Entscheidungsstichwort (Thema)
Nichtzulassungsbeschwerde. Verfahrensmangel. rechtliches Gehör. Anforderungen an die Auseinandersetzung mit Beteiligtenvorbringen
Orientierungssatz
1. Das Gebot der Wahrung des rechtlichen Gehörs verpflichtet das Gericht regelmäßig nur dazu, die Ausführungen von Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und bei seiner Entscheidung in Erwägung zu ziehen. Es ist erst verletzt, wenn sich klar ergibt, dass das Vorbringen eines Beteiligten entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder bei der Entscheidung gar nicht erwogen worden ist (vgl BVerfG vom 22.11.1983 - 2 BvR 399/81 = BVerfGE 65, 293 sowie BSG vom 25.2.1997 - 12 BK 17/96 = juris RdNr 5 und vom 16.1.2007 - B 1 KR 133/06 B = juris RdNr 4).
2. Andererseits muss sich ein Gericht nicht ausdrücklich mit jedem Beteiligtenvorbringen auseinandersetzen, wenn sich aus der Entscheidung zweifelsfrei ergibt, dass es das Vorbringen auch ohne explizite Erwähnung für unerheblich gehalten hat (vgl BSG vom 16.1.2007 - B 1 KR 133/06 B aaO).
Normenkette
SGG §§ 62, 160 Abs. 2 Nr. 3, § 160a Abs. 2 S. 3; GG Art. 103 Abs. 1
Verfahrensgang
Sächsisches LSG (Urteil vom 14.09.2010; Aktenzeichen L 4 R 357/08) |
SG Dresden (Urteil vom 09.05.2008; Aktenzeichen S 2 R 972/07) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 14. September 2010 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Gründe
I. Der Kläger begehrt die Feststellung, dass er bei Vollendung seines 60. Lebensjahres die Anspruchsvoraussetzungen für eine Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit ohne Anhebung der Altersgrenze bei vorzeitiger Inanspruchnahme erfüllt.
Der 1951 geborene Kläger stellte am 19.12.2003 bei der Beklagten einen Antrag auf Kontenklärung. Zu diesem Zeitpunkt war er bei der Firma GmbH & Co KG S. beschäftigt. Mit Schreiben vom selben Tag hatte er seinen Arbeitgeber gebeten, mit ihm eine Vereinbarung über Altersteilzeitarbeit ab 1.1.2008 zu vereinbaren; er begründete dies mit der geplanten gesetzlichen Anhebung der Altersgrenze bei vorzeitiger Inanspruchnahme von Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder Altersteilzeitarbeit. Mit Schreiben vom 12.1.2004 antwortete der Arbeitgeber, dass zu diesem Zeitpunkt die Voraussetzungen für eine Beanspruchung der Altersteilzeit noch nicht vorlägen und eine Zusage zu einem späteren Zeitpunkt nicht erteilt werden könne. Der Arbeitgeber kündigte das Arbeitsverhältnis aus betriebsbedingten Gründen zum 31.10.2004. Nachdem die Beklagte mit Schreiben vom 25.3.2004 und 9.1.2006 weitere Rentenauskünfte erteilt hatte, beantragte der Kläger mit Schreiben vom 30.1.2006 den "vorzeitigen Bezug von Altersrente ab dem 60. Lebensjahr wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeit" und mit weiterem Schreiben vom 13.3.2006 eine Rentenauskunft, die die Beklagte am 3.7.2006 erteilte.
Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 27.2.2007 beantragte der Kläger festzustellen, dass die Altersgrenze von 60 Jahren für die vorzeitige Inanspruchnahme der Altersrente im Jahre 2011 gemäß § 237 Abs 5 SGB VI bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen nicht angehoben werde. Das Feststellungsinteresse sei durch die langfristig zu planenden Dispositionen der Altersvorsorge gegeben. Der Rechtsanspruch begründe sich aus einer verfassungskonformen Auslegung von § 237 Abs 5 SGB VI unter Beachtung des Gleichbehandlungsgrundsatzes. Es sei nicht ihm anzulasten, dass der Altersteilzeitvertrag mit dem Arbeitgeber nicht zustande gekommen sei. Der Antrag blieb erfolglos (Bescheid vom 14.3.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31.5.2007), weil der Kläger keine der in § 237 Abs 5 SGB VI genannten vertrauensbegründenden Voraussetzungen erfülle. Insbesondere habe er am 1.1.2004 in einem Beschäftigungsverhältnis gestanden.
Das SG Dresden hat die Klage mangels Feststellungsinteresses gemäß § 55 Abs 1 Nr 1 SGG als unzulässig abgewiesen (Urteil vom 9.5.2008). Das Sächsische LSG hat die Berufung zurückgewiesen (Urteil vom 14.9.2010). Das Berufungsgericht hat dem Kläger zwar ein berechtigtes Interesse an der Feststellung seines Begehrens zugebilligt und die kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage für zulässig erachtet. Der Kläger habe jedoch die gesetzlichen Voraussetzungen für eine vorgezogene Altersrente gemäß § 237 Abs 5 SGB VI nicht erfüllt, sodass er keinen Anspruch habe, bereits ab Vollendung des 60. Lebensjahres Altersrente zu beanspruchen. Eine erweiternde Auslegung von § 237 Abs 5 SGB VI komme mangels Vorliegens einer planwidrigen Gesetzeslücke nicht in Betracht. § 237 Abs 5 Satz 1 Nr 4 SGB VI knüpfe mit dem Erfordernis einer vor dem 1.1.2004 vereinbarten Altersteilzeitarbeit (gemäß §§ 2 und 3 Abs 1 Nr 1 Altersteilzeitgesetz) an einen Stichtag an, der verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden sei. Die vom Kläger vertretene Auslegung führe zu einer Überdehnung des Anwendungsbereichs der Vorschrift, die vom Gesetzgeber nicht beabsichtigt gewesen sei.
Der Kläger macht mit seiner beim BSG erhobenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem genannten Urteil die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache und Verfahrensfehler geltend. Während des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde hat die Beklagte den Antrag des Klägers vom 19.4.2011 auf Gewährung von Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit gemäß § 237 SGB VI abgelehnt (Bescheid vom 28.4.2011). Hiergegen hat der Kläger mit Schreiben vom 3.5.2011 Widerspruch erhoben, über den noch nicht entschieden worden ist.
II. Die Beschwerde des Klägers hat keinen Erfolg.
1. Der Senat kann offenlassen, ob die Beschwerdebegründung vom 15.2.2011 den Anforderungen an die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung (Zulassungsgrund nach § 160 Abs 2 Nr 1 SGG) genügt (vgl § 160a Abs 2 Satz 3 SGG). Selbst dann vermag dieser geltend gemachte Zulassungsgrund nicht zur Zulassung der Revision zu führen.
Die Revisionszulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung setzt eine Rechtsfrage voraus, die in dem angestrebten Revisionsverfahren klärungsfähig (entscheidungserheblich) sowie klärungsbedürftig und über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist (vgl Senatsbeschluss vom 25.2.2010 - SozR 4-2600 § 77 Nr 7 RdNr 6 mwN). Die Klärungsfähigkeit fehlt, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren nicht zu erwarten ist, dass die aufgeworfene Rechtsfrage entscheidungserheblich sein wird (stRspr, vgl BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 5 RdNr 2 ff mwN). Das Revisionsgericht muss im Revisionsverfahren in der Lage sein, über die klärungsbedürftige Rechtsfrage auch sachlich entscheiden zu können (vgl Kummer, Die Nichtzulassungsbeschwerde, 2. Aufl 2010, RdNr 325; Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 6. Aufl 2011, Kap IX RdNr 68, jeweils mwN). Denn dann lässt die angestrebte Entscheidung erwarten, dass sie geeignet ist, bezüglich der aufgeworfenen Rechtsfrage die Rechtseinheit zu wahren oder zu sichern oder die Fortbildung des Rechts zu fördern (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 7 S 10 und Nr 31 S 48). Ist dem Revisionsgericht aus prozessualen Gründen eine Sachentscheidung von vornherein verwehrt, fehlt es an der erforderlichen Klärungsfähigkeit der Rechtsfrage mit dem Ergebnis, dass trotz etwaiger Klärungsbedürftigkeit der Rechtssache ihr eine grundsätzliche Bedeutung nicht zukommt (BSG SozR 1500 § 160 Nr 39 S 36).
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Nach diesen Maßstäben fehlt es der vom Kläger aufgeworfenen Rechtsfrage an der erforderlichen Klärungsfähigkeit. Er bezeichnet als grundsätzlich bedeutsam die Frage: |
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"Haben Anspruch auf eine Altersrente nach der Vorschrift von § 237 Abs. 5 SGB VI - Nichtanheben der Altersgrenze von 60 Jahren für die vorzeitige Inanspruchnahme - auch diejenigen Versicherten, die in der Zeit bis zum 31.12.2003 versucht haben, Altersteilzeitarbeit im Sinne der §§ 2 und 3 Abs. 1 Nr. des Altersteilzeitgesetzes zu vereinbaren, deren Arbeitgeber es jedoch ablehnten, eine entsprechende Vereinbarung abzuschließen?" |
Es kann offenbleiben, ob die Klage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht am 14.9.2010 zulässig gewesen ist. Denn sie ist spätestens während des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde unzulässig geworden.
Das Rechtsschutzbedürfnis für eine Klage ist als Sachurteilsvoraussetzung auch im Revisionsrechtszug von Amts wegen zu prüfen (BSGE 8, 178, 180; BSGE 74, 244, 245 f = SozR 3-1500 § 88 Nr 1 S 2). Es ist hier spätestens dadurch entfallen, dass der Antrag des Klägers vom 19.4.2011 auf Gewährung von Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder Altersteilzeitarbeit (§ 237 SGB VI) durch die Beklagte während dieses Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens abgelehnt worden ist (Bescheid vom 28.4.2011).
Der Kläger hat eine kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage, letztere iS von § 55 Abs 1 Nr 1 SGG zur Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses erhoben. Nach dem sinngemäßen Klagebegehren könnte es sich aber um eine Anfechtungs- und Verpflichtungsklage handeln, gerichtet auf Erteilung eines Bescheids über die Zusicherung (§ 34 Abs 1 Satz 1 SGB X), dass die Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit ab dem 60. Lebensjahr gewährt werde (zur Problematik vgl BSG SozR 4-1500 § 55 Nr 9 RdNr 12 ff). Die zutreffende Klageart kann dahingestellt bleiben, weil die Klage in jedem Fall unzulässig geworden ist.
Sollte es sich um eine auf Zusicherung gerichtete Anfechtungs- und Verpflichtungsklage handeln, wäre für die Zusicherung bereits dann kein Raum mehr, sobald der das Rechtsverhältnis regelnde Verwaltungsakt - hier der die beantragte Rente ablehnende Bescheid vom 28.4.2011 - ergangen ist. Dadurch hätte sich der hier angefochtene Bescheid (vom 14.3.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31.5.2007) erledigt (§ 39 Abs 2 SGB X; vgl Senatsurteil vom 27.3.2007 - B 13 RJ 43/05 R - Juris RdNr 13). Die auf Zusicherung gerichtete Klage wäre mit dem Wirksamwerden des hierzu ergangenen (ablehnenden) Rentenbescheids unzulässig geworden (vgl BSG SozR 3-6485 Art 12 Nr 6 S 8 f; BSG vom 4.5.1999 - B 4 RA 28/98 R - Juris RdNr 13; jeweils mwN). Das eigentliche Klageziel, eine vorzeitige Altersrente ohne Anhebung der Altersgrenze zu beziehen, könnte dann nur noch über eine kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage verfolgt werden. Ein berechtigtes Interesse an einer Fortsetzungsfeststellungsklage (§ 131 Abs 1 Satz 3 SGG) hat der Kläger nicht geltend gemacht.
Sollte es sich - dem ausdrücklichen Antrag entsprechend - um eine Feststellungsklage handeln, steht der aus dem Erfordernis eines Feststellungsinteresses (§ 55 Abs 1 SGG) folgende Grundsatz der Subsidiarität dieser Klageart gegenüber Gestaltungs- und Leistungsklagen bzw den Sonderformen der Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen entgegen. Obwohl § 55 SGG ein Nachrangverhältnis zwischen den Klagearten nicht ausdrücklich festlegt, ist auch für das sozialgerichtliche Verfahren anerkannt, dass der Kläger eine gerichtliche Feststellung nicht verlangen kann, soweit er die Möglichkeit hat, seine Rechte mit einer Gestaltungs- oder Leistungsklage zu verfolgen. Ein Feststellungsinteresse ist regelmäßig zu verneinen, wenn bereits im Rahmen der genannten anderen Klagearten über die Sach- und Rechtsfragen zu entscheiden ist, die der begehrten Feststellung zugrunde liegen (stRspr, vgl BSGE 58, 150, 152 f = SozR 1500 § 55 Nr 27 S 23; BSGE 73, 83, 84 = SozR 3-4100 § 58 Nr 5 S 11; BSG SozR 3-4427 § 5 Nr 1 S 6; BSG SozR 4-2700 § 136 Nr 3 RdNr 21).
