Verfahrensgang
SG Aachen (Entscheidung vom 08.07.2019; Aktenzeichen S 7 R 541/18) |
LSG Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 05.12.2023; Aktenzeichen L 18 R 622/19) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 5. Dezember 2023 wird als unzulässig verworfen.
Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine Kosten zu erstatten.
Gründe
I
Der 1959 geborene Kläger begehrt eine höhere Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung auch für den Zeitraum vom 1.2.2015 bis zum 31.10.2017.
Seine erste Ehe mit Frau K1 wurde 1992 geschieden. Im Rahmen des dabei durchgeführten Versorgungsausgleichs wurden bezogen auf den 31.7.1990 zu seinen Lasten Rentenanwartschaften im Wert von 264,85 DM übertragen. Ab Juli 1997 bezog der Kläger eine Rente wegen Berufsunfähigkeit, die inzwischen von der Beklagten als Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung geleistet wird. 2001 wurde seine zweite Ehe mit Frau K2 geschieden. Im Zuge des Versorgungsausgleichs wurden bezogen auf den 31.1.2001 zu seinen Lasten in Entgeltpunkte umzurechnende Rentenanwartschaften iHv monatlich 279,73 DM übertragen.
Frau K2 verstarb am 20.11.2001, ohne zuvor eine Rente aus eigener Versicherung bezogen zu haben. Den Antrag des Klägers vom 10.12.2001, insoweit die versorgungsausgleichsbedingte Kürzung auszusetzen, lehnte die Beklagte ab. Aus der Versicherung von Frau K2 werde eine Halbwaisenrente an den gemeinsamen Sohn geleistet; es stehe dem Kläger frei, nach deren Wegfall die Auswirkungen des Versorgungsausgleichs erneut überprüfen zu lassen(Bescheid vom 1.2.2002; Widerspruchsbescheid vom 4.11.2003) . Die Beklagte berücksichtigte zugunsten des Versichertenkontos von Frau K2 ab dem 1.2.2002 einen versorgungsausgleichsbedingten Abschlag auf die Rente des Klägers, was sie ihm gesondert mitteilte(Bescheid vom 20.2.2002) .
Aus dem Versichertenkonto von Frau K2 wurde letztmals im Januar 2015 eine Hinterbliebenenrente geleistet. Am 16.7.2017 verstarb Frau K1. Auf den Hinweis der Beklagten, letztere habe nicht länger als 36 Monate eine Rente bezogen, beantragte der Kläger am 2.10.2017 die Aussetzung der versorgungsausgleichsbedingten Kürzungen bezüglich beider früherer Ehefrauen. Die Beklagte setzte die versorgungsausgleichsbedingte Rentenkürzung zugunsten von Frau K1 ab dem 1.11.2017 aus, berechnete die Erwerbsminderungsrente des Klägers ab dem 1.12.2017 neu und setzte eine Nachzahlung iHv 166,05 Euro fest(Bescheid vom 23.10.2017) . Mit dem hier streitbefangenen Bescheid vom 30.11.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17.8.2018 setzte die Beklagte zudem die versorgungsausgleichsbedingte Rentenkürzung zugunsten von Frau K2 ab dem 1.11.2017 aus, berechnete die Erwerbsminderungsrente ab dem 1.1.2018 neu und setzte eine Nachzahlung iHv 259,10 Euro fest.
Die Klage, mit der der Kläger eine Aussetzung der versorgungsausgleichsbedingten Rentenkürzung zugunsten von Frau K2 bereits ab dem 1.2.2015 begehrt, ist in beiden Instanzen erfolglos geblieben(Urteile vom 8.7.2019 und 5.12.2023) . Das LSG hat zur Begründung ausgeführt, etwaige Ansprüche des Klägers aus dem Versorgungsausgleichsrecht würden sich hier nach dem zum 1.9.2009 in Kraft getretenen Versorgungsausgleichsgesetz (VersAusglG) richten. Danach werde ein Anrecht der ausgleichspflichtigen Person auf Antrag nicht länger aufgrund des Versorgungsausgleichs gekürzt, wenn die ausgleichsberechtigte Person die Versorgung aus dem erworbenen Anrecht längstens 36 Monate bezogen habe. Anders als nach vorherigem Recht sei unerheblich, ob Leistungen an Hinterbliebene der ausgleichsberechtigten Person erbracht würden. Dass aus dem Versicherungskonto der Frau K2 eine Halbwaisenrente geleistet worden sei, habe daher ab dem Inkrafttreten des VersAusglG einer Rentenanpassung nicht entgegengestanden. Die Rentenanpassung wirke allerdings erst ab dem ersten Tag des Monats, der auf den Monat der Antragstellung folge. Ausgehend vom Antrag des Klägers am 2.10.2017 sei dies der 1.11.2017 gewesen. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand könne dem Kläger nicht gewährt werden. Ebenso wenig sei er im Weg eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs so zu stellen, als habe er bereits früher einen Anpassungsantrag gestellt.
