Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 28. November 2023 wird als unzulässig verworfen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I
Die Beteiligten streiten in dem der Beschwerde zugrunde liegenden Verfahren über die Gewährung einer Verletztenrente aufgrund eines anerkannten Arbeitsunfalls vom 12.1.2009.
Die nach erfolglos durchgeführtem Verwaltungsverfahren erhobene Klage hat das SG nach Einholung eines Sachverständigengutachtens auf Antrag des Klägers abgewiesen(Gerichtsbescheid vom 5.8.2019). Das LSG hat die Berufung zurückgewiesen(Urteil vom 28.11.2023).
Gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des LSG hat der Kläger Beschwerde zum BSG eingelegt und diese mit dem Vorliegen von Verfahrensmängeln begründet.
II
1. Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist unzulässig. Die Begründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen, weil sie den geltend gemachten Zulassungsgrund des Vorliegens von Verfahrensmängeln nicht ordnungsgemäß bezeichnet hat(§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG ) .
Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne(§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 1 SGG ) , so müssen die diesen vermeintlich begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist - außer im Fall von absoluten Revisionsgründen - die Darlegung erforderlich, dass und warum die Entscheidung des LSG ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht auf dem Mangel beruhen kann, dass also die Möglichkeit einer Beeinflussung des Urteils besteht. Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel allerdings auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 Satz 1 SGG nicht und auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. An diesen Voraussetzungen fehlt es hier.
a) Der Kläger rügt eine unterbliebene weitere Sachaufklärung durch das LSG im Wege der Einholung einer ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme des Sachverständigen J( § 118 Abs 1 Satz 1 SGG iVm §§ 402 ff ZPO bzw § 118 SGG iVm§ 411 Abs 3 ZPO ) . Um den Verfahrensmangel der Verletzung der Sachaufklärungspflicht(§ 103 SGG ) ordnungsgemäß zu rügen, muss die Beschwerdebegründung (1.) einen für das Revisionsgericht ohne Weiteres auffindbaren, bis zuletzt aufrechterhaltenen oder im Urteil wiedergegebenen Beweisantrag bezeichnen, dem das LSG nicht gefolgt ist, (2.) die Rechtsauffassung des LSG wiedergeben, auf deren Grundlage bestimmte Tatfragen als klärungsbedürftig hätten erscheinen müssen, (3.) die von dem Beweisantrag betroffenen tatsächlichen Umstände aufzeigen, die zur weiteren Sachaufklärung Anlass gegeben hätten, (4.) das voraussichtliche Ergebnis der unterbliebenen Beweisaufnahme angeben und (5.) erläutern, weshalb die Entscheidung des LSG auf der unterlassenen Beweiserhebung beruhen kann, das LSG also von seinem Rechtsstandpunkt aus zu einem für den Kläger günstigeren Ergebnis hätte gelangen können, wenn es das behauptete Ergebnis der unterlassenen Beweisaufnahme gekannt hätte(stRspr; zB BSG Beschlüsse vom 11.1.2024 - B 2 U 17/23 B - juris RdNr 10 , vom 8.1.2024 - B 2 U 54/23 B - juris RdNr 7 und vom 12.12.2003 - B 13 RJ 179/03 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 3 RdNr 5, jeweils mwN). Entsprechendes gilt für einen Antrag auf ergänzende Befragung eines Sachverständigen nach Maßgabe des § 118 SGG iVm§ 411 Abs 3 ZPO(hierzuBSG Beschluss vom 14.12.2022 - B 2 U 1/22 B - juris RdNr 6 ).
Daran fehlt es hier. Die Beschwerdebegründung zeigt bereits nicht auf, einen auf eine weitere Sachaufklärung von Amts wegen(§ 103 SGG ) gerichteten prozessordnungsgemäßen Beweisantrag gestellt und bis zuletzt aufrechterhalten zu haben. Der Kläger führt an, am 11.9.2020 im Parallelverfahren( L 3 U 149/19 ) die Einholung einer ergänzenden Stellungnahme des Sachverständigen J zu dessen Gutachten nach § 109 SGG unter Berücksichtigung der im Arztbrief vom 26.5.2020 erhobenen Befunde sowie zu konkret aufgeführten Fragen beantragt zu haben. In der mündlichen Verhandlung im gegenständlichen Verfahren habe er geltend gemacht, unter anderem die Beweisanträge aus dem Parallelverfahren zu berücksichtigen.
Aus diesem Vorbringen geht bereits nicht schlüssig hervor, dass der Kläger eine weitere Sachaufklärung gerade nach § 103 SGG erreichen wollte. Es hätte einer klaren Abgrenzung zu einem Beweisantrag nach § 109 SGG bedurft, weil die Rüge einer fehlerhaften Anwendung von § 109 SGG im Beschwerdeverfahren ausgeschlossen ist(§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG ) . Der Kläger hätte aufzeigen müssen, dass er die weitere Sachaufklärung jedenfalls auch von Amts wegen(§ 103 SGG ) begehrt hat(zBBSG Beschluss vom 22.6.2004 - B 2 U 78/04 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 4 RdNr 4; s auch BSG Beschlüsse vom 16.1.2023 - B 9 V 14/22 B - juris RdNr 19 , vom 15.6.2022 - B 9 SB 10/22 B - juris RdNr 6 und vom 24.11.1988 - 9 BV 39/88 - SozR 1500 § 160 Nr 67 S 73 = juris RdNr 4) . Hierzu verhält sich die Beschwerdebegründung nicht.
Unbeschadet dessen zeigt die Beschwerdebegründung nicht auf, dass der Kläger die begehrte Sachaufklärung tatsächlich in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht hat. Soweit sie das Protokoll der mündlichen Verhandlung zitiert, hat der Kläger danach in dieser nur auf die Berücksichtigung des Befundes vom 26.5.2020 hingewiesen( § 118 Abs 1 Satz 1 SGG iVm§ 415 Abs 1 ZPO ) . Dies beinhaltet auch nach dem Vorbringen des Klägers für sich betrachtet nicht einmal eine - unbeachtliche - Beweisanregung(vgl allg zur Abgrenzung eines Beweisantrags von einer unbeachtlichen BeweisanregungBSG Beschluss vom 24.5.1993 - 9 BV 26/93 - SozR 3-1500 § 160 Nr 9 S 20 = juris RdNr 4) .
Dagegen folgt entgegen der Ansicht des Klägers allein aus der Bezugnahme auf den Befund vom 26.5.2020 nicht, dass er die im Parallelverfahren vor Jahren gestellten Beweisanträge gerade auch im gegenständlichen Verfahren aufrechterhalten wollte. Der förmliche Beweisantrag hat Warnfunktion und soll der Tatsacheninstanz unmittelbar vor der Entscheidung signalisieren, dass ein Beteiligter die gerichtliche Aufklärungspflicht noch für defizitär hält( BSG Beschlüsse vom 26.4.2024 - B 2 U 38/23 B - juris RdNr 6 , vom 6.11.2023 - B 2 U 14/23 B - juris RdNr 13 und vom 11.9.2023 - B 2 U 5/23 B - juris RdNr 7, jeweils mwN) . Rechtskundig vertretene Beteiligte haben daher dafür Sorge zu tragen, dies dem Gericht hinreichend kenntlich zu machen, was die Protokollierung des Beweisbegehrens, ggf durch Bezugnahme auf Beweisanträge in den Schriftsätzen, umfasst( § 122 SGG iVm§ 160 Abs 2 und Abs 4 Satz 1 ZPO ; s auchBSG Beschluss vom 14.2.2024 - B 2 U 113/23 B - juris RdNr 4 ) .
Das Vorbringen des Klägers erfüllt aber auch im Weiteren nicht die Anforderungen an die Bezeichnung einer Sachaufklärungsrüge. So zeigt die Beschwerdebegründung nicht auf, warum das LSG sich aus seiner sachlich-rechtlichen Sicht heraus zu weiteren Ermittlungen hätte gedrängt fühlen müssen. Nicht maßgeblich ist dagegen, dass der Kläger weiteren Aufklärungsbedarf angenommen hat. § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ist im Hinblick auf das Erfordernis "ohne hinreichende Begründung" nicht formell, sondern materiell im Sinne von "ohne hinreichenden Grund" zu verstehen(zB BSG Beschlüsse vom 26.4.2024 - B 2 U 38/23 B - juris RdNr 8 mwN, vom 9.4.2024 - B 2 U 137/23 B - juris RdNr 13 mwN und vom 31.7.1975 - 5 BJ 28/75 - SozR 1500 § 160 Nr 5 S 6 = juris RdNr 2) . Entscheidend ist, ob sich das LSG von seinem sachlich-rechtlichen Standpunkt aus hätte gedrängt fühlen müssen, den beantragten Beweis zu erheben, weil nach den dem LSG vorliegenden Beweismitteln Fragen zum tatsächlichen Sachverhalt aus seiner rechtlichen Sicht erkennbar offengeblieben sind( BSG Beschlüsse vom 26.4.2024 - B 2 U 38/23 B - juris RdNr 8 , vom 27.2.2024 - B 2 U 110/23 B - juris RdNr 12 und vom 8.1.2024 - B 2 U 54/23 B - juris RdNr 9) . Hierzu enthält die Beschwerdebegründung keinen schlüssigen Vortrag, wenn sie selbst die sachlich-rechtliche Sicht des LSG wiedergibt, dass dieses mangels hinreichender Anknüpfungstatsachen dem Befund vom 26.5.2020 im Hinblick auf den Unfall vom 12.1.2009 keine beweisführende Funktion für die Feststellung des erforderlichen Ursachenzusammenhanges beimisst. Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang anführt, dass das LSG die weiteren Befunde unzutreffend bewertet habe, wendet er sich gegen die Beweiswürdigung in seinem Einzelfall(§ 128 Abs 1 Satz 1 SGG ) , die für sich nicht zur Zulassung der Revision führen kann(§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG ) .
