Das BSG hat in mehreren – auch vom Beklagten angeführten – Entscheidungen die aufgeworfene Rechtsfrage umfassend und so deutlich geklärt, daß dadurch auch die rechtliche Einordnung des hier zu behandelnden Sachverhalts eindeutig vorgezeichnet ist. So hat der Senat in einem Fall, in dem der dortige Kläger – ein Soldat der Bundeswehr – wegen einer angeborenen Nasenscheidenwandverbiegung in einem Bundeswehrkrankenhaus – offenbar nach ordnungsgemäßer Aufklärung und auch kunstgerecht – operiert worden war und es erst nach der Operation zu einem Schockzustand mit Nierenversagen kam, der eine längere, erfolgreiche Behandlung auf der Intensivstation erforderlich machte, nicht nur, wie der Beklagte meint, in einem Nebensatz angedeutet, sondern unter ausdrücklichem Hinweis auf die bisherige Rechtsprechung die zusprechende Entscheidung des LSG bestätigt und – obwohl die Revision sich gegen diesen Punkt nicht gewandt hatte – betont, in derartigen Fällen liege eine Wehrdienstbeschädigung vor. Die Verpflichtung des Soldaten, sich gesundzuhalten, und insoweit ohne freie Arzt- und Krankenhauswahl die Weisungen des truppenärztlichen Dienstes zu befolgen, reiche aus, Schäden infolge dieser Art von Behandlungen dem Wehrdienst zuzurechnen (BSG SozR 3-3200 § 81 Nr 1). Damit hat er die Rechtsprechung, auf die er Bezug nimmt (BSGE 57, 171 = SozR 3200 § 81 Nr 29 und BSG SozR 3200 § 80 Nr 2), verallgemeinert zusammengefaßt. Im erstgenannten Fall, in dem das operierende Bundeswehrkrankenhaus nicht in der Lage war, die ausgeführte Spezialoperation ordnungsgemäß vorzunehmen, die Behandlung deshalb in einer Spezialklinik hätte vorgenommen werden müssen, es dies aber dem Soldaten nicht mitgeteilt hatte, hat das BSG die Rechtssätze aufgestellt: Ein Soldat, der durch einen Offizier der Bundeswehr behandelt wird, tue dies nicht nur im eigenen Interesse, sondern zugleich auch wegen seiner Pflicht zur gesteigerten Gesunderhaltung. Die Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit des ärztlichen Eingriffs, die von einer gebotenen Belehrung (Aufklärung des Patienten) abhängt, sei für das Versorgungsrecht nicht bedeutsam. Bereits die Vorstellung des Soldaten, er müsse sich durch Truppenärzte behandeln lassen, reiche für die Annahme einer Wehrdiensteigentümlichkeit aus. Eine Bindung der Gerichte an Operationserlasse „der Bundeswehr” bestehe nicht. In der Entscheidung BSG SozR 3200 § 80 Nr 2 heißt es: Die in einer zivilen Klinik auf truppenärztliche Anweisung stattfindenden Operationen, bei denen es zu einer unvorhergesehenen Verletzung des Soldaten komme, seien durch wehrdiensteigentümliche Verhältnisse herbeigeführt worden. Die Ausgestaltung der Heilfürsorge für Soldaten unterscheide sich von den außerhalb der Bundeswehr herrschenden Verhältnisse deutlich.
Diese rechtlichen Anhaltspunkte reichen zur Beurteilung auch des hier zu entscheidenden Falles aus. Das hat das LSG zutreffend erkannt und danach entschieden.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen
Haufe-Index 1175989 |
NVwZ-RR 1999, 323 |