Verfahrensgang

SG Landshut (Entscheidung vom 13.09.2018; Aktenzeichen S 1 SB 321/16)

Bayerisches LSG (Urteil vom 15.01.2020; Aktenzeichen L 2 SB 178/18)

 

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 15. Januar 2020 wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

 

Gründe

I

Die Klägerin begehrt die Zuerkennung eines Grades der Behinderung (GdB) von 50.

Mit Urteil vom 15.1.2020 hat das LSG wie vor ihm das SG und der Beklagte den Anspruch der Klägerin verneint.

Gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung hat die Klägerin Beschwerde zum BSG eingelegt. Das LSG habe die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache verkannt.

II

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig. Die Begründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen, weil sie die allein geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung nicht ordnungsgemäß dargelegt hat (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG).

1. Eine Rechtssache hat nur dann grundsätzliche Bedeutung iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung angeben, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Ein Beschwerdeführer muss mithin, um seiner Darlegungspflicht zu genügen, eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (so genannte Breitenwirkung) darlegen (zum Ganzen BSG Beschluss vom 25.10.2016 - B 10 ÜG 24/16 B - juris RdNr 7 mwN).

Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage, wenn sie höchstrichterlich weder tragend entschieden noch präjudiziert ist und die Antwort nicht von vornherein praktisch außer Zweifel steht, so gut wie unbestritten ist oder sich unmittelbar aus dem Gesetz ergibt. Um die Klärungsbedürftigkeit ordnungsgemäß darzulegen, muss sich der Beschwerdeführer daher ua mit Wortlaut, Kontext und ggf der Entstehungsgeschichte des fraglichen Gesetzes sowie der einschlägigen Rechtsprechung auseinandersetzen (Senatsbeschluss vom 21.8.2017 - B 9 SB 11/17 B - juris RdNr 8 mwN).

Diese Anforderungen verfehlt die Beschwerdebegründung. Die Klägerin bezeichnet es als klärungsbedürftig, ob bei Vorliegen eines Einzel-GdB von 30 für näher bezeichnete seelische und eines Einzel-GdB von 20 für orthopädische Leiden die Gesundheitsstörungen einen Gesamt-GdB von 50 begründen. Es sei zu klären, wie bei Vorliegen solcher Einzel-GdB der Gesamt-GdB zu bewerten und welche Grundsätze für die Anerkennung der Schwerbehinderteneigenschaft insoweit zu beachten seien.

Indes formuliert die Klägerin damit bereits keine über ihren Einzelfall hinausweisende, generelle Rechtsfrage zu einem konkreten Tatbestandsmerkmal. Unabhängig davon hat sie es versäumt, sich mit der vorhandenen Senatsrechtsprechung und den Vorgaben der in der Anlage zu § 2 Versorgungsmedizin-Verordnung geregelten Versorgungsmedizinischen Grundsätze zur Bildung des Gesamt-GdB auseinanderzusetzen (vgl hierzu Senatsbeschluss vom 2.10.2020 - B 9 SB 10/20 B - juris RdNr 20 mwN).

Darüber hinaus möchte die Klägerin geklärt wissen, unter welchen Voraussetzungen ein Gericht, dem widerstreitende Sachverständigengutachten vorliegen, ein sogenanntes Obergutachten einholen muss. Indes hat sie wiederum versäumt, sich mit der dazu bereits ergangenen Rechtsprechung des BSG auseinanderzusetzen. Danach gehört die Würdigung unterschiedlicher, auch widerstreitender Gutachten zur Beweiswürdigung. Das Prozessrecht verpflichtet nicht zur Einholung eines Obergutachtens, es sei denn, die vorhandenen Gutachten enthielten unlösbare Widersprüche oder grobe Mängel (vgl hierzu Senatsbeschluss vom 24.6.2020 - B 9 SB 79/19 B - juris RdNr 11 mwN). Darüber hinausgehenden Klärungsbedarf hat die Klägerin nicht aufgezeigt. Ebenso wenig hat sie einen Verstoß gegen § 103 SGG ordnungsgemäß iS von § 160 Abs 2 Nr 3 SGG bezeichnet.

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl § 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG).

2. Die Beschwerde ist somit ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2, § 169 Satz 2 und 3 SGG).

3. Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI14310864

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