Denn grundsätzlich soll vermieden werden, dass die Gerichte noch einmal in Anspruch genommen werden müssen, weil das Feststellungsurteil den Rechtsstreit nicht abschließend zu erledigen vermag (vgl BSGE 3, 142, 153; BSGE 43, 148, 150 f = SozR 2200 § 1385 Nr 3 S 4 f; BSG SozR 4-1500 § 55 Nr 9 RdNr 13 mwN; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 55 RdNr 19 ff). Eine Ausnahme besteht nur dann, wenn darüber hinaus ein weitergehendes Feststellungsinteresse gegeben ist (BSG SozR 4-1500 § 55 Nr 9 RdNr 13; BSGE 56, 255, 256 = SozR 1500 § 55 Nr 23 S 15).
Das ist jedoch nicht der Fall. Denn außer den bereits im Verwaltungsverfahren vorgetragenen, nicht näher substantiierten, langfristig zu planenden Dispositionen der Altersvorsorge hat der Kläger im Schriftsatz vom 22.11.2011 auf entsprechende Anfrage des Senats kein berechtigtes besonderes Feststellungsinteresse vorgetragen. Die lange Dauer des Rechtsstreits - wenn der Kläger auf die vorrangige Anfechtungs- und Leistungsklage gegen den ablehnenden Rentenbescheid verwiesen werde und er wieder "bei Null" beginnen müsse - und die nicht näher begründete Sorge, eine abschließende Entscheidung des BVerfG nicht mehr zu erleben, stellen kein weitergehendes Feststellungsinteresse im Sinne der aufgezeigten Rechtsprechung dar. Wenn das Verfahren, die Begründetheit der Nichtzulassungsbeschwerde im Zeitpunkt ihrer Einlegung einmal unterstellt, nicht mit der aus diesem Grunde zuzulassenden Revision seinen Abschluss finden kann, so liegt dies allein daran, dass keine substanziellen Gründe für ein berechtigtes Interesse an der frühen, viele Jahre vor dem Renteneintritt beantragten Klärung seines Rentenanspruchs vorlagen. Der Kläger kann eine sachliche Prüfung seines jetzt zeitgerecht vor Vollendung des 60. Lebensjahres (am 19.4.2011) gestellten Rentenantrags nach Durchführung des Widerspruchsverfahrens gegen den ablehnenden Rentenbescheid mittels einer Anfechtungs- und Leistungsklage erreichen (vgl BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 3 RdNr 7).
Dem steht auch nicht entgegen, dass der Subsidiaritätsgrundsatz bei Feststellungsklagen gegen juristische Personen des öffentlichen Rechts nur eingeschränkt gilt, weil - wovon auch der Kläger ausgeht - diese die Leistungsberechtigten mit Rücksicht auf ihre in der Verfassung verankerte Bindung an Gesetz und Recht (Art 20 Abs 3 GG) auch ohne Leistungsurteil mit Vollstreckungsdruck befriedigen werden (vgl BSG SozR 4-2700 § 136 Nr 3 RdNr 23 mwN). Diese Ausnahme ist aber auf Fallgestaltungen beschränkt, bei denen erwartet werden kann, dass der Streitfall mit der gerichtlichen Feststellung endgültig geklärt wird, die Gerichte also nicht noch einmal mit der Sache befasst werden müssen, um über weitere streitige Punkte zu entscheiden, die von der begehrten Feststellung nicht erfasst werden (BSG SozR 3-3300 § 38 Nr 2 S 13 mwN). Diese Voraussetzung ist hier nicht gegeben. Es ist nicht zu erwarten, dass der Kläger sein Anliegen in einem einzigen Prozess klären kann. Denn für seinen Rentenanspruch ist nicht nur über die Voraussetzungen von § 237 Abs 5 SGB VI (insbesondere Abs 5 Nr 4) zu entscheiden, um die es dem Kläger in diesem Rechtsstreit maßgeblich geht und von deren Vorliegen er im Wege einer verfassungskonformen Auslegung ausgeht. Vielmehr sind im Rentenbescheid sämtliche für die Berechnung der Rente bedeutsamen Zeiten auf der Grundlage des zutreffenden Sachverhalts und des für die Rentenbewilligung maßgeblichen Rechts (vgl § 300 Abs 1 und 2 SGB VI) zu berücksichtigen (vgl auch Senatsurteil vom 6.5.2010 - B 13 R 118/08 R - RdNr 16 zum Verhältnis Vormerkungs- und Rentenbescheid).
