Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 10. November 2021 wird als unzulässig verworfen.
Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine Kosten zu erstatten.
Gründe
I
Der Kläger begehrt die Vormerkung höherer beitragspflichtiger Einnahmen aufgrund nichterwerbsmäßiger Pflege.
Die beigeladene Pflegekasse (Beigeladene zu 1) entrichtet seit dem 1.9.2004 für den Kläger als nicht erwerbsmäßig tätige Pflegeperson seines im Jahr 2002 geborenen und im Jahr 2004 verunfallten Sohnes Rentenversicherungsbeiträge. Mit Schreiben vom 20.3.2017 teilte sie ihm die monatliche Berechnungsgrundlage in Abhängigkeit von der Pflegestufe und dem zeitlichen Umfang der pflegerischen Tätigkeit mit (vgl § 44 Abs 4 SGB XI). Dagegen erhob der Kläger Widerspruch. Der von ihm zusätzlich zur Pflegetätigkeit seiner Frau erbrachte Zeitaufwand für die Pflege seines Sohnes habe deutlich mehr als 18 Stunden wöchentlich umfasst. Nach Weiterleitung des Vorgangs lehnte die Beklagte höhere Beitragsbemessungsgrundlagen für den Zeitraum vom 1.9.2004 bis zum 31.8.2012 ab. Ein höherer Pflegeaufwand als der in einem Gutachten des MDK vom 25.6.2009 ermittelte könne erst ab 1.9.2012 berücksichtigt werden (Bescheid vom 25.8.2017; Widerspruchsbescheid vom 7.11.2017).
Im Klageverfahren hat der Kläger erfolglos begehrt, die Beklagte zu der Feststellung zu verpflichten, dass für ihn als nicht erwerbsmäßig tätige Pflegeperson in der Zeit vom 1.9.2004 bis zum 31.8.2012 höhere rentenversicherungsrechtlich relevante beitragspflichtige Einnahmen vorzumerken seien. Zuletzt hat auch das LSG einen solchen Anspruch verneint. Für eine Beitragsbemessung auf der Grundlage von 100 vom Hundert der Bezugsgröße fehle es für den hier streitbefangenen Zeitraum an einer Rechtsgrundlage. Auch verstoße es nicht gegen Verfassungsrecht, den Höchstwert an beitragspflichtigen Einnahmen als Bemessungsgrundlage bei jeder nicht erwerbsmäßig tätigen Pflegeperson nur anteilig entsprechend dem Umfang ihrer Pflegetätigkeit im Verhältnis zum Umfang der Pflegetätigkeit insgesamt zu berücksichtigen (Urteil vom 10.11.2021).
Gegen die Nichtzulassung der Revision hat der Kläger Beschwerde beim BSG eingelegt. Er macht als Zulassungsgründe eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache und eine Divergenz geltend (§ 160 Abs 2 Nr 1 und 2 SGG).
II
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil sie nicht formgerecht begründet ist. Die Beschwerdebegründung legt keine Zulassungsgründe iS des § 160 Abs 2 Nr 1 und 2 SGG in der nach § 160a Abs 2 Satz 3 SGG gebotenen Weise dar. Die Beschwerde ist daher gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 iVm § 169 SGG zu verwerfen.
1. Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ist nicht hinreichend dargelegt. Eine Rechtssache hat nur dann iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine Rechtsfrage zu revisiblem Recht (§ 162 SGG) aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Zur ordnungsgemäßen Bezeichnung des Revisionszulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung muss der Beschwerdeführer daher eine Rechtsfrage benennen und zudem deren (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) darlegen (stRspr; zB BSG Beschluss vom 31.7.2017 - B 1 KR 47/16 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 30 RdNr 4 mwN; s auch Fichte in Fichte/Jüttner, SGG, 3. Aufl 2020, § 160a RdNr 32 ff).
Der Kläger formuliert schon keine aus sich heraus verständliche abstrakt-generelle Rechtsfrage zur Auslegung, zum Anwendungsbereich oder zur Vereinbarkeit einer konkreten revisiblen Norm des Bundesrechts (vgl § 162 SGG) mit höherrangigem Recht. Die Bezeichnung einer solchen Rechtsfrage ist unverzichtbar, damit das Beschwerdegericht an ihr die weiteren Voraussetzungen der Grundsatzrüge prüfen kann (vgl BSG Beschluss vom 22.4.2020 - B 5 R 266/19 B - juris RdNr 5 mwN). Den Ausführungen in der Beschwerdebegründung lässt sich zwar entnehmen, dass der Kläger die Verfassungsmäßigkeit von § 166 Abs 2 Satz 1 Nr 1 Buchst a und Satz 2 SGB VI in der bis zum 31.12.2016 geltenden Fassung in Frage stellt. Dazu trägt er ua vor, er sehe sich einer willkürlichen Behandlung durch den Staat iS von Art 1 iVm Art 20 GG ausgesetzt, und die Leistungen der elterlichen Pflege würden nicht anerkannt. Er werde aufgrund unzureichender Rentenversicherungsbeiträge gezwungen sein, im Alter Sozialhilfe zu beantragen. Schließlich sei das Sterberisiko von Sozialhilfeempfängern erhöht und eine geringere Rente führe zu einer Verkürzung seiner Lebenszeit. Er sei deshalb auch in seiner körperlichen Unversehrtheit iS von Art 2 Abs 2 GG verletzt. Der Gesetzgeber komme seiner Schutzfunktion für schwerstbehinderte Menschen nicht nach. Seinem Sohn werde die Möglichkeit der Teilhabe weitestgehend verwehrt, wenn er ihn aus wirtschaftlichen Gründen nicht mehr selbst pflegen könne. Eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung bestehe insbesondere auch dahingehend, dass der Eigenanteil bei Unterbringung seines Sohnes in einem Pflegeheim deutlich niedriger sei als der von ihm getragene Eigenanteil. Der Kläger beziffert die bei häuslicher Pflege anfallenden Pflegekosten auf ca 32 000 Euro im Monat. Er leiste zusammen mit seiner Frau die Arbeit von 10,9 Vollzeitarbeitskräften.
Eine mögliche Verletzung von Verfassungsrecht durch die Ausgestaltung der Regelungen für ergänzende Leistungen zur sozialen Sicherung der Pflegepersonen (§ 44 SGB XI iVm § 3 Satz 1 Nr 1a, § 166 Abs 2 SGB VI) wird mit diesem Vorbringen nicht hinreichend begründet. Dazu wäre unter Einbeziehung der einschlägigen Literatur und Rechtsprechung - insbesondere des BVerfG, aber auch des BSG - im Einzelnen aufzuzeigen gewesen, woraus sich im konkreten Fall die Verfassungswidrigkeit ergeben soll. Dazu müssen der Bedeutungsgehalt der in Frage stehenden einfachgesetzlichen Normen aufgezeigt, die Sachgründe ihrer jeweiligen Ausgestaltung erörtert und die Verfassungsverletzung dargelegt werden. Die bloße Behauptung der Verfassungswidrigkeit und die Nennung der als verletzt angesehenen Normen des GG genügt nicht (vgl BSG Beschluss vom 8.4.2020 - B 12 R 45/19 B - juris RdNr 7 mwN).
