Entscheidungsstichwort (Thema)
Vermutung der wirksamen Beitragserstattung
Orientierungssatz
Die auf den Inhalt von Sammelkarten, Beitragserstattungslisten usw gestützte Vermutung der wirksamen Beitragserstattung kann nur für einen Zeitraum gelten, in dem der Postverkehr in Deutschland während des Krieges noch intakt war.
Normenkette
RVO § 1309a Abs 3 Fassung: 1942-06-22; RVO § 1309a Abs 4 Fassung: 1942-06-22
Verfahrensgang
LSG Baden-Württemberg (Entscheidung vom 01.12.1988; Aktenzeichen L 12 J 1187/86) |
Gründe
Die Beschwerde der Klägerin ist unzulässig; denn sie ist nicht formgerecht begründet worden.
Die Klägerin macht geltend, es handele sich um eine Rechtssache von grundsätzlicher Bedeutung iS des § 160 Abs 2 Nr 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG). Letztere muß in der Beschwerdebegründung dargelegt werden (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG). Der Beschwerdeführer hat zunächst eine Rechtsfrage klar zu bezeichnen und darzulegen, warum diese von grundsätzlicher Art ist. Das ist dann der Fall, wenn die Rechtsfrage über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung besitzt, die Entscheidung der Frage also im allgemeinen Interesse liegt, weil das Recht fortentwickelt oder vereinheitlicht wird. Schließlich muß noch dargelegt werden, wieso die Rechtsfrage klärungsbedürftig und im angestrebten Revisionsverfahren klärungsfähig ist (vgl Bundessozialgericht -BSG- in SozR 1500 § 160a Nrn 17 und 54). Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung der Klägerin nicht.
Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob der Klägerin Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung erstattet worden sind und ob sie deswegen die Wartezeit für den Anspruch auf Altersruhegeld nicht erfüllt hat. Die Klägerin sieht die grundsätzliche Bedeutung der Sache darin, daß das Landessozialgericht (LSG) entgegen dem prozessualen Grundsatz, wonach für die behauptete Beitragserstattung der Versicherungsträger die Beweislast trage, entschieden und die Anforderungen an die Entkräftung des Anscheinsbeweises viel zu hoch angesetzt habe.
Die Klägerin hat nicht, wie es für eine formgerecht begründete Beschwerde erforderlich gewesen wäre, ausreichend dargelegt, inwieweit zum Komplex der Beitragserstattung eine über die bisher ergangene Rechtsprechung hinausgehende Klärungsbedürftigkeit besteht. Das BSG hat wiederholt entschieden, daß aus sonstigen Unterlagen die auf Lebenserfahrung beruhende, jedoch widerlegbare Vermutung der wirksamen Beitragserstattung gestützt werden kann (vgl BSG in SozR 2200 § 1309a Nr 1 mwN; Beschluß des erkennenden Senats vom 12. August 1988 - 5 BJ 172/88 -). Ist aber eine Rechtsfrage bereits höchstrichterlich geklärt, so ist sie nur dann möglicherweise erneut klärungsbedürftig, wenn aufgezeigt wird, inwiefern der Rechtsprechung des Revisionsgerichts in nicht geringfügigem Umfang widersprochen worden ist und wieso gegen sie nicht von vornherein abwegige Einwendungen vorgebracht worden sind (so BSG in SozR 1500 § 160a Nr 17). An derartigen Darlegungen fehlt es in der Beschwerdebegründung der Klägerin. Die für eine Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung nur nach Ansicht der Klägerin sprechenden Argumente reichen nicht aus. Wann der Beweis des ersten Anscheins in einem konkreten Fall als widerlegt angesehen werden kann, ist eine Frage der Beweiswürdigung. Generell hat das BSG insoweit entschieden (SozR 2200 § 1309a Nr 1 mwN), daß die auf den Inhalt von Sammelkarten, Beitragserstattungslisten usw gestützte Vermutung der wirksamen Beitragserstattung nur für einen Zeitraum gelten kann, in dem der Postverkehr in Deutschland während des Krieges noch intakt war. Ob die Beweiswürdigung des LSG im Rechtsstreit der Klägerin zutreffend ist, kann nicht eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung sein.
Die Klägerin rügt darüber hinaus als Mangel des Berufungsverfahrens, das LSG habe § 103 SGG verletzt, indem es ihren im Schriftsatz vom 28. Mai 1986 gestellten Beweisanträgen ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt sei. Ein solcher Beweisantrag, der nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG für die Zulassung der Revision erforderlich ist, fehlt hier. Ausweislich der Niederschrift vom 1. Dezember 1988 über die mündliche Verhandlung vor dem Berufungsgericht, auf Grund der die angefochtene Entscheidung ergangen ist, hat der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin erklärt, er stelle keinen Beweisantrag mehr. Damit aber sind die zuvor schriftlich gestellten Beweisanträge nicht mehr aufrecht erhalten worden.
Die Beschwerde der Klägerin mußte daher als unzulässig verworfen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen