Verfahrensgang
LSG Niedersachsen-Bremen (Urteil vom 14.12.2017; Aktenzeichen L 10 VE 20/13) |
SG Braunschweig (Entscheidung vom 21.03.2013; Aktenzeichen S 42 VE 36/11) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 14. Dezember 2017 wird als unzulässig verworfen.
Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Gründe
I
Mit Urteil vom 14.12.2017 hat das LSG einen Anspruch der Klägerin auf Gewährung von Versorgung nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG) iVm dem Bundesversorgungsgesetz verneint, weil nicht festgestellt werden könne, dass die Klägerin - entgegen ihren Behauptungen - durch ihren Großvater iS von § 176 Strafgesetzbuch sexuell missbraucht worden sei und es zu Schädigungsfolgen gekommen wäre, die einen Anspruch auf Beschädigtenrente auslösen könnten. Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat die Klägerin beim BSG Beschwerde eingelegt und diese mit dem Bestehen einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) begründet.
II
Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist unzulässig. Ihre Begründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen. Keiner der in § 160 Abs 2 SGG abschließend aufgeführten Zulassungsgründe ist ordnungsgemäß dargetan worden (§ 160a Abs 2 S 3 SGG). Insbesondere ist die Rechtssache nicht von grundsätzlicher Bedeutung.
1. Grundsätzliche Bedeutung iS von § 160 Abs 2 Nr 1 SGG hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Ein Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts sowie unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung und des Schrifttums angeben, welche Rechtsfragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Um seiner Darlegungspflicht zu genügen, muss der Beschwerdeführer mithin Folgendes aufzeigen: (1.) eine bestimmte Rechtsfrage, (2.) ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, (3.) ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit sowie (4.) die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung, also eine Breitenwirkung (vgl BSG Beschluss vom 29.6.2015 - B 10 EG 6/15 B - Juris RdNr 4; BSG SozR 1500 § 160 Nr 17; BSGE 40, 158 = SozR 1500 § 160a Nr 11; BSG SozR 1500 § 160a Nr 7, 13, 31, 59, 65). Diesen Anforderungen genügt die vorliegende Beschwerdebegründung nicht.
Nach Auffassung der Klägerin stellen sich vorliegend die Rechtsfragen,
"ob das LSG Niedersachsen-Bremen ohne Einholung eines Sachverständigengutachtens davon ausgehen durfte, dass die geltend gemachten Taten nicht geeignet seien, ernsthafte und dauerhafte Gesundheitsschädigungen zu begründen,"
"wann Gerichte in Bezug auf medizinische Sachverhalte im sozialen Entschädigungsrecht auf Grundlage eigener Sachkenntnis einen Sachverhalt bewerten dürfen und wann die Einholung eines Sachverständigenrats erforderlich ist,"
"ob es überhaupt möglich ist, einer Gewalttat ohne Orientierung am Einzelfall eine Eignung zur Begründung ernsthafter Schädigungen abzusprechen."
Ob die Klägerin damit eine Rechtsfrage hinreichend bezeichnet hat, die auf die Auslegung eines gesetzlichen Tatbestandsmerkmals abzielt, kann hier dahinstehen. Sie hat bereits die höchstrichterliche Klärungsbedürftigkeit dieser von ihr gestellten Fragen nicht dargetan. Weder setzt sich die Klägerin mit der Vorschrift des § 1 OEG auseinander noch benennt sie die hierzu ergangene Rechtsprechung des BSG und wertet diese aus, um zu begründen, dass sich daraus nicht bereits hinreichende Anhaltspunkte für die Beantwortung der Fragen ergeben (vgl dazu BSG Beschluss vom 29.6.2015 - B 10 EG 6/15 B - Juris RdNr 5; BSG SozR 3-1500 § 146 Nr 2).
Unabhängig davon hat die Klägerin auch die Entscheidungserheblichkeit ihrer vermeintlichen Rechtsfragen nicht dargelegt, da das Berufungsgericht seine Entscheidung auf zwei Begründungen gestützt hat. Zum einen hat das LSG das Vorliegen eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs iS von § 1 Abs 1 OEG verneint und zum anderen auch Schädigungsfolgen bei der Klägerin aufgrund der angeschuldigten Ereignisse nicht feststellen können. Ist das LSG-Urteil aber auf mehrere voneinander unabhängige Begründungen (sog Doppelbegründung) gestützt, so hat ein Beschwerdeführer seinen geltend gemachten Zulassungsgrund hinsichtlich aller Begründungelemente darzulegen (vgl zB BSG Beschluss vom 2.12.2015 - B 9 V 12/15 B - Juris RdNr 36 f; BSG Beschluss vom 29.6.2006 - B 12 KR 61/05 B - Juris). Hieran fehlt es ebenfalls.
2. Von einer weitergehenden Begründung sieht der Senat ab (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).
3. Die Verwerfung der Nichtzulassungsbeschwerde erfolgt ohne Hinzuziehung ehrenamtlicher Richter (§ 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 S 3 SGG).
4. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI11650470 |