Das LSG hat in seinen Entscheidungsgründen Bezug genommen auf die Rechtsprechung des BVerfG zur Anwendung des allgemeinen Gleichheitssatzes bei Leistungen der sozialen Pflegeversicherung. Diese sind in verfassungsrechtlich unbedenklicher Weise nur als Teilabsicherung des Risikos der Pflegebedürftigkeit ausgestaltet worden. Was die soziale Pflegeversicherung zu leisten hat und was nicht, legt der Gesetzgeber fest. Dabei kommt ihm ein weiter Gestaltungsspielraum zu, welche tatsächlichen Gegebenheiten die Leistungspflicht der sozialen Pflegeversicherung auslösen oder erhöhen (vgl BVerfG ≪Kammer≫ Nichtannahmebeschluss vom 22.5.2003 - 1 BvR 452/99 - juris RdNr 17 und 20). Der Kläger nennt zwar die einschlägige Fundstelle, eine Auseinandersetzung mit den verfassungsgerichtlichen Ausführungen findet jedoch nicht statt. Er stellt unabhängig davon fest, der Staat bereichere sich an den Leistungen der pflegenden Angehörigen in einer unverhältnismäßigen Art und Weise und deshalb sei es nicht hinnehmbar, dass dem Gesetzgeber vertretbare Beitragssätze in der Pflegeversicherung positiv bei der Sachbewertung zugesprochen würden. Auch befasst sich die Beschwerdebegründung nicht mit der bereits ergangenen Rechtsprechung des BSG. Der Senat hat zu der bis zum 31.12.2012 geltenden Rechtslage entschieden, dass die fehlende Möglichkeit, Pflegezeiten zur Erreichung des von § 3 Satz 1 Nr 1a SGB VI aF iVm § 19 Satz 2 SGB XI geforderten Mindestpflegeumfangs zu addieren, nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz verstieß. Dazu hat er ebenfalls auf die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers verwiesen (vgl BSG Urteil vom 4.12.2014 - B 5 RE 4/14 R - juris RdNr 23 ff). Auch diese Entscheidung hat das LSG zitiert, ohne dass sich die Beschwerdebegründung dazu verhält.
2. Eine Divergenz ist ebenfalls nicht hinreichend bezeichnet. Diese liegt vor, wenn die tragenden abstrakten Rechtssätze, die zwei Entscheidungen zugrunde gelegt worden sind, nicht übereinstimmen. Sie kommt nur dann in Betracht, wenn das LSG einen tragenden abstrakten Rechtssatz in Abweichung von einem vorhandenen abstrakten Rechtssatz des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des BVerfG aufgestellt hat. Eine Abweichung liegt folglich nicht schon dann vor, wenn die Entscheidung des LSG nicht den Kriterien entspricht, die zB das BVerfG aufgestellt hat, sondern erst, wenn das LSG diesen Kriterien widersprochen, also eigene rechtliche Maßstäbe entwickelt hat. Bezogen auf die Darlegungspflicht bedeutet dies, dass die Beschwerdebegründung erkennen lassen muss, welcher abstrakte Rechtssatz in der höchstrichterlichen Entscheidung enthalten ist und welcher im Urteil des LSG enthaltene Rechtssatz dazu im Widerspruch steht (vgl BSG Beschluss vom 11.3.2021 - B 5 R 296/20 B - juris RdNr 9 mwN).
Der Kläger verweist auf die Rechtsprechung des BVerfG im sog Abhör-Urteil (Urteil vom 15.12.1970 - 2 BvF 1/69 ua - BVerfGE 30, 1), im Beschluss zu Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen während der Corona-Pandemie (Beschluss vom 19.11.2021 - 1 BvR 781/21 ua) und auf die Entscheidung zu pandemiebedingten Triage-Situationen in der Intensivmedizin (Beschluss vom 16.12.2021 - 1 BvR 1541/20). Tragende abstrakte Rechtssätze entnimmt er diesen Entscheidungen nicht und stellt ihnen jeweils auch keinen widersprechenden abstrakten Rechtssatz aus dem angefochtenen Urteil des LSG gegenüber.
3. Soweit der Kläger schließlich geltend macht, es sei ihm als nur mittelbar Geschädigten nach § 823 Abs 1 BGB nicht möglich, gegenüber dem Schadensverursacher aufgrund der notwendigen Pflege seines Sohnes eigene Ersatzansprüche etwa im Hinblick auf entfallende Rentenversicherungsbeiträge geltend zu machen, ist dies nicht Gegenstand des hier zu entscheidenden Rechtsstreits.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG).
4. Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI15343762 |