Verfahrensgang
SG für das Saarland (Entscheidung vom 24.07.2019; Aktenzeichen S 8 AR 18/19) |
LSG für das Saarland (Urteil vom 09.06.2020; Aktenzeichen L 1 SV 2/19) |
Tenor
Das Befangenheitsgesuch der Klägerin gegen sämtliche Richter und Richterinnen des BSG - unter Ausnahme des Präsidenten und des Vizepräsidenten - wird als unzulässig verworfen.
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts für das Saarland vom 9. Juni 2020 wird als unzulässig verworfen.
Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Gründe
I
Die Klägerin begehrt in der Hauptsache die Beiordnung eines Rechtsanwalts für die Rechtsgebiete Strafrecht, Sozialrecht, Patientenrechte und Datenschutzrecht. Diesen Anspruch hat das LSG mangels wirksamem Rechtsschutzbegehren verneint, weil sich ein genaues Klageziel nicht feststellen lasse (Urteil vom 9.6.2020). Die Klägerin hat gegen die Nichtzulassung der Revision im vorgenannten Urteil mit einem von ihr selbst verfassten Schreiben vom 5.8.2020, beim BSG am 10.8.2020 eingegangen, Beschwerde eingelegt. Mit weiterem Schreiben vom 3.9.2020, beim BSG am 7.9.2020 eingegangen, hat die Klägerin einen Befangenheitsantrag gegenüber sämtlichen Richterinnen und Richtern des BSG, ausgenommen dem Präsidenten und dem Vizepräsidenten, gestellt. Das angefochtene Urteil ist der Klägerin am 9.7.2020 zugestellt worden.
II
1. Die von der Klägerin persönlich gestellten Befangenheitsanträge sind unzulässig, da sämtliche Prozesshandlungen im Verfahren vor dem BSG dem Vertretungszwang (§ 73 Abs 4 SGG) unterliegen. Folge des Vertretungszwangs ist, dass sämtliche Prozesshandlungen im Grundsatz wirksam nur durch den Prozessbevollmächtigten - nicht jedoch von dem Beteiligten selbst - vorgenommen werden können (vgl B. Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl 2020, § 73 RdNr 55). Von diesem gesetzlichen Vertretungszwang nimmt § 73 Abs 4 SGG allein das Prozesskostenhilfeverfahren aus. Einen Prozesskostenhilfeantrag beim BSG hat die Klägerin nicht gestellt. Über die Voraussetzungen der Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH) ist die Klägerin in den der angefochtenen Entscheidung beigefügten Erläuterungen zur PKH hingewiesen worden.
Ungeachtet dessen sind die Ablehnungsgesuche der Klägerin offensichtlich unzulässig, weil sie pauschal ohne ersichtliche und benannte konkrete Umstände, die individuell zurechenbar wären, die Befangenheit sämtlicher Richter und Richterinnen des BSG - ausgenommen den Präsidenten und Vizepräsidenten - behaupten (vgl BVerfG ≪Kammer≫ Beschluss vom 11.3.2013 - 1 BvR 2853/11 - juris RdNr 28; BSG Beschluss vom 19.1.2010 - B 11 AL 13/09 C - SozR 4-1500 § 60 Nr 7 RdNr 11). Nach § 60 SGG iVm § 42 Abs 2 ZPO kann ein Richter wegen der Besorgnis der Befangenheit nur abgelehnt werden, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen. Dabei kommt es darauf an, ob der betroffene Beteiligte von seinem Standpunkt aus bei vernünftiger, objektiver Betrachtung Anlass hat, die Voreingenommenheit des abgelehnten Richters zu befürchten (vgl BSG Beschluss vom 19.1.2010 - B 11 AL 13/09 C - SozR 4-1500 § 60 Nr 7 RdNr 10). Ein solcher Anlass ist vom Abzulehnenden darzutun. Ein Ablehnungsgesuch, das - wie hier - keine Begründung oder lediglich Ausführungen enthält, die zur Begründung der Besorgnis der Befangenheit gänzlich ungeeignet sind, ist unzulässig (vgl BVerfG Beschluss vom 19.6.2012 - 2 BvR 1397/09 - BVerfGE 131, 239 - juris RdNr 45).
2. Die Beschwerde ist ebenfalls unzulässig, da sie nicht von einem gemäß § 73 Abs 4 SGG vor dem BSG zugelassenen Prozessbevollmächtigten innerhalb der einmonatigen Beschwerdefrist, die am 10.8.2020 ablief (§ 160a Abs 1 Satz 2, § 64 Abs 2 und 3 SGG), unterzeichnet worden ist. Auf das Erfordernis, sich vor dem BSG durch einen der in § 73 Abs 4 SGG aufgeführten Prozessbevollmächtigten vertreten zu lassen (zur Verfassungsmäßigkeit vgl BVerfG ≪Kammer≫ Beschluss vom 18.12.1991 - 1 BvR 1411/91 - SozR 3-1500 § 160a Nr 7 S 13 mwN), ist die Klägerin in der Rechtsmittelbelehrung des LSG-Urteils hingewiesen worden. Die von der Klägerin selbst eingelegte Beschwerde ist gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 2 und 3 SGG ohne Beteiligung der ehrenamtlichen Richter durch Beschluss zu verwerfen.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 SGG. Da das Begehren insgesamt auch auf das Sozialrecht ausgerichtet ist und in der Sozialgerichtsbarkeit vorgebracht ist, bleibt es bei der Kostenfreiheit nach § 183 Satz 1 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI14193826 |