Entscheidungsstichwort (Thema)

Kausalität bei Einnahme von Schmerzmitteln

 

Orientierungssatz

Zur Frage des ursächlichen Zusammenhangs bei unfallabhängigen Schmerzen im Brustkorbbereich, der anschließenden Einnahme von schmerzstillenden Medikamenten und dadurch ausgelösten Blutungen.

 

Verfahrensgang

Schleswig-Holsteinisches LSG (Entscheidung vom 19.10.1988; Aktenzeichen L 4 U 55/88)

 

Gründe

Die Klägerin ist mit ihrem auf Gewährung von Witwenrente gerichteten Begehren ohne Erfolg geblieben (Bescheid der Beklagten vom 25. Februar 1985 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Dezember 1985; Urteile des Sozialgerichts -SG- vom 22. Februar 1988 und des Landessozialgerichts -LSG- vom 19. Oktober 1988). Das LSG hat den geltend gemachten Anspruch im wesentlichen mit der Begründung verneint, daß der als wahr zu unterstellende Arbeitsunfall vom 14. November 1980 (Badezimmersturz mit Rippenbrüchen) nicht zu dem am 18. Dezember 1980 eingetretenen Tod des Versicherten geführt habe. Gegen die Annahme, daß die Einnahme der von Dr. D.     verschriebenen Schmerzmittel die tödlichen Blutungen im Magen-Darm-Trakt verursacht habe, spreche insbesondere, daß im Nachlaß des Versicherten noch eine Reihe weiterer Medikamente gefunden worden sei, die dieser möglicherweise wegen des von der Deutschen Botschaft bestätigten Magengeschwürleidens zu sich genommen habe.

Mit ihrer hiergegen gerichteten Nichtzulassungsbeschwerde macht die Klägerin geltend, die Sache habe grundsätzliche Bedeutung, und zwar wegen der Frage, ob es im Rahmen der freien richterlichen Beweiswürdigung iS von § 128 Abs 1 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässig sei, ohne irgendwelche Anhaltspunkte zu unterstellen, daß die nachgewiesene ärztliche Verschreibung von dem Versicherten nicht eingehalten worden sei. Außerdem liege ein Verfahrensmangel insofern vor, als entgegen § 128 Abs 1 Satz 2 SGG in der Urteilsbegründung nicht angegeben worden sei, warum sich das LSG über den Inhalt des Rezeptes von Dr. D.     (hinsichtlich der Dosierung) sowie über den Inhalt des ärztlichen Berichtes des Holy Family Hospitals vom 17. Februar 1982 hinweggesetzt habe. Zugleich beantragt die Klägerin, ihr unter Beiordnung ihres Prozeßbevollmächtigten Prozeßkostenhilfe zu gewähren.

Prozeßkostenhilfe kann der Klägerin nicht bewilligt werden, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 73a SGG iVm § 114 der Zivilprozeßordnung -ZPO-). Gründe für die Zulässigkeit der Revision nach § 160 Abs 2 iVm § 160a Abs 2 Satz 3 SGG sind nicht schlüssig vorgetragen.

Nach § 160 Abs 2 Nr 1 SGG ist die Revision zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. In der Beschwerdebegründung muß nach § 160a Abs 2 Satz 3 SGG die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt werden. Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ist gegeben, wenn zu erwarten ist, daß die Revisionsentscheidung die Rechtseinheit in ihrem Bestand erhalten oder die Weiterentwicklung des Rechts fördern wird (vgl Weyreuther, Revisionszulassung und Nichtzulassungsbeschwerde in der Rechtsprechung der obersten Bundesgerichte, RdNr 84 mwN). Es muß eine klärungsbedürftige Rechtsfrage aufgeworfen sein, welche revisionsgerichtlich bisher noch nicht - ausreichend - geklärt ist (s. ua BSG SozR 1500 § 160 Nr 17; BSG Beschluß vom 16. Dezember 1986 - 2 BU 173/86 -). Diesen Anforderungen genügt das Beschwerdevorbringen nicht. Die Klägerin hat weder vorgetragen, inwieweit der zu treffenden Revisionsentscheidung über den Einzelfall hinaus Bedeutung zukommt, noch hat sie die Klärungsbedürftigkeit der aufgeworfenen Frage dargelegt.

Ebensowenig genügt das Beschwerdevorbringen den Anforderungen, die an eine schlüssige Darlegung eines Verfahrensfehlers zu stellen sind. So wären für die auf § 128 Abs 1 Satz 2 SGG gestützte Rüge zumindest Ausführungen zu der Frage erforderlich gewesen, weshalb sich das LSG in seinen Urteilsgründen mit dem Inhalt der angeführten Unterlagen näher hätte befassen müssen. Hierzu hätte um so mehr Veranlassung bestanden, als es für das LSG nicht entscheidend darauf ankam, ob der Versicherte die von Dr. D.     vorgeschriebene Dosierung eingehalten hat; auch hat das LSG nicht ohne weiteres unterstellt, der Versicherte habe sich nicht an die Verordnung gehalten. Es hat seine Zweifel an einem ursächlichen Zusammenhang zwischen den unfallabhängigen Schmerzen im Brustkorbbereich, der anschließenden Einnahme von schmerzstillenden Medikamenten und den dadurch ausgelösten Blutungen vielmehr damit begründet, daß es unbewiesen sei, welche Präparate, zu welchen Zeiten und in welchen Mengen der Versicherte zu sich genommen hat. Der Verschreibung von Dr. D. maß es deshalb keine entscheidende Bedeutung bei, weil im Nachlaß des Versicherten noch weitere Medikamente gefunden wurden, "was die Vermutung nahe lege, daß der Versicherte sich auch bei anderen Ärzten wegen anderer Krankheitserscheinungen in Behandlung befunden habe". Inwiefern der Bericht des Holy Family Hospitals vom 17. Februar 1982 in diesem Zusammenhang von Bedeutung sein könnte, hat die Klägerin ebenfalls nicht dargelegt.

Die Beschwerde war daher als unzulässig zu verwerfen (§ 169 SGG). Der Antrag auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe war mangels Erfolgsaussicht abzulehnen.

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1647997

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