2. Soweit sich der Kläger auf Verfahrensfehler beruft, genügt die Beschwerdebegründung nicht den gesetzlichen Anforderungen, weil der geltend gemachte Zulassungsgrund (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG) nicht ordnungsgemäß dargetan worden ist (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG).
Wird die Zulassung der Revision wegen eines Verfahrensmangels begehrt, muss in der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde die bundesrechtliche Verfahrensnorm, die das Berufungsgericht verletzt haben soll, hinreichend genau bezeichnet sein. Zudem müssen die tatsächlichen Umstände, welche den Verstoß begründen sollen, substantiiert dargetan und darüber hinaus dargestellt werden, inwieweit die angefochtene Entscheidung auf diesem Verfahrensmangel beruhen kann (vgl BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 3, Nr 4 und Nr 21 RdNr 4 - jeweils mwN; Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 6. Aufl 2011, Kap IX RdNr 202 ff). Dabei ist zu beachten, dass ein Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 Satz 1 SGG gestützt werden kann und dass die Rüge einer Verletzung der Sachaufklärungspflicht nach § 103 SGG nur statthaft ist, wenn sie sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG).
Der Kläger rügt die Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art 103 Abs 1 GG, § 62 SGG). Eine solche Verletzung liegt insbesondere dann vor, wenn das Gericht seiner Pflicht, das Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in seine Erwägungen einzubeziehen, nicht nachgekommen ist (vgl BVerfGE 25, 137, 140; 34, 344, 347) oder sein Urteil auf Tatsachen und Beweisergebnisse stützt, zu denen sich die Beteiligten nicht haben äußern können (vgl Senatsurteil vom 23.5.1996 - SozR 3-1500 § 62 Nr 12 S 19; Senatsbeschlüsse vom 4.8.2004 - B 13 RJ 167/03 B - Juris RdNr 8; vom 20.8.2008 - B 13 R 217/08 B - Juris RdNr 5).
Die Rüge der Verletzung rechtlichen Gehörs wird darauf gestützt, dass das LSG "den eigentlichen Vortrag des Klägers ignoriert und verkehrt" habe. Sowohl der Vortrag in der Klagebegründung als auch in der Stellungnahme vom 3.9.2010 sei nicht beachtet worden, wonach es sich bei § 237 Abs 5 SGB VI gerade nicht um eine Regelung des Vertrauensschutzes bereits erreichter Rechtspositionen handele. Der "springende Punkt" seiner Argumentation sei mit keinem Wort in den Entscheidungsgründen erwähnt worden; hiernach bestrafe die og Vorschrift sozialkonformes Verhalten, während sozialwidriges Verhalten - Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit der Folge von Arbeitslosigkeit - die Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruchs ohne Weiteres herbeiführen könne, "was zur Frage der Systemwidrigkeit" führe. Die angefochtene Entscheidung sei auch nicht hinreichend begründet. Dies stelle zugleich einen Verfahrensfehler gemäß § 128 Abs 1 Satz 2 SGG dar. Das Berufungsgericht habe das Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 10.6.2008 (L 12 R 1770/07 - Juris) weitgehend "abkopiert", ohne dies durch Angabe der Quelle kenntlich gemacht zu haben (S 5 bis 8 Beschwerdebegründung).
Mit diesem Vorbringen hat der Kläger die behaupteten Verfahrensfehler nicht hinreichend bezeichnet. Das Gebot der Wahrung des rechtlichen Gehörs verpflichtet das Gericht regelmäßig nur dazu, die Ausführungen von Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und bei seiner Entscheidung in Erwägung zu ziehen. Es ist erst verletzt, wenn sich klar ergibt, dass das Vorbringen eines Beteiligten entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder bei der Entscheidung gar nicht erwogen worden ist (vgl BVerfGE 65, 293, 295 f mwN = SozR 1100 Art 103 Nr 5 S 3 f; BSG vom 25.2.1997 - 12 BK 17/96 - Juris RdNr 5; BSG vom 16.1.2007 - B 1 KR 133/06 B - Juris RdNr 4 mwN). Andererseits muss sich ein Gericht nicht ausdrücklich mit jedem Beteiligtenvorbringen auseinandersetzen, wenn sich aus der Entscheidung zweifelsfrei ergibt, dass es das Vorbringen auch ohne explizite Erwähnung für unerheblich gehalten hat (vgl BSG vom 16.1.2007 - B 1 KR 133/06 B - Juris RdNr 4; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 136 RdNr 7a mwN). Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben hat der Kläger ein verfahrensfehlerhaftes Handeln des LSG nicht hinreichend dargetan.
