Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache. Willkürverbot
Orientierungssatz
1. Zur Begründung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache reicht nicht aus, das Interesse der Allgemeinheit an einer einheitlichen Rechtsprechung und Fortentwicklung des Rechts sei berührt.
2. Das Willkürverbot kommt nur in Ausnahmefällen und nicht schon bei jedem Fehler in der Rechtsanwendung in Betracht. Die Gerichtsentscheidung muß nicht nur offensichtlich fehlerhaft, sondern darüber hinaus sachlich schlechthin unvertretbar und damit objektiv willkürlich sein.
Normenkette
SGG § 160 Abs 2 Nr 1, § 160a Abs 2 S 3; GG Art 3 Abs 1
Verfahrensgang
LSG Baden-Württemberg (Entscheidung vom 25.01.1989; Aktenzeichen L 2 U 108/88) |
Gründe
Der Kläger ist mit seinem Begehren, den am 30. August 1985 erlittenen Unfall als Arbeitsunfall anzuerkennen, ohne Erfolg geblieben (Bescheid der Beklagten vom 28. Januar 1986; Widerspruchsbescheid vom 25. August 1986; Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 27. Oktober 1987; Urteil des Landessozialgerichts - LSG - Baden-Württemberg vom 25. Januar 1989). Das LSG hat dies ua damit begründet, daß die am Unfalltag erstmalig unternommene 10 km lange Radtour mit anschließendem längeren Gaststättenaufenthalt einiger Teilnehmer der "Squash"-Sportgruppe weder als Betriebssportveranstaltung noch als betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung zu qualifizieren und demgemäß Versicherungsschutz zu verneinen sei. Dies habe auch unter dem Gesichtspunkt zu gelten, daß dem Kläger als Obmann der Betriebssportgruppe "Squash" der Kontakt zum Unternehmer obliege.
Die Revision ist nicht durch das Bundessozialgericht (BSG) zuzulassen; denn die Beschwerde hat keinen Zulassungsgrund iS des § 160 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in der nach § 160a Abs 2 Satz 3 SGG gebotenen Form schlüssig dargelegt.
Der Beschwerdeführer weist zwar auf Zulassungsgründe hin, die in § 160 Abs 2 SGG aufgeführt sind. Er macht geltend, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung, ob ein Obmann einer Betriebssportgruppe, selbst wenn er nicht betrieblich tätig sei, auch dann unter Versicherungsschutz stehe, wenn er in dieser seiner Funktion den Kontakt zwischen dem Unternehmer und der Betriebssportgruppe zu pflegen habe. Das Berufungsgericht habe auch den Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, da es sich nicht mit dem Vortrag des Klägers, als Obmann während der Fahrradtour tätig gewesen zu sein, auseinandergesetzt habe. Zudem habe das LSG willkürlich gehandelt, weil es den Vortrag des Klägers nicht für das verwandt habe, was dieser sagen wollte und gesagt hat.
Mit diesem Vorbringen sind die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht so "dargelegt" und "bezeichnet", wie dies § 160a Abs 2 Satz 3 SGG verlangt. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG erfordert diese Vorschrift, daß die Zulassungsgründe schlüssig dargetan werden (BVerfG SozR 1500 § 160a Nr 44; BSG SozR 1500 § 160a Nrn 34, 47, 54 und 58). Daran fehlt es der Beschwerde.
1. Zur Begründung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache
iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG ist ua zu erläutern, daß und warum in dem angestrebten Revisionsverfahren eine Rechtssache erheblich sein würde, die über den Einzelfall hinaus allgemeine Bedeutung hat (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 39). Hierzu hätte es eines Eingehens darauf bedurft, daß der Rechtssache allgemeine Bedeutung zukommt, dh die Interessen der Allgemeinheit berührt werden. Es ist nicht dargetan, daß das Interesse der Allgemeinheit an einer einheitlichen Rechtsprechung und Fortentwicklung des Rechts berührt ist (Meyer-Ladewig, SGG, 3. Aufl, RdNr 6 zu § 160 mwN).
2. Der Anspruch auf rechtliches Gehör (Art 103 Grundgesetz - GG-;
§ 62 SGG) bedeutet, daß das entscheidende Gericht die Ausführungen der Prozeßbeteiligten zur Kenntnis nehmen und in Erwägung ziehen muß. Nur dann, wenn sich im Einzelfall klar ergibt, daß das Gericht dieser Verpflichtung nicht nachgekommen ist, kann Art 103 GG verletzt sein (vgl ua BVerfGE 63, 177, 179 f). Selbst nach dem Vortrag des Klägers sind diese Voraussetzungen nicht gegeben. Er meint, das Berufungsgericht habe zwar den Versicherungsschutz des Klägers als Obmann geprüft, es hätte diese dem Kläger auferlegte Obliegenheit aber unter einem anderen rechtlichen Gesichtspunkt würdigen und daraus andere rechtliche Folgerungen ziehen müssen. Damit rügt der Kläger eine fehlerhafte Rechtsanwendung. Indessen ist Gegenstand des Verfahrens über die Nichtzulassungsbeschwerde nicht die Frage, ob das LSG richtig entschieden hat(BSG SozR 1500 § 160a Nr 7). Von Verfassungs wegen besteht auch bei einer offensichtlichen Fehlerhaftigkeit des Berufungsurteils - zu deren Annahme im gegenwärtigen Fall jedoch nicht der geringste Anhalt besteht - kein Anspruch auf die Zulassung der Revision (BVerfG Beschluß vom 4. Januar 1979 - 2 BvR 922/78 - RzW 1979, 109).
3. Ebensowenig legt der Kläger die Verletzung des Willkürverbots
(Art 3 Abs 1 GG) durch das Berufungsgericht dar. Er sieht es als Willkür an, wenn der Richter den Vortrag einer Partei nicht für das verwendet, was die Partei sagen wollte und gesagt hat. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist darauf jedoch nicht abzuheben. Das Willkürverbot kommt nur in Ausnahmefällen und nicht schon bei jedem Fehler in der Rechtsanwendung in Betracht (ua BVerfGE 42, 64, 74; 62, 189, 192). Selbst eine zweifelsfrei fehlerhafte Rechtsanwendung begründet noch keinen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz. Hinzu kommen muß vielmehr, daß die fehlerhafte Rechtsanwendung unter Berücksichtigung der das GG beherrschenden Gedanken nicht mehr verständlich ist und sich daher der Schluß aufdrängt, daß sie auf sachfremden Erwägungen beruht (BVerfGE 62, 189, 192 mwN; 67, 90, 94). Die Gerichtsentscheidung muß also nicht nur offensichtlich fehlerhaft, sondern darüber hinaus sachlich schlechthin unvertretbar und damit objektiv willkürlich sein (BVerfGE 62, 189, 192). Insoweit fehlt jegliche Einlassung des Klägers.
Die Beschwerde ist sonach nicht geeignet, dem Kläger die Revision zu eröffnen; das Rechtsmittel ist zu verwerfen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen