Verfahrensgang
SG für das Saarland (Entscheidung vom 30.11.2017; Aktenzeichen S 9 R 489/12) |
LSG für das Saarland (Urteil vom 04.06.2019; Aktenzeichen L 1 R 6/18) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts für das Saarland vom 4. Juni 2019 wird als unzulässig verworfen.
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
I
Mit Urteil vom 4.6.2019 hat das LSG für das Saarland einen Anspruch des Klägers auf Gewährung einer Erwerbsminderungsrente verneint.
Gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung hat der Kläger am 15.7.2019 Beschwerde zum BSG eingelegt, die er mit Schriftsatz vom 20.8.2019 begründet hat.
II
1. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 2 und 3 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter als unzulässig zu verwerfen. Die Beschwerdebegründung vom 20.8.2019 genügt nicht der nach § 160a Abs 2 Satz 3 SGG gebotenen Form. Der Kläger hat darin den allein geltend gemachten Zulassungsgrund der Divergenz (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) nicht in der nach § 160a Abs 2 Satz 3 SGG gebotenen Weise dargelegt.
Divergenz iS von § 160 Abs 2 Nr 2 SGG bedeutet Widerspruch im Rechtssatz, nämlich das Nichtübereinstimmen tragender abstrakter Rechtssätze, die zwei Urteilen zugrunde gelegt sind. Zur ordnungsgemäßen Darlegung einer Divergenz sind ein entscheidungstragender Rechtssatz oder mehrere derartige Rechtssätze aus dem Berufungsurteil und zu demselben Gegenstand gemachte und fortbestehende aktuelle abstrakte Aussagen aus einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmSOGB) oder des BVerfG einander gegenüberzustellen; zudem ist näher zu begründen, weshalb diese nicht miteinander vereinbar sind und inwiefern die Entscheidung des LSG auf der Abweichung beruht (stRspr; vgl zB BSG Beschluss vom 29.3.2007 - B 9a VJ 5/06 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 13 RdNr 17; BSG Beschluss vom 19.7.2012 - B 1 KR 65/11 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 32 RdNr 21; ferner Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl 2020, § 160a RdNr 15 ff mwN). Nicht ausreichend ist es hingegen, wenn die fehlerhafte Anwendung eines als solchen nicht in Frage gestellten höchstrichterlichen Rechtssatzes durch das Berufungsgericht geltend gemacht wird (bloße Subsumtionsrüge), denn nicht die Unrichtigkeit einer Entscheidung im Einzelfall, sondern nur eine Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen ermöglicht die Zulassung der Revision wegen Divergenz (vgl BSG Beschluss vom 25.9.2002 - B 7 AL 142/02 B - SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 72 f; BSG Beschluss vom 24.4.2015 - B 13 R 37/15 B - juris RdNr 6). Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung vom 20.8.2019 nicht.
Der Kläger bringt vor, nach Überzeugung des LSG sei der Leistungsfall erst am 24.4.2016 eingetreten, bezogen auf diesen Zeitpunkt fehle es aber an den erforderlichen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruchs auf eine Rente wegen Erwerbsminderung. Bezogen auf den Zeitraum davor habe das LSG den Rechtssatz aufgestellt: "Der Kläger kann noch körperlich leichte Tätigkeiten mindestens sechs Stunden arbeitstäglich, d.h. an fünf Tagen in der Woche, verrichten und trotz angenommenen Tätigkeitsausschlüssen waren diese bei dem Kläger nicht derart gravierend, dass ausnahmsweise eine Verschlossenheit des Arbeitsmarktes anzunehmen wäre." Damit benennt der Kläger keinen entscheidungstragenden abstrakten Rechtssatz, mit dem das LSG von einem abstrakten Rechtssatz in einer Entscheidung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG abgewichen sein könnte. Vielmehr gibt er lediglich die vom LSG im vorliegenden Fall festgestellten Tatsachen zu seinem Leistungsvermögen wieder. Dem stellt er unter ausführlicher Darstellung der bis zur Beschwerdeeinlegung ergangenen Rechtsprechung des BSG, insbesondere der Entscheidung des Großen Senats vom 19.12.1996 (BSGE 80, 24, 39 = SozR 3-2600 § 44 Nr 8 S 33), seine eigene Bewertung gegenüber. Danach liege bei ihm eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor, denn zusätzlich zum Erfordernis, einen schnellen Zugang zur Toilette zu haben, bestehe eine Vielzahl weiterer, vom Kläger im Einzelnen aufgelisteter qualitativer Leistungseinschränkungen sowie eine eingeschränkte Wegefähigkeit. Nach seiner Auffassung habe ihm daher eine konkrete Verweisungstätigkeit benannt werden müssen. Das LSG habe hingegen seine weiteren qualitativen Leistungseinschränkungen nicht berücksichtigt und nicht einmal in den Entscheidungsgründen benannt, sodass es fälschlicherweise davon ausgegangen sei, er habe eine Tätigkeit unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes verrichten können. Damit wendet sich der Kläger im Kern gegen die Richtigkeit der LSG-Entscheidung. Derartiges Vorbringen reicht wie erwähnt nicht aus, um den Zulassungsgrund der Divergenz darzulegen. Sollte der Kläger mit seinem Vorbringen zugleich eine fehlerhafte Beweiswürdigung durch das LSG rügen wollen, wäre der damit allenfalls sinngemäß geltend gemachte Verfahrensmangel (Zulassungsgrund nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG) nicht in der nach § 160a Abs 2 Satz 3 SGG erforderlichen Weise bezeichnet worden (vgl dazu zuletzt etwa BSG Beschluss vom 18.11.2020 - B 13 R 194/19 B - juris RdNr 4 mwN). Im Übrigen kann eine Verfahrensrüge nicht auf eine Verletzung des § 128 Abs 1 Satz 1 SGG gestützt werden (vgl § 160 Abs 2 Halbsatz 2 SGG).
Da der Kläger keinen entscheidungstragenden abstrakten Rechtssatz des LSG benennt, mit dem dieses von einer Entscheidung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG abgewichen sein könnte, hat er schon deswegen keine - wegen des zeitlichen Ablaufs allenfalls sinngemäß mögliche - Abweichung von der inzwischen ergangenen Entscheidung des Senats zur Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen (Urteil vom 11.12.2019 - B 13 R 7/18 R - BSGE 129, 274 = SozR 4-2600 § 43 Nr 22) dargelegt (vgl zu Konstellationen, in denen ausnahmsweise eine Abweichung von einer erst nach Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist ergangenen Entscheidung in Betracht zu ziehen sein könnte, Hauck in Hennig, SGG, Stand der Einzelkommentierung: September 2019, § 160a RdNr 343 mwN).
2. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen (§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG). Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 Abs 1 und 4 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI14366193 |