Denn wie sich aus dem Zitat der Entscheidungsgründe des LSG (S 4 Beschwerdebegründung) ergibt, hat sich das LSG mit dem Vortrag des Klägers zur rechtlichen Qualifikation von § 237 Abs 5 SGB VI auseinandergesetzt und die Vorschrift nach den Regeln juristischer Methodik ausgelegt. Demnach hat es dem Kläger aufgezeigt, dass vor dem 1.1.2004 für ihn gerade noch nicht verbindlich festgestanden habe, zu welchem Zeitpunkt sein Beschäftigungsverhältnis enden solle und die Vorschrift nach keiner Betrachtung eine "zu korrigierende(n) Planwidrigkeit" aufweise. Vielmehr führe die vom Kläger insoweit vertretene Meinung "zu einer Überdehnung des Anwendungsbereichs der streitgegenständlichen Regelung in einer vom Gesetzgeber ersichtlich nicht angestrebten Weise" (Beschwerdebegründung aaO). Aus diesem Vortrag ergibt sich gerade nicht, dass das LSG den nach seiner Auffassung wesentlichen Vortrag des Klägers missachtet habe. Der Grundsatz der Wahrung rechtlichen Gehörs gebietet weder, dass das Gericht der vom Betroffenen vorgetragenen Position inhaltlich folgt, noch dass es bei der Bewertung der Argumentation die Gewichtung teilt, die der Betroffene für richtig hält (vgl BSG vom 16.1.2007 - B 1 KR 133/06 B - Juris RdNr 5).
Mit diesem Vorbringen hat der Kläger auch keinen Verstoß gegen § 128 Abs 1 Satz 2 iVm § 136 Abs 1 Nr 6 SGG bezeichnet, wonach in dem Urteil die Gründe anzugeben sind, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind. Aus den Entscheidungsgründen muss demnach ersichtlich sein, auf welchen Erwägungen in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht die Entscheidung beruht. Deshalb muss das Gericht aber nicht jeden Gesichtspunkt, der erwähnt werden könnte, abhandeln (vgl BVerfG vom 1.8.1984 - SozR 1500 § 62 Nr 16 S 14). Auch braucht das Gericht nicht zu Fragen Stellung zu nehmen, auf die es nach seiner Auffassung nicht ankommt. Die Begründungspflicht wäre selbst dann nicht verletzt, wenn die Ausführungen des Gerichts zu den rechtlichen Voraussetzungen und tatsächlichen Gegebenheiten falsch, oberflächlich oder wenig überzeugend sein sollten (vgl Senatsbeschlüsse vom 22.1.2008 - B 13 R 144/07 B - Juris RdNr 7 und vom 24.2.2010 - B 13 R 547/09 B - Juris RdNr 10).
Es mag dahingestellt bleiben, ob sich das LSG - wie der Kläger vorträgt - weitgehend darauf beschränkt habe, das Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 10.6.2008 (L 12 R 1770/07 - Juris) "abzukopieren". Denn der als maßgeblich entscheidungsrelevant herausgestellte Absatz (S 4 Beschwerdebegründung) der Entscheidungsgründe ist auch nach Ansicht des Klägers vom Berufungsgericht individuell formuliert worden, und zwar in dem Zusammenhang, in dem das LSG die konkreten Umstände des Einzelfalls des Klägers bewertet habe. Wenn der Kläger diese rechtlichen Ausführungen insoweit nicht teilt, rügt er aber nicht einen Verstoß gegen die Begründungspflicht nach § 128 Abs 1 Satz 2 iVm § 136 Abs 1 Nr 6 SGG, sondern die Unrichtigkeit der Entscheidung. Dies genügt nicht für die Zulassung der Revision (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 7).
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 Abs 1 SGG.
Fundstellen