Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Nichtzulassungsbeschwerde. grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache. Klärungsbedürftigkeit der Rechtsfrage. höchstrichterliche Klärung
Orientierungssatz
Als bereits höchstrichterlich geklärt ist eine Rechtsfrage auch dann anzusehen, wenn das Revisionsgericht bzw das BVerfG diese zwar noch nicht ausdrücklich entschieden hat, jedoch schon eine oder mehrere höchstrichterliche Entscheidungen ergangen sind, die ausreichende Anhaltspunkte zur Beurteilung der von der Beschwerde als grundsätzlich herausgestellten Rechtsfrage geben (vgl BSG vom 16.4.2018 - B 8 SO 2/18 B = juris RdNr 9).
Normenkette
SGG § 160a Abs. 1 S. 1, § 160 Abs. 2 Nr. 1
Verfahrensgang
SG Meiningen (Entscheidung vom 20.09.2017; Aktenzeichen S 15 AS 2645/15) |
Thüringer LSG (Urteil vom 22.03.2018; Aktenzeichen L 9 AS 1257/17) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Thüringer Landessozialgerichts vom 22. März 2018 wird als unzulässig verworfen.
Der Antrag der Klägerin, ihr für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe zu bewilligen und Rechtsanwältin B. K. beizuordnen, wird abgelehnt.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in der bezeichneten Entscheidung des LSG ist als unzulässig zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 iVm § 169 Satz 2 SGG).
Nach § 160 Abs 2 Nr 1 SGG ist die Revision ua zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Eine allgemeine Überprüfung des Rechtsstreits in dem Sinne, ob das LSG in der Sache richtig entschieden hat, ist nicht zulässig. Diesen allein geltend gemachten Zulassungsgrund hat die Klägerin in der Begründung der Beschwerde nicht schlüssig dargelegt (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG).
Die Darlegung einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) erfordert die Formulierung einer bestimmten abstrakten Rechtsfrage, der in dem Rechtsstreit eine grundsätzliche, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung beigemessen wird (vgl BSG vom 22.8.1975 - 11 BA 8/75 - BSGE 40, 158 = SozR 1500 § 160a Nr 11). Als grundsätzlich klärungsbedürftig erachtet die Klägerin die Fragen:
"1. Ist bei einem erwerbsfähigen arbeitslosen Hilfebedürftigen das Vorliegen von Eingliederungshemmnissen hinsichtlich der Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt bereits dann zu verneinen, wenn dieser vor der Gewährung des Einstiegsgeldes gemäß § 16b SGB II lediglich Vorbereitungen zur Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit trifft und damit die Bewilligung der Förderleistung als nicht mehr ultima ratio erforderlich zur Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt anzusehen?
2. Ist eine Eingliederung eines selbständig Tätigen in den allgemeinen Arbeitsmarkt bereits mit Aufnahme der Tätigkeit anzunehmen, vergleichbar mit dem Abschluss eines Arbeitsvertrages bzw der Aufnahme der Beschäftigung durch einen unselbständig Tätigen?"
Die Klägerin zeigt die Klärungsbedürftigkeit der aufgeworfenen Fragen jedoch nicht hinreichend auf. Eine Rechtsfrage ist dann nicht klärungsbedürftig, wenn die Antwort praktisch außer Zweifel steht, sich zB unmittelbar aus dem Gesetz ergibt oder bereits höchstrichterlich geklärt ist. Als bereits höchstrichterlich geklärt ist eine Rechtsfrage auch dann anzusehen, wenn das Revisionsgericht bzw das BVerfG diese zwar noch nicht ausdrücklich entschieden hat, jedoch schon eine oder mehrere höchstrichterliche Entscheidungen ergangen sind, die ausreichende Anhaltspunkte zur Beurteilung der von der Beschwerde als grundsätzlich herausgestellten Rechtsfrage geben (BSG vom 16.4.2018 - B 8 SO 2/18 B - RdNr 9).
Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung der Klägerin nicht gerecht. Das BSG hat bereits entschieden, dass die Erbringung des Einstiegsgeldes zur Eingliederung des Hilfsbedürftigen in den allgemeinen Arbeitsmarkt als ultima ratio bei der Aufnahme der sozialversicherungspflichtigen oder selbstständigen Erwerbstätigkeit erforderlich sein muss, die Bewilligung grundsätzlich ausscheidet, wenn die Förderung einer bereits ausgeübten Erwerbstätigkeit beantragt wird (ohne dass gleichzeitig Anhaltspunkte für eine wesentliche Änderung der Beschäftigung bestehen) und dass die Förderung durch das Einstiegsgeld erforderlich sein muss, um einen Hilfebedürftigen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt prognostisch auf Dauer eingliedern zu können (vgl BSG vom 5.8.2015 - B 4 AS 46/14 R - SozR 4-4200 § 16b Nr 1 RdNr 23; BSG vom 23.11.2006 - B 11b AS 3/05 R - SozR 4-4200 § 16 Nr 1 RdNr 16). Vor diesem Hintergrund hat die Klägerin insbesondere nicht aufgezeigt, dass und warum sich aus der bereits vorliegenden Rechtsprechung des BSG zu § 16b SGB II bzw zu der bis zum 31.12.2008 geltenden Vorgängervorschrift des § 29 SGB II keine ausreichenden Anhaltspunkte für die Beantwortung der aufgeworfenen Rechtsfragen ergeben. Es genügt demgegenüber nicht darauf hinzuweisen, dass zu der Vorschrift des § 16b SGB II noch keine Rechtsprechung des BSG vorliege (vgl dazu und zu den Anforderungen der Beschwerdebegründung im Kontext des Einstiegsgelds: BSG vom 3.4.2008 - B 11b AS 15/07 B - RdNr 3).
PKH ist der Klägerin nicht zu bewilligen, weil ihre Rechtsverfolgung aus den vorstehend genannten Gründen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 114 ZPO). Da die Klägerin keinen Anspruch auf Bewilligung von PKH hat, ist auch ihr Antrag auf Beiordnung eines Rechtsanwalts abzulehnen (§ 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 121 ZPO).
Die Verwerfung der Beschwerde erfolgt in entsprechender Anwendung des § 169 Satz 3 SGG ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung der §§ 183, 193 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI13500511 |