Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache
Orientierungssatz
Zur Klärungsbedürftigkeit der Rechtsfrage, ob von dem Rechtssatz, der Landgang sei grundsätzlich dem privaten, nichtversicherten Bereich anzurechnen, abzuweichen ist, "wenn mit dem Landgang eine Erholung von der besonderen Belastung der Arbeit auf dem Schiff verbunden ist".
Normenkette
SGG § 160 Abs 2 Nr 1, § 160a Abs 2 S 3; RVO § 548 Abs 1, § 539 Abs 1, § 839 Halbs 2
Verfahrensgang
LSG Nordrhein-Westfalen (Entscheidung vom 11.09.1990; Aktenzeichen L 5 U 79/90) |
Gründe
Der Kläger ist mit seinem Begehren auf Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung wegen eines während eines Landgangs von einem Kreuzfahrtschiff, auf dem er als Koch beschäftigt war, in Mexiko an einem Hotelstrand erlittenen Unfalls ohne Erfolg geblieben (Bescheid vom 26. Januar 1988; Urteile des Sozialgerichts vom 20. April 1990 und des Landessozialgerichts -LSG- vom 11. September 1990). Das LSG ist zu dem Ergebnis gelangt, daß der Unfall nicht in innerem Zusammenhang mit der Arbeit als Koch auf dem Kreuzfahrtschiff gestanden habe. Ebensowenig bestehe Unfallversicherungsschutz aufgrund der für die Seeunfallversicherung eigens geschaffenen Vorschriften der §§ 838 ff der Reichsversicherungsordnung (RVO), weil nach der hier einschlägigen Vorschrift des § 839 Halbs 2 RVO der Landgang außerhalb des Hafens grundsätzlich dem privaten, nichtversicherten Bereich zuzurechnen sei. Dies gelte auch dann, wenn mit dem Landgang eine Erholung von besonderen Belastungen der Arbeit auf einem Schiff verbunden sei.
Mit der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision macht der Kläger geltend, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung. Es gehe hier um die Auslegung des Begriffs Arbeitsunfall iS des § 548 iVm § 539 Abs 1 sowie § 839 Halbs 2 RVO.
Die Beschwerde ist unzulässig. Sie entspricht nicht der in §§ 160 Abs 2 und 160a Abs 2 Satz 3 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) festgelegten Form.
Nach § 160 Abs 2 Nr 1 SGG ist die Revision zuzulassen, wenn die Sache grundsätzliche Bedeutung hat. Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn infolge der Ausführungen des Beschwerdeführers erwartet werden kann, daß die Entscheidung geeignet ist, im künftigen Revisionsverfahren die Rechtseinheit zu erhalten oder zu sichern oder die Fortbildung des Rechts zu fördern. Das ist der Fall, wenn es in dem Rechtsstreit um eine klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage geht, deren Entscheidung über den Einzelfall hinaus Bedeutung besitzt (Kummer, Die Nichtzulassungsbeschwerde, 1990, RdNr 106 mwN). Diese Voraussetzungen hat der Kläger nicht schlüssig dargelegt.
Der Kläger hält es für klärungsbedürftig, ob von dem vom LSG festgestellten Rechtssatz, der Landgang sei grundsätzlich dem privaten, nichtversicherten Bereich zuzurechnen, abzuweichen sei, "wenn mit dem Landgang eine Erholung von der besonderen Belastung der Arbeit auf einem Schiff verbunden ist". Diese Frage ist für den vorliegenden Fall nicht klärungsbedürftig. Nach den Feststellungen des LSG handelte es sich hier nicht um einen Ausnahmefall, daß eine bestimmte, sonst grundsätzlich dem privaten Bereich zuzurechnende Erholung und körperliche Erfrischung (s BSG SozR 2200 § 548 Nr 95) unbedingt notwendig war, um die Arbeitskraft für den Rest der Arbeitsschicht aufrechtzuerhalten (s die auf S 11 des angefochtenen Urteils angeführte Rechtsprechung des BSG). Denn zum einen standen nach den weiteren Feststellungen des LSG dem Kläger Möglichkeiten zur Körperreinigung, Erfrischung und Erholung an Bord des Schiffes (für die Besatzung eigenes Schwimmbad und ein Fitneßraum) zur Verfügung; zum anderen hatte der Kläger eine dreistündige Arbeitspause, die er nach seinem Belieben für private Verrichtungen nutzen konnte.
Aus diesen Gründen ist auch die weitere vom Kläger aufgeworfene Frage, "ob der Gesetzgeber eine enge Auslegung des § 839 Halbs 2 RVO gewollt hat oder ob nicht auch hier Ausnahmen zu machen sind, wenn ein innerer Zusammenhang zwischen der versicherten und der unfallbringenden Tätigkeit besteht", nicht klärungsbedürftig. Nach den Feststellungen des LSG fehlt es hier schon an dem engen zeitlichen Zusammenhang zwischen der betrieblichen Tätigkeit und dem Strandbesuch mit dem Erfrischungsbad im Meer.
Der Kläger hält schließlich für grundsätzlich bedeutsam die Rechtsfrage, "welche Voraussetzungen vorliegen müssen, damit ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen der betrieblichen Tätigkeit und der unfallbringenden Verrichtung anzunehmen ist". Auch dieser Vortrag kann nicht zu einer Zulassung der Revision nach § 160 Abs 2 Nr 1 SGG führen. Denn der Kläger setzt sich weder mit der zur Frage des engen zeitlichen Zusammenhangs ergangenen Rechtsprechung des BSG auseinander (s insbesondere BSG SozR 2200 § 548 Nr 95 mwN), noch legt er dar, inwieweit diese Rechtsprechung im Hinblick auf den vorliegenden Fall einer Ausgestaltung, Erweiterung oder Änderung bedarf (s ua Beschluß des Senats vom 30. Januar 1990 - 2 BU 253/89 -). Die nur formelhaft aufgestellte Behauptung, diese Frage sei insbesondere im Hinblick auf die besondere Arbeitsbelastung der Seeleute zu klären, reicht hierfür nicht aus.
Die Beschwerde war daher als unzulässig zu verwerfen (§ 169 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen