Verfahrensgang
SG Chemnitz (Entscheidung vom 31.05.2017; Aktenzeichen S 18 KR 458/16) |
Sächsisches LSG (Urteil vom 07.11.2019; Aktenzeichen L 1 KR 535/17) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 7. November 2019 wird als unzulässig verworfen.
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
I
Das Sächsische LSG hat mit Urteil vom 7.11.2019 einen Anspruch der Klägerin auf Gewährung von Krankengeld (Krg) über den 12.5.2016 hinaus verneint: Die Arbeitsunfähigkeit (AU) sei am 14.4.2016 bis zum 12.5.2016 attestiert worden. Die Folge-AU habe nach § 46 Satz 1 Nr 2 SGB V(idF des Gesetzes vom 16.7.2015, BGBl I 1211) spätestens am 13.5.2016 (Freitag) bescheinigt werden müssen. Die AU sei aber verspätet, erst am 17.5.2016 bis zum 7.6.2016 attestiert worden. Eine Fallkonstellation, die es nach der Rechtsprechung des BSG (vom 11.5.2017 - B 3 KR 22/15 R - BSGE 123, 134 = SozR 4-2500 § 46 Nr 8) gebieten würde, die Klägerin so zu stellen, als ob eine rechtzeitige Feststellung der AU erfolgt wäre, habe nicht vorgelegen. Die Klägerin habe nicht alles in ihrer Macht Stehende getan, um eine rechtzeitige AU-Bescheinigung zu erhalten. Am 13.5.2016 sei kein Versuch unternommen worden, einen Arzt zu kontaktieren. Die Verspätung sei darauf zurückzuführen, dass die Klägerin trotz der anderslautenden Hinweise der Beklagten und ohne nochmalige Rücksprache mit dieser sich darauf verlassen habe, dass eine Vorstellung am 17.5.2016 ausreichend sei zur Erhaltung des Anspruchs auf Krg.
Gegen die Nichtzulassung der Revision im vorgenannten Urteil hat die Klägerin Beschwerde beim BSG eingelegt. Sie beruft sich auf Verfahrensmängel (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG).
II
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil die Klägerin den geltend gemachten Zulassungsgrund des Verfahrensmangels nicht formgerecht aufgezeigt hat (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG). Die Verwerfung der unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 2 und 3 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.
Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel iS von § 160 Abs 2 Nr 3 SGG vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne, müssen für die Bezeichnung des Verfahrensmangels (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG) die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist die Darlegung erforderlich, dass und warum die Entscheidung des LSG - ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht - auf dem Mangel beruhen kann, dass also die Möglichkeit einer Beeinflussung der Entscheidung besteht. Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel allerdings nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 Satz 1 SGG und auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.
Wird - wie vorliegend - ein Verstoß gegen die tatrichterliche Sachaufklärungspflicht (§ 103 SGG) gerügt, muss die Beschwerdebegründung hierzu folgende Punkte enthalten: (1) Bezeichnung eines für das Revisionsgericht ohne Weiteres auffindbaren Beweisantrags, dem das LSG nicht gefolgt ist, (2) Wiedergabe der Rechtsauffassung des LSG, aufgrund derer bestimmte Tatfragen als klärungsbedürftig hätten erscheinen und zur weiteren Sachaufklärung drängen müssen, (3) Angabe des voraussichtlichen Ergebnisses der unterbliebenen Beweisaufnahme und (4) Schilderung, dass und warum die Entscheidung des LSG auf einer angeblich fehlerhaft unterlassenen Beweisaufnahme beruhen kann, das LSG mithin bei Kenntnis des behaupteten Ergebnisses der unterbliebenen Beweisaufnahme von seinem Standpunkt aus zu einem anderen, dem Beschwerdeführer günstigeren Ergebnis hätte gelangen können (zum Ganzen SozR 4-1500 § 160a Nr 3 RdNr 5 mwN).
Entscheidet das LSG - wie hier - ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs 2 SGG) muss der Beweisantrag zumindest in dem Schriftsatz aufrechterhalten oder wiederholt werden, in dem der Beteiligte sein Einverständnis zu diesem Verfahren erklärt (stRspr; vgl nur BSG SozR 3-1500 § 124 Nr 3 mwN).
Nach Sinn und Zweck des § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG soll die Sachaufklärungsrüge die Revisionsinstanz nur dann eröffnen, wenn das Tatsachengericht vor seiner Entscheidung durch einen Beweisantrag ausdrücklich darauf hingewiesen worden ist, dass ein Beteiligter die Sachaufklärungspflicht des Gerichts (§ 103 SGG) noch nicht als erfüllt ansieht (vgl BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 9 S 21; Nr 31 S 52).
Die Klägerin trägt vor, das LSG habe nur unzureichend berücksichtigt, dass sie an depressiven Störungen gelitten habe, die es ihr unmöglich gemacht hätten, den geregelten Alltag unter Kontrolle zu halten und sämtliche Termine oder Handlungen einzuhalten. Es sei daher nicht ausreichend gewesen, dass sich das LSG auf eine Aussage im Bericht der behandelnden Ärztin verlassen habe, dass die Klägerin wach, bewusstseinsklar und allseits orientiert gewesen sei. Das LSG sei im Rahmen des Amtsermittlungsgrundsatzes verpflichtet gewesen, die Klägerin durch einen Sachverständigen persönlich zu befragen und sich ein Bild über den Gesundheitszustand zu machen. Das LSG habe sich gedrängt sehen müssen, den Sachverhalt weiter aufzuklären. Es fehlt bei alledem aber an Vortrag, dass die Klägerin einen hierauf gerichteten Beweisantrag gestellt und diesen bis zum maßgeblichen Zeitpunkt aufrechterhalten habe. Denn einem rechtskundig vertretenen Beteiligten, der vorbehaltslos sein Einverständnis gemäß § 124 Abs 2 SGG erklärt, muss aufgrund der entsprechenden Anfrage klar sein, dass das Gericht ohne weitere Sachverhaltsaufklärung entscheiden wird. Will ein Beteiligter dies vermeiden, muss er das Einverständnis verweigern oder auf der Durchführung der beantragten Beweisaufnahme beharren (vgl BSG SozR 3-1500 § 124 Nr 3 mwN). Dass die Klägerin solche Einwände erhoben hätte, hat sie aber nicht vorgetragen.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung von § 193 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI13855546 |