Der Kläger hat gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil beim BSG Beschwerde eingelegt, die er mit Schriftsatz vom 10.5.2024 begründet hat.
II
1. Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist unzulässig, weil sie nicht in der nach § 160a Abs 2 Satz 3 SGG gebotenen Form begründet wird. Sie ist daher zu verwerfen(§ 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm§ 169 Satz 2 und 3 SGG ) . Es wird kein Zulassungsgrund iS des § 160 Abs 2 SGG formgerecht dargetan.
Indem der Kläger vorbringt, das angegriffene Urteil sei fehlerhaft, weil die Beklagte entgegen der Ansicht des LSG ihre Aufklärungs- und Beratungspflicht verletzt habe, macht er im Kern die inhaltliche Unrichtigkeit der Berufungsentscheidung geltend. Hierauf kann eine Revisionszulassung von vornherein nicht gestützt werden(stRspr; vgl etwaBSG Beschluss vom 21.4.2020 - B 13 R 44/19 B - juris RdNr 8 ; vgl auchBVerfG Beschluss vom 6.5.2010 - 1 BvR 96/10 - SozR 4-1500 § 178a Nr 11 RdNr 28 mwN) .
Der Kläger hat auch keinen Verfahrensmangel(Zulassungsgrund nach§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG ) anforderungsgerecht bezeichnet. Er trägt vor, das LSG habe "im Termin zur mündlichen Verhandlung" darauf hingewiesen, dass die Berufung begründet sein dürfte und es sei ausdrücklich ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch bejaht worden; dann habe es jedoch die Berufung ohne weiteren Hinweis zurückgewiesen. Sofern er damit eine Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör(§ 62 Teilsatz 1 SGG;Art 103 Abs 1 GG ) in Form einer Überraschungsentscheidung rügen will, wäre ein solcher Verfahrensmangel nicht ausreichend dargetan(vgl zu den diesbezüglichen Anforderungen zBBSG Beschluss vom 13.4.2022 - B 5 R 291/21 B - juris RdNr 21 mwN). Es ist nicht nachzuvollziehen, aus welchen Gründen auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Prozessverlauf nicht damit rechnen musste, das LSG werde den geltend gemachten - und bereits vom SG verneinten - sozialrechtlichen Herstellungsanspruch ablehnen. Die Beschwerde macht nicht hinreichend deutlich, wer in genau welchem Termin einen Hinweis welchen konkreten Inhalts gegeben habe. Der Vortrag, es habe einen Hinweis im Termin zur mündlichen Verhandlung gegeben, ist bereits insofern nicht nachvollziehbar, als die angefochtene Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ergangen ist. Auch das Vorbringen zum Ablauf des Berufungsverfahrens bis zur Entscheidung des LSG ist unzureichend. Dem Vortrag, die Beklagte habe in der Folgezeit "keine durchschlagenden Argumente vorgebracht", lässt sich lediglich entnehmen, dass die Beteiligten weiter zu den Voraussetzungen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs vorgetragen haben. Inwiefern der Kläger berechtigten Anlass zu der Annahme gehabt haben könnte, das LSG werde bei seiner abschließenden Entscheidung in vollständiger Senatsbesetzung einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch bejahen, zeigt die Beschwerde nicht hinreichend auf. Hierfür hätte auch darauf eingegangen werden müssen, dass sich die tatsächliche und rechtliche Würdigung einer Rechtssache regelmäßig erst aufgrund der abschließenden Beratung des Gerichts ergibt(stRspr; vgl zBBSG Beschluss vom 11.4.2019 - B 13 R 74/18 B - juris RdNr 14 mwN) .
Von einer weiteren Begründung wird abgesehen(§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG ) .
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 183 Satz 1 SGG und einer entsprechenden Anwendung des§ 193 Abs 1 und 4 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI16443961 |