b) Soweit der Kläger sinngemäß geltend macht, sein Beweisantrag sei vom Berufungsgericht fehlerhaft nicht protokolliert worden, macht er mittelbar die Nichtbeachtung der für die mündliche Verhandlung vorgeschriebenen Förmlichkeiten( § 122 SGG iVm§ 165 Satz 1 ZPO ) bzw die Unrichtigkeit des Protokolls als öffentliche Urkunde( § 118 Abs 1 Satz 1 SGG iVm§ 415 Abs 1 ZPO ) geltend(vgl hierzuBSG Beschluss vom 23.7.2015 - B 5 R 196/15 B - juris RdNr 13 ff) . Hierfür hätte er indes vor der Geltendmachung eines Verfahrensmangels als Revisionszulassungsgrund vorrangig eine Berichtigung des Protokolls( § 122 SGG iVm§ 164 ZPO ) beantragen müssen(dazu BSG Beschlüsse vom 9.4.2024 - B 2 U 137/23 B - juris RdNr 10 , vom 8.1.2024 - B 2 U 54/23 B - juris RdNr 8 und vom 14.1.2020 - B 14 KG 1/20 B - juris RdNr 7 mwN) .
c) Entgegen der Ansicht des Klägers trifft das Berufungsgericht jedenfalls gegenüber rechtskundig vertretenen Beteiligten auch weder im Rahmen von § 106 SGG noch von § 112 Abs 2 SGG eine Pflicht, auf die Stellung und Protokollierung prozessordnungskonformer Beweisanträge hinzuwirken(vgl BSG Beschlüsse vom 9.4.2024 - B 2 U 137/23 B - juris RdNr 9 , vom 6.11.2023 - B 2 U 1/23 B - juris RdNr 7 und vom 4.8.2022 - B 5 R 64/22 B - juris RdNr 11, jeweils mwN) . Sein darauf gerichteter Vortrag vermag daher auch nicht eine Verletzung des rechtlichen Gehörs(Art 103 Abs 1 GG ;§ 62 SGG ) zu bezeichnen. Im Übrigen können die Einschränkungen des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG nicht durch die formale Einkleidung in die Rüge einer Verletzung von § 106 SGG umgangen werden( BSG Beschlüsse vom 26.4.2024 - B 2 U 2/24 B - juris RdNr 12 , vom 27.2.2024 - B 2 U 110/23 B - juris RdNr 12 und vom 4.8.2022 - B 5 R 64/22 B - juris RdNr 11, jeweils mwN) . Soweit der Antrag des Klägers ferner auf § 109 SGG gerichtet gewesen wäre, hätte sich der Rügeausschluss(§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG ) schließlich auch auf den unterlassenen Hinweis des LSG erstreckt. Denn der Ausschluss dieser Rüge gilt umfassend und unabhängig davon, worauf der geltend gemachte Verfahrensmangel im Einzelnen beruht( BSG Beschlüsse vom 12.4.2023 - B 2 U 86/22 B - juris RdNr 3 , vom 24.1.2023 - B 2 U 119/21 B - juris RdNr 3 und vom 22.6.2004 - B 2 U 78/04 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 4 RdNr 4) . Sollte mit der Gehörsrüge zugleich eine Verletzung des Fragerechts nach § 118 SGG iVm § 411 Abs 4 ZPO geltend gemacht worden sein, fehlt es insoweit ebenfalls an der hinreichenden Bezeichnung der Voraussetzungen(vglBSG Beschluss vom 14.12.2022 - B 2 U 1/22 B - juris RdNr 10 mwN).
2. Soweit der Kläger sich im Ganzen auch gegen die Richtigkeit der Entscheidung des LSG wendet, kann dies ebenfalls nicht zur Zulassung der Revision führen(vgl BSG Beschlüsse vom 11.1.2024 - B 2 U 17/23 B - juris RdNr 13 mwN, vom 7.12.2022 - B 2 U 14/22 B - juris RdNr 9 mwN und vom 25.7.2011 - B 12 KR 114/10 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 22 RdNr 4) .
3. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab(§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG ) .
4. Die Beschwerde ist somit ohne Zuziehung ehrenamtlicher Richter zu verwerfen(§ 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2,§ 169 Satz 2 und 3 SGG ) .
5. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung der§§ 183 ,193 SGG .
Fundstellen
Dokument-Index HI16638453 |