Verfahrensgang
Bayerisches LSG (Urteil vom 18.09.1990) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 18. September 1990 wird als unzulässig verworfen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
Die Klägerin ist mit ihrem erstmals im Juni 1984 geltend gemachten Begehren, die bei ihr bestehenen Wirbelsäulenveränderungen als Folgen eines Unfalls vom Juli 1953 anzuerkennen und hierfür Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu gewähren, ohne Erfolg geblieben (Bescheide vom 8. Mai 1985 und 28. August 1985; Urteile des Sozialgerichts vom 18. Mai 1989 und des Landessozialgerichts -LSG- vom 18. September 1990). Das LSG ist zu dem Ergebnis gelangt, daß die Klägerin gemäß dem hier anwendbaren § 1546 Reichsversicherungsordnung (RVO) aF aus Anlaß des Unfalls vom Juli 1953 keinen Anspruch auf Entschädigungsleistungen gegen die Beklagte habe. Die Klägerin habe den Anspruch verspätet angemeldet (§ 1546 Abs 1 Satz 1 RVO aF). Auch die Voraussetzungen des § 1547 Abs 1 RVO aF seien nicht gegeben.
Mit ihrer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision macht die Klägerin geltend, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 Sozialgerichtsgesetz – SGG –). Außerdem beruhe das Urteil auf Verfahrensfehlern (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG).
Die Beschwerde ist unzulässig. Die dazu gegebene Begründung entspricht nicht der in § 160 Abs 2 und § 160a Abs 2 Satz 3 SGG festgelegten Form. Nach der ständigen Rechtsprechung verlangen diese Vorschriften, daß die Zulassungsgründe schlüssig dargetan werden (BSG SozR 1500 § 160a Nrn 34, 47 und 58). Daran fehlt es der Beschwerde.
1. Die Klägerin hält die Rechtssache insoweit für grundsätzlich bedeutsam, „als das Gericht die der Gemeinde Mehring 1954/55 übersandte Unfallanzeige nicht als Anspruchsanmeldung iS des § 1546 RVO aF angesehen hat.” Klärungsbedürftig sei, „ob trotz der unterschiedlichen Rechtsgrundlage nicht doch aus der Unfallanzeige konkludent auch die Anmeldung von Ansprüchen angenommen werden kann.” Damit hat die Klägerin die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht hinreichend dargelegt.
Denn eine – hier seit über 27 1/2 Jahren – außer Kraft getretene gesetzliche Vorschrift kann in aller Regel keine grundsätzliche Rechtsfrage aufwerfen, es sei denn, daß noch eine erhebliche Zahl von Fällen der Entscheidung harren und darin die Klärungsbedürftigkeit der Rechtsfrage liegt (BSG SozR 1500 § 160a Nr 19). Gerade dies hätte die Klägerin, um ihre Beschwerde statthaft zu machen, so lange Zeit nach dem Außerkrafttreten der Vorschrift genau und im einzelnen darlegen müssen. Ihr Vorbringen enthält aber dazu nichts.
Davon abgesehen zielt die Beschwerde hinter dieser Rechtsfrage auf die Beweiswürdigung zu der vom LSG verneinten Frage, ob aus der der Gemeinde M … im Jahre 1955 übersandten Unfallanzeige eine Anspruchsanmeldung entnommen werden könne. Eine solche Rüge kann nicht zur Zulassung der Revision führen. Denn § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG schließt es aus, die Nichtzulassungsbeschwerde auf Fehler der Beweiswürdigung iS des § 128 Abs 1 Satz 1 SGG (Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung) zu stützen. Im übrigen ist Gegenstand des Verfahrens über die Nichtzulassungsbeschwerde nicht die Frage, ob das LSG in der Sache richtig entschieden hat (BSG SozR 1500 § 160a Nr 7). Gerade aber dies macht in diesem Zusammenhang die Beschwerdeführerin im Kern zum Gegenstand ihrer Beschwerdebegründung.
2. Nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ist die Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann. Auf eine Verletzung des § 103 SGG kann die Verfahrensrüge nur gestützt werden, wenn sie sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Auch dem trägt die Beschwerdebegründung nicht Rechnung.
Die Klägerin trägt zwar vor, sie hätte mit Schriftsatz vom 9. Oktober 1989 den Antrag auf Einholung eines ärztlichen Sachverständigengutachtens gestellt. Dieser Vortrag genügt jedoch nicht für eine schlüssige Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde. Denn nach der ständigen Rechtsprechung des Senats obliegt es jedenfalls rechtskundig vertretenen Beteiligten, in der mündlichen Verhandlung alle diejenigen Anträge zur Niederschrift des Gerichts zu stellen, über die das Gericht entscheiden soll (vgl ua Beschluß des Senats vom 18. Dezember 1990 – 2 BU 178/90 – mwN). Es ist der Sinn der erneuten Antragstellung, zum Schluß der mündlichen Verhandlung auch darzustellen, welche Anträge nach dem Ergebnis der für die Entscheidung maßgebenden mündlichen Verhandlung noch abschließend gestellt werden, mit denen sich das LSG dann im Urteil befassen muß, wenn es ihnen noch folgt. Die Klägerin hätte deshalb in der mündlichen Verhandlung vom 18. September 1990 ihren Beweisantrag zumindest hilfsweise zu dem Sachantrag stellen müssen. Ausweislich der Sitzungsniederschrift hat der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin keinen Beweisantrag, sondern lediglich Anträge zur Sache gestellt.
Soweit die Beschwerde ferner die Rüge der mangelhaften Sachverhaltsermittlung als Verfahrensfehler gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 SGG erhebt, „weil das Gericht zu Unrecht von der Versäumung der Geltendmachungsfrist nach § 1547 Abs 2 iVm § 1547 Abs 1 Ziff 1 alter Fassung RVO ausgegangen ist”, fehlt es an der Bezeichnung eines vom LSG zu berücksichtigenden Beweisantrags iS von § 160a Abs 2 SGG. Auch die in diesem Zusammenhang erhobene Rüge der Klägerin, das LSG habe die Beweise unzutreffend gewürdigt (das Gericht habe der rechtlichen Würdigung widersprüchliche Aussagen zugrunde gelegt), ist auch diese Rüge unzulässig, weil, wie bereits erörtert, nach § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG der geltend gemachte Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung des § 128 Abs 1 Satz 1 SGG gestützt werden kann.
Die Beschwerde war daher als unzulässig zu verwerfen (§ 169 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen