Verfahrensgang

LSG Sachsen-Anhalt (Beschluss vom 20.04.2020; Aktenzeichen L 3 R 217/19)

SG Magdeburg (Entscheidung vom 16.05.2019; Aktenzeichen S 10 R 216/16)

 

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 20. April 2020 wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine Kosten zu erstatten.

 

Gründe

I

Die Klägerin, die als Retourenbearbeiterin beschäftigt ist, begehrt Rente wegen Erwerbsminderung. Ihre Klage gegen den ablehnenden Bescheid der Beklagten vom 7.8.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9.3.2016 hat das SG Magdeburg mit Urteil vom 16.5.2019 abgewiesen. Die Berufung der Klägerin hiergegen hat das LSG Sachsen-Anhalt mit Beschluss vom 20.4.2020 zurückgewiesen.

Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Beschluss hat die Klägerin Beschwerde beim BSG eingelegt und einen Verfahrensmangel geltend gemacht (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG).

II

Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist unzulässig, weil sie nicht formgerecht begründet ist. Ein Verfahrensmangel iS des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG wird in der Beschwerdebegründung nicht nach Maßgabe der Erfordernisse des § 160a Abs 2 Satz 3 SGG dargetan. Die Beschwerde ist daher gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 iVm § 169 Satz 3 SGG zu verwerfen.

Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 1 SGG), so müssen bei der Bezeichnung des Verfahrensmangels (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG) zunächst die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist die Darlegung erforderlich, dass und warum die Entscheidung des LSG ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht auf dem Mangel beruhen kann, also die Möglichkeit einer Beeinflussung des Urteils besteht. Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 Satz 1 SGG und auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

Die Klägerin rügt als Verfahrensmangel, das LSG sei seiner Aufklärungspflicht nach § 103 SGG nicht ausreichend nachgekommen. Wird ein solcher Verstoß gegen die tatrichterliche Sachaufklärungspflicht geltend gemacht, muss die Beschwerdebegründung hierzu jeweils folgende Punkte enthalten: (1) Bezeichnung eines für das Revisionsgericht ohne Weiteres auffindbaren Beweisantrags, dem das LSG nicht gefolgt ist, (2) Wiedergabe der Rechtsauffassung des LSG, aufgrund derer bestimmte Tatfragen als klärungsbedürftig hätten erscheinen müssen, (3) Darlegung der von dem betreffenden Beweisantrag berührten Tatumstände, die zu weiterer Sachaufklärung Anlass gegeben hätten, (4) Angabe des voraussichtlichen Ergebnisses der unterbliebenen Beweisaufnahme und (5) Schilderung, dass und warum die Entscheidung des LSG auf der angeblich fehlerhaft unterlassenen Beweisaufnahme beruhen kann, das LSG mithin bei Kenntnis des behaupteten Ergebnisses der unterlassenen Beweisaufnahme von seinem Rechtsstandpunkt aus zu einem anderen, dem Beschwerdeführer günstigeren Ergebnis hätte gelangen können (BSG Beschluss vom 12.12.2003 - B 13 RJ 179/03 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 3 RdNr 5 mwN; Fichte in Fichte/Jüttner, SGG, 3. Aufl 2020, § 160a RdNr 56).

Zur Darlegung eines prozessordnungsgemäßen Beweisantrags muss aufgezeigt werden, über welche im Einzelnen bezeichneten Punkte (vgl § 118 Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 403 bzw § 373 ZPO) und mit welchem Ziel Beweis erhoben werden sollte und dass es sich damit seinem Inhalt nach nicht nur um eine Beweisanregung gehandelt hat (BSG Beschluss vom 26.11.2019 - B 13 R 159/18 B - juris RdNr 8 mwN). Der Beweisantrag im Rentenverfahren muss sich möglichst präzise mit dem Einfluss dauerhafter Gesundheitsbeeinträchtigungen auf das verbliebene Leistungsvermögen befassen. Je mehr Aussagen von Sachverständigen oder sachverständigen Zeugen zum Beweisthema bereits vorliegen, desto genauer muss der Beweisantragsteller auf mögliche Unterschiede und Differenzierungen eingehen (vgl hierzu Fichte, SGb 2000, 653, 656). Im Rahmen eines Rentenverfahrens darf es dabei nicht nur auf eine Diagnosestellung ankommen, es muss vielmehr der negative Einfluss von weiteren, dauerhaften Gesundheitsbeeinträchtigungen auf das verbliebene Leistungsvermögen behauptet und möglichst genau dargetan werden (vgl BSG Beschluss vom 5.11.2019 - B 13 R 40/18 B - juris RdNr 7 mwN; BSG Beschluss vom 12.12.2003 - B 13 RJ 179/03 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 3 RdNr 6). Ein zur Zulassung der Revision führender Beweisantrag kann bei einem anwaltlich vertretenen Kläger nur ein solcher sein, der das Beweisthema konkret angibt und insoweit wenigstens umreißt, was die Beweisaufnahme ergeben soll (vgl Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl 2020, § 160 RdNr 18a mwN). Dazu gehört die Bestimmung, zu welchen konkreten Tatsachen eine erneute Aufklärung durch einen Arzt welcher Fachrichtung eingeholt werden sollte (vgl BSG Beschluss vom 5.11.2019 - B 13 R 40/18 B - juris RdNr 8).

Diesen Erfordernissen wird die Beschwerdebegründung der Klägerin nicht gerecht. Die Beschwerdebegründung benennt bereits keinen ordnungsgemäßen, ohne Weiteres auffindbaren Beweisantrag. Zwar trägt die Klägerin vor, sie habe schon mit der Klagebegründung beantragt, ein Gutachten zu ihren gesundheitlichen Beeinträchtigungen einzuholen. Dieser Beweisantrag sei ausdrücklich aufrechterhalten worden. An welcher Stelle und zu welchem Zeitpunkt ein solcher Antrag vor dem LSG gestellt bzw aufrechterhalten worden sein soll, ergibt sich aus der Beschwerdebegründung indes nicht. Soweit die Klägerin vorträgt, es sei im Berufungsverfahren "nochmals angeregt" worden, eine Begutachtung vornehmen zu lassen, genügt dies nicht. Es bleibt darüber hinaus unklar, aus welchen Gründen sich das LSG zur weiteren Amtsermittlung hätte gedrängt fühlen müssen. Dass das subjektive Beschwerdeempfinden eine Erwerbstätigkeit bis sechs Stunden ausschließe, ist insofern keine hinreichende Begründung. Das Gleiche gilt für den Vortrag, Rückenschmerzen könnten verschiedene Ursachen haben, sodass als Sachverständige Orthopäden, Neurologen, Chiropraktiker und Internisten in Betracht kämen. Soweit die Klägerin sich gegen die Bewertung des Rehabilitationsabschlussberichtes sowie des Befundberichtes ihres Hausarztes wendet, fehlt es schließlich an einer Auseinandersetzung mit der Argumentation des LSG. Letztlich beanstandet die Klägerin die Beurteilung ihrer Beeinträchtigungen durch das LSG. Dies vermag die Zulassung der Revision indes nicht zu begründen.

Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (vgl § 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG).

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 und 4 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